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Veröffentlicht am 16.12.2023

Ein Geheimnis, das Dein Leben zerstört

Ich träumte von einer Bestie
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Wenn die Vergangenheit ihre Finger nach Dir ausstreckt, Dich festhält, jede Nacht aufs Neue – das ist es, was Fleur in ihren Albträumen erlebt. Sie ist die Gejagte, eine unbekannte Meute ist hinter ihr ...

Wenn die Vergangenheit ihre Finger nach Dir ausstreckt, Dich festhält, jede Nacht aufs Neue – das ist es, was Fleur in ihren Albträumen erlebt. Sie ist die Gejagte, eine unbekannte Meute ist hinter ihr her und hetzt sie zu durch Wälder, Zeit und Raum. Verstörend und bis in die Gegenwart beunruhigend und Angst einflößend.
Fleur lebt in ihrem Alltag sehr zurückgezogen, scheut den Kontakt zu Menschen, verkriecht sich in ihrem „Versteck“, ihrer digitalen Welt. Als ihr leiblicher Vater überraschend verstirbt, werden die Ängste und Traumata ihrer Kindheit wieder gegenwärtig, und das ungelöste Geheimnis ihrer Familiengeschichte drängt an die Oberfläche.
Um ihre eigene Herkunft zu klären und dem Fluch, der auf ihr und ihren Ahnen zu lasten scheint, auf den Grund zu gehen, begibt sich Fleur auf Spurensuche nach Frankreich. Und die Reise in die eigene Vergangenheit wird für sie zu einem Weg, ihr Leben, ihre eigene Gegenwart zu verstehen – auch, wenn die einzelnen Schritte mühsam und schmerzhaft sind und das Erkennen und Verstehen Fleur verstören und erschrecken.
Doch je mehr Puzzleteile Fleur zusammensetzt, je größer das Bild ist, das sich vor ihr entfaltet, um so waghalsiger und gelöster kann sie ihren Ängsten entgegentreten. Denn aus der jungen Frau, die seit ihrer Kindheit Opfer und Beutetier auf der Flucht ist, ist eine Jägerin geworden – stark, mutig, bereit zum Kampf. Und Fleur ist entschlossen, diesen Kampf zu gewinnen und sich von den Fesseln, die ihr ein glücklichen Leben verwehren, endgültig zu befreien. Und ihr großes Glück: Es sind Menschen da, die sie in die Schlacht begleiten. Und plötzlich ist da auch die Liebe, gegen die sich Fleur so lange verschlossen hat.
Trotz einiger Längen hat die Geschichte eine große Faszination auf mich ausgeübt. Denn die Legende der Bestie des Gévaudan, welche Kern und Ausgang der Erzählung bildet, ist ebenso ein rätselhaftes Verwirrspiel wie Zeugnis einer Zeit, in welcher Mythen und Aberglaube die heutige Wissenschaft ersetzten. Das Netz aus Fakten und Fiktion lässt die Jahrhunderte vergessen und bereitet spannende und unterhaltsame Lesestunden.

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Veröffentlicht am 10.10.2023

New York in seinen wilden Jahren

Die Regeln des Spiels
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Harlem in den 70ern ist ein heißes Pflaster! Und Schauplatz für eine aufregende Geschichte. Oder auch vieler Stränge und Erzählungen, die gleich einem großen Mosaik jede ihren ganz eigenen Reiz und Charme ...

Harlem in den 70ern ist ein heißes Pflaster! Und Schauplatz für eine aufregende Geschichte. Oder auch vieler Stränge und Erzählungen, die gleich einem großen Mosaik jede ihren ganz eigenen Reiz und Charme hat und in ihrer Fülle ein großes, leuchtendes Gesamtbild ergeben.
Verbindendes Element und Charakter des Einzelnen und Ganzen ist dabei Ray Carney, ein passionierter Möbelverkäufer und ebenso großer Liebhaber funkelnder Steine und teurer Schmuckstücke – die durch seine Hände auch gerne mal den Besitzer wechseln. Und auch eine kurze Phase der „kriminellen Abstinenz“ kann nichts daran ändern, dass er eine feste Größe in der Unterwelt Harlems ist – was für ihn und seine Lieben nicht ohne Folgen bleibt.
Doch dies ist nur Auftakt und Zentrum einer Gangsterkomödie, die in ihrer Dichte, Konzentration und Raffinesse es vermag, eine Vielzahl an Figuren, Schauplätzen und Verbrechen zu vereinen und in einen Kontext mit Bezügen zu Musik- und Filmszene und politischen und sozialpolitischen Entwicklungen ihrer Zeit zu stellen.
Hört sich abwechslungsreich an? Ist es auch. Klingt anspruchsvoll? Auch das trifft zu – und nach Lesestunden, die streckenweise nicht nur Aufmerksamkeit und Konzentration der Leser einfordern, sondern auch Anstrengung und die Bereitschaft voraussetzen, sich Handlung und deren Fortgang bewusst anzueignen.
Doch zu den „Regeln des Spiels“ zählt auch die Belohnung des Siegers – und hier derjenigen, welche sich auf den Facettenreichtum der Geschichte eingelassen und so eine Welt der Kriminalität und Verstrickungen, der Blut und Gewalt betreten haben. Transportiert mit viel Witz, Komik und schwarzem Humor. Und in Form einer Lektüre, die Meisterwerk, Arbeit und Vergnügen zugleich ist.

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Veröffentlicht am 14.09.2023

Offline is the new loneliness – digitaler Ausstieg in die Einsamkeit

Zeiten der Langeweile
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Digital Detox, Offline statt Online, seine eigenen Gewohnheiten durchbrechen – Mila ist bereit, aus der digitalen Welt herauszutreten. Schritt für Schritt. Erst ganz langsam, dann immer schneller.
Ihre ...

Digital Detox, Offline statt Online, seine eigenen Gewohnheiten durchbrechen – Mila ist bereit, aus der digitalen Welt herauszutreten. Schritt für Schritt. Erst ganz langsam, dann immer schneller.
Ihre Motive scheinen hierbei von Furcht und Angst getrieben: Von fremden Menschen, der Community, dem gesichtslosen Mob gecancelt, gemobbt zu werden, ist ein Schreckgespenst, dem Mila auf jeden Fall entkommen will. Und mit allen Mitteln und auf sämtlichen Wegen: Denn was mit dem Verzicht auf Social Media beginnt, nimmt zunehmend an Fahrt auf und erhält seine ganz eigene Dynamik.
Immer entschlossener, zunehmend wahllos löscht, blockt und bereinigt Mila ihr altes Leben bis ihr Ziel erreicht zu sein scheint: Die Google-Suche ihres eigenen Namens führt zu keinem Ergebnis. Doch ein Ende ist für Mila noch lange nicht erreicht, sie scheint die Stoppschilder zu übersehen. Den Ausschalter nicht mehr zu finden. Und damit geht der Rückzug aus der digitalen Welt Hand in Hand mit dem Verlust von Freundschaften und sozialen Beziehungen in der „real world“, mit einem Abschotten, Vereinsamen und schließlich der totalen Isolation.
Glück, Zufriedenheit oder innere Ruhe kann Mila durch ihren radikalen Schnitt jedoch nicht erlangen. Ganz im Gegenteil: Mehr denn je ist sie ist getrieben von Phobien und der Panik, durch Elektrosmog und Datenübertragung krank zu werden, schier alles wird zur Gefahr und Bedrohung. Die Flucht vor der Zivilisation erscheint als einziger Ausweg, doch wo beginnt Wahn und endet die Wirklichkeit?
Jenifer Becker schildert eindrucksvoll und erschreckend realistisch, wie sehr unsere tägliche Leben durch Internet und Digitalisierung bereits miteinander vernetzt, verbunden und verflochten sind. Eine radikale Abkehr scheint kaum mehr möglich – und nur unter der Prämisse, Verluste auch in der realen Welt zu erleiden bis hin zu einer totalen Handlungsunfähigkeit in dieser. Ein Dilemma? Der Roman lässt mich nachdenklich zurück.

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Veröffentlicht am 28.07.2023

Die Einsamkeit im Leben, Schaffen, Sterben – New Yorker Kunstschaffende

Die einsame Stadt
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Was ist Einsamkeit? Olivia erfährt dies hautnah – am eigenen Leib und Psyche, als sie sich auf den Weg nach New York zu ihrem Freund macht. Und die Beziehung noch vor dem Start in ein gemeinsames Leben ...

Was ist Einsamkeit? Olivia erfährt dies hautnah – am eigenen Leib und Psyche, als sie sich auf den Weg nach New York zu ihrem Freund macht. Und die Beziehung noch vor dem Start in ein gemeinsames Leben in die Brüche geht.
Was folgt, ist eine intensive Auseinandersetzung mit einem Gefühl, das viele von uns fürchten. Und doch so häufig durchleben und durchleiden. Im Zuge der Auf- und Verarbeitung begibt sich Olivia auf eine Spurensuche danach, wie New Yorker Künstler ihre Stunden, Lebensabschnitte oder gar ihre gesamte Existenz in Einsamkeit verbracht haben. Und wie sich dieser Zustand auf ihr Schaffen und Werk ausgewirkt hat.
Die Biographien, die Laing vor diesem Hintergrund den Leser*innen ausrollt, sind nicht nur überaus interessant und ergiebig, sondern auch ein wilder Ritt durch die vergangenen Jahrzehnte der Kunstszene einer Stadt, die Quelle des Schaffens, Schöpfens, Gebärens ist. Und das in Teilen unter Qual und Schmerzen.
Und eben diese vermittelt Laing in eindringlicher und bedrückender Genauigkeit in ihrer Kontextualisierung: der Ausbruch der Aids-Pandemie, die hiermit einhergehende Stigmatisierung der Betroffenen und gesamter Bevölkerungsgruppen sowie das menschenverachtende Reden und Handeln der Regierung Reagans. Gelitten und gestorben wurde ausgegrenzt von der Gesellschaft, der Unmoral und der eigenen Schuldhaftigkeit bezichtigt, in Isolation, unter Schmerzen. In Einsamkeit.
Bereits im Jahre 2016 ist „The Lonely City“ erschienen und damit noch vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Die Möglichkeit, Aussagen bezüglich der Ausbreitung des HI-Virus, den hiermit verbundenen Ängsten, Ausgrenzungen, Quarantänen in einen aktuellen Kontext zu stellen und diesbezüglich in ihrer Gültigkeit und einem möglichen Nicht-Begreifen-Können zu überprüfen, bestand somit nicht. Umso mehr hätte ich mir gewünscht, dass vor den erschreckenden Erfahrungen der vergangenen Jahre der Text vor seinem Erscheinen im Deutschen redaktionelle Anmerkungen bzw. Überarbeitungen erfahren hätte.
Und doch: Ich bin sehr bereichert aus dieser für mich überraschenden und eher ungewöhnlichen Lektüre hervorgegangen. Denn wer sich einen fiktionalen Text erhofft, wird bei „Die einsame Stadt“ nicht fündig werden. Wer sich allerdings dem Leben und Schaffen der bedeutendsten bildenden Künstler der Moderne öffnen und die Auseinandersetzung mit einem der wohl grundlegendsten Gefühle der Menschheit nicht scheuen möchte, sollte sich von Laing durch die Straßen und Schluchten New Yorks führen lassen.

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Veröffentlicht am 25.06.2023

Ein Sommerroman über Liebe, Trauer und eine Insel, die glücklich macht

Wo du mich findest
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Rügen ist auch für Dich ein Sehnsuchtsort? Ein Platz zum Träumen, Ankommen und Lieben?
Dann geht es Dir womöglich wie Sophie. Sophie selbst ist in tiefer Trauer, ihr Leben liegt in Scherben. Denn die letzten ...

Rügen ist auch für Dich ein Sehnsuchtsort? Ein Platz zum Träumen, Ankommen und Lieben?
Dann geht es Dir womöglich wie Sophie. Sophie selbst ist in tiefer Trauer, ihr Leben liegt in Scherben. Denn die letzten Jahre haben ihr viel genommen: ihren Vater, ihre beste Freundin Tessa, und auch ihre Beziehung mit Thomas befindet sich in einer Sackgasse. Momente des Glücks und der Hoffnung versprechen einzig und allein die Nächte und ihre Träume mit einem an sich fremden Mann in der Hauptrolle, einer Zufallsbegegnung auf Rügen.
Die Sehnsucht nach dem Unbekannten es dann auch, die sie unvermittelt die Koffer packen und die Flucht aus ihrem bisherigen Leben, die Suche nach Glück und einer großen Liebe möglich werden lässt. Was sie erwartet? Vielmehr als Sophie je zu hoffen gewagt hätte! Denn gerade als Traum und Wirklichkeit sich zu vermischen drohen, kommt es zu Neuem und Überraschendem – und so vollkommen anders als Sophie es sich in ihren kühnsten Träumen hätte ausmalen können.
Was allerdings ganz sicher ist: Dieser Roman liest sich wie ein wunderbar entspannter Tag am Strand, wie ein Spaziergang mit Füßen im Meer und fühlt sich nicht nur im Reisegepäck sehr wohl. Zurück lässt uns die Geschichte mit einer tröstlichen Erkenntnis: „Die Liebe hat viele Gesichter.“ Und gemeinsam mit Sophie können wir zahlreiche von ihnen entdecken.

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