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Veröffentlicht am 22.05.2019

Zwei Cousinen auf ihrem Weg

Als der Himmel fiel
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Kindler Verlag | Gebundene Ausgabe | 368 Seiten | 20,00 € |Amazon und im örtlichen Buchhandel
INHALT:
Die Cousinen Ophelia und Franka wachsen zusammen am Rhein auf, seit ihrer Kindheit sind sie beste Freundinnen. ...

Kindler Verlag | Gebundene Ausgabe | 368 Seiten | 20,00 € |Amazon und im örtlichen Buchhandel
INHALT:
Die Cousinen Ophelia und Franka wachsen zusammen am Rhein auf, seit ihrer Kindheit sind sie beste Freundinnen. Bei aller geteilten Freude verbindet sie ein dunkles Geheimnis, das Franka nur Ophelia anvertraut hat und keinem anderen Menschen auf der Welt.
Nach der Schule erhält Ophelia die Chance, in Yale Violine zu studieren. Franka hingegen hangelt sich von Praktikum zu Praktikum, von Affäre zu Affäre. Immer wieder braucht sie Ophelias Trost. Als sie einen Job in einer New Yorker Galerie findet, ist sie froh, endlich wieder in ihrer Nähe zu sein.

In New York überschlagen sich die Ereignisse. Ophelia hat einen schweren Unfall. Zur gleichen Zeit fliegen Attentäter gekaperte Flugzeuge ins World Trade Center. Und zwischen den rauchenden Türmen häufen sich die Anzeichen dafür, dass Ophelia Frankas Geheimnis verraten hat...

MEINUNG:
Als der Himmel fiel ist mein erster Roman von Julie von Kessel gewesen. Ich war besonders neugierig darauf, weil es hier einen Bezug zu den Ereignissen von 9/11 gibt.

Franka und Ophelia sind Cousinen und seit ihrer Kindheit unzertrennlich. So folgt Franka Ophelia auf die andere Seite des Atlantiks als Ophelia das Angebot bekommt in Yale von einem sehr bekannten Musiker in Violine unterrichtet zu werden. Die beiden Cousinen sind sehr unterschiedlich: Franka, die Wilde, die nichts wirklich durchhält, extrovertiert und sehr sprunghaft ist und Ophelia, die eher introvertiert und sehr zielstrebig ist und mit viel Ernst an ihrer Karriere als Violinistin arbeitet. Trotzdem verbindet die beiden sehr viel und sie verstehen sich auf einer Ebene, auf der es nur sie beide gibt.

In Neuengland suchen nur beide ihr Glück. Franke geht Ophelia eher nach und bei Ophelia spürt, dass sie sich eigentlich eher endlich mal von Franka abnabeln möchte, denn gefühlt geht es immer nur nach Frankas Willen. Ophelia wirkt nicht vollends untergraben, aber sie ist sich dessen bewusst und auch nicht so recht glücklich über dieses Ungleichgewicht. Ophelias Glück ist es, dass New York und New Haven ein paar Zugstunden trennt, so dass sich beide erst einmal ein eigenes neues Leben aufbauen können. Über allem schwebt ein Geheimnis von Franka, welches Ophelia kennt, aber nicht der Rest der Familie. Ich muss sagen, dass mich das Geheimnis diesmal nicht sonderlich interessiert hat und eigentlich auch erstmal keinen großen Stellenwert hat. Am Ende ist natürlich klar, dass Franka davon vielleicht genau so ist, wie sie ist, aber die Handlung hätte für mich auch ohne dieses Geheimnis funktioniert.

In der Geschichte passieren zwei große prägende Ereignisse. Für Ophelia ist es ein schwerer Unfall, der sie fast das Leben gekostet hat und für Franka ist 9/11, dass sie hautnah miterlebt. Beide Frauen machen durch diese beiden einschneidenden Erlebnisse eine enorme Entwicklung durch, auch ein stückweit durch die Traumatisierung, was vor allem für Franka gilt. Franka, die mir manchmal fast ein wenig zu viel des Guten war und die ihren Platz im Leben noch nicht so richtig gefunden hat, sieht die Welt plötzlich anders und wird reifer, ja auch nachdenklicher. Züge, die eigentlich eher Ophelia innehat.

Die Beziehung zwischen Ophelia und Franka läuft auch nicht ganz konfliktfrei ab und man entzweit sich, was zu erwarten war. Ich finde diese Entwicklung zu beobachten eigentlich das wirkliche Schöne an diesem doch sonst recht ruhigen Roman. Das Geheimnis hätte es nach meinem Empfinden gar nicht geben müssen.

FAZIT:
Als der Himmel fiel ist für mich die Geschichte zweier Cousinen auf dem Weg zu sich selbst zu finden und dabei diesen Weg gemeinsam zu gehen, auch wenn das nicht immer reibungslos läuft. Manchmal wirkte die Geschichte nicht ganz rund, aber ich habe sie sehr gerne gelesen und mochte auch den Schreibstil der Autorin sehr.
Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 22.05.2019

Toxische Beziehungen

Too Late
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INHALT:
Die Hölle – nichts anderes ist die Beziehung von Sloan zu dem Drogenboss Asa Jackson. Gäbe es nicht ihren kranken Bruder, den Asa finanziell unterstützt, wäre sie von heute auf morgen auf und davon. ...

INHALT:
Die Hölle – nichts anderes ist die Beziehung von Sloan zu dem Drogenboss Asa Jackson. Gäbe es nicht ihren kranken Bruder, den Asa finanziell unterstützt, wäre sie von heute auf morgen auf und davon. Für Asa wiederum ist Sloan das Beste, das ihm jemals passiert ist: Sloan ist seine einzige Liebe, eine wahre Obsession, seine allergrößte Leidenschaft, und er ist davon überzeugt, dass es sich umgekehrt genauso verhält.
Doch dann taucht der Undercover Cop Carter auf …

MEINUNG:
Seit nun schon ein paar Jahren bin Colleen Hoover Fan und lese wirklich jedes Buch der Autorin. Too Late hatte ich schon länger als amerikanische Ausgabe gesehen und hatte mir schon gedacht, dass uns hier etwas völlig anderes erwartet und genau dem war auch so.

Die Geschichte beginnt gleich ziemlich zügig und dem Leser ist sofort klar, in was für Verhältnissen die junge Sloan lebt. Sloan ist zusammen mit Asa, der neben dem Studium ein Drogenimperium hat und zu physischer und psychischer Gewalt neigt. Das weiß auch Sloan und bezeichnet sich daher auch als seine Gefangene, denn Sloan kann ihn nicht verlassen, weil sie dann mittelos wäre, aber vor allem hängt da auch die finanzielle Unterstützung für ihren behinderten Bruder mit dran. Sloan verkauft also ihre Seele und ein Stück weit auch ihren Körper an Asa, denn Asa nimmt sich was er möchte. Er ist absolut obsessiv, was Sloan angeht, denn er ist für sie der erste und einzige Mann, mit dem sie bisher intim war. Genau darin liegt auch Asas größte Schwäche.

Die Beziehung zwischen Asa und Sloan ist absolut toxisch. Sloan hat damit in gewisser Weise arrangiert. Sie ist eine perfekte Lügnerin geworden und kennt Asa ausufernde Stimmungsschwankungen sehr gut. Natürlich wünscht man sich als Leser, dass sie die Beine in die Hand nehmen möge und fliehen solle, aber so einfach ist es eben nicht und Asa darf nicht unterschätzen. Er würde sie überall finden. Ich empfand Sloan trotz allem als sehr stark und trotzdem auch selbstbewusst. In einem gewissen Rahmen kann sie das auch gegenüber Asa sein. Seine Liebe zu ihr ist genauso verhängnis- wie machtvoll.

Und dann gibt es da noch Carter, der als verdeckter Ermittler gegen Asa ermittelt und dafür in das College von Sloan und Asa als Student eingeschmuggelt wird. Natürlich entwickelt sich zwischen Sloan, die seine wahre Identität nicht kennt und ihm mehr als gut für die beiden ist mit einem Menschen wie Asa im Hintergrund. Die Zuneigung zueinander birgt ein enormes Gefahrenpotential, wenn Asa davon Wind bekommen würde. Beim Lesen hat man die ganze Zeit die schlimmsten Befürchtungen und das zurecht. Die Autorin ist hier nicht zimperlich und lässt ihre Protagonisten sehr leiden. Ich weiß, dass die Story so funktioniert mit Carter als Sloans sprichwörtlichen Retter, aber mir war diese Liebesgeschichte etwas zu flach. Carter hat keine Ecken und Kanten, sondern ist völlig selbstlos und Sloan ist das einzige, was für ihn zählt. Selbst seine Mission/ Job gerät durch die Anziehung zu ihr in Gefahr. Mir gefiel allerdings gut, dass die Geschichte vom Crime-Faktor her sehr realistisch war. Könnte mir gut vorstellen, dass es so etwas auch in der Realität gibt.

Der Aufbau des Buches ist recht ungewöhnlich. Nach dem Ende gibt es nochmals einen Prolog zum Prolog und die Geschichte geht weiter. Colleen Hoover hat hier alle Regel des Romanaufbaus in den Wind geschlagen. Vermutlich entstand es dadurch, dass sie das Buch kapitelweise veröffentlicht hat und die Leser nach dem ersten Ende noch mehr wollten. Es liest sich ein bisschen wie zwei Bände einer Geschichte. Schön, dass sich der Verlag hier entschieden nicht zwei Bücher daraus zu machen.

FAZIT:
Too Late ist nicht der etwas andere Colleen Hoover Roman. Natürlich spielt Liebe und Tragik wieder eine große Rolle, aber diese Geschichte ist deutlich dunkler und enthält explizite Gewalt- und Sexszenen, die definitiv erst am 18 Jahren zu lesen sind. Mich hat der Roman definitiv gefesselt und nicht wieder losgelassen. Das lag vor allem an der toxischen Beziehung zwischen Asa und Sloan.

Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 16.05.2019

Vielversprechender Auftakt

Die Verlobten des Winters
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INHALT:
Am liebsten versteckt sie sich hinter ihrer dicken Brille und einem Schal, der ihr bis zu den Füßen reicht. Dabei ist Ophelia eine ganz besondere junge Frau: Sie kann Gegenstände lesen und durch ...

INHALT:
Am liebsten versteckt sie sich hinter ihrer dicken Brille und einem Schal, der ihr bis zu den Füßen reicht. Dabei ist Ophelia eine ganz besondere junge Frau: Sie kann Gegenstände lesen und durch Spiegel reisen. Auf der Arche Anima lebt sie inmitten ihrer riesigen Familie und kümmert sich hingebungsvoll um das Erbe der Ahnen. Bis ihr eines Tages Unheilvolles verkündet wird: Ophelia soll auf die eisige Arche des Pols ziehen und einen Adligen namens Thorn heiraten. Was hat es mit der Verlobung auf sich? Wer ist der Mann, dem sie von nun an folgen soll? Und warum wurde ausgerechnet sie, das zurückhaltende Mädchen mit der leisen Stimme, auserkoren? Ophelia ahnt nicht, welche tödlichen Intrigen

MEINUNG:
Die Verlobten des Winters ist der Auftakt einer neuen Jugenfantasyreihe, die meines Wissens nach aus vier Bänden bestehen soll, zumindest sind diese vom Verlag angekündigt. Ich bin so ein bisschen auf das Buch aufmerksam geworden, weil es mit Harry Potter verglichen worden ist. Nun wissen wir alle, dass Harry Potter nicht nachzuschreiben ist, aber das Harry-Potter-Feeling kommt doch in einigen Geschichten auf.
Die Welt in Die Spiegelreisende ist in sogenannte Archen aufgeteilt. Ophelia stammt von der Arche Anima und wird daher auch als Animistin bezeichnet. Jeder Arche wohnt auch ein Familiengeist inne, von dem alle Bewohner der Arche abstammen, sprich alle sind miteinander verwandt und sind eine große Familie. Ophelia ist sehr introvertiert und lebt ein Stück weit in ihrer eigenen Welt, zu der kaum jemand Zutritt hat. Nun soll Ophelia endlich verheiratet werden und zwar nicht mit einem Animisten, sondern mit Thorn, einem Adligen der Arche des Pols im hohen Norden. Ophelia hat keine Wahl und muss mit Thorn an den eisigen Pol reisen, um ihn dort zu heiraten.

Die Welt der Archen ist sehr mystisch und magisch. Man braucht ein bisschen Zeit, um sich da zu orientieren. Vieles bleibt aber auch noch verborgen. Genauso wie Ophelia haben auch die Bewohner des Pols bestimmte magische Fähigkeiten. Durch eine Heirat können solche Eigenschaften auf den jeweils anderen übertragen werden. Als Ophelia am Pol ankommt landet sie in einem Meer aus Intrigen und dunklen Machenschaften. Niemand ist ihr so richtig wohlgesonnen und es schwer jemanden wirklich zu vertrauen. Dazu kommt die eisige Kälte, die sie nicht gewohnt ist. Thorn hat nicht wirklich viel Zeit für sie und so wird Ophelia bei Thorns Tante „geparkt“. Die Beziehungen untereinander sind zum Teil sehr komplex und nicht immer ganz durchschaubar. Doch zwischen Thorn und Ophelia entwickelt sich, wenn sie sich denn mal sehen, eine Art vertrauensvolle, Respektbeziehung, denn Thorn scheint nicht sehr viele Verbündete zu haben.

Dafür, dass Ophelia recht grausam in diese Welt gestoßen wird, meistert sie die vielen Fallstricke recht gut, vor allem als sie diese erkennt. Auch ihr ist man nicht so richtig wohlgesonnen und natürlich stellt sie ihr immer wieder brennend die Frage, warum ausgerechnet sie ausgewählt worden ist, Thorn zu heiraten. In diesem Band wird dazu ein bisschen an der Oberfläche gekratzt, aber viel mehr werden wir wohl erst im zweiten Band erfahren, der 27. Juli 2019 erscheinen wird.

FAZIT:
Die Verlobten des Winters ist ein sehr vielversprechender Auftakt einer neuen Jugendfantasyreihe, die ich als sehr innovativ und voller neuer Ideen empfand. Ophelia ist eine Anti-Heldin, die ich bereits von der ersten Seite an mochte, vor allem, weil viel mehr in ihr steckt als auf den ersten Blick zu erahnen ist. Die Geschichte ist voller Intrige, Fallstricke und bei niemanden kann man sich so richtig sicher sein, die ihr Potential vermutlich aber erst vollends in Band 2 entfalten wird. Freue mich sehr auf Band 2!

Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 26.04.2019

Typisch Joel Dicker

Das Verschwinden der Stephanie Mailer
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INHALT:
Es ist der 30. Juli 1994 in Orphea, ein warmer Sommerabend an der amerikanischen Ostküste: An diesem Tag wird der Badeort durch ein schreckliches Verbrechen erschüttert, denn in einem Mehrfachmord ...

INHALT:
Es ist der 30. Juli 1994 in Orphea, ein warmer Sommerabend an der amerikanischen Ostküste: An diesem Tag wird der Badeort durch ein schreckliches Verbrechen erschüttert, denn in einem Mehrfachmord sterben der Bürgermeister und seine Familie sowie eine zufällige Passantin. Zwei jungen Polizisten, Jesse Rosenberg und Derek Scott, werden die Ermittlungen übertragen, und sie gehen ihrer Arbeit mit größter Sorgfalt nach, bis ein Schuldiger gefunden ist. Doch zwanzig Jahre später behauptet die Journalistin Stephanie Mailer, dass Rosenberg und Scott sich geirrt haben. Kurz darauf verschwindet die junge Frau ...

MEINUNG:
Das Verschwinden der Stephanie Mailer ist Joel Dickers heiß ersehnter dritter Roman. Ich habe bereits Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert gelesen und fand es ganz in Ordnung. Joel Dicker weiß auf jeden Fall, wie man schreibt und vor allem wie man Geschichten schreibt, die dem Leser Aufmerksamkeit und Geduld abverlangen.

Vom Setting her sind wir wieder an der amerikanischen Ostküste, genauer in Orphea, einem fiktiven Ort. Die drei wichtigsten Charaktere, von denen auch die Geschichte erzählt wird, sind die Polizisten Jesse Rosenberg, Derek Scott und Anna Kanner. Jesse und Derek haben den Mehrfachmorde von 1994 eigentlich aufgeklärt. Es gab einen ermittelten Täter, der allerdings nicht mehr lebt. Nun werden 20 Jahre später, also 2014, durch die junge Journalistin Stephanie Mailer berechtigte Zweifel gegenüber dem ermittelten Täter angebracht. Mit dem Verschwinden von ihr, wird der Fall wieder neu aufgerollt durch die drei Polizisten. Anna kommt neu zu Team hinzu. Sie ist Polizistin direkt in Orphea.

Parallel zum gegenwärtigen Geschehen gibt es auch immer wieder Rückblicke in die Vergangenheit. Besonders von Derek erfährt der Leser, was damals genau passiert ist. Neben diesen drei Polizisten gibt es aber noch unzählige andere Personen. Die meisten davon direkt aus Orphea und einige auch aus New York. Man lernt diese Charaktere nach und nach kennen. Joel Dicker lässt sich sehr viel Zeit damit die Charaktere vorzustellen und einen äußerst guten Eindruck von deren Persönlichkeit zu bekommen. Fast alle Personen sind zwar für die Geschichte in irgendeiner Weise relevant, aber nicht alles, was in deren Leben passiert ist. Zu den noch lebenden Personen kommen auch noch einige Protagonistin, die 2014 nicht mehr leben und auch die lernt man natürlich kennen.

Joel Dicker Schreibstil ist einfach und lässt sehr flüssig lesen. Im Großen und Ganzen empfand ich die vielen, vielen Seitenhandlungen nicht wirklich langweilig, denn man versucht als Leser zusammen mit Polizisten auch herauszufinden, was hinter allem stecken könnte. Der Autor legt unzählige falschen Fährten aus. Immer wenn man glaubte es zu wissen, dann kam wieder ein neuer Aspekt dazu. Die Geschichte hat ein kontinuierliches Maß an Spannung gehalten. Mir wurde es eigentlich erst gegen Ende etwas lang, denn irgendwann hatte sich jede Schachtel, die Joel Dicker konstruiert hat, ausgelöst und ich fragte mich ungeduldig, wer denn nun der Täter ist. Man muss beim Lesen auch sehr aufmerksam sein. Es ist nicht immer leicht, die ganzen Personen und deren Beziehungen zueinander im Kopf zu behalten. Zur Erleichterung gibt es aber am Ende des Buches ein Personenregister.


FAZIT:
Joel Dicker schreibt unvergleichlich. Ich habe größten Respekt davor, dass man solch komplexe Geschichte schon in so jungen Jahren zu Papier bringt und dabei keinen Faden verliert. Das Buch ist nichts ungeduldige Leser. Man braucht Zeit und einen wachen Geist beim Lesen. Mir ging am Ende es bisschen die Puste aus, aber ansonsten bekommt hier wieder fantastische Unterhaltung mit kontinuierlicher Spannungskurve.
Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 25.04.2019

Menschliche Abgründe

Deine kalten Hände
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INHALT:
Eines Tages verschwindet der Bildhauer Jang Unhyong beinahe spurlos. Er hinterlässt seine faszinierenden Gipsabdrücke von Händen und Körpern – und ein bewegendes Tagebuch, das seine lebenslange ...

INHALT:
Eines Tages verschwindet der Bildhauer Jang Unhyong beinahe spurlos. Er hinterlässt seine faszinierenden Gipsabdrücke von Händen und Körpern – und ein bewegendes Tagebuch, das seine lebenslange Suche nach Nähe und Wahrhaftigkeit in aller Welt voller Masken schildert.

MEINUNG:
Ich habe bereits beiden voran gegangen Bücher von Han Kang gelesen: Die Vegetarierin und Menschenwerk. Ersteres hat mich gleichzeitig fasziniert und abgestoßen und gerade deswegen sehr begeistert. Menschenwerk fand ich ganz in Ordnung. Konnte mich aber nicht ganz so begeistern. Umso gespannter war ich nun auf Deine kalten Hände.

Alles beginnt mit der Schriftstellerin H., die eines Abends den Bildhauer Jang Unhyong kennenlernt und mir ihm ins Gespräch kommt. Wochen später meldet sich Unhyongs Schwester bei ihr, weil er spurlos verschwunden ist und ein Manuskript/ Tagebuch hinterlassen hat, welches H. bitte lesen soll, um so herauszufinden, wo Unhyong stecken könnte. Später wird klar, dass Unhyongs Schwester ihn einfach zu wenig kennt, um zu wissen, wo er sein könnte. H. ist einer seiner letzten Kontakte.

Unhyong ist ein spezieller junger Mann (am Ende des Buches ist er um die 40), aber man erfährt ganz genau, warum, denn Unhyong beschreibt sein ganzes Leben, angefangen mit seiner Kindheit und der Familienkonstruktion. Man merkt schnell, dass er ein stückweit in seiner eigenen Welt lebt und vor allem, dass er damit zufrieden ist, was er tut. Er wirkt für Außenstehende recht emotionslos, aber ich hatte den Eindruck, er hat seine ganze eigene Sicht auf die Dinge. Zum Teil war es auch einfach erfrischend, wie er an vieles einfach pragmatisch heran gegangen ist und weniger emotional gesteuert war.

Für seine Arbeit als Bildhauer sucht Unhyong immer neue Modelle und trifft eines Tages auf L. ich glaube, dass mit den abgekürzten Buchstaben soll wirklich so sein und ist keine Freiheit der Übersetzerin. Durch die Abkürzung des Vornamens wirken die Personen recht austausch- und unnahbar, aber dass ist keineswegs immer so, denn L. ist wichtige Frau in Unhyongs Leben. Liebe würde es nicht nennen, aber sie ist für ihn zunächst als Modell von großem Interesse. L. ist zunächst stark übergewichtig bis Unhyong sie wieder trifft: Schlank, aber mit nicht weniger Problemen behaftet. Es wird bildhaft beschrieben wie L. sich permanent selbst zerstört. Unhyong bietet ihr einen Unterschlupf und auch Hilfe an. Was und wie viel sie ihm bedeutet kann nicht so richtig benennen.
Es ist faszinierend, wie die Arbeit von Unhyong geschildert wird und wie das auch für seine Modelle, vor allem Frauen ist. Unhyong ist definitiv nicht an „normalen“ Modellen interessiert, sondern ist eher von den menschlichen Makeln angezogen. Ich glaube, es gibt kaum einen Menschen, der vorurteilsfreier sein könnte als Unhyong. Ich habe häufig den Eindruck, dass Koreaner, zumindest die geschilderten in Han Kangs Büchern, immer sehr angepasst leben, aber unter der Oberfläche brodelt es gewaltig und wenn es hier mal zum Ausbruch kommt, dann tun sich große menschliche Abgründe auf. Man muss das wohl mögen. ?

FAZIT:
Von allen Büchern von Han Kang ließ sich dieses am leichtesten lesen, wenn das so formulieren kann. Natürlich gibt es hier auch sehr (selbst-)zerstörerische Phasen der Charaktere, aber die Geschichte springt nicht so sehr wie in Menschenwerk und Die Vegetarierin. Hier ist ein roter Faden erkennbar und die Geschichte kommt zu einem relativ zufriedenstellenden Ende, fast schon ungewöhnlich für die Autorin. Ich würde es als gutes Einstiegsbuch empfehlen, wenn man die Autorin kennenlernen möchte.

Ich vergebe 4 von 5 Sternen.