Profilbild von evaczyk

evaczyk

Lesejury Star
offline

evaczyk ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit evaczyk über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.01.2021

Koks, Rache und ein Polizist im Fadenkreuz

Baskische Tragödie
0

Es geht schon dramatisch los in der "Baskischen Tragödie" von Alexander Oetker: Ein kleiner Junge findet am Strand ein Paket, lutscht etwas von dem daraus rieselnden Pulver, das er für Zucker hält und ...

Es geht schon dramatisch los in der "Baskischen Tragödie" von Alexander Oetker: Ein kleiner Junge findet am Strand ein Paket, lutscht etwas von dem daraus rieselnden Pulver, das er für Zucker hält und bricht vor den Augen seiner Mutter zusammen - bei dem Pulver handelt es sich um Kokain von hohem Reinheitsgrad. Luc Verlain von der Polizei in Bordeaux, der in dem Fall ermittelt, lässt die Strände sperren und kann so ähnliche Tragödien verhindern, denn es werden weitere Pakete an verschiedenen Strandabschnitten angeschwemmt. Zu diesem Zeitpunkt ahnt er noch nicht, dass er noch ganz unmittelbar mit dem Drogenschmuggel zu tun haben wird.

Privat könnte es zu diesem Zeitpunkt kaum besser für Luc laufen: Amouk, seine Freundin und Kollegin, ist schwanger. Er ist überzeugt, sie ist die Liebe seines Lebens. Just in dieser Situation findet er einen anonymen Brief, in dem ihm mitgeteilt ist, dass er bereits Vater einer Tochter ist, Ergebnis einer kurzen Affäre, die schon Jahre zurückliegt. Mehr noch: Als Luc eine ins Baskenland führende Spur zu dem Drogenschmuggel verfolgen will, wird er festgenommen. Der Vorwurf: Er soll einen Drogenhändler entführt und ermordet haben, als Racheakt für einen Angriff auf Amouk.

Rache, so erkennt Luc schnell, spielt überhaupt eine große Rolle - er wird bedroht, zum Kriminellen gestempelt, zu Dingen gezwungen, die er strikt ablehnen würde. Er ahnt, der Schlüssel ist in einem Mordfall in der Vergangenheit zu suchen. Mit einem psychopatischen Täter liefert sich Luc ein Katz-und-Maus-Spiel, das jederzeit tödlich enden kann. Schauplatz ist San Sebastian, die Hauptstadt des Baskenlands.

Dort wo Oetker die Küstenlandschaften, die malerischen Gassen und die lokalen Spezialitäten schildert, ist "Baskische Tragödie" bildhaft und lebendig, macht neugierig auf Gerüche und Bilder der Region, Flüssig, aber eher reißerisch geschrieben, überzeugt der Roman nicht unbedingt mit Logik und Realitätsnähe. In der High Noon-Atmosphäre (auch wenn sich die Dramatik eher zu mitternächtlicher Stunde zuspitzt) hat Luc zwar eine Handvoll Verbündeter, muss aber als einsamer Wolf die letzte große Konfrontation suchen. Wer es mit nachvollziehbarer Handlung nicht so eng nimmt, dürfte sich dennoch mit viel Dramatik auf den Buchseiten gut unterhalten fühlen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.12.2020

Tödliche Weihnachtszeit in bella Italia

Isola Mortale
0

Tödliche, aber nicht zu brutale Weihnachten: Giulia Contis Kriminalroman "Isola Mortale" ist eher der Cozy-Fraktion zuzurechnen Der Spannungsbogen des soliden Krimis ist jedenfalls nicht allzu nervenzerfetzend. ...

Tödliche, aber nicht zu brutale Weihnachten: Giulia Contis Kriminalroman "Isola Mortale" ist eher der Cozy-Fraktion zuzurechnen Der Spannungsbogen des soliden Krimis ist jedenfalls nicht allzu nervenzerfetzend. Simon Strasser, einst Polizei- und Gerichtsreporter in Frankfurt, hat sich an einem norditalienischen See in den Halbruhestand versetzt, hilft aber gerne der attraktiven Polizistin Carla bei ihren Fällen - sei es mit deutschen Übersetzungen, sei´s mit eigenen Ermittlungen. Auch Reporter haben schließlich einen Schnüffler-Instinkt!

Da der gute Mann schon ein paar Jährchen am See im idyllischen Haus am Seeufer mit eigenem Boot lebt, habe ich da ein kleines Glaubwürdigkeitsproblem. Welcher Zeitungsredakteur kann heute schon mit 50 la dolce vita suchen? Und das aus Frankfurt, mit seinen horrenden Mieten? Da die Autorin laut Klappentext selbst Journalistin ist, solllte sie es eigentlich besser wissen. Und nein, auch Polizeireporter werden nicht dauernd mit dem Anblick von Leichem konfrontiert. Die Polizei ist nämlich ziemlich zugeknöpft, wenn es um Medienvertreter am noch nicht aufgeräumten und gesicherten Tatort geht, wie ich aus eigener Erfahrung sagen kann.

Aber sei´s drum, bei einem Cozy ist ja nicht unbedingt Realitätstreue gefragt, sondern es soll unterhaltsam sein, und das ist durchaus der Fall, nachdem eine junge Nonne wenige Tage vor Weihnachten aus dem See gezogen wurde - offensichtlich mit einem stumpfen Gegenstand erschlagen. Polizistin Carla schießt sich vorzeitig auf einen deutschen Geschäftsmann als Hauptverdächtigen ein, vor allem, da ihr sein allzu großes Selbstbewusstsein auf die Nerven geht. Immerhin: er war, neben einem alten Pfarrer, wohl der letzte, der die junge Frau vor ihrem Tod gesehen hat. Da die Äbtissin des Klosters sich eher zurückhaltend mit Auskünften zeigt, ermittelt Simons Freundin Luisa gewissermaßen undercover, indem sie ein paar Tage Klosterurlaub macht.

Die junge Nonne, so viel ist der Äbtissin immerhin zu entlocken. was auf der Suche nach ihrer vor acht Jahren spurlos verschwundenen Mutter. Eine Karte, die in ihrer Zelle gefunden wurde, weist den Weg zu einer Stelle im See, aus der Taucher ein Auto mit zwei Leichen bergen.... Die Lösung des Falls schließt ganz offensichtlich die Rätsel der Vergangenheit ein.

Die Ermittlungen von Profis und Amateuren erlauben der Autorin immer wieder Landschaft- und Restaurantschilderungen, da zahlt sich die Tätigkeit als Verfasserin von Reisebüchern aus. Die Figuren des Romans geraten allerdings ein wenig plakativ und lassen eine gewisse Tiefe vermissen. Manche Nebenhandlung hätte auch ein bißchen kürzer ausfallen können. Dennoch: solide Unterhaltung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.11.2020

Hier sind nicht nur die Ratten mies

Kreuzberg Blues
0

Immobilienspekulation, Mietwucher und Häuserkampf - das ist nur der Anfang brandaktueller Themen in Wolfgang Schorlaus "Kreuzberg Blues". Der Stuttgarter Privatermittler und Ex-BKA-Zielfahnder Dengler ...

Immobilienspekulation, Mietwucher und Häuserkampf - das ist nur der Anfang brandaktueller Themen in Wolfgang Schorlaus "Kreuzberg Blues". Der Stuttgarter Privatermittler und Ex-BKA-Zielfahnder Dengler begleitet seine Freundin Olga zu einem Freundschaftsdienst aus der Schwabenmetropole nach Kreuzberg. Olgas alte Freundin Silke wohnt in einem Mietshaus, das luxussaniert werden soll. Die dann anstehende Miete, das weiß Silke, wird sie nicht zahlen können. Zusammen mit anderen Mietern stellt sich Silke den Plänen des Immobilienmagnaten Kröger entgegen.

Der Konflikt wird mit harten Bandagen ausgetragen - mal fällt die Heizung aus, mal sollen mitten im Winter Fenster ausgetauscht werden oder das Dach abgetragen. Methoden, die nicht nur Mieter in Kreuzberg kennen, sondern überall dort, wo alteingesessene Bewohner nicht schnell genug den Gentrifizierungsmaßnahmen weichen. Und jetzt hat obendrein jemand Ratten im Treppenhaus ausgesetzt. Eines der Tiere gelangte in Silkes Wohnung und verletzte ihre kleine Tochter. Silke ist sicher: dahinter steckt Kröger.

Mit dem Thema Mietenwahnsinn, Spekulantentum, Gentrifizierung hätte Schorlau locker einen Roman füllen können, zumal außer Kröger auch die "Deutsche Eigentum", befeuert von einem US-Fonds, den angespannten Wohnungsmarkt befeuert. Eine Mieterinitiative drängt auf einen Volksentscheid zur Enteignung von großen Immobilieneigentümern, die Bausenatorin will Mietdeckelung erreichen.

Aber irgendwie hat das dem Autor nicht gereicht. Es muss auch noch um finstere Machenschaften einer Art Staat im Staat gehen, eine Geheimorganisation, aufgebaut von alten Nazis, mit festen Seilschaften in Innenministerium und Sicherheitskreisen, bis hin zur Elitetruppe KSK. Da werden gleich Erinnerungen an den NSU 2.0-Skandal wach, an rechte Netzwerke, an NS-Devotionalien in Kasernen und die immer neuen rechtsextremen Auffälligkeiten beim KSK bis hin zu massenweise verschwundener Munition und Sprengstoff. Eigentlich reichlich Themenmaterial für ein weiteres Buch, doch Schorlau hat nicht nur beide Themen zusammengeworfen, auch Corona wird noch beigemischt, die Mobilisierung neuer, eher nichtsahnender Unterstützer für rechte Verschwörer.

Genau hier liegt mein Problem mit dem Buch - es ist einerseits brandaktuell, auf der anderen Seite aber überfrachtet. Das geht dann auch auf Kosten der doch arg holzschnittartig gezeichneten Charaktere und Dialoge. Spannend ist "Kreuzberg Blues" ja, aber weniger wäre mehr gewesen und hätte dem Autor obendrein mehr Raum für mehr Tiefe gegeben.

So aber gibt es ein wenig subtiles Schwarz-Weiß-Schema, die fiesen Schurken müssen auch noch feist und mit Minderwertigkeitskomplexen beladen sein, die Guten sind selbstverständlich immer erfolgreich und reichlich mit Talenten gesegnet und kommen auch in den schwierigsten Situationen höchstens mit ein paar blauen Flecken davon. Da werde ich als Leser den Eindruck nicht los, dass das Buch mehr Drehbuchvorlage als eigenständiger Roman ist - bei 90 Minuten Action kommt es für den Zuschauer vielleicht nicht so auf die Tiefe der Dialoge an. Schade eigentlich - ich kenne zwar die vorangegangenen Dengler-Romane nicht, aber angesichts des durchaus spannenden Plots wurden hier Möglichkeiten verspielt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.11.2020

Scjhwedenkrimi mit Längen

Tod eines Eisfischers
0

Ich war gespannt auf Anna Ihrens "Tod eines Eisfischers", in dem es um einen grausamen Mord an Bord eines Forschungsschiffes geht. Der Expeditionsleiter wird ermordet in seiner Kajüte aufgefunden und ...

Ich war gespannt auf Anna Ihrens "Tod eines Eisfischers", in dem es um einen grausamen Mord an Bord eines Forschungsschiffes geht. Der Expeditionsleiter wird ermordet in seiner Kajüte aufgefunden und der ehemalige SEK-Beamte Dennis Wilhelmson, nunmehr Leiter der Polizei in dem kleinen Schärenort Smögen, nimmt die Ermittlungen auf.

Dabei hilft nicht gerade, dass das Schiff zur Fortsetzung der Expedition wieder auslaufen muss, um weiter nach Bergen und Spitzbergen aufzubrechen.. Zudem droht sich bei mehr als einem Beamten Berufliches und Privates in diesem Fall zu verbinden - eine Polizistin ist in Sorge um die auf dem Forschungsschiff arbeitende Tochter, gleich zwei Beamte sind höchst hingerissen von der Schwester des Mordopfersund Sandra Haraldson, Wilhelmsons engste Mitarbeiterin, muss mit ihrem wieder aufgetauchtem Ex klarkommen.

Das ist allerdings nicht das einzige, was hier verwickelt ist. Wie schon im ersten Band der Reihe gibt es eine zweite Erzählebene mit einem historischen Fall aus Kriegszeiten, der für die Lösung des Mordfalls nicht wirklich relevant ist. Und ebenso wie im ersten Band gibt es zahlreiche Nebengeschichten mit reichlich vorhandenen Freunden, Verwandten und Bekannten der Ermittler, die zwar teilweise amüsant-chaotisch sind, aber letztlich für ein erzählerisches Kuddelmuddel sorgen, zumal die Szenenwechsel sehr sprunghaft und nicht etwa durch Kapitel oder Markierungen abgegrenzt sind. Da wäre weniger mehr gewesen.

Einmal mehr schafft es die Autorin mit ihren Landschaftsschilderungen, ein Bild des diesmal winterlichen hohen Nordens zu zeichnen. Etwa die Beobachtung einer Eisbärin, die sich an eine Robbengruppe heranpirscht, aber auch die Schilderung einer russischen Enklave auf Spitzbergen, der Weg durch das Treibeis oder die Fahrt auf einem Motorschlitten. Gut fand ich auch, dass das Thema Klimawandel/Klimaveränderungen zumindest ansatzweise eingebracht wurde, wenn auch "Tod eines Eisfischers" eher in die Kategorie der unterhaltsamen als der gesellschaftskritischen Schwedenkrimis passt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.11.2020

Weihnachtsbäckerei mal ohne Zucker

Weihnachtsplätzchen zuckerfrei
0

Plätzchen gehören zur Weihnachtszeit wie Adventskranz und Tannenbaum. Allerdings hat die süße Versuchung schon vor den Feiertagen im Zweifelsfall Auswirkungen auf die Zahl auf der Waage. Mit "Weihnachtsplätzchen ...

Plätzchen gehören zur Weihnachtszeit wie Adventskranz und Tannenbaum. Allerdings hat die süße Versuchung schon vor den Feiertagen im Zweifelsfall Auswirkungen auf die Zahl auf der Waage. Mit "Weihnachtsplätzchen zuckerfrei" dürfte sich mit etwas besserem Gewissen naschen lassen. Die Autorinnen und Böoggerinnen Lena Merz und Annina Schäflein jedenfalls versprechen,dass auch mit Obst und Trockenfrüchen sowie den Alternativen Dattelsüße, Kokosblütenzucker und Reissirup der Blutzuckerspiegel weniger in die Höhe getrieben wird.

In dem G+U Buch, wie gewohnt schön und apettitanregend fotografiert, wird zwischen traditionellen und modernen Plätzchen unterschieden. Dabei wird auch durchaus mal eine Alternative bei der Größe angeboten. Die Mini-Stollen haben mich jedenfalls gleich gereizt, sie bei nächster Gelegenheit auszuprobieren. Mit veganen Lebkuchenschnittem habe ich auch gleich schon ein kleines Adventsgeschenk für eine Kollegin.

Bei den modernen Plätzchen gibt es orientalische Noten, die ja durchaus zu den Zimt-, Nelken- und Kardamongerüchen der Weihnachts-Backstube passen, etwa Tahin-Cookies oder Sesam-Pekannuss-Konfekt. Lecker in der herbstlich-kühlen Jahreszeit auch ohne Weihnachtsbezug klingen die Apfelhörnchen, die knusprigen Zimtkracher oder Spekulatius-Rauten. Übrgens, nicht nur Zucker wird weggelassen, auch Dinkelmehl oder Haferflocken werden oft statt Weizenmehl verwendet.

In einem weiteren Abschnitt des Buches gibt es Geschenke, die sicher nicht nur zur Wichtel-Zeit Freude bereiten, zum Beispiel Bananenbrot im Glas oder eine Mandel-Dattel-Creme. Mit Weihnachts-Granola und Glühwein-Apfel-Fruchtgummisternen dürfte für jeden Geschmack etwas dabei sein. Allerdings - mit all der Butter und den Nüssen sind die Leckereien zwar im Zweifelsfall gesünder, aber Kalorien addieren sich auch hier zusammen....