Die Rezension bezieht sich auf ein erhaltenes Vorabexemplar, was jedoch keinen Einfluss auf meine Einschätzung hat.
Dass sich ein Autor und ein Verlag dem Thema sexuellen Kindesmissbrauchs annehmen, ist ...
Die Rezension bezieht sich auf ein erhaltenes Vorabexemplar, was jedoch keinen Einfluss auf meine Einschätzung hat.
Dass sich ein Autor und ein Verlag dem Thema sexuellen Kindesmissbrauchs annehmen, ist mutig und hätte allein sicher schon 5* verdient. Abzugspunkte gibt es allerdings in der B-Note, doch warum?
Durch seinen beruflichen Background hat der Autor sehr viel Insiderwissen, was er dem Leser auch in diesem Buch vermitteln möchte. Neben dem unvermittelten Einstieg durch eine geschilderte Straftat wird der Leser mit vielen Hintergrundinformationen zu Gesetzen oder Polizeiarbeit konfrontiert. So entsteht schnell der Eindruck, es handele sich um ein Sachbuch, nicht um einen Roman. Das ist gewöhnungsbedürftig, nicht ganz lesefreundlich, wirkt stellenweise erschlagend oder abschreckend.
Es bessert sich, als die Pilgerung beginnt, und der Kriminalroman durchscheint. Dabei entsteht u. a. Spannung dadurch, dass jeder dem anderen misstraut und taktiert, denn nur bruchstückhaft kommen die Hintergründe der Beteiligten zum Vorschein. Dabei kann man als Leser mitunter nur den Kopf schütteln, wenn man erfährt, was jeder der Beteiligten auf dem Gewissen hat bzw. erleiden musste. Die detaillierten Schilderungen der Straftaten verursachen Bilder im Kopf, bei denen man sich am liebsten schütteln möchte.
Sympathien kann man dabei für keine der Personen entwickeln. Mir fällt es auch schwer, zu den beiden "Guten" eine Beziehung aufzubauen. Manche ihrer Gedanken und Handlungen erscheinen unglaubwürdig und unprofessionell. Gleiches gilt für einige Szenen, die überkonstruiert wirken, und die der Handlungsverlauf gar nicht gebraucht hätte.
Die Mehrdeutigkeit des Titels zeigt sich auch am Ende des Buches wieder. Dort schlägt der Autor abermals die Brücke zum Sachbuch oder gar Ratgeber, indem Hilfsangebote aufgelistet werden.
Ich habe jedoch Zweifel, ob Betroffene oder Zartbesaitete das Buch aufgrund der expliziten Szenen lesen sollten. Andere hingegen könnten für das sehr ernste Thema sensibilisiert werden.