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Veröffentlicht am 12.05.2022

Biestig schauriger Humor

Biest & Bethany - Nicht zu zähmen | 1
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Zwei echte Antihelden, deren Leben sich hier kreuzen und obwohl sie beide auf den ersten Blick alles andere als liebenswürdig sind und auf dem zweiten und dritten auch nicht, wachsen sie einem ans Herz, ...

Zwei echte Antihelden, deren Leben sich hier kreuzen und obwohl sie beide auf den ersten Blick alles andere als liebenswürdig sind und auf dem zweiten und dritten auch nicht, wachsen sie einem ans Herz, ganz anders als das Biest. So langsam kommen Ebenezer Zweifel an seinem Plan, aber seine ewige Jugend hängt ihm schon sehr am Herzen, gerade jetzt da er zusehends altert! Mit Bethanys Pfiffigkeit hat er allerdings nicht gerechnet, das Mädchen ist zwar kein Sonnenschein, aber auch Zack und so vermag sie es nicht nur Ebenezer und dem Biest ein Schnippchen zu schlagen, sondern auch die Zuhörer immer wieder zu verblüffen. Der Titel lässt Raum zur Interpretation und ist somit so abwechslungsreich, wie die Geschichte selbst. Die geballte Biestigkeit der Protagonisten ist herrlich schauderhaft!

Wenn man Mechthild Großmanns tiefer, lebensgeprägten Stimme lauscht, hört man die über 511 Jahre, die Ebenezer Tweezer und erst recht das Biest schon auf dem Buckel haben. Ihrem rauchigem Schnarren entnimmt man das reine Böse und die Biestigkeit, die in ihrem Planen und Streben stecken. Der stille Grusel vor ihrem nächsten Ansinnen und dem Schicksal, der garstig, liebeshungrigen Bethany wird für die Ohren erspürbar.... da es aber bereits einen zweiten Teil dieser Geschichte gibt, ist es klar, dass Bethany in diesem Band sich etwas einfallen lässt, doch ob das auf Dauer gut geht? Das will ich mir in der Fortsetzung anhören, denn das Ende lässt einem einen schaurig ahnungsvollen Verdacht aufkommen! Mal eine ganz andere Geschichte.

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Veröffentlicht am 12.05.2022

Ich liebe die Reihe!

Einsame Entscheidung
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Durch einen anonymen Anruf wird die Polizei zu einem Ferienhaus an der Algarve gerufen. Ein nackter englischer Tourist, dessen portugiesische Begleiterin Antonia Santos geflohen ist, scheint für die Kripo ...

Durch einen anonymen Anruf wird die Polizei zu einem Ferienhaus an der Algarve gerufen. Ein nackter englischer Tourist, dessen portugiesische Begleiterin Antonia Santos geflohen ist, scheint für die Kripo ein klarer Fall zu sein. Doch Leander Lost mit seinem fotografischen Gedächtnis und seiner zwingenden Logik des Asperger Autismus beißt sich fest. Die Schuhe des Mannes fehlen und das passt nicht zu der einfachen Erklärung, da muss mehr dahinter stecken. Doch kaum haben sie die Flüchtige gefasst, soll diese als Serienmörderin nach England überführt werden. Die bislang abgebrühte Antonia wirkt nun doch beunruhigt. Als es bei der geplanten Übergabe am Flughafen an die britischen Kollegen zu Formfehlern kommt, wird Leander noch misstrauischer und trifft die einsame Entscheidung mit der Verdächtigen zu fliehen. Niemand soll wissen, wo sie sich aufhalten, denn Antonia und Leander sind überzeugt, dass es bei der Kripo einen Maulwurf gibt und Leander will seine Kollegen nicht in Schwierigkeiten bringen. Es ist klar, dass übermächtige Strippenzieher Antonia lieber heute als morgen tot sehen wollen. Die Flüchtigen suchen nach einem verschwunden USB-Stick, während Graciana, Carlos und Isadora versuchen wie ein Asperger zu denken, um ihnen zu helfen.

Ich liebe ja diese Reihe, über den zwanghaft logischen und doch so liebenswerten Ex-Austausch-Kommissar Leander Lost, den es von Hamburg, wo ihn niemand verstand, an die Algarve verschlug. Dort hat er in Soraia, der jüngeren Schwester seiner Chefin Graciana, die Liebe gefunden, denn die Sozialpädagogin hat erkannt, dass seine Besonderheiten nicht einfach deutsch sind... Inzwischen nennen ihn seine Kollegen mal den Allemao oder Signor Lexiko... aber mit Respekt und liebevoll. Er ist nicht mehr wegzudenken aus ihrem Team, auch wenn er die Ermittlungen grundsätzlich immer anders angeht als sie und nie nach seinem Bauchgefühl handelt. Nein, seine einsame Entscheidung, ist rein logisch begründet. Jemand der mit Socken verreist, nimmt auch Schuhe mit und somit kann es kein einfacher Fall sein, hier wird etwas vertuscht! Tatsächlich findet hier im Südwesten der EU mal wieder eine riesige Sauerei statt, die EU und der Brexit mittendrin. Mächtige und skurpelose Gegner die für ihre Ziele über Leichen gehen und der außergewöhnliche Polizist, der feststellt, dass man manchmal gegen die Gesetze verstoßen muss, um das Richtige zu tun. Das Richtige, ist das einzig Logische! Doch gelingt es Leander und Antonia ganz alleine die auf sie angesetzten Killer abzuschütteln? In seiner erbarmungslosen Logik übersieht Leander, dass das Team nicht immer logisch denkt, sondern auch aus dem Bauch heraus. So ist dieser Fall für Leander gar nicht so einsam, denn sein Team versucht ihn zu finden, indem es so denkt wie er. Ist das für Normalos eigentlich möglich? Sehr schön finde ich, dass mal wieder alle liebgewonnen Figuren auftauchen. Die einst so verwahrloste und die Menschheit hassende Waise Sarah macht inzwischen Abitur und steht vor einem Roadtrip durch Europa, der eitle Miguel Duarte träumt inzwischen von der Verfilmung seiner Erfolge als spanischer Kommissar in Portugal, Kriminaltechnikerin Isadora liebt weiterhin Westernfilme und nicht immer ganz legale Nerdkniffe, während Carlos unerschütterlich und hungrig wie eh und je ist, geht Graciana völlig in der Liebe und Zuneigung ihrer warmherzigen Familie auf, wenn sie nicht gerade mit Leander die Welt rettet oder die Köstlichkeiten ihrer Mutter genießt... alle sind sie da und geben dieser Reihe, um den Kommissar mit Asperger Syndrom erst die volle Wärme. Ich mag diese Kombination aus diesen eigenwilligen Charakteren und top akuellen Verbrechen mit europäisch-globalen Bezug. Ja, das Böse macht auch nicht vor den abgelegensten, idyllischen Orten der Welt halt... Ach ja, mit einem Team hochbezahlter Killer auf den Fersen, die keine Skrupel kennen, ist es natürlich auch spannendend, aber auch witzig, wenn man die Eigenheiten des Teams so liebt wie ich.

Andreas Pietschmann bleibt Leander Lost glücklicherweise treu, denn er ist für mich die Stimme dieses rein rationalen Ermittlers, der von seinen Kollegen mindestens so viel Menschlichkeit lernt, wie diese von ihm. Lebendig und mit Sinn für die komischen Besonderheiten des Teams erzählt er mal lakonisch, mal trocken, mal ganz liebevoll von den Abenteuern des Leander Lost, der inzwischen kein Ermittler von trauriger Gestalt, sondern allenfalls eigenwilligen Stylings ist. Daher kann ich ihm glatt, zweimal hintereinander zuhören, denn warum aufhören, nur weil der Fall gelöst ist?

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Veröffentlicht am 12.05.2022

Endlich wird Blackhack entlarvt!

#Datendetektive. Band 4. Jagd nach Blackhack
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Die Datendetektive sind die Schüler Laurin, Orientierungsgenie Theo mit seinem Hund Leo, Vicki das wandelnde Lexikon und Kampfsportlerin Lina mit ihrem frechen Roboter Brabbelbot. Durch verbotene Hackereien ...

Die Datendetektive sind die Schüler Laurin, Orientierungsgenie Theo mit seinem Hund Leo, Vicki das wandelnde Lexikon und Kampfsportlerin Lina mit ihrem frechen Roboter Brabbelbot. Durch verbotene Hackereien in der Schule haben die vier zusammen gefunden. Obwohl sie schon so einige Rätsel lösen konnten, ist ihnen die wahre Identität des Schulhackers Blackhack, der es auf die Geräte der Schule und seiner Schüler abgesehen hat, bislang verborgen geblieben. Doch als bei der Schulfeier, bei der die neuen Tennisballmaschinen eingeweiht werden sollen, Blackhack die Veranstaltung mit einer bedrohlichen Drohne und einem Hack der Ballmaschinen sabotiert, wollen sie nun auch endlich diesem Rätsel auf die Spur kommen!

Dies ist ein Kinderkrimi für technikbegeisterte Schüler ab 8 Jahren. Da diese nicht immer die größten Leseratten sind, sind die Bücher, die im IT-Look ähnlich einem Tablet oder Smartphone gestaltet sind, nicht ganz so dick, dafür aber voller interessanter Infos über die Zusammenhänge und Tücken aus dem WWW, der KI oder der IT. Für digital Natives ist es auch gut mal zu wissen, welche Gefahren ihr selbstverständlicher Umgang mit Smartphones und Co. mit sich bringt. Dabei können sie nicht nur nebenbei einen Kriminalfall lösen, sondern auch gleich noch Punkte auf Antolin sammeln. Damit diese ganzen Infos, die meistens Vicki so für ihre Freunde raushaut, wenn es gerade für ihren Fall relevant ist, den Lesefluss nicht stören, oder man es in Ruhe noch mal nachlesen kann und nicht lange suchen muss, sind diese als Infokästen blau unterlegt und mit einer fetten Überschrift versehen. So ist immer direkt klar, worum es geht. Da ist auch so einiges dabei, was ich noch nicht wusste, oder worüber ich mir bisher keine Gedanken gemacht habe z.B. ob Roboter/Computer schwitzen können? Wie funktioniert eigentlich so eine Tennisballmaschine? (da ich noch nie Tennis gespielt habe, habe ich da noch nie einen Gedanken dran verloren). Aber keine Sorge, es geht hier nicht um dröge Fakten, es gibt immer einen Bezug zum Fall und so erkennen die Leser: das ist nicht nur was für Leute wie Gill Gates oder Elon Musk, das hat auch was mit mir zu tun!

Vor der versammelten Schüler-, Lehrer- und Elternschaft bricht beim Auftauchen einer schwarzen Drohne mit LED-Leuchtpanel mit bedrohlicher Botschaft das absolute Chaos aus! Dennoch wollen die DatenDetektive einen kühlen Kopf bewahren und ihre bisherigen Verdächtigen genau im Blick behalten, um sie so überführen zu können. Mehr als nur einer verhält sich verdächtig und Brabbelbot will sich natürlich auch sofort reinhacken, aber das darf er natürlich nicht! Wie Vicki klipp und klar erklärt, gibt es genaue Grenzen fürs Hacken. Da Brabbelbot kein Mensch ist und somit nicht bestraft werden kann, hat er dazu so seine ganz eigene Meinung.... die ist aber relativ egal, als die Drohne die Flucht durch die Luft antritt und die Freunde hinterher düsen. Es ist ganz schön knapp, einen verdächtigen Hinweis finden sie dennoch. Aber ganz so einfach kann es ja nicht sein, wäre dieser Verdächtige überhaupt in der Lage die cleveren Aktionen von Blackhack durchzuführen?

Bei all ihren Ermittlungen steht bei den DatenDetektiven immer die Fairness, Freundschaft und Ehrlichkeit im Vordergrund, wobei Brabbelbot auch noch eine gute Portion Roboterehrgeiz, Unfug und Spaß zu bieten hat. Mit seinen frechen Kommentaren, die seine Besitzerin Lina ganz oft mit den Augen rollen lässt, sorgt er nicht nur für Action, sondern richtig viel Witz. Obwohl mit Leo auch ein kleiner Hund mit dabei ist, ist der heimlich Star mal nicht der wuschelig-süße Vierbeiner, sondern der Plastikkumpel mit der großen Klappe und den Elektroschaltkreisen!

Dieses Abenteuer schweißt die Datendetektive noch fester zusammen und so ist es ganz klar, dass sie auch künftig wieder ermitteln werden, wenn in ihrer Schule oder in ihrer Umgebung etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Dabei erweisen die Freunde ein super Augenmaß und Gespür für die Sorgen und Nöte ihrer Mitschüler, so dass sie bisweilen zu Lösungen kommen, die nicht ihre erstaunliche Leistung in den Mittelpunkt stellt, sondern eine faire zweite Chance. Das hat mir sehr gut gefallen! Ach ja, dass dieses Buch in Deutschland gedruckt wurde und somit nicht schon um die halbe Welt gereist ist, ehe es zu mir kam, finde ich auch super! Außerdem ist auch dieser Band vollfarbig von Marek Bláha illustriert, klar schließlich sind ja auch Displays inzwischen vollfarbig und nicht mehr schwarz-grün! Mit den Illustrationen wird die Geschichte noch kurzweiliger und die Bilder von Brabbelbot und Leo im Einsatz sind natürlich unwiderstehlich! Auch zu den kurzen Steckbriefen in der Umschlagklappe liefert er die Portraits. Das ist sehr praktisch, wenn man nicht mit Band 1 der Reihe beginnt...

Autor Jaromir Konecny ist ein Multitalent, denn immerhin ist er Tscheche und wagt es dennoch mit unserer Sprache als Poetry-Slammer ebenso zu jonglieren, wie mit Bällen, aber neben seinen Auftritten auf Bühnen, ist er promovierter Chemiker, dessen Herz nicht nur für Sprache und Jongelage, sondern auch für die Wissenschaft und aktuell ganz besonders für KI schlägt. Ich fand es sehr spannend, hier mal wieder zu entdecken, wo wir in unserem Alltag schon alles KI finden. Wer ihn googelt, wird auch auf einige spannende Beiträge des Autors auf Facebook und YouTube
stoßen!

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Veröffentlicht am 08.05.2022

Für die ganze Familie!

Neue Tierische Gute-Nacht-Geschichten
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Tierkinder von allen fünf Kontinenten erzählen aus ihrem spannenden Alltag, oft genug beginnt es sogar noch vor ihrer Geburt! Der Mississippi Alligator aus Nordamerika, der Grünflügel Ara aus Südamerika, ...

Tierkinder von allen fünf Kontinenten erzählen aus ihrem spannenden Alltag, oft genug beginnt es sogar noch vor ihrer Geburt! Der Mississippi Alligator aus Nordamerika, der Grünflügel Ara aus Südamerika, die Weddellrobbe aus der Antarktis, die Kreuzotter und der Biber aus Europa, der Orca aus der Arktis, das Flusspferd aus Afrika, der Lippenbär aus Asien, sowie der große Tümmler und der Koala aus Australien laden die kleinen Hörer dazu ein, sie einen Tag lang zu begleiten. Natürlich geht es selbst beim Biberkind und der frisch geschlüpften Kreuzotter aus Europa ganz anders zu, als im heimischen Kinderzimmer. Dabei lernt man ganz nebenbei nicht nur einiges über die Tierkinder, ihre Geburt, Ihre Ernährung, ihre Feinde oder Beutetiere, sondern eben auch über ihren Lebensraum. In manchen Gegenden der Welt sieht es völlig anders aus als bei uns und auch die Temperaturen und die Pflanzenwelt unterscheiden sich gänzlich von der unsrigen. Um sich das besser vorstellen zu können, liegt dem Hörbuch ein kleines Farbposter mit Bildern der Tierkinder und einer Übersichtskarte ihrer Lebensräume bei.

Was für eine schöne Idee! Sachwissen für Kinder in Form von Tierkindergeschichten, die mit Geräuschen aus ihrem Lebensraum in Szene gesetzt werden! Durch die angenehme ruhige Stimme von Florian Fischer eignen sie sich gut zum Einschlafen, auch wenn es bisweilen spannend im Dschungel oder im Bajou auf Beutejagd wird. Der Schauspieler schafft es geschickt gleichzeitig spannend und beruhigend zu sein. So können die Kinder gut Einschlafen, aber nicht aus Langeweile, sondern mit vielen neuen Bildern im Kopf. Seine Stimme fügt sich harmonisch in die Geräuschkulisse des jeweiligen Lebensraums ein.

Anhand des Tierkinderalltags habe auch ich noch so einiges Neues gelernt. Klar wusste ich, dass Schlangen in Kältestarre verfallen und erst ab einer gewissen Wärme aktiv werden. Wie sie aber die Temperaturbedingungen ihrer Umgebung zum Beispiel bei der Brut einsetzen, in dem sie sich mit dem trächtigen Bauch auf sonnengewärmte Steine legen, das war mir so nicht bekannt. Auch nicht, wie selbstständig kleine Schlangenkinder sein müssen und wie früh sie in die Unabhängigkeit entschwinden, im Gegensatz zu jungen Orcas. Allerdings haben ja junge Orcas schon aufgrund ihrer Größe kaum Fressfeinde. Diese Unterschiede prägen ihre gesamte Lebensweise. Dabei wird die Lebensweise dieser Tiere wertungsfrei geschildert, ohne eventuelle Probleme, die sich für den Mensch daraus ergeben, z.B. dass es in Europa wieder mehr Biber gibt, die nun mal ganze Wiesen und Waldstücke mit Hilfe ihres Baus bzw. ihrer Burg, fluten. Das mag ein Problem für Bauern oder Hausbesitzer in der Nähe der Gewässer sein, aber spätestens seit der Ahrtalflut wird auch häufiger darüber nachgedacht, wie sinnvoll es ist, so nah an Flüssen und Bächen zu bauen, statt ihnen Schwemmflächen zu lassen. Das wären aber Themen, die ab vier Jahren einfach zu komplex sind und daher in einem solchen Hörbuch auch nichts verloren hätten. Die wertungsfreie Erzählweise finde ich hier absolut angemessen.

Hier wird eine ganze Menge Wissen unterhaltsam in kurze Geschichten gekleidet, denen man auch als Erwachsener gut und gerne zuhört. Mit der Geräuschinszenierung wird es noch lebendiger, so dass auch Vierjährige sich bereitwillig darauf einlassen und konzentriert zuhören, wenn auch vielleicht nicht 67 Minuten am Stück, außer auf längeren Autofahrten. Da die 10 Geschichten aber jeweils nicht so lang sind und in einzelne Tracks unterteilt sind, kann man sie auch gut zur Beruhigung bei kürzeren Strecken immer wieder hören und schon bald wird die ganze Familie echte Experten für diese 10 Tierkinder haben!

Ein lehrreiches Hörvergnügen ab vier Jahren.

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Veröffentlicht am 02.05.2022

Unerhört gut!

Der Markisenmann
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Köln-Hahnwald 2005: Die 15-jährige Kim Papen lebt mit ihrer Mutter, ihrem Stiefvater Heiko und ihrem Halbbruder Jeffrey in Heikos Luxusvilla. Täglich bekommt sie das Gefühl vermittelt, sie sei eine Versagerin ...

Köln-Hahnwald 2005: Die 15-jährige Kim Papen lebt mit ihrer Mutter, ihrem Stiefvater Heiko und ihrem Halbbruder Jeffrey in Heikos Luxusvilla. Täglich bekommt sie das Gefühl vermittelt, sie sei eine Versagerin und nur zum Geld ausgeben gut. Als Heiko sie beim Grillen vor allen Anwesenden bloßstellt, bricht es aus ihr heraus und sie begeht eine nicht wiedergutzumachende Tat. Entsetzt weiß keiner, wie er reagieren soll. Kim erweist sich als therapieunwillig und als die Familie nach Miami in den Urlaub fliegt, wird sie in den Zug nach Duisburg gesetzt, wo sie ihre Ferien bei ihrem Vater verbringen soll. Für sie bricht die Welt erneut zusammen, sie dachte ihr Vater sei verschwunden und würde sich nicht für sie interessieren. Stattdessen ist er ein ganz aufmerksamer und liebvoller Eigenbrötler und noch dazu das totale Gegenteil von Heiko, seinem ehemals bestem Freund: er ist der Markisenmann. Der Vertreter im Direktvertrieb des kompletten Restbestandes des volkseigenen Markisenbetriebs der DDR mit zwei ebenso scheußlichen, wie einzigartigen Dekoren, Diese Welt im Duisburger Gewerbegebiet ist das krasse Gegenteil zum Hahnwald, direkt, ehrlich, unverblümt. Doch nach einer Weile beschließt Kim ihren Vater zu begleiten. Nicht nur mit durchschlagendem Erfolg, sie lernen einander auch besser kennen und sich selbst.

Kims Familie ist so kapitalistisch und ihr gegenüber gefühlskalt, dass es schon beim Zuhören wehtut. Doch Kim ist nicht unbedingt sympathischer, auch wenn ich mit ihr mitlitt. Kein Wunder also, dass sie keine Freunde hat. Obwohl ich sie alle unmöglich fand, hat mich dieses Leben nicht nur abgestoßen, sondern auch genug fasziniert, um weiter zu hören. Es hat sich gelohnt. Ausgerechnet im Duisburger Industriegebiet findet Kim echte Freunde und das Gefühl dazuzugehören! Während sie sich mit dem vierzehnjährigen Alik, der Aushilfe vom Schrottplatz am brackigem Kanal sich die Sonne auf die Nase scheinen lässt und sich ans Meer träumen, fanden die Hormone an zu tanzen und das Leben erhält eine ungeahnte Leichtigkeit. Sie fängt aber auch an, sich für ihren erfolglosen Vater verantwortlich zu fühlen und begleitet ihn auf seine Verkaufstouren, um Zeugin seines erbarmungslosen Scheiterns zu werden. Der Anblick schmerzt sie, immerhin hat sie von Heiko Businesspläne und Verkaufstratgien von Kleinauf eingeimpft bekommen. Sie entwickelt ihr ganz eigenes Konzept und entdeckt dabei nebenher ihr wahres Talent. Unerhört! Denkt ihr Vater, wie bei fast allem. So verbringt Kim den Sommer ihres Lebens und entdeckt die kulinarischen Hightlights des Ruhrgebiets insbesonder die Akropolis-Grills und Eiscafés Venezia, die es hier in jedem Ort gibt. Eine Erfahrung, die für sie prägender wird, als sie ahnt. Doch am Ende heißt es Abschied nehmen und in Köln erwartet Kim eine böse Überraschung. Gereift nach diesem Sommer, weiß Kim sie aber anzunehmen und das Beste darauf zu machen.

Diese Geschichte ist mit so viel Menschlichkeit und Wärme erzählt und voller skurrilem Humor, dass es ein Genuss ist, Kim beim Erwachsenwerden und der Selbstfindung zu zuhören. Ihr Weg ist nicht alltäglich, aber in diesem Sommer mit ihrem Vater, versteht man auch wie es dazu kam. Man versteht die Geschichte, warum Kim 3 Elternteile hat. Es geht um Deutsch-Deutsche-Geschichte selbst im Jahr 2005 noch, eine Geschichte von der Kim bislang zwar eine blasse Vorstellung hatte, für die sie nun aber auch ein Gefühl und ein Gespür erhält. Es geht um das Gefühl lebenslanger Schuld und wie es ein Leben prägt, nicht nur dessen, der diese Schuld zu spüren vermeint, sondern all jener in seiner Umgebung. Auch wenn es vor allem die Geschichte dieses Sommers ist, dürfen die Zuhörer am Ende erfahren, wie Kim ihren Weg findet und worin sie ihre Bestimmung findet. Ein Weg, den dieser Sommer ganz stark mitgeprägt hat und dem sie die schrulligsten und loyalsten Freunde fürs Leben fand. Selbst ihr Stiefvater entpuppt sich letztendlich als kein so übler Kerl.

Jan Weiler zeigt einmal mehr sein erzählerisches Können, sein Gespür für Pubertiere, die Konflikte von Eltern und skurille Pointen. Mit Leichtigkeit erzählt er eigentlich eine tragische Geschichte, die gut endet. Er erzählt, wie eine bockige Jugendliche lernt Veranwortung für ihr Leben und ihre Zukunft zu übernehmen und den Deal ihres Lebens abschließt: ihre Zukunft.

Lisa Hrdina ist eine gute Wahl als Sprecherin, so gerne ich Jan Weiler auch bei seinen eigenen Geschichten zuhöre. Eine Jugendliche hätte er nicht sehr glaubwürdig abgegeben, aber wenn man Lisa Hrdina lauscht, glaubt man Kim selbst zu hören, wie sie schonungslos und ehrlich erzählt, wie es war, in diesem besten Sommer ihres Lebens, der sie zu dem machte, was sie war. Aber Moment, dieser jetzige Sommer beginnt eigentlich auch sehr verheißungsvoll und ihre Stimme hochmotoviert und frisch. Da kann man noch viel von „Kim“ erwarten! Ihre Stimme ist frisch und unverbraucht, so dass sich nicht gleich ein Gesicht vor dem inneren Auge bildet und man sich ganz fallen lassen kann und ihrer abwechslungreichen und ausdrucksstarken Erzählweise lauschen kann.

Eine wirklich faszinierende und sehr ungewöhnliche Geschichte, die mich erstmal eine Playlist zur Geschichte zusammenstellen ließ... Ein echter Genuss, der auf keiner Speisekarte steht. Unerhört wie Ronald Pape sagen würde...

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