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Veröffentlicht am 04.01.2022

Bunter Blumenstrauß leckerer Gerichte aus gesunden Zutaten

WW - 100 Top Mix Rezepte
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Das WW Kochbuch präsentiert seine Mix Rezepte jeweils auf Doppelseiten, wobei eine Seite immer das fertige Gericht abbildet und die gegenüberliegende Seite sowohl Zutatenliste als auch Zubereitungsbeschreibung ...

Das WW Kochbuch präsentiert seine Mix Rezepte jeweils auf Doppelseiten, wobei eine Seite immer das fertige Gericht abbildet und die gegenüberliegende Seite sowohl Zutatenliste als auch Zubereitungsbeschreibung enthält. So macht das Kochbuch schon beim Durchblättern Appetit.

Auffällig und wirklich zu begrüßen ist, dass hier fast ausschließlich gängige Zutaten verwendet werden. Man muss also keine teuren Gewürze oder Ähnliches kaufen, was nie wieder benötigt wird. Thematisch deckt das Kochbuch viele Gerichtsarten ab. Es gibt Suppen, Salate und Pasta, Fleisch und Fisch, aber auch eine kleine Brotauswahl und Desserts. WW typisch sind alle Gerichte mit PersonalPoints Werten versehen, die sich aus meiner Sicht nur als WW Mitglieder sinnvoll nutzen lassen. Für alle anderen sind kcal und kJ angegeben. So gibt das Kochbuch denjenigen, die ihre Energieaufnahme im Blick behalten wollen, Orientierung.

Ich selbst habe bisher den Thunfischsalat mit Schafskäse, den Kartoffelsalat mit Radieschen und Lachs und das Titelrezept zubereitet. Die drei Gerichte waren lecker, sättigend und kindertauglich. Für die Zubereitung habe ich ein Alternativgerät zu TM 5/6 verwendet. Die Beschreibung lässt sich sehr gut übertragen. Demnächst möchte ich noch die Gerichte mit Hühnchen und Garnelen ausprobieren, als Beilage vielleicht mal eins der Brote. Ich freue mich schon drauf.

Was ich nicht sicher sagen kann, ist, ob man mit diesen Rezepten wirklich abnehmen kann. Dafür sind sie eigentlich zu schmackhaft und zu komfortabel zuzubereiten. Den inneren Schweinehund, wirklich nur eine Portion zu essen, muss man letztlich selbst überwinden. Wichtiger ist mir auch die Verwendung von frischen, meist unverarbeiteten Produkten sowie die Produktvielfalt. So koche ich nicht immer wieder die selben Gerichte und sorge für mehr Abwechslung in unserer Ernährung.

Ich kann dieses schöne Kochbuch nur empfehlen. Selbst Neulinge und Kochmuffel sollten damit gut zurecht kommen.

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Veröffentlicht am 28.12.2021

Zukunftsvision: Konsumwahn plus Vereinsamung

Die Flüchtigen
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Die Flüchtigen von Alain Damasio ist ein herausforderndes Meisterwerk und eins meiner Lesehighlights in 2021. Schon die äußere Erscheinung ist beeindruckend. Der halbtransparente Kolibri in der Bubble-Cloud ...

Die Flüchtigen von Alain Damasio ist ein herausforderndes Meisterwerk und eins meiner Lesehighlights in 2021. Schon die äußere Erscheinung ist beeindruckend. Der halbtransparente Kolibri in der Bubble-Cloud ist gerade noch zu erkennen, Licht und Schatten erscheinen unbestimmt. Fast gar nicht zu erkennen sind Autor und Titel des Romans. Beides lässt sich leichter fühlen als lesen. Alles schwimmt, scheint ständig in Bewegung zu sein. So gibt bereits das Cover in Grundzügen preis, was die Leser:innen erwartet.

Es gibt eine urbane Legende, wonach sogenannte Flüchtige existieren, die in toten Winkeln leben, immer dort, wohin wir Menschen gerade nicht schauen und dadurch für uns nicht wahrnehmbar sind. Lorca und Sahar, die Protagonisten des Romans haben vor zwei Jahren ihre Tochter Tishka verloren. Sie ist einfach über Nacht aus ihrem Kinderzimmer verschwunden, ohne dass es auch nur einen Hinweis auf einen Einbruch oder Ähnliches gegeben hätte. Während Sahar an eine Entführung glaubt und sich an Schreckensszenarien zermartert, verfolgt Lorca die Theorie der Flüchtigen. Er vermutet, Tishka ist mit den Flüchtigen mitgegangen. Deshalb lässt er sich auch zum Flüchtigenjäger ausbilden. Lorca glaubt fest daran, dass seine Tochter am Leben ist und dass er sie wiederfinden kann.

Eingebettet ist die Suche nach der verschollenen Tochter in eine überwachte, von maximalen Konsum bestimmte Welt um 2040. Städte, die wir heute kennen, gehören Konzernen. Der Zutritt innerhalb der Städte ist über Tarife geregelt. Für ein bequemes Leben, braucht es schon mindestens ein Premiumpaket. Darüber hinaus wird jeder ständig mit personalisierter Werbung gequält. Die Menschen insgesamt wirken gehetzt. Zur Finanzierung des eigentlich Unnötigen müssen sie teilweise erniedrigenden Jobs nachgeben. Für echtes Miteinander bleibt keine Zeit, das letzte Fünkchen Freizeit verbringen die Menschen in ihrer virtuellen Realität. Jeder verliert sich somit in der für ihn gedachten Blase.

Damasio zündet mit seinem Roman ein regelrechtes Feuerwerk kreativer Fortschreibung unseres aktuellen Lebens in die Zukunft, immer gespickt mit einem Pfund Gesellschaftskritik. Es ist kaum möglich, im Nachhinein alle Aspekte seines Romans wiederzugeben, geschweige denn, dies in sortierter Form zu tun. Damasio beschäftigt sich mit unserem rücksichtslosen Überkonsum und dessen Folgen für Flora und Fauna, mit den Möglichkeiten des technischen Fortschritts, wie dieser uns mental und körperlich evolutionstechnisch zurück schreiten lässt, sowie mit sozialer und kultureller Ausgrenzung. Dabei bedient sich der Autor einer gehobenen, mal wissenschaftlichen, mal philosophischen Sprache, die insgesamt noch recht flüssig lesbar ist.

Das ist allerdings noch nicht das Ende seiner kreativen, in meinen Augen schon künstlerischen Arbeit. Damasio fügt Besonderheiten in der Typografie ein. Der normale Fließtext wird mit zusätzlichen Zeichen angereichert, die die Leser:innen führen. Teilweise sind Buchstaben unvollständig. Keine Sorge, durch die langsame Einführung lässt sich das gut verstehen. Im Verlauf arbeitet der Autor zusätzlich mit Schüttelwörtern, was ich faszinierend fand, weil das beim Lesen, sobald man sich darauf eingelassen hat, automatisch wieder ausgeglichen wird.

Mich konnte Damasio begeistern. Sein Ideenreichtum hat mich maximal überzeugt. Ich kann nicht behaupten, all seine Ausführungen zu hundert Prozent verinnerlicht, also mir gemerkt zu haben. Es ist halt kein Roman zum Nacherzählen. Entscheidender für mich war der Gesamteindruck, den der Roman mir vermittelt hat, und die Empfindungen, die er bei mir ausgelöst hat. Die Flüchtigen und die Menschen in ihrer KI-Blase haben mich intensiv, auch in den Lesepausen beschäftigt. Selbst jetzt, wo ich die Lektüre beendet habe, wirkt der Roman noch nach.

„Die Flüchtigen“, der etwas über ein Kilo schwere Roman von Alain Damasio benötigt Zeit. Aus meiner Sicht macht es keinen Sinn, den Roman in Zehn-Seiten-Tranchen zu lesen. Gerade deshalb empfehle ich diesen hervorragend komplexen Roman gern all denjenigen, die mal ihre Komfortzone verlassen wollen und offen für experimentelles Lesen sind. Es lohnt sich.

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Veröffentlicht am 28.12.2021

Hommage

Die Unzertrennlichen
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Der bisher unveröffentlichte Roman von Simone de Beauvoir ist eine liebevolle Homage an ihre Jugendfreundin Zaza. Im Roman bedient sich die Autorin zweier stellvertretenden Rollen, Silvie für sich selbst ...

Der bisher unveröffentlichte Roman von Simone de Beauvoir ist eine liebevolle Homage an ihre Jugendfreundin Zaza. Im Roman bedient sich die Autorin zweier stellvertretenden Rollen, Silvie für sich selbst und Andrée für Zaza, um ihre autofiktionale Geschichte zu erzählen. Sie beginnt mit dem Kennenlernen in der Schule und endet mit dem sehr frühen Tod von Andrée. Die Geschichte selbst reflektiert die Rolle der Frau in der bürgerlichen Gesellschaft Frankreichs. Thematisiert werden neben dem Zugang zu Bildung, Anforderungen an die Häuslichkeit einer jungen Dame sowie der eingeschränkte Bewegungsspielraum von sittsamen Frauen zu jener Zeit. Der gesamte familiäre Werdegang einer jungen Frau wird von der eigenen Mutter gemäß der festgelegten Wünsche der Familie überwacht.
 
So ergibt sich eine eingetrübte Stimmung im Roman, der die vielen kleinen Enttäuschungen von Silvie und Andrée aufsummiert. Die Hauptlast trägt Andrée. Von Kinder-Hüten bis Handarbeit hat Andrée viele Jobs, kaum Zeit für Freigeisterei. Da Andrée jedoch einen starken Hang zum Freigeist hat, ist Alles Unterdrückung für sie. Ich selbst hätte ebenfalls Schwierigkeiten so zu leben. Keine freie Auswahl hinsichtlich der Lektüre, keine zuverlässige Freizeit, um sie Freunden oder selbstgewählten Freuden zu widmen, kein selbstbestimmtes Leben.
 
In einem beschreibenden, aber nicht blumigen Stil erinnert sich Simone de Beauvoir an ihre Freundin. Als Quelle dienen ihr Briefe aus der gemeinsamen Korrespondenz, von denen einige im Anhang abgebildet und in Teilen auch übersetzt sind. Darüber hinaus sind Fotos der Freundinnen im Anhang zu finden. Dadurch gewinnt der Roman an Authentizität.
 
Mir hat die Unzertrennlichen gut gefallen, macht der Roman uns doch bewusst, wie viel Gleichberechtigung wir heute im Vergleich zu 1929 bereits erfahren haben, gleichzeitig auch, dass es sich lohnt in dieser Hinsicht am Ball zu bleiben, da langfristig tatsächlich ein wahrnehmbarer Effekt generiert wird.

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Veröffentlicht am 23.10.2021

Jeder muss sich überwinden

Pferdeflüsterer-Mädchen, Band 3: Das verbotene Turnier
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Die Ocean Ranch ist mal wieder in Gefahr, obwohl doch gerade eben noch eine neue Reithalle geplant war. Nun soll das Nachbargrundstück an John Hegarty gehen, der dort einen kleinen Flughafen bauen möchte. ...

Die Ocean Ranch ist mal wieder in Gefahr, obwohl doch gerade eben noch eine neue Reithalle geplant war. Nun soll das Nachbargrundstück an John Hegarty gehen, der dort einen kleinen Flughafen bauen möchte. Der Lärm wäre unerträglich für die Pferde. Ruby kann das unmöglich zulassen und stellt den Besitzer des Grundstücks zur Rede. Mr Forrester reagiert ein wenig verdutzt und bietet Ruby eine Wette an. Wenn sie bei seinem Turnier gewinnt, verkauft er das Grundstück an die Ocean Ranch. Wie soll sie das machen? Wo doch ihr aktueller Reitlehrer, Patrice, absolut gegen Turniere ist.

Nachdem sich Ruby mit ihren Freunden beraten hat, erkennt sie, dass es nur eine Möglichkeit gibt. Sie muss jemanden um Hilfe bitten, dem sie eigentlich lieber aus dem Weg gehen würde. Dabei wird Rubys Geduld, ihre Disziplin und auch ihr Vertrauen ganz schön auf die Probe gestellt. Sie muss regelrecht über ihren Schatten springen. Ihren Mut und ihr Durchhaltevermögen habe ich bewundert. Später wird sie dann erfahren, dass auch andere, sogar Erwachsene, Rubys Beispiel folgend ihre Grenzen überwinden können.

Die Gestaltung des Pferderomans hat mir für die empfohlene Altersgruppe gut gefallen. Die Schrift ist groß. Der Abstand zwischen den Zeilen gibt Orientierung. Alle paar Seiten gibt es ein kleines Schwarz-Weiß-Bild passend zum Text. Die Seitenzahlen werden von kleinen Pferde-Flocken eingefasst. Der Gesamtumfang ist eine kleine Herausforderung, aber angemessen. Er kann jeweils nach ca. zehn Seiten pausiert werden, wenn ein Kapitel zu Ende geht.

Sprachlich richtet sich die Autorin ebenfalls sehr gut nach dem Möglichkeiten ihrer Zielgruppe. Der Sprachgebrauch erscheint jung, modern, passt in die heutige Zeit. Die Formierungen sind gut zu verstehen und recht einprägsam. Ich halte es auch bei Leseanfänger:innen für möglich, sowohl den Text zu lesen, als auch dem Gesamtzusammenhang zu folgen. Deshalb empfehle ich diesen Roman, also eigentlich die ganze Reihe „Pferdeflüsterer-Mädchen“, gern weiter.

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Veröffentlicht am 27.09.2021

Sensibler Typ in der Rüstung des harten Mannes

Barbara stirbt nicht
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Walter Schmidt liebt seine Ehefrau Barbara, auch wenn ihm das in all den Jahren, die sie nun schon verheiratet sind, nicht immer gleichermaßen bewusst gewesen ist. Geheiratet hatten sie, weil ein Kind ...

Walter Schmidt liebt seine Ehefrau Barbara, auch wenn ihm das in all den Jahren, die sie nun schon verheiratet sind, nicht immer gleichermaßen bewusst gewesen ist. Geheiratet hatten sie, weil ein Kind unterwegs war. Die folgenden Jahre der gegenseitigen Pflichterfüllung hat das Paar in der klassischen Rollenverteilung verbracht und später vergessen, diese Routine aufzulösen. Als Barbara eines Tages, als sie längst in Rente sind, am Boden liegt und nicht mehr aufstehen kann, ist Walter von einem Moment auf den anderen als Hausmann gefragt.

Es beginnt eine verrückte Odyssee. Die alltägliche Versorgung von Mensch und Tier stellt Walter vor ungeahnte Herausforderungen. Mit dem Charme von Ekel-Alfred ergründet er die Geheimnisse der Küche, merkt wie viel Aufwand schon allein Einkaufen und Kochen macht. Obwohl sie ihn nicht mehr unterstützen kann, wächst Walters Respekt und Achtung vor seiner Frau immer weiter. Ich mag diesen grummelnden Alten. Nicht nur sein Durchhaltevermögen finde ich bewundernswert, sondern auch, dass er mindestens in seiner Innensicht, Gefühle zulassen kann, die er sich all die Jahre nicht erlaubt, die er unterdrückt hat. Es schickt sich halt nicht für einen Mann.

Alina Bronsky hat wieder alles gegeben und ihren besonderen Humor hoch leben lassen. Sie legt Walters bitterböse Gedanken, die jeder von uns manchmal, Walter allerdings bei jeder Kommunikation mit seinen Mitmenschen hat, ungeschönt offen. Sein Weltbild wurde in der Nachkriegszeit geformt, hat nie eine Modernisierung erfahren. Die Autorin übt an gewissen, antiquierten, noch weit verbreiteten Verhaltensweisen Kritik, indem sie die Figur des Walters total überzeichnet. Alina Bronsky macht aber ebenso deutlich, dass unter der harten Schale dieses Mannes auch ein liebenswerter weicher Kern steckt.

Neben Walter spielen auch die Kinder, Sebastian und Karin, eine kritische Rolle. Die Zusammenkünfte als ganze Familie beschränken sich auf hohe Feiertage bis zu dem Moment als Barbara nicht mehr aufstehen kann. Plötzlich stehen sie ständig vor der Tür und überfordern damit nicht nur sich selbst, sondern auch Walter, wahrscheinlich auch Barbara. Dieser Teil von Alina Bronskys Gesellschaftskritik gibt mir auch persönlich zu denken.

Insgesamt war es ein Feuerwerk der bitterbösen Komik, das ich gern weiterempfehle. Das i-Tüpfelchen des Romans ist übrigens der Name des Hundes, den ich natürlich nicht verrate.

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