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Veröffentlicht am 17.05.2021

Was geschah genau vor 7 Jahren?

Schweigendes Les Baux
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Nachdem das letzte Buch des Autors um die Weihnachtszeit angelegt war, befinden wir uns jetzt im Februar, der Frühling steht vor der Tür und die Mandelbäume blühen, ebenso existiert Corona bereits in China ...

Nachdem das letzte Buch des Autors um die Weihnachtszeit angelegt war, befinden wir uns jetzt im Februar, der Frühling steht vor der Tür und die Mandelbäume blühen, ebenso existiert Corona bereits in China und kommt immer näher und wird zu dieser Zeit noch völlig unterschätzt.

In einem Steinbruch nahe Les Baux findet derzeit eine Kunstausstellung statt und dort wird die Leiche des Detektivs Patrick Ripert gefunden – ihm wurde die Kehle durchtrennt und in seiner Manteltasche befindet sich lediglich der Führerschein. Er wurde erst vor kurzem von Charles Féraud damit beauftragt, ein Bild der Malerin Adry Novoli zu finden, welches aus seinem Haus verschwunden ist. Jetzt wird stattdessen seine Leiche gefunden. Capitaine Roger Blanc und seine Kollegen müssen den Mord aufklären, vielleicht finden sie nebenbei auch noch das Bild. Der Gedanke, daß die beiden Vorkommnisse zusammenhängen drängt sich fast auf. Féraud war begeisterter Sammler der Bilder von Adry und meint, daß es nur einer aus seiner Familie oder ein Freund/Bekannter entwendet haben könnte, denn Einbruchspuren gibt es keine. Die Familie Féraud ist vor 7 Jahren von Paris in die Provence auf einen Mandelhof gezogen. Charles hat eine wesentlich jüngere Frau Sonia. Außerdem Sohn Bruno, der aus einer früheren Beziehung stammen muß und der sich intensiv mit der Bewirtschaftung des Hofes befaßt. Ferner hat er noch zwei erwachsene Kinder mit seiner jetzigen Frau. Diese leben auch auf dem Hof, und zwar vor allem aus Geldgründen. Sohn Baptiste liebt das flotte Leben und als Hobby kümmert er sich um alte, ungelöste Kriminalfälle. Hier scheint ein Familiendrama, das sich vor 7 Jahren in der Gegend zugetragen hat, sein besonderes Interesse erweckt zu haben. Tochter Dorothée braucht ständig Geld für ihre Drogen und begleitet deshalb bevorzugt ältere Herren. Die Freunde von Charles bestehen hauptsächlich aus einem Arzt, der auch vor 7 Jahren hierher gezogen ist, dem Ausstellungsdirektor Maurice Pavy, einem Lehrer im Rollstuhl und einer Galeristin, die ihm die Bilder verkauft. Bei den Nachforschungen stellt sich bald heraus, daß hier keiner eine weiße Weste hat, hinter jeder Figur gibt es ein Geheimnis. Man kann sich die Lage ungefähr so vorstellen, es gibt ein großes Brett, darauf sind alle Spielfiguren und der Autor schiebt sie mit seinen gewonnenen Erkenntnissen hin und mit neuen Hinweisen wieder her. Das gestaltet sich durchaus kompliziert, denn manches wird relativ schnell wieder auf den Kopf gestellt. Bei den Ermittlungen stellt sich als hindernd heraus, daß Roger Blancs Chef Nkoulou auch in die Sache verstrickt ist. Das Ende und die Auflösung gingen mir fast zu schnell, bieten aber auf jeden Fall noch einige Überraschungen.


Ich lese sehr gerne die Bücher von Cay Rademacher, egal ob sie im Hamburg oder in der Provence spielen. Das letzte Buch habe ich leider enttäuscht zugeklappt und ich bin froh, daß er mit diesem Krimi wieder zu seiner bekannten Form zurückgefunden hat. Der Autor liebt die Provence und ihre Menschen, das spürt man. Er beschreibt die Landschaft und die Atmosphäre so bildhaft, man möchte gleich hinreisen. Die Schreibstil läßt sich wie immer flüssig und spannend lesen, Cay Rademacher nimmt seine Leser mit, gibt Hinweise, läßt rätseln – natürlich auch in völlig falsche Richtungen - und überrascht mit dem Finale. Positiv fand ich, daß es zwischen Roger und Paulette endlich gefunkt hat, er scheint angekommen zu sein.

Ich fühlte mich wieder sehr gut unterhalten und empfehle das Buch sehr gerne weiter!

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Veröffentlicht am 17.05.2021

Emmy, eine tolle Frau

Sturmvögel
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1994 blickt die 86jährige rüstige Emmy Seidlitz auf ihr Leben zurück. Sie lebt alleine und selbständig in ihrer Wohnung und wird von Tochter Hilde liebevoll betüddelt und umsorgt, was Emmy manchmal zuviel ...

1994 blickt die 86jährige rüstige Emmy Seidlitz auf ihr Leben zurück. Sie lebt alleine und selbständig in ihrer Wohnung und wird von Tochter Hilde liebevoll betüddelt und umsorgt, was Emmy manchmal zuviel wird. Tochter Hilde räumt und stöbert bei einer solchen Gelegenheit im Keller und findet einen alten Ordner ihrer Mutter mit einem Hinweis auf ein vermeintlich größeres Erbe. Zusammen mit Bruder Otto stellt Hilde Berechnungen über das erhoffte Erbe an, sie verteilen gedanklich schon das viele Geld und schmieden Zukunftspläne. Doch so ganz glatt geht die Rechnung natürlich nicht auf, denn außer ihnen gibt es noch Schwester Tessa und Ziehtochter Anna. Und Emmy hat auch hinsichtlich ihres Nachlasses Cleverness bewiesen.

In Rückblicken mit vielen Zeitsprüngen berichtet Emma über ihr Leben und sie beginnt im Jahr 1911. Geboren wurde sie auf einer Nordseeinsel, ist dort aufgewachsen und mußte dann nach dem Tod der Großmutter und des Vaters von der Insel nach Charlottenburg als Dienstmädchen. In der Stadt verbringt sie aufregende Jahre und beweist Mut, Kraft und Stärke. Sie bekommt drei Kinder Hilde, Tessa und Otto.


Die Autorin hat einen sehr emotionalen und liebevollen Familienroman geschrieben. Sie erzählt die Geschichte um eine starke Emmy mit viel Wärme, lebendig und bildhaft. Als Leser fühlt man sich mitgenommen in das Auf und Ab des Lebens von Emmy, lacht und weint mit ihr. Ihre Kinder sind hingegen sehr unterschiedlich – Hilde fürsorglich und übervorsichtig, Otto eher ein Loser und Tessa eine pragmatische Steuerberaterin und von der Autorin wurden sie sehr gut beschrieben.

Von mir bekommt das Buch auf jeden Fall eine Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 14.05.2021

Alfonsina, eine Königin des Radsports

Die Rebellion der Alfonsina Strada
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Alfonsina Maria Rosa Morini wird 1891 in einem norditalienischen Dorf geboren und wächst unter ärmlichen Verhältnissen auf. Nach zwei Jahren Schulbesuch halten ihre Eltern das für ausreichend und sie beginnt ...

Alfonsina Maria Rosa Morini wird 1891 in einem norditalienischen Dorf geboren und wächst unter ärmlichen Verhältnissen auf. Nach zwei Jahren Schulbesuch halten ihre Eltern das für ausreichend und sie beginnt eine Arbeit als Schneiderin. Als ihr Vater ein altes Fahrrad bekommt, kann sie nicht widerstehen und fährt heimlich nachts durch die Gegend. Sie ist fasziniert davon, endlich auch weitere Strecken zurücklegen zu können. Sie gewinnt den persönlich Kampf gegen ihren Vater und darf künftig offiziell am Sonntag das Fahrrad benutzen und damit hat sie die Möglichkeit, Radrennen anzusehen. Ihr großes Ziel ist es selbst mitzufahren und ein Traum wäre es für sie, eine der großen Rundfahrten in Italien als Corridora zu bestreiten. Über diese Erfahrungen und ihr weiteres Leben erzählt die Romanbiografie von Simona Baldelli.


Die Autorin hat es geschafft, dieses Leben sehr realistisch und berührend zu beschreiben. Es beginnt schon damit, welch große Anstrengung es gekostet hat, sich gegen die Familie durchzusetzen, um überhaupt Radfahren zu dürfen. Bei den Radrennen hat sie nicht nur die Männer gegen sich, sondern auch die Frauen stehen nicht auf ihrer Seite, sondern stehen ihr feindlich gegenüber. Sie mußte viele Demütigungen in Kauf nehmen, blieb aber hartnäckig auf ihr Ziel fokussiert. Sehr gut gefiel mit auch die Beschreibung des Giro anno 1924, der natürlich völlig anders ablief als heute. Dabei denke ich vor allem daran, daß hier Pausen eingelegt wurden, es wurde in aller Ruhe gegessen, womöglich eine Reparatur am Rad vorgenommen und die Straßenverhältnisse waren natürlich auch nicht vergleichbar. Auf der anderen Seite beschrieb die Autorin sehr gefühlvoll die Zeit, die Alfonsina mit ihrer Mutter verbracht hat. Ihre erste Ehe mit Luigi und seine Bewunderung für sie bekam einen angemessenen Platz im Buch, die 2. Ehe hingegen wurde nur gestreift, das fand ich sehr schade.

Simona Baldelli beschreibt auch die gesellschaftliche Rolle der Frau und wie es Alfonsina mit ihrer Dickköpfigkeit und dem Mut geschafft hat, sich aus den ärmlichen Verhältnissen zu lösen und erfolgreich ihren Traum zu verwirklichen.

Da ich ein Radsportfan bin, war mir vieles bekannt, jedoch Alfonsina Strada und ihr Leben und sowie ihre Erfolge sagten mir nichts. Aus diesem Grund war es für mich ein tolles Buch über die Königin der Tretkurbel.

Das Buch bekommt von mir auf jeden Fall eine Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 12.05.2021

Dr. Leon Ritters 7. Fall

Verhängnisvolles Lavandou (Ein-Leon-Ritter-Krimi 7)
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Eine junge Influencerin findet inmitten ihrer traumhaften Fotokulisse am Strand ein störendes Paket. Beim Beseitigen wird der marode Plastiksack an einer Stelle geöffnet und eine Kinderleiche kommt zum ...

Eine junge Influencerin findet inmitten ihrer traumhaften Fotokulisse am Strand ein störendes Paket. Beim Beseitigen wird der marode Plastiksack an einer Stelle geöffnet und eine Kinderleiche kommt zum Vorschein. Die stellvertretende Polizeichefin Isabelle Morell und ihre Kollegen müssen sich mit diesem Fall beschäftigen und es wird klar, daß es sich um einen ca. 10jährigen, geschminkten Jungen, vermutlich aus Nordafrika, mit einem Sommerkleid handelt. Er wurde durch einen Kopfschuß getötet und hatte vor ca. 3 Wochen eine Blindarmoperation. Folglich suchen die Beamten erst mal das Krankenhaus, in dem er Junge operiert wurde, und anschließend befragen sie die Verantwortlichen des Flüchtlingsheims. Diese müssen zugeben, daß sie total überbelegt sind und die Kinder kommen und gehen, daher wird ein Verschwinden nicht sofort entdeckt.

Auf der anderen Seite lernt der Leser einen Dekan kennen, der in Kürze Bischof werden soll und alles Schöne sowie den Luxus liebt. Dafür ist er auch bereit, auf Forderungen einzugehen, die nicht mit seinem Glauben vereinbar sind.

Parallel dazu lernt der Leser einige „ehrbare“ Bürger kennen, die auf entsetzliche Art ermordet werden, alle mit Mimosenblüten im Mundraum. Welchen Zusammenhang könnte es geben?

Dr. Leon Ritter unterstützt bei den ganzen Nachforschungen natürlich die Beamten auf seine eigene Weise und mit seinem Bauchgefühl, das er nicht immer begründen kann. Es gibt Hinweise von verschiedenen Personen, die u.a. auch in Richtung eines katholischen Internats deuten. Wird es ihnen gelingen, den Täter zu finden und zu stoppen?



Ich bin ein treuer Anhänger von Dr. Leon Ritter und habe schon alle bisherigen Bände gelesen. Wobei ich sagen muß, daß er vorliegende Band für mich eine nochmalige Steigerung ist. Der Autor beschreibt die Landschaft, die Atmosphäre und auch die Bewohner mit viel Herzblut und man möchte am liebsten gleich dorthin reisen. Dr. Leon Ritter ist ein sympathischer Zeitgenosse, der sich nach wie vor gerne im Cafe mit Einheimischen zum Boulespiel trifft, aber genauso liebt er seine Isabelle und das Zusammenleben mit ihr. Lilou Morell ist mittlerweile im Teenageralter und verliebt sich – nur leider nach Ansicht von Isabelle und Leon in den Falschen. Es ist die Frage, ob und wann Lilou das selbst bemerkt.

Die vorliegenden Morde werden sehr genau beschrieben, es fließt etliches Blut und zart besaitet sollte man nicht unbedingt sein. Am Ende wird auch klar, wie der Prolog zur Geschichte paßt und, daß der Täter wirklich sehr nah war. Aber der Autor brachte mich auch zum Schmunzeln, u.a. beim Wettstreit auf dem Bouleplatz zwischen Leon/Veronique und den Belgiern. Als Neueinsteiger hat man bestimmt keine Probleme mit der Story, Kenner werden sich freuen auf bekannte Figuren zu treffen, die hier weiter entwickelt wurden.

Ein fesselnder Provence-Krimi, den ich in einem Rutsch gelesen haben und sehr gerne weiter empfehle!

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Veröffentlicht am 04.05.2021

Spannender und kniffliger Fall

Verlorene Engel
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Für Kriminaloberkommissar Max Heller aus Dresden ist es der 6. Fall, den er zu lösen hat. Die Handlung spielt zwischen dem 25.10.1956 und dem 30.11.1956 in Dresden.

Ein Hundebesitzer findet an der Prießnitz-Mündung ...

Für Kriminaloberkommissar Max Heller aus Dresden ist es der 6. Fall, den er zu lösen hat. Die Handlung spielt zwischen dem 25.10.1956 und dem 30.11.1956 in Dresden.

Ein Hundebesitzer findet an der Prießnitz-Mündung die Leiche der 21-jährigen Marie Pressler. Es geht derzeit ein Serienvergewaltiger und Frauenmörder um und die Bewohner sind in heller Aufruhr. Ein junges Mädchen, das entkommen konnte und eine weitere Zeugin sagen übereinstimmend aus ,daß der Mann eklig gerochen hat, Schlitzaugen hatte und „dawei“ sagte. Und dann stellt sich eine Kollegin als Lockvogel zur Verfügung. Ob es wohl mir ihr gelingt, den Täter zu finden?

In einem zweiten Strang erfährt der Leser, daß zwei russische Soldaten untergetaucht sind, somit könnte das ein Fingerzeig in diese Richtung sein.

Max Heller kämpft derzeit auch an der Familienfront, denn Adoptivtochter Anni hat von dritter Seite erfahren, daß sie nicht das leibliche Kind von Max und Karin ist. Das bringt sehr viel Unruhe in ihr Leben. Ebenso gibt die Freundschaft mit Vera, der Nachbarstochter, einige Rätsel auf. Zu Sohn Klaus hat er offensichtlich kein sehr enges Verhältnis und um die Ehe von Klaus scheint es nicht zum Besten zu stehen.



Auf den Autor wurde ich durch das Buch „Zwei fremde Leben“ aufmerksam, das ich vor kurzem mit Begeisterung gelesen habe. Deshalb bin ich auch gleich bei dem 6. Fall von Max Heller neu eingestiegen. Der Fall an sich war für mich kein Problem, aber über das Privatleben und insbesondere über die Vorgeschichte von Sohn Klaus und Adoptivtochter Anni, hätte ich gerne mehr gewußt. Sohn Klaus scheint nach meinem Dafürhalten politisch auf der Gegenseite von Max zu stehen und über reichlich Einfluß zu verfügen. Ich habe zwar auf der Hompage des Autors quasi den Lebenslauf von Max Heller gelesen, aber die alten Fälle interessieren mich schon. Ein Grund, jetzt die vorherigen Bände zu lesen, um meine Wissenslücken zu schließen. Max Heller empfand ich als sehr sympathisch und ganz besonders gut gefiel mit der Lockvogel, Fräulein Schöneich. Vielleicht bleibt sie in künftigen Bänden erhalten, das würde mich sehr freuen. Der Schreibstil ist sehr flüssig und spannend zu lesen. Die politische und gesellschaftliche Atmosphäre des Jahres 1956 in der DDR – beispielsweise das MfS und der Ungarnaufstand - wurden sehr gründlich recherchiert, gut ausgearbeitet, in die Story eingebettet und für mich authentisch beschrieben. Die damaligen Ermittlungs- und Befragungsmethoden fand ich gut dargestellt. Die Figuren wurden ausführlich charakterisiert und ich hatte sie bildlich vor Augen. Der Plot selbst war auch durch die vielen Figuren und Verdächtigen komplex, der Leser konnte mit rätseln, denn es gab immer wieder neue Hinweise und am Ende wurde der Fall für mich schlüssig aufgeklärt.

Von mir bekommt das Buch auf jeden Fall eine Leseempfehlung!

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