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Veröffentlicht am 01.03.2022

Genussvoll und einzigartig.

Butter
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Manako Kajii liebt gutes, vor allem buttriges Essen, aber leider kam sie in letzter Zeit nicht zum Genuss von Butter. Nicht, weil die Butter in Japan momentan knapp und mittlerweile ein Luxusgut ist, sondern ...

Manako Kajii liebt gutes, vor allem buttriges Essen, aber leider kam sie in letzter Zeit nicht zum Genuss von Butter. Nicht, weil die Butter in Japan momentan knapp und mittlerweile ein Luxusgut ist, sondern weil sie wegen dreifachem Mordes im Gefängnis sitzt. Manako soll eine Heiratsschwindlerin sei und die Männer mit ihrer Kochkünste verführt und ermordet haben. Allerdings bestreitet sie es und sorgt mit ihrem pummeligen Körper mehr Schlagzeilen als ihre angeblichen Taten. Die Journalisten Rika, die über Manako viel gelesen und sie mehrfach kontaktiert hat, bekam, dank eines Tipps von ihrer Freundin Reiko, eine Zusage von Manako für ein Besuch, unter eine Bedienung: Sie sollen nur über Essen reden. Rika, die unbedingt auf ein exklusives Interview über sie veröffentlichen möchte, willigt sich ein. Doch die ganze hat keinen süßen buttrigen Geschmack...

„Butter“ ist wie eine genussvolle, kulinarische Japan Reise, die beim Lesen einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt und Heißhungerattacken verursacht! Viele Kochkünste und Rezepte ziehen ganzes Buch entlang. Doch es geht hier nicht nur um die Kulinarik, vielmehr um Kultur, Gesellschaft und besonders um uns Frauen. Denn die japanische Autorin hält einen Spiegel vor unsere Nasen und fragt: Wer schreibt die Regeln über uns Frauen? Wer entscheidet, wie viel wir wiegen, was wir anziehen, wann wir lachen und worüber wir reden sollen? Sehr gut gelungene Gesellschaftskritik, wie ich es fand! Außerdem hat der Roman hat einen hauch Krimi-Anteil, sodass man nicht nur über Essen liest, sondern mit Neugier die Protagonistin Rika begleitet. Sehr geschickt, leicht verständlich und wegen vieler hautnahen Beschreibungen über Essgenuss irgendwie auch sinnlich verbindet Asako Yuzuki drei völlig verschiedene Themen zusammen. Allerdings für meinen Geschmack ist die Geschichte bis zur Mitte etwas zu wenig buttrig, denn bis mich die Story an sich ziehen konnte, ist die ganze geschmolzene Butter sehr langsam über jedes Reiskorn gelaufen. Ich habe es gern gelesen und bin hinterher sehr dankbar in einer Gesellschaft zu leben, die Frauen mit Respekt verhandeln wird und mit reden dürfen!

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Veröffentlicht am 17.02.2022

Mühsames aber interessantes Leseerlebnis

Das Versprechen
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Die Swarts sind einer der wohlhabenden, weißen Familien, die in Südafrika in der Zeit Apartheid leben. Manie, der Vater, dessen Farm er von seinem Vater vererbt hat. Rachel, die Mutter, die seit über einem ...

Die Swarts sind einer der wohlhabenden, weißen Familien, die in Südafrika in der Zeit Apartheid leben. Manie, der Vater, dessen Farm er von seinem Vater vererbt hat. Rachel, die Mutter, die seit über einem Jahr gegen Krebs kämpft. Anton ist der älteste Sohn. Astrid, die mittlere und Amor, die jüngste Tochter der Familie. Gerade mit vierzig stirbt Rachel durch ihre lange Krankheit, doch bevor es so weit war, nimmt sie das Versprechen ihres Mannes ab: die schwarze Hausangestellte Salome, die seit der Geburten von ihren Kindern nicht von Rachels Seite gewichen ist und sie liebevoll bis zu ihren letzten Atemzügen gepflegt hat, soll ihr Dienstmädchenhaus als Dankeschön über sich geschrieben bekommen. Amor das Gespräch zwischen ihren Eltern gelauscht hat, spricht sie den letzten Wunsch von ihrer Mutter bei der Trauerfeier offen an. Doch die ganze Familie, inkl. Vater tun so, als ob die gar nichts davon wissen. Mehrere Jahrzehnte rauschen mit vielen Schicksalsschläge an Swarts Kindern mit immer wieder vorkehrenden Fragen vorbei: was ist mit Mamas letztem Wunsch und Papas Versprechen?

Der Roman fängt im Jahr 1986 an und wir begleiten die Swarts über dreißig Jahre lang, von Apartheid bis zu Demokratie. In der Zeit treffen die Kinder fast jedes zehnte Jahr bei tragischen Familienereignissen auf der Farm, kommen zusammen und entfernen sich wieder. Es war interessant zu lesen, wie die traurigen Angelegenheiten, ohne erdrückend zu wirken, aufs Papier gebracht wurde. Auch die Charaktere waren für mich sehr abwechslungsreich, doch ich muss gestehen, ich hatte (besonders am Anfang) extreme Probleme mit dem Erzählstil. Denn der Autor hat „Stream of Consciousness“ als Erzähltechnik gewählt und zwar bis zur Erschöpfung. Die alles besser wissende Erzählstimme greift unmöglichen Stellen zu Wort und dabei hüpft es nicht nur zwischen die Leser, die Geschehnisse, physische, unphysikalische und psychische Erlebnissen von Figuren, sondern unerwartet, mitten im Satz ergreift er auch ein Perspektivenwechseln ein. Es hat mich nicht nur irritiert, sondern auch genervt, sodass ich mich bis S.100 lesen zwingen musste. Doch wenn man erst mal an die Erzählung gewöhnt, wirkt das Aufbau des Buches wie ein Film.

Es ist kein einfaches Buch, welches man mit einem Zug durch liest. Es erfordertet viel Konzentration, Geduld und Durchhaltevermögen. Nichtsdestotrotz war es für mich ein sehr interessantes Leseerlebnis.

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Veröffentlicht am 03.02.2022

Krankhafte Fürsorge

Der fürsorgliche Mr. Cave
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TW: Psychische Erkrankung
Terence Cave... Antiquitätenhändler, alleinerziehender Vater von Zwillinge. Wenn es um eine Porzellanfigur geht oder eine Altes Truhe, hat er nicht nur Wissen, sondern auch ruhige ...

TW: Psychische Erkrankung
Terence Cave... Antiquitätenhändler, alleinerziehender Vater von Zwillinge. Wenn es um eine Porzellanfigur geht oder eine Altes Truhe, hat er nicht nur Wissen, sondern auch ruhige Hände und Geduld. Doch wenn es um seine Kindern geht, da hat er kein Feingefühl. Terence hat bereits den Selbstmord seiner Mutter erlebt und Raubmord von seiner Frau. Beim tragischen Tod von seinem Sohn war er ebenfalls dabei. Als ob seine Liebe verflucht ist, schwört er sich seine 15-jährige Tochter Bryony mit allen Kräften zu beschützen, koste, was es wolle...

Wer von Matt Haig was gelesen hat, weiß wie gefühlsvoll, bildhaft, vor allem wie wendungsreich er schreibt. Auch in dem „Der fürsorgliche Mr Cave“ ändert sich nicht viel. Doch wenn man denkt, dass es sich hier um eine sehr schwere psychische Krankheit handelt, hat der bildhafte Schreibstil nicht unbedingt viele Vorteile. Denn Terence’s Verhalten durch seine Psyche ist zwar nachvollziehbar, aber teilweise extrem belastend zum Lesen. Als Mutter konnte ich seine Ängste, Trauer und Sorgen verstehen, jedoch waren seine Taten für mich befremdlich, teilweise sogar zu krankhaft. Erzählt wird die Geschichte in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Terence in direkter „Du“ Ansprache, wie ein Brief. Dabei erzählt er immer wieder aus der Vergangenheit und es gibt Abschnitte aus „Seinem Kopf“ wie Wahnvorstellungen. Stellenweise war es informativ, denn so konnte ich seine Beweggründe verstehen, doch überwiegend waren diese Passagen für mich irritierend.

Es ist kein Buch, dass man einfach so liest. Hier braucht man selbst eine psychische Stabilität! Daher hat das Buch eine Triggerwarnung, meiner Meinung nach, definitiv nicht geschadet. Es ist Düster. Es ist Krankhaft. Es ist schwer zu verkraften, doch vielleicht deswegen ist die Geschichte bei mir hängengeblieben. Nichtsdestotrotz kann ich es nur an den Leuten empfehlen, die momentan keine schwere Lebenszeit haben und nicht unter die Depressionen oder ähnliche psychische Krankheiten leiden!

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Veröffentlicht am 27.01.2022

Eine ganz andere Coming-of-Age-Geschichte

Das verlorene Paradies
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„Das verlorene Paradies“ ist die Neuauflage, die bereits 1994 erschienen ist und 2021 mit Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde.

Ende des19-Jahrhundert Ostafrika/Tansania. Sansibar ist einer der wichtigsten ...

„Das verlorene Paradies“ ist die Neuauflage, die bereits 1994 erschienen ist und 2021 mit Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde.

Ende des19-Jahrhundert Ostafrika/Tansania. Sansibar ist einer der wichtigsten Handelspunkten vom indischem Ozean. Yusuf wächst als Einzelkind in sehr einfachen Verhältnissen in einem kleinen Dorf auf, wo auch sein Vater ebenfalls ein kleines Hotel betreibt. Doch das Hotel läuft nicht gut, sodass Yusuf Tag zu Tag hungrig ins Bett geht. Nur ein mal im Jahr, wenn Onkel Aziz zu Besuch kam, gibt es Festessen und obendrauf 10-Anna von seinem Onkel, worauf Yusuf den ganzen Jahr lang ungeduldig wartet. Doch als er zwölf wurde, ändert sich sein Leben von Heute auf Morgen. Dieses Jahr gibt es stattdessen eine glänzende Münze, leise Gespräche zwischen sein Vater und sein Onkel und innige Umarmungen von seiner Mutter. Denn sein geliebter Onkel ist in Wirklichkeit ein reicher Geschäftsmann, an dem sein Vater Geld verschuldet ist. Als Aziz sein Geld zurück haben wollte, welche die kleine Familie sowieso nicht hat, pfändet Aziz Yusuf, bis seinem Vater das Geld zusammenkratzt, um Yusuf zurückzukaufen. Fortan lebt Yusuf fern entfernt von seinem Eltern, arbeitet mit einem etwas älteren Jungen zusammen, welcher ebenfalls gepfändet wurde, in Aziz's Mischwarenladen und hilft bei der Pflege seines paradiesischen Garten. Als Aziz Yusuf auf die Karawanenreise mitnimmt, lässt das ganze Reisen den Jungen vorzeitig erwachsen werden...

Bildgewaltig, detailreich, farbenfroh, doch immer mit der Schatten begleitet erzählt Gurnah das Heranreifen eines Jungen. Die Geschichte fängt sehr berührend an. Wir lernen Yusuf kennen, weinen, hoffen und träumen mit ihm. Doch in der Mitte des Buches verliert, meine Meinung nach, die Handlung seine Intensität. Da Yusuf auf Karawanenreise ist, tauchen viele Männer auf, die rülpsen, pupsen, gegenseitig mit unmöglichen Wörter schimpfen und beleidigen. Es war zwar realitätsnah und authentisch, aber wenn ich ehrlich bin, hat es mich gestört und das Ganze hat Yusufs Geschichte auf Zweitestelle gedrängt, was ich sehr schade fand. Doch das Ende holt Gurnah seine Leser*in wieder ans Bord.

Obwohl das Buch recht anspruchsvoll ist, lässt sich es sehr leicht lesen. Auf einem, mir unbekanntem Land, in einem weit zurück liegenden Zeitpunkt reisen, war sehr interessant. Allerdings, wer kein Vorkenntnisse über die deutsche Kolonialzeit in Ostafrika und etwas Wissen über die Islamgeschichte hat, würde sich hier verloren fühlen. Zum Glück war es für mich nicht der Fall, sodass ich das Buch flüssig und ohne Verständnisprobleme sehr gern gelesen hab.

„Das verlorene Paradies“ ist einer berührende, teilweise mystische, düstere und eine ganz andere Coming-of-Age-Geschichte, welche ich sehr gern gelesen habe.

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Veröffentlicht am 15.01.2022

Urlaub mit Unbekannten

Inmitten der Nacht
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Stell dir mal vor: Dein heißersehnter Jahresurlaub, vielleicht auch dein letzter Urlaub mit deinen Teenager-Kindern, ist da und du, als New Yorker, freust dich auf die Woche, die du mit deiner Familie, ...

Stell dir mal vor: Dein heißersehnter Jahresurlaub, vielleicht auch dein letzter Urlaub mit deinen Teenager-Kindern, ist da und du, als New Yorker, freust dich auf die Woche, die du mit deiner Familie, weit entfernt vom Stadtrummel verbringen möchtest. Du mietest dein Traumhaus mitten im Wald mit Pool/ Whirlpool und wünschst dir nur Ruhe und Entspannung. Doch schon eurer zweiten Urlaubstag, als du gerade mit deinem Ehemann den Abend ausklingen wolltest, klopft es und mitten in der Nacht steht ein älteres, schwarzes Ehepaar vor der Tür. Die beiden behaupten, sie sind die Vermieter und weil an der gesamten Ostküste Stromausfall gibt, wollen sie in ihrem Ferienhaus Unterschlupfsuchen. Kannst du dieses Pärchen glauben und die ins Haus lassen?

Mit seinem sehr leichten Schreibstil und mit seinen merkwürdigen Figuren hat mich der Autor nach Long Island mitgenommen, um mich zu zwiegespalten zurückzulassen. Denn einerseits hat mich die spannungsgeladene, mystische Story so sehr gepackt, sodass ich das Buch innerhalb 1,5 Tagen inhaliert hab, anderseits hatte ich meine Probleme mit den Charaktere. Hier treffen vier Erwachsene Leute, die erzwungener Weise zusammenleben wollen/sollen/müssen, doch alle sind besser als die pubertierende Jugendliche. Die sind nur am Jammern und Meckern, können keine Entscheidungen treffen, aber was zum Saufen angeht, sind die mit Vollblut dabei. Ehrlich gesagt, die haben mich teils zur Weißglut gebracht, aber gut.

Rumaan Alam greift Themen wie: Rassismus, zusammen knall von sozialen Schichten/Generationen und Angst vor Terrorismus ein, allerdings ohne Tiefgang. Nichtsdestotrotz ist es ein perfekter Unterhaltungsroman, welchen man einfach wegsuchtet.

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