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Veröffentlicht am 03.04.2018

Krimi und Meer

Kalter Sand
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„Kalter Sand“ ist nach „Stumme Wasser“ und „Küstenbrut“ bereits der dritte Krimi um den Kunsthistoriker Richard Gruben, und wieder lässt Anja Behn uns mit Richard an die Ostsee reisen. Ich liebe diese ...

„Kalter Sand“ ist nach „Stumme Wasser“ und „Küstenbrut“ bereits der dritte Krimi um den Kunsthistoriker Richard Gruben, und wieder lässt Anja Behn uns mit Richard an die Ostsee reisen. Ich liebe diese Kombination von vertrauter Küstenatmosphäre und spannendem Krimi, der zum Miträtseln einlädt. Bereits der Prolog wirft Fragen auf - wer wurde vor 6 Jahren von wem ermordet und warum? Bevor wir die Antwort erfahren, begleiten wir Richard im rauen November auf den Darß, wo er zur Vernissage seines alten Freundes und Fotografen Philipp eingeladen ist. Schon bald erfährt Richard von dem alten, ungeklärten Mordfall, und dass Philipp damals der Hauptverdächtige war. Warum hat sein Freund ihm nie davon erzählt, rätselt Richard und forscht auf eigene Faust nach, was damals geschah. Doch der Kunsthistoriker ist nicht der einzige Gast im kleinen Küstenort, der Interesse an dem alten Mordfall zeigt, während die meisten Einheimischen die Sache am liebsten für immer vergessen würden.

Geschickt wechselt die Autorin die Perspektiven und lässt uns so nach und nach, wie Puzzleteile, kleine Antworten finden, die noch nicht so richtig zusammenpassen wollen. Eben im Kopf des Lesers aufblitzende Theorien müssen bald wieder verworfen werden, weil ein weiteres Detail gar nicht dazu passt. All das passiert vor dem Hintergrund des stürmischen Novembers, wo der Wind an den Fensterläden rüttelt, die feuchte Luft nach Meer schmeckt und die Wellen rauschend an den Strand rollen.

Ich mag die Charaktere, die Anja Behn beschreibt. Diese Menschen haben ihre Ecken und Kanten, ihre hellen und dunklen Seiten. Nicht jeder, der die Wahrheit verschweigt, verbirgt etwas Böses. Und immer sind starke Frauen dabei, auch wenn sie ihre Stärke manchmal geschickt verbergen.

Für mich war die Lektüre dieses Buches spannende Unterhaltung und Reise in die alte Heimat zugleich. Herzlichen Dank an die Autorin für dieses erneute Lesevergnügen. Ich freue mich jetzt schon auf Richard Grubens nächste Fahrt an die Ostsee.


Fazit: Leseempfehlung für alle, die Krimis und das Meer lieben. 5*****

Veröffentlicht am 20.03.2018

Ein Buch wie ein guter Wein

Bittertrauben
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In "Bittertrauben" nimmt Karin Joachim uns zum zweiten Mal mit ins Ahrtal. Jana Vogt, Tatortfotografin aus Köln, möchte sich von einem traumatischen Erlebnis erholen. Da kommt die Eröffnung einer Ausstellung ...

In "Bittertrauben" nimmt Karin Joachim uns zum zweiten Mal mit ins Ahrtal. Jana Vogt, Tatortfotografin aus Köln, möchte sich von einem traumatischen Erlebnis erholen. Da kommt die Eröffnung einer Ausstellung ihrer Landschaftsfotos zum "Tag der offenen Weinkeller" gerade recht. Nur klappt das mit dem Abschalten nicht so ganz, denn ein zufällig belauschtes Gespräch lässt Janas Gedanken um ein geplantes Verbrechen kreisen. Kann sie gemeinsam mit Clemens Wiegand, einem Kommissar der Koblenzer Kripo, dieses Verbrechen verhindern? Und warum liegt plötzlich ein Toter auf der Brücke? Dieser Krimi wirft von Anfang an viele Fragen auf, sodass der Leser gespannt bleibt und seine eigenen Gedanken immer wieder neu sortieren muss. Auch die sich anbahnende Liebe zwischen Jana und Clemens sorgt für Spannung auf anderer Ebene. Schön, dass Usti, der Airedale Terrier, sein Frauchen immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholt. Herrlich auch die ruhigen Momente gibt, in denen die Autorin uns die Atmosphäre und Romantik des Ahrtals und der Weingüter erleben lässt. Nur um kurz darauf mit der nächsten Überraschung aufzuwarten und neue Fragen in den Raum zu werfen.

Alles in allem ein Krimi, wie ein guter Wein. Vom ersten Probieren an - in diesem Falle ein Prolog, der im Jahr 1984 spielt - bis zu letzten Seite, ein Genuss. Ich habe nicht nur mitgerätselt, wer hier gemordet haben könnte, sondern auch Lust bekommen, das Ahrtal endlich einmal mit eigenen Sinnen zu erleben. Vielen Dank dafür und 5*****

Veröffentlicht am 14.02.2018

Zauber des Alltäglichen

Lied der Weite
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Kent Haruf schrieb unaufgeregte Geschichten. Die Helden leben ihren Alltag in der fiktiven Kleinstadt Holt in Colorado. Wir beobachten sie bei ihren täglichen Verrichtungen, spüren ihre Sehnsucht, ihre ...

Kent Haruf schrieb unaufgeregte Geschichten. Die Helden leben ihren Alltag in der fiktiven Kleinstadt Holt in Colorado. Wir beobachten sie bei ihren täglichen Verrichtungen, spüren ihre Sehnsucht, ihre Sorge und ihren Schmerz. Aber auch die Freude und die Liebe, die bei Haruf manchmal außergewöhnliche Wege findet.

In "Lied der Weite" begegnen wir sieben Hauptpersonen, deren Leben in der kleinen Stadt auf wundersame Weise miteinander verwoben wird. Bobby und Ike, die 9- und 10-jährigen Söhne von Guthrie, lassen uns teilhaben an ihrem Leben, das aus gemeinsamen Mahlzeiten, Zeitungen austragen, Schule und den auf dem Lande üblichen Abenteuern kleiner Jungs besteht. Guthrie selbst, Lehrer, kümmert sich um die Jungs, da die Mutter Ella dazu nicht in der Lage scheint. Victoria, eine 17-jährige Schülerin Guthries, ist schwanger von einem längst vergangenen Sommerflirt mit einem Jungen aus Denver. Herrlich kauzig die alten Brüder McPherons, die seit ewigen Zeiten allein mit ihren Rindern und Pferden auf der alten Farm weit draußen vor der Stadt leben. Und Maggie Jones, ebenfalls Lehrerin und Kollegin von Guthrie, eine Frau, die es gewohnt ist, ihr Leben und manchmal auch das Anderer, selbst in die Hand zu nehmen.

Hier geht es auf ganz alltägliche Weise um Leben und Tod. Tiere werden geboren und andere sterben. Bei den Menschen ist es ebenso. Auch wenn ich die Farmszenen teilweise etwas zu direkt fand, so beschreibt der Autor doch nur das, was tagtäglich passiert, in Holt, Colorado, und anderswo auf der Welt. Anfangs hatte ich ein bisschen Probleme mit der zeitlichen Einordnung. Da aus wechselnder Perspektive der verschiedenen Personen erzählt wird, kommt es zu kleineren Zeitsprüngen vor und zurück. Die Spannung der Geschichte ergibt sich aus den Handlungen der Personen. Sie treffen manchmal mutige Entscheidungen, machen Fehler, werden ungerecht behandelt oder spüren plötzlich, dass da jemand ist, der es gut mit ihnen meint.

So macht »Lied der Weite«, wie auch die anderen Bücher des Autors Lust auf das Leben, auf die täglichen kleinen Schritte, die vielleicht zum großen Glück führen können. Und es bleibt der Trost, dass ein kleines Glück auch okay ist, falls wir nur bis dahin kommen sollten.

Fazit: 5***** und absolute Leseempfehlung für eines meiner Lieblingsbücher.

Wem »Das Lied der Weite« gefallen hat, empfehle ich »Unsere Seelen bei Nacht«, ebenfalls von Kent Haruf.

Veröffentlicht am 08.01.2018

Schönes, ungewöhnliches Lesevergnügen

Das Spielhaus
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»Das Spielhaus«umfasst drei Novellen, die zu unterschiedlichen Zeiten an verschiedenen Orten spielen: Venedig in der Renaissance, Bangkok 1938 und New York, heute. Verbunden werden die drei Novellen, durch ...

»Das Spielhaus«umfasst drei Novellen, die zu unterschiedlichen Zeiten an verschiedenen Orten spielen: Venedig in der Renaissance, Bangkok 1938 und New York, heute. Verbunden werden die drei Novellen, durch das Spielhaus, das überall und immer auftauchen kann und Menschen zum Spiel einlädt. Allerdings ist nicht das Glücksspiel im üblichen Sinne gemeint. Nur wer klug spielt, wird auserwählt, an einem ganz besonderen Spiel teilzunehmen, bei dem es alles zu gewinnen, aber auch alles zu verlieren gibt. Nicht nur Geld und Macht, auch der Geschmack von Erdbeeren oder gar das eigene Leben können Spieleinsatz sein. Dieser Gedanke hat mich sehr fasziniert. Wie weit würde ich gehen, welchen Einsatz wagen und welchen nicht? Und, etwas weitergesponnen, ist nicht unser Leben hier auf Erden auch nur ein Spiel, allerdings mit höchstem Einsatz? Diese philosophische Seite des Buches fand ich sehr interessant.

Außerdem begeisterte mich der Schreibstil. Sprache, Formulierungen und selbst die grafische Gestaltung jeder Novelle passen perfekt in die Zeit, in der sie spielt. Einen Bruch sehe ich in der Entwicklung der Geschichten. In Novelle 1 und 2 scheint die Welt im Gleichgewicht zu sein, es kann gewonnen und verloren werden, und dies hängt von Klugheit und Einsatz der Spieler ab. In der dritten Novelle, die in der heutigen Zeit spielt, ist dagegen der Weg der Zerstörung schon vorgezeichnet? Was will uns die Autorin damit sagen? Dass die Gegenwart, in der wir leben, brutaler ist, als alle Ereignisse der Vergangenheit zusammen? Dass kein Spiel immer hundertprozentig fair bleibt? Das Ende regt auf jeden Fall noch einmal zum Nachdenken an und weckt den Wunsch in mir, das Buch am liebsten gleich noch einmal von vorn zu lesen und vielleicht einigen anderen Details mehr Beachtung zu schenken. Überhaupt ist es kein Buch, das man so wegschmökert. Wie den Spielern wird auch dem Leser höchste Aufmerksamkeit und Konzentration abverlangt, um die verschiedenen Handlungsstränge und Personen zu verfolgen. Aber es lohnt sich, »Das Spielhaus« hat die Beachtung verdient, die es durch Schreibweise und Handlung einfordert, und belohnt den Leser mit außergewöhnlich guter Unterhaltung. Das schöne Cover hält also, was es verspricht.

Vielen Dank für diese schöne, ungewöhnliche Art des Lesevergnügens. 5*****

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Veröffentlicht am 07.11.2017

Informativ und spannend zugleich. Ein wirklich schönes Buch

Burg Hohenzollern
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Auf den ersten Blick glaubt man, einen prächtigen Bildband über eine der wohl romantischsten und schönsten Burgen Deutschlands in der Hand zu halten. Doch »Burg Hohenzollern« von Christian Kayser will ...

Auf den ersten Blick glaubt man, einen prächtigen Bildband über eine der wohl romantischsten und schönsten Burgen Deutschlands in der Hand zu halten. Doch »Burg Hohenzollern« von Christian Kayser will mehr. Daher auch der Untertitel »Ein Jahrtausend Baugeschichte«. Dass der Autor Architektur studierte und über Baukonstruktion mittelalterlicher Fenstermaßwerke promovierte, merkt man auch diesem Buch an. So findet der interessierte Leser neben historischen Fakten und zur Burg und ihren Bewohnern eine Fülle allgemeinverständlich aufgearbeiteter Informationen über Konstruktion und technische Errungenschaften der einzelnen Bauabschnitte der Burg. Faszinierend fand ich z.B. den »hydraulischen Widder«, die Gewölbekonstruktion oder auch die Karten und Querschnitte der verschiedensten Burgteile. Wie es sich für einen Bildband gehört, sind all die Informationen mit passenden historischen und aktuellen Zeichnungen, Plänen und Fotos garniert - teils romantisch, teils aus Perspektiven, die dem Besucher der Burg verborgen bleiben, stets aber beeindruckend und das Verständnis des Textes unterstützend.

Wem einfach nur schöne Bilder zu wenig sind, der wird von diesem Buch begeistert sein. Denn die Burg Hohenzollern bietet nicht nur aus der Ferne einen beeindruckenden Anblick. Man spürt die Liebe des Autors zum Detail. So lassen sich immer neue Geheimnisse dieses Bauwerks und seiner Bewohner bzw. Gäste entdecken. Spannend wird auf jeden Fall der nächste Besuch in der Burg werden. Doch wann hat man dort diesen freien Blick auf die kleinsten Details, der die Fotos im Buch vom normalen Besucheralltagsgedränge unterscheidet?

Fazit: Informativ und spannend zugleich. Ein wirklich schönes Buch. 5*****