Profilbild von gaensebluemche

gaensebluemche

Lesejury Star
offline

gaensebluemche ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit gaensebluemche über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.10.2019

Habe die Liebe etwas vermisst

Josh & Emma: Soundtrack einer Liebe (Band 1)
0

Zwei Welten prallen aufeinander, als die schüchterne und brave Emma auf den erfolgreichen Musik-Star Joshua trifft. Da Emma sich überhaupt nicht für Musik interessiert, erkennt sie den Star, der vor ihr ...

Zwei Welten prallen aufeinander, als die schüchterne und brave Emma auf den erfolgreichen Musik-Star Joshua trifft. Da Emma sich überhaupt nicht für Musik interessiert, erkennt sie den Star, der vor ihr steht, auch nicht. Umso echter ist die Liebe, die sich zwischen den beiden entwickelt, denn sie entspringt keiner Schwärmerei eines Fan-Girls. Doch Josh ist viel unterwegs, Emma ist viel allein. Außerdem hat sie bereits Pläne für die Zukunft. Soll sie diese aufgeben? Für Josh? Und ist Emma überhaupt gut genug für so einen Star?

Als Teenager habe ich für den ein oder anderen Star geschwärmt und von einer Beziehung mit so einer Berühmtheit geträumt. :wink: Wie diese hätte aussehen können, beschreibt Sina Müller in ihrem Debüt "Josh & Emma. Soundtrack einer Liebe". Dabei konzentriert sie sich voll auf die Gedanken- und Gefühlswelt ihrer weiblichen Hauptperson Emma, die als Ich-Erzählerin auftritt. Aber durch viele Dialoge, in denen auch Josh über seine Gefühle spricht, wird er ebenso bildhaft gezeichnet. Auch die Nebencharaktere, wie zum Beispiel Joshs Bandkollegen oder Sinas Mutter, konnten mich überzeugen. Was nicht heißt, dass sie mir alle sympathisch waren. Gerade Emmas Mutter war total anstrengend. Aber Sina Müller hat ihnen allen ein Gesicht gegeben und sie authentisch dargestellt.

Emma war aber leider eine Figur, deren Verhalten ich nicht immer nachvollziehen konnte. Sie ist sehr sprunghaft, verhält sich teilweise sehr unreif und kindisch und handelt unlogisch. Vielleicht liegt dieser Eindruck auch daran, dass die Autorin sich in manchen Szenen nicht tiefgründig genug mit ihren Charakteren auseinandergesetzt hat und die Handlung dadurch zu oberflächlich bleibt. Einige Entscheidungen und Reaktionen konnte ich jedenfalls nicht nachvollziehen und habe stellenweise den Kopf über Emma geschüttelt. Vor allem ihre Eifersuchtsszenen waren mir zu viel.

Josh dagegen mochte ich total. Er tut alles für Emma und gibt sich so viel Mühe mit ihr. Er ist lieb, rücksichtsvoll, verständnisvoll. In der Öffentlichkeit spielt er den Gute-Laune-Menschen, er flirtet mit seinen Fans, er steht gerne im Rampenlicht. Wenn er mit Emma allein ist, zeigt er Gefühle, macht sich angreifbar, zeigt sich verletztlich. Das hat mir total gut gefallen. Es wäre übertrieben, zu sagen, dass Josh zwei Seiten oder zwei Gesichter hat. Ich würde vielmehr sagen, er spielt seine Rolle perfekt. Er ist immer Josh, immer authentisch. Nur passt er sich seiner Umgebung an.

Mein wohl größter Kritikpunkt ist, dass Josh und Emma sich viel zu schnell ineinander verlieben. Ich habe das Kribbeln vermisst, habe keine Schmetterlinge im Bauch gespürt. Dabei sind es gerade diese Szenen, bei denen die Spannung zwischen den Charakteren fast schon mit den Händen zu greifen ist, die ich an diesem Genre "Young Adult" so liebe. Hier geht aber leider alles sehr schnell, es sprühen keine Funken, es flattern keine Schmetterlinge. Der erste Kuss "passiert" schon nach nicht einmal 30 Seiten. Das ging mir eindeutig zu schnell. Und dadurch war die Liebe der beiden für mich auch nur schwer nachvollziehbar. Klar, verknallt hat man sich schnell. Aber das Kribbeln fehlte mir einfach. Auch im weiteren Verlauf des Buches fehlten mir einfach die Szenen, in denen man sich völlig im Buch verliert, weil das, was man da gerade liest, so schön und herzerwärmend ist. Ich brauche keinen Kitsch, aber ich brauche Gefühle, die sich direkt auf den Leser übertragen. Die haben mir hier eindeutig gefehlt.

Gut fand ich dafür, wie Sina Müller die Schattenseiten der Beziehung zwischen Emma und Josh dargestellt hat. Damit meine ich nicht Emmas Quängeleien und Eifersüchteleien, sondern vielmehr die Tatsache, dass beide vor der Wahl stehen, ihren jeweiligen Partner glücklich zu machen oder sich selbst, die eigenen Träume und Wünsche, aufzugeben. Beide erbringen Opfer für die Beziehung, aber beide kommen irgendwann auch an einen Punkt, an dem es so nicht weitergehen kann. Während mir also die positiven Gefühle etwas gefehlt haben, hat die Autorin die negativen und komplizierten Emotionen dagegen sehr gut dargestellt.

In einigen Rezensionen habe ich gelesen, dass andere Leser mit dem Ende des Buches nicht zufrieden waren. Dem kann ich mich nicht anschließen. In meinen Augen ist das Ende sehr stimmig, auch wenn sich natürlich darüber streiten lässt. Ich kann nachvollziehen, dass manche Leser sich ein anderes Ende gewünscht hätten. Für mich war es so genau richtig. Und da die Fortsetzung des Buches im Frühjahr 2015 erscheinen soll, weiß man auch, dass dieses Ende nicht das wirkliche Ende ist. :wink:

Zu Beginn jedes neuen Kapitels finden sich übrigens Songtexte verschiedener Musiker und Bands. Die meisten davon sind mir bislang unbekannt, ich werde aber mal recherchieren, ob da nicht die ein oder andere hörenswerte Neuentdeckung für mich dabei ist.

Mein Fazit

Während der Soundtrack des Buches deutlich zu hören war, habe ich die Liebe doch etwas vermisst.

Veröffentlicht am 12.10.2019

Toller Humor!

Lockwood & Co. - Der Wispernde Schädel
0

Mit seiner Reihe um die jungen Geisterjäger Lucy, Lockwood und George hat Jonathan Stroud eine Geschichte kreiert, die es schafft, junge und erwachsene Leser gleichermaßen in ihren Bann zu ziehen. Was ...

Mit seiner Reihe um die jungen Geisterjäger Lucy, Lockwood und George hat Jonathan Stroud eine Geschichte kreiert, die es schafft, junge und erwachsene Leser gleichermaßen in ihren Bann zu ziehen. Was mir besonders gut gefällt, ist die besondere Mischung aus spannender Handlung, liebenswerten Charakteren und tollem Humor. Auch in diesem zweiten Band gelingt es dem Autor, mich gefangen zu nehmen, mich in ein London zu entführen, in dem unheimliche Gestalten ihr Unwesen treiben, um mir jedes Mal einen Schauer über die Haut zu jagen, wenn es besonders spukhaft wird.

Wobei ich sagen muss, dass mich der Fall, den die jungen Agenten in diesem zweiten Band zu lösen hatten, nicht durchweg fesseln konnte. Sicherlich ist die Handlung kogisch durchdacht und gut konstruiert, aber zwischendurch kamen für mich doch einige Längen auf, wenn Lockwood & Co. auf einem Friedhof ihr Nachtlager aufschlagen und der Spuk nur von kurzer Dauer ist. Es gab unheimliche Szenen, aber diese waren doch weitaus seltener und kürzer gestreut als noch in Band 1.

Gut hat mir dagegen gefallen, dass in diesem Buch die Konkurrenz unter den verschiedenen Agenturen deutlich zum Tragen kommt und dem Verhältnis der jungen Geisterjäger Lucy, George und Lockwood untereinander wieder eine große Rolle zuteil wird. Dadurch lernt man die Hauptfiguren noch besser kennen und gerade am Ende, wenn man denkt, endlich hinter die Fassade von Lockwood zu schauen, bricht das Buch ab. Was für ein fieser Cliffhanger. Hoffentlich lässt uns der Verlag nicht zu lange auf den dritten Teil der Reihe warten.

Der Schreibstil von Jonathan Stroud ist gewohnt kurzweilig und herrlich humorvoll. Ich mag es, wie er mich in fantastische Welten entführt und mich die Realität vergessen lässt. Dazu schafft es der Autor, die für die gesamte Reihe wichtige Handlung aus Band 1 aufleben zu lassen und in die Fortsetzung einzubinden, sodass man gut den Anschluss wiederfindet, ohne den Auftakt der Reihe noch einmal lesen zu müssen.

Mein Fazit

Der in dieser Fortsetzung von Lockwood & Co. zu lösende Fall konnte mich nicht ganz überzeugen, dafür habe ich den Humor und die liebenswerten Hauptfiguren umso mehr genossen.

Veröffentlicht am 12.10.2019

Konnte mich überzeugen

Zwischen zwei Fenstern
0

So ziemlich jedes Buch des Königskinder Verlags steht mittlerweile auf meiner Wunschliste, auch die Bücher aus dem neuen Frühjahrsprogramm sind dort schon vermerkt. Denn nachdem ich mit “Zwischen zwei ...

So ziemlich jedes Buch des Königskinder Verlags steht mittlerweile auf meiner Wunschliste, auch die Bücher aus dem neuen Frühjahrsprogramm sind dort schon vermerkt. Denn nachdem ich mit “Zwischen zwei Fenstern” mein erstes Buch dieses Verlags gelesen habe, weiß ich, dass sie alle wahre Schätze sein müssen und ich sie unbedingt lesen und in mein Regal stellen muss.

“Zwischen zwei Fenstern” war keine einfache, dafür aber eine außergewöhnliche Lektüre. Sprachlich hat mich Dianne Touchell total getroffen, aber ihre Erzählweise bzw. die Erzählweise der beiden Hauptcharaktere ist sehr anspruchsvoll. Schnörkellos berichten das Nachbarmädchen und der Nachbarjunge von ihrem Alltag, von ihrem verkorksten Leben, den Streitereien ihrer Eltern. Fast unbewusst malen sie dabei mit Worten Bilder und verstecken so viel zwischen den Zeilen. Man muss sich Zeit nehmen für dieses Büchlein. Es liest sich nicht mal eben schnell weg. Man muss sich einlassen auf die feinen Töne, die zarte Poesie. Man muss bewusst lesen, Wort für Wort, und sich auf den eindrucksstarken Stil einstellen.

So anspruchsvoll das Buch vom Erzählstil her ist, so anders als gewöhnlich ist sein Inhalt: “Zwischen zwei Fenstern” erzählt von zwei jungen Menschen, die auf der Flucht vor der Realität sind, die allein sind in ihren lauten Familien, die das echte Leben endlich spüren wollen, die sich lebendig fühlen wollen, die das ganze Buch hindurch kein Wort miteinander sprechen und doch zwischen zwei Fenstern so viel miteinander teilen.

Nur anhand der Kapitelaufmachung lässt sich erkennen, welcher der beiden Ich-Erzähler den Leser gerade an seinen Gedanken teilhaben lässt. Der Nachbarjunge leitet seine Erzählungen durch Zitate aus Büchern ein, während das Nachbarmädchen fünfsilbige Überschriften findet, die zu ihrem jeweiligen Erzählteil passen. Dabei ist das Nachbarmädchen eine wahnsinnig gute Zuhörerin. Sie hört die leisen Töne aus den Sätzen der Menschen heraus, erkennt den wahren Unterton. Der Nachbarjunge dagegen ist der perfekte Beobachter. Er liest die Körpersprache des Menschen und schaut dadurch hinter die Fassade. Er nimmt das Weinglas seiner Mutter war, das diese hinter den Vorhängen versteckt. Er beobachtet, wie sein Vater den Dackel auf die Mutter abrichtet. Er beobachtet seine Mitschülerinnen, mit denen er nicht viel anfangen kann. Und schließlich beobachtet er das Nachbarmädchen. Und er verliebt sich in sie. Ganz einfach, und ohne Zweifel. Es gibt in diesem Buch keine Schmetterlinge und keine rosaroten Wolken. Die Liebe zwischen den beiden Charakteren ist ganz einfach da, ist ganz selbstverständlich, steht unweigerlich einfach fest.

Die Figuren, die Dianne Touchell entwickelt hat, sind unglaublich komplex und tiefgründig. Es lässt sich so viel in diesem Buch interpretieren und durchleuchten. Obwohl es nur gut 250 Seiten hat, ist es doch so voller Inhalt. Es lässt sich kaum in Worte fassen, wovon dieses Buch erzählt. Das solltet ihr am besten selbst erlesen. Es ist ein ruhiges Buch, hier gibt es keine spannende oder actionreiche Handlung. Im Vordergrund stehen einzig und allein der Nachbarjunge und das Nachbarmädchen und ihre Gedanken und Geschichten, die sie zu erzählen haben. Nicht immer ist die Lektüre einfach, denn das Nachbarmädchen leidet an einer psychischen Erkrankung, die sie dazu bringt, sich die Haare auszureißen. Nicht einzeln. Sondern büschelweise. Diese Szenen haben mich sehr stark getroffen. Aber es gibt auch schöne Szenen, hoffnungsvolle Szenen.

Die Gestaltung des Buches ist einfach wundervoll und so ist “Zwischen zwei Fenstern” nicht nur inhaltlich, sondern auch äußerlich ein wahrer Schatz.

Mein Fazit

Dianne Touchells Debüt “Zwischen zwei Fenstern” ist nicht immer eine einfache Lektüre gewesen, konnte mich aber insgesamt begeistern und vor allem vom Königskinder Verlag überzeugen.

Veröffentlicht am 12.10.2019

Hat mir gut gefallen

Elly Kaltbach
0

Auf “Elly Kaltbach” war ich sehr gespannt, denn ich hatte im Voraus bereits ein wenig Kontakt zu der Autorin und sie hat mich mit ihren Andeutungen zu diesem Debüt sehr neugierig gemacht. Besonders hat ...

Auf “Elly Kaltbach” war ich sehr gespannt, denn ich hatte im Voraus bereits ein wenig Kontakt zu der Autorin und sie hat mich mit ihren Andeutungen zu diesem Debüt sehr neugierig gemacht. Besonders hat es mich interessiert, wie sie Themen wie “Jenseitskontakt” oder “Sensitivität” eingebaut hat. Denn diese machen einen großen Teil des Inhalts aus.

Schnell ist mir während des Lesens klar geworden, dass dieses Debüt keines dieser Bücher ist, die man mal eben schnell nebenbei weglesen kann. “Elly Kaltbach” ist ein leicht philosophisch angehauchter Roman, der sich insbesondere mit der Frage nach dem Sinn des Lebens beschäftigt. Die Handlung kommt recht schnell auf den Punkt, denn den vier jungen Leuten, die seit Jahren von den Eheleuten Bling gefangengehalten werden, gelingt bereits auf den ersten 50 Seiten die Flucht aus ihrer Gefangenschaft. Dabei bleibt aber noch genügend Zeit, um den Alltag in Gefangenschaft zu beschreiben und die Einschränkungen und Ängste, die damit einhergehen, zu beschreiben. Sehr gut hat Susann Blum außerdem deutlich gemacht, was diese Flucht für die jungen Leute bedeutet: Sie fliehen aus einem Leben, das schwierig und entbehrungsreich für sie war, in eine Zukunft, von der sie nicht wissen, was sie ihnen bringen wird. Dementsprechend authentisch ist es dann auch, dass im Gegensatz zu Elly, die völlig euphorisch beim Gedanken an die Flucht wird, die anderen Charaktere Zweifel haben, sogar Angst haben vor dem, was sie “draußen” erwarten wird. Diese Unsicherheit wurde klasse von der Autorin herausgearbeitet und durch die unterschiedliche Denkweise der Charaktere beleuchtet sie diese Gefühle von verschiedenen Seiten. Das fand ich richtig toll.

Neben den philosophischen Aspekten ist das Buch auch spirituell angehaucht. Elly sieht immer wieder eine Erscheinung, die mit ihr zu kommunizieren versucht. Es ist interessant und spannend, wie es Susann Blum schafft, ihre Leser dazu zu bringen, die Gedankenexperimente von ihrer weiblichen Hauptfigur durchspielen zu lassen und dabei zu eigenen Erkenntnissen zu gelangen, die auch für das eigene Leben von Bedeutung sein könnten. Ich möchte nicht sagen, dass dieses Buch meine Sicht auf die Welt komplett verändert hat, aber es hat Saiten in mir zum Klingen gebracht und es hat Spaß gemacht, den philosophischen Fragen von Elly und ihren Antworten darauf zu lauschen und diese mit meinen eigenen Ansichten zu vergleichen. Susann Blum präsentiert ihren Lesern dabei nicht DIE Wahrheit oder DIE Antwort, sondern zeigt eine Möglichkeit von vielen auf. Es sind die “großen” Fragen des Lebens, mit denen sich vor allem Elly beschäftigt, aber ich fand das durchaus plausibel, denn nun – in Freiheit – hat Elly erst die Möglichkeit, sich über solche Dinge Gedanken zu machen. Vorher war ihr Leben ganz anders organisiert. Dementsprechend fand ich es passend, dass sie nach dem Sinn des Lebens sucht, sich fragt, was sie mit ihrer Freiheit anstellen wird, nach Zufällen oder dem Schicksal fragt.

Aufgrund dieser Hauptthemen ist “Elly Kaltbach” ein sehr gefühlvolles Buch. Nicht nur positive Gefühle, sondern auch negative Empfindungen treten dabei ans Tageslicht. Diese Emotionen waren ebenfalls sehr nachvollziehbar und spürbar dargestellt und haben sich dadurch direkt auf mich als Leserin übertragen. Ich war zusammen mit Elly und den anderen nachdenklich, euphorisch, ängstlich, traurig, nervös und aufgeregt.

Obwohl der Teil der Handlung, der sich mit der Gefangenschaft der jungen Menschen an und für sich beschäftigt, nur recht kurz im Vergleich zum Rest des Buches ist, war dieser Teil doch natürlich prägend für die Charaktere, sodass auf dieses Thema immer wieder zurückgegriffen wird. Und natürlich stellt man sich dabei als Leser die Fragen, wie Elly und die anderen überhaupt bei den Blings gelandet sind, was der Grund für die Gefangenschaft war, was mit den Familien der Hauptfiguren ist. Mir hat es gut gefallen, wie Susann Blum ihren Lesern Stück für Stück die Antworten darauf liefert. An passenden Stellen werden immer wieder Informationen eingestreut und so ergibt sich nach und nach ein Gesamtbild, das ich stimmig und gut konstruiert fand. Und ich war doch sehr froh, dass das Buch sich gerade im Hinblick auf die Gefangenschaft zum größten Teil auf Andeutungen beschränkt. Man liest schon heraus, dass den jungen Menschen Schlimmes bei den Blings widerfahren ist, aber hier gibt die Autorin wirklich nur das nötigste an Details preis und dafür bin ich ihr sehr dankbar. Denn ich hatte befürchtet, dass es zu umfangreiche Beschreibungen von schlimmen Szenen geben würde, aber das ist nicht der Fall.

Die Charaktere waren recht interessant gestaltet, wobei ich sagen muss, dass ich zu Elly und zu Freya den intensivsten Kontakt aufbauen konnte. Die beiden Mädchen waren mir sehr sympathisch. Zu den männlichen Figuren habe ich dagegen keine richtige Beziehung entwickeln können. Sie blieben mir leider größtenteils sehr fremd und distanziert. Auch sie haben ihre Geschichte und ihre Beweggründe, aber die Chemie zwischen ihnen und mir hat irgendwie nicht gepasst.

Stellenweise war mir der Erzählstil von Susann Blum zu detailliert bzw. abschweifend. Es gibt einige Momente, in denen die Handlung nicht vorankommt und sich die Charaktere ein wenig im Kreis drehen. Das sind hauptsächlich natürlich die Szenen, in denen Elly ihre Gedankenexperimente durchdenkt und über das Leben philosophiert und eigentlich mochte ich diese Szenen auch ganz gerne. Aber auf das gesamte Buch gesehen war es mir dann doch etwas zu viel. Zum Glück hat Susann Blum es aber geschafft, regelmäßig Wendungen in das Buch einzubauen, die für Spannung sorgen. Dadurch kommt die Handlung wieder etwas in Schwung und als Leser fühlt man sich gleich aufgeweckt.

Die Autorin ist Schweizerin und daher finden sich in diesem Buch einige Ausdrücke, Worte und Redewendungen, die mir nicht geläufig waren und über die ich stellenweise beim Lesen gestolpert bin. Daran möchte ich auf keinen Fall Kritik üben, ich möchte es aber auch nicht unerwähnt lassen. Das Buch wirkt dadurch authentisch, wobei mir aber auch sehr häufig aufgefallen ist, dass Susann Blum anstelle eines “ß” ein “ss” schreibt, zum Beispiel bei “Füsse” = “Füße”. Das macht das Lesen teilweise umständlich, aber wie gesagt: Punktabzug gibt es dafür von mir nicht.

Mein Fazit

Mit “Elly Kaltbach” ist Susann Blum ein philisophisch und spirituell angehauchtes Buch gelungen, das den Spagat zwischen ruhigen und spannenden Szenen fast komplett schafft und mir dadurch sehr gut gefallen hat.

Veröffentlicht am 12.10.2019

Abschreckend und faszinierend zugleich

Wir wollten nichts. Wir wollten alles.
0

Puh, es war echt nicht immer einfach, dieses Buch zu lesen. Und vor allem war es echt nicht immer schön, dieses Buch zu lesen. Dabei war das fast zu erwarten, nach dem Klappentext und vor allem dem Trailer ...

Puh, es war echt nicht immer einfach, dieses Buch zu lesen. Und vor allem war es echt nicht immer schön, dieses Buch zu lesen. Dabei war das fast zu erwarten, nach dem Klappentext und vor allem dem Trailer zum Buch. Dabei ist es hauptsächlich die eigene Fantasie, die diese abschreckenden, fast ekligen Bilder in meinem Kopf zu verantworten hat, und weniger der Erzählstil der beiden Autoren. Doch es ließ sich einfach nicht vermeiden, stellenweise angewidert die Mundwinkel zu verziehen oder das Buch schnell zu zu klappen und zur Seite zu legen. Denn “Wir wollten nichts, wir wollten alles” ist kein schönes Buch, sondern es ist erschreckend, abstoßend, beängstigend. Ich weiß nicht, ob ich bislang schon jemals ein Buch gelesen habe, das mich stellenweise so angewidert hat.

Und doch hat es mich auf eine gewisse Art und Weise auch fasziniert und gefesselt, denn der Aufbau des Buches ist genial: Alles beginnt mit den beiden Leichen, die mit Handschellen aneinander gekettet im See gefunden werden. Rückblickend wird dann erzählt, wie Liam und Louise sich kennen und lieben gelernt haben, bis auf einmal alles ganz anders kam als geplant und es am Ende nur noch einen Ausweg gab.

Dabei springt das Buch regelmäßig zwischen Gegenwart und Vergangenheit hin und her. In der Vergangenheit verfolgen wir, wie sich die beiden jungen Menschen zufällig treffen, wie sie mehr und mehr Zeit miteinander verbringen und sich wahnsinnig ineinander verlieben, wie sich dann aber Liam mehr und mehr verändert, wie Drogen ins Spiel kommen und die falschen Freunde zu viel falschen Einfluss auf ihn haben. In der Gegenwart erleben wir, wie die Eltern von Liam und Louise mit dem Tod ihrer Kinder umgehen. Wie sie den Halt verlieren, nicht mit den Geschehnissen klarkommen, sie nicht wahrhaben wollen. Und wie vor allem Louises Vater alles daran setzt, die Wahrheit zu erfahren. Und dabei abtaucht in eine andere Welt, in der andere Regeln gelten.

Auf dem Schutzumschlag findet sich ein Zitat, in dem dieses Buch mit John Greens “Das Schicksal ist ein mieser Verräter” verglichen wird. Ich selbst finde ehrlich gesagt nur wenige Gemeinsamkeiten zwischen diesen beiden Büchern. Ja, beide Bücher erzählen von der großen Liebe. Und ja, beide Bücher sind dramatisch. Aber während “Das Schicksal ist ein mieser Verräter” trotz all seiner Ernsthaftigkeit noch humorvoll geschrieben ist und so viele Szenen enthält, die auf eine schöne Art und Weise zu Herzen gehen, ist “Wir wollten nichts, wir wollten alles” dagegen durch und durch düster. Es gibt in diesem Buch auch liebevolle Szenen zwischen den Charakteren, gerade auf den ersten Seiten. Aber aufgrund der Tatsache, dass man von Anfang an weiß, wie ihre Beziehung endet, kann man sich einfach nicht wirklich mit den beiden freuen.

“Wir wollten nichts, wir wollten alles” ist ein schonungsloses Buch. Und daher finde ich die Altersempfehlung des Verlags total richtig. Es geht um Sex, um Drogen, um Gewalt. Vieles spielt sich dabei im Kopf des Lesers ab und wird von den Autoren nur angedeutet, aber das reicht schon, um das Buch an manchen Stellen am liebsten zur Seite legen zu wollen.

Ja, das Buch ist gut durchdacht. Und ja, es ist gut und fesselnd geschrieben. Aber dennoch hatte ich einfach keinen Spaß beim Lesen. Das Buch ist so düster, so unheimlich und beängstigend. Und doch muss ich den Hut ziehen vor den beiden Autoren, die einfach ein unglaubliches Buch geschrieben haben.

Auch wenn ich persönlich keine Probleme damit hatte, möchte ich den folgenden Punkt nicht unerwähnt lassen, da er eventuell für andere Leser schwierig sein könnte: Liams Vater ist Ire und redet fast nur Englisch. Es sind alles verständliche Sätze, denke ich. Aber ich möchte es trotzdem nicht unerwähnt lassen, da es manche vielleicht stören könnte, wenn plötzlich Englisch gesprochen wird in einem deutschen Buch.

Mein Fazit

Dieses Buch ist unheimlich und gruselig und abstoßend. Und doch irgendwie faszinierend.