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Veröffentlicht am 05.11.2023

Der besondere Adventkalender

Das Weihnachtswunder deines Lebens
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Claudia kehrt mit dreißig Jahren in ihr Elternhaus zurück, sucht Zuflucht und Unterstützung bei ihrer Familie, nachdem die fünf Jahre auf Mallorca in einer totalen Schuldensituation geendet haben. Während ...

Claudia kehrt mit dreißig Jahren in ihr Elternhaus zurück, sucht Zuflucht und Unterstützung bei ihrer Familie, nachdem die fünf Jahre auf Mallorca in einer totalen Schuldensituation geendet haben. Während der Adventzeit möchte sie am liebsten nur schlafen oder heulen, aber der uralte Adventkalender ihrer verstorbenen Großmutter hält 24 Kästchen mit verschiedenen Aufgaben bereit, welche Claudia sich selbst näherbringen. Ein Buch, das Mut für Neues bringen kann.

Das wunderschöne Titelbild, der interessante Klappentext und die vielen sehr positiven Rezensionen haben mich zu diesem Buch greifen lassen. Die Idee, welche hinter dieser warmherzigen Geschichte steckt, ist wunderbar, die Umsetzung jedoch weniger gut gelungen. Vieles wird zu oft wiederholt, die Handlung plätschert ohne nennenswerten Spannungsbogen dahin, die Figuren kommen einem auf unerklärliche Weise kaum näher. Die eingebauten Diskussionen über vegane Weihnachtsgänse und Alternativen zum Christbaum lassen das Ganze auch nicht besser werden. So entwickelt sich aus dem erwarteten Lesevergnügen eher ein Zählen der Kapitel, wann denn das Ende in Sicht kommt. Aber die Neugierde, welche Weisheit der Adventkalender eröffnet, ist doch stark genug, um durchzuhalten.

Das Nachwort allerdings ist sehr ungewöhnlich und klärt darüber auf, dass so manches im Leben eine Sache der Perspektive ist und hat mich bezüglich des dort angesprochenen Themas („Fehler im Buch zu belassen, um es sich leicht zu machen“, kindle Pos.3832) doch etwas sprachlos zurückgelassen. Ich kann für diese Weihnachtsgeschichte leider keine Empfehlung aussprechen.

Veröffentlicht am 10.10.2023

Schaurig

Ein Fluss so rot und schwarz
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Sechs Menschen finden sich auf einem Militärschiff wieder, welches vom offenen Meer Richtung Londoner Themse steuert. Ohne Erinnerung erwachen sechs Personen, der siebente Passagier ist überhaupt schon ...

Sechs Menschen finden sich auf einem Militärschiff wieder, welches vom offenen Meer Richtung Londoner Themse steuert. Ohne Erinnerung erwachen sechs Personen, der siebente Passagier ist überhaupt schon tot. Sie wissen nichts aus ihrem früheren Leben, außer erlerntem Wissen ist nichts davon übrig geblieben, nicht einmal der eigene Name. Welche Mission ihnen auferlegt ist, sickert nur sehr langsam durch, die Reise ins Ungewisse wird von unheimlichen Schreien und grauenhaften Erscheinungen begleitet.

Ein markantes Titelbild als Blickfang und eine spannende Leseprobe wecken sofort die Neugierde auf dieses Buch. Detaillierte Beschreibungen von unheimlichen Schreien, die sich dann lediglich als Möwengekreisch herausstellen, das langsame Aufwachen aus einem traumähnlichen Zustand, das Erkennen, mit völlig Fremden allein am Meer zu treiben, all das lässt ein extrem spannendes Buch erwarten. Der Schreibstil bleibt auch durchwegs bildreich und fesselnd, die Handlung aber entwickelt sich mehr und mehr Richtung Science Fiction, Szenen tauchen auf, die immer weiter von Realität und Glaubwürdigkeit abdriften. Ebenso wie den Figuren ihre Erinnerung fehlt, so fühlt sich für den Leser die ganze Geschichte auch nebulos und undurchsichtig an. Die ausgewählten Passagiere – alle Spezialisten auf ihrem beruflichen Gebiet – lassen wenig Nähe zu, bald bemerken sie, dass ein schauriger Kampf ums Überleben bevorsteht.

Eine wichtige Mission für die Menschheit, eine teils grausige Kulisse und Science-Fiction-ähnliche Darstellungen bilden die wesentlichen Eckpunkte für diesen Roman, bei dem ich aufgrund der Leseprobe eine ganz andere Geschichte erwartet habe. Für mich leider kein rechtes Lesevergnügen, das Buch wird aber gewiss seine Anhänger finden, denn die Idee dahinter und der flotte Schreibstil sind durchaus gelungen.

Veröffentlicht am 31.08.2023

Großstadttristesse

Südstern
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Vanessa riecht nach Kneipe, wenn sie zu ihrem Freund, dem Abgeordneten Olli, heimkommt, kein Wunder, arbeitet sie doch genau da. Nebenbei fährt die ausgebildete Pharmakologin heimlich noch als Apothekenkurier, ...

Vanessa riecht nach Kneipe, wenn sie zu ihrem Freund, dem Abgeordneten Olli, heimkommt, kein Wunder, arbeitet sie doch genau da. Nebenbei fährt die ausgebildete Pharmakologin heimlich noch als Apothekenkurier, um so manch geplagtem Mitmenschen das Leben etwas zu erleichtern. Ein bisschen Glück bringen, ein drohendes Burnout abwenden, das ermöglicht sie mit ihren nicht ganz legal verteilten Psychopharmaka etlichen Sportlern, erschöpften Pflegebediensteten, geplagten Schmerzpatienten oder gestressten Politikern. Auch Deniz lebt in Berlin. Als Streifenpolizist ist er mit Kollegin Jovanna unterwegs, Meinungsverschiedenheiten stehen an der Tagesordnung und dennoch kümmert er sich in jeder freien Minute um seinen parkinsonkranken Vater, denn die Mutter ist bereits verstorben und die Krankenkasse knausert mit der Zuerkennung von mehr Heimhilfestunden. Als Vanessa und Deniz einander über den Weg laufen, entspinnt sich eine leise Liebesgeschichte – ob Drogenkurier und Polizist allerdings gut zusammenpassen?

Über weite Strecken im Buch begegnet dem Leser ein eigenwilliger, gewöhnungsbedürftiger Schreibstil. Kurze Sätze werden stramm aneinandergereiht, wodurch man das Gefühl bekommt, einen trockenen Bericht zu studieren. Später fügen sich Passagen direkter Rede in den Text ein, nüchtern, ohne jeglichen Begleitsatz. Da von Beginn weg zwei Personen, nämlich Vanessa und Deniz, in der Ich-Form erzählen, überlegt man bisweilen, wer denn gerade im Mittelpunkt steht, anfangs nur kapitelweise, später jedoch von einem Absatz zum nächsten, wechselt die Person, welche gerade das „Ich“ verkörpert. Als wäre das nicht schon der Verwirrung genug, verirren sich türkische Wörter und Sätze in den Text, die nur aus dem Zusammenhang heraus gedeutet werden können (oder auch nicht).

Inhaltlich erfährt man eine ganze Menge über großstädtische Problemthemen: Ausländerhass, Mangel an Pflegekräften, Überstunden und zwei oder gar drei Schichten hintereinander im Polizeidienst, lärmende Großfamilien im Krankenhaus, häusliche Gewalt, Übergriffe in der Justizanstalt, Geldmangel und vieles mehr. Diese drückende Atmosphäre voller Tristesse wird nur selten durchbrochen durch kleine Lichtblicke, in denen über die fürsorgliche Pflege des „Meister Parkinson“ geschrieben wird, wie man Deniz‘ Vater liebevoll nennt oder Oma Zuppe, geplagt von ihrer Skoliose, in den Vordergrund rückt. Selbst für die zarten Bande zwischen Vanessa und Deniz findet Tim Staffel keine romantischen Worte, auch hier geht es eher ruppig zur Sache, der Rest findet sich möglicherweise zwischen den Zeilen oder in der Phantasie des Lesers.

Auch wenn die Szenen in Südstern durchaus die knallharte Realität einer Großstadt wie Berlin widerspiegeln und die Atmosphäre gekonnt eingefangen ist, so kann mich das Ganze leider in keiner Weise ansprechen oder gar berühren. Für mich ist es leider nicht das richtige Buch, andere Stimmen beweisen aber, dass es bereits begeisterte Leser gibt.

Veröffentlicht am 07.08.2023

Gejagt

Projekt 22
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Alice wird von ihren Eltern immer wieder in eine Klinik gebracht, untersucht und auch sonst von anderen Kindern abgeschirmt, damit sie nicht erkrankt. Inzwischen erwachsen, weiß sie, dass sie dort – besonders ...

Alice wird von ihren Eltern immer wieder in eine Klinik gebracht, untersucht und auch sonst von anderen Kindern abgeschirmt, damit sie nicht erkrankt. Inzwischen erwachsen, weiß sie, dass sie dort – besonders in einer Zweigstelle, der Anstalt – nichts Gutes erwarten kann und flieht. In Hamburg trifft sie auf ein Geschwisterpaar, das Hilfe anbietet, aber kann sie diesen beiden trauen?
Die Hetzjagd beginnt aufregend und spannend, schließlich weiß man zu Beginn ja noch nicht, wovor die junge Frau flieht und was in dieser ominösen Klinik passiert. Aber auch mit den Geschwistern Frauke und Simon ist die Jagd auf Alice noch lange nicht zu Ende. Kaum entspinnt sich eine informative Handlung, muss wieder jemand Reißaus nehmen, als Leser hat man bald das Gefühl, dass alles in einer Wiederholungsschleife feststeckt und sich immer wieder Jäger und Gejagte auf der Bildfläche abzeichnen. Auch wenn Alice und andere wesentliche Figuren glaubwürdig dargestellt werden, so kann man aufgrund ständiger Fluchtszenen kaum eine Verbindung zu ihnen aufbauen.

Das Thema selbst, welches sich hinter Projekt 22 verbirgt, Krankheit, Forschung, Gentherapie, ist durchaus interessant, die Überlegungen, welche dazu ins Buch einfließen, sind hoffnungsvoll und beängstigend zugleich – gut vorstellbar, dass etwas Ähnliches tatsächlich passiert. Die Wendungen und Überraschungen, die ins Geschehen eingearbeitet sind, sorgen ebenso für Abwechslung, insgesamt mangelt es aber – abgesehen von einigen Kampfszenen – an Spannung.

Leider konnte mich dieser Thriller nicht begeistern, andere Stimmen zeugen jedoch genau vom Gegenteil. Es schadet also nicht, sich selbst eine Meinung zu bilden.


Titel Projekt 22
Autor Alexa Linell
ASIN B0BHTNVJY7
Sprache Deutsch
Ausgabe ebook, ebenfalls erhältlich als Taschenbuch (336 Seiten) und Hörbuch
Erscheinungsdatum 25. Juli 2023
Verlag HarperCollins

Veröffentlicht am 04.07.2023

Probleme löst die Strandfee

Mehr Meer statt Paartherapie
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Noch vor dem Schulstart ihrer beiden Kinder möchte Emilie sechs Monate im Ausland verbringen. Auf der Suche nach einer vorübergehenden Bleibe an der Atlantikküste stößt die Hamburgerin auf das malerische ...

Noch vor dem Schulstart ihrer beiden Kinder möchte Emilie sechs Monate im Ausland verbringen. Auf der Suche nach einer vorübergehenden Bleibe an der Atlantikküste stößt die Hamburgerin auf das malerische Dorf Saint-Georges-de-Didonne, das sie bereits aus Erzählungen kennt, schließlich stammt Emilies Großmutter von hier. Nach sorgfältiger Planung bricht die vierköpfige Familie auf, um von Jänner bis Juni eine spannende Zeit in der Fremde zu verbringen.

Freiheit mit online-Arbeiten und französischer Lebensfreude verspricht sich Emilie am Atlantik, und zusätzlich könnte sie vielleicht noch etwas über ihre Wurzeln erfahren, über Großmutter Joscelin, die leider viel zu früh verstorben ist. Aber alles kommt anders als man denkt, die Reise beginnt mit Streitigkeiten, schlussendlich setzt sich Familienvater Daniel recht bald wieder nach Deutschland ab und überlässt Frau und Kinder deren Schicksal in Frankreich. Zwischen Auftragsakquise und Kinderbetreuung hin- und hergerissen, lernt Emilie am Strand eine nette ältere Dame kennen, mit der sie sich schnell anfreundet und deren Unterstützung sie gerne annimmt, insbesondere, da sich auch die beiden Kinder Paul und Elise trotz der Sprachbarriere sofort gut mit ihr verstehen.

Alles in allem klingt das nach einer gelungenen Geschichte, jedoch kann ich mich mit dem Schreibstil nicht recht anfreunden, abgehackte Sätze, eigenwillig gesetzte Beistriche und häufige Wortwiederholungen hemmen ständig meinen Lesefluss. Während der Klappentext Unterhaltsames und vielleicht Lehrreiches verspricht, bringt das Buch Banalitäten wie Familienstreitigkeiten und kotzende Kinder – sehr realitätsnah, aber wenig erfrischend. So dauert es fast ein halbes Buch, bis das Zauberwort „Vergebung“ auftaucht, aber sobald es etwas Tiefgründiger wird, ist dies auch schon wieder passé und alle angerissenen Problemfelder (Familienzwistigkeiten, Lücken im Stammbaum) sind mühelos vom Tisch gewischt.

Mich hat dieses Buch leider nicht überzeugt, andere Rezensenten berichten jedoch von Freude und Spaß am Lesen – am besten, jeder bildet sich selbst ein Urteil. Von mir gibt es zwei Sterne für ein wunderschönes Titelbild und die Idee zur Geschichte, für die man sich unter Umständen zu viel vorgenommen hat (die großen Themen „Selbstfindung“, „Verzeihen“ und „Suche nach den eigenen Wurzeln“).


Titel Mehr Meer statt Paartherapie
Autor Melanie Amélie Opalka
ASIN B0BZQQ9CP2
Sprache Deutsch
Ausgabe ebook, ebenfalls erhältlich als Gebundenes Buch (304 Seiten)
Erscheinungsdatum 7. Mai 2023
Verlag NovaMD