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Veröffentlicht am 25.10.2020

Abschied und Neuanfang

Die Schokoladenvilla – Zeit des Schicksals
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Meine Meinung


1. Satz: Verheißungsvoll floss die Schokolade über den hellen, mit Vanillecreme gefüllten Biskuit und umhüllte ihn mit einer glänzenden Schicht.


Lange habe ich auf die Fortsetzung ...


Meine Meinung


1. Satz: Verheißungsvoll floss die Schokolade über den hellen, mit Vanillecreme gefüllten Biskuit und umhüllte ihn mit einer glänzenden Schicht.


Lange habe ich auf die Fortsetzung der Schokoladenvilla gewartet. Zur großen Freude hat sich aber erst mal ein bisschen Traurigkeit bei mir eingestellt. Judiths große Liebe Viktor ist an einer Lungenentzündung gestorben. Ich konnte es wirklich nicht fassen, dass dieser empathische Mann kein Teil mehr der Schokoladenvilla sein darf. Zumindest in Fleisch und Blut. Seine Präsenz ist dennoch spürbar.

Gleich am Anfang entführt uns die Autorin nach Frankreich. Viktoria ist nun eine junge Frau, die im französischen Voiron eine Lehre in der Chocolaterie Bonnat macht. Nach dem Tod ihres Vaters beendet sie diese vorzeitig, um ihre Mutter bei der Leitung der Rothmann Schokoladenfabrik zu unterstützen. 1936 ist eine schwere Zeit für die Menschen in Deutschland. Hitler hält Einzug. Die Judenverfolgung ist voll im Gange. Davon bleibt auch die Schokoladenfabrik in Stuttgart nicht verschont. Frauen ist unter Hitlers Regime nicht erlaubt, eine Firma zu leiten. Sie sollen gute Ehefrauen sein und viele Kinder gebären. Die olympischen Spiele 1936 sollen die Menschen ablenken. So verschwinden erst mal alle Zeichen der Unterdrückung und Judenverfolgung. Hitler nutzt die Olympiade, um den NS-Staat im Ausland positiv darzustellen. Bei der Eröffnung in Berlin, weiß Hitler die volle Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Die Schokoladenfabrik gerät in große Schwierigkeiten. Doch nicht nur in Deutschland geht es mit unrechten Dingen zu. Der Süßwarenunternehmer Andrew Miller ist nicht in der Lage den Kredit zu tilgen, den die Rheinbergers ihm vor Jahren gewährt haben. Andrew ist ein aufrichtiger Mensch, der seine Firma gut führt. Dennoch scheint jemand in seinem Umfeld mit falschen Karten zu spielen. Viktoria verliebt sich auf Anhieb in den gutaussehenden Amerikaner und vertraut ihm voll und ganz. Geht mit ihm nach New York. Bringt neuen Glanz in das Süßwarenunternehmen SweetCandy.

Ich durfte vielen bekannten Menschen wieder begegnen. Habe einige neue Menschen kennen gelernt. Zwischen weißer Schokolade mit Lavendel und viel Liebe, gab es aber auch einige Intrigen. Mehr wie einmal habe ich das Buch traurig zur Seite gelegt. Konnte nicht fassen, wie sich das Leben in der Schokoladenvilla verändert hat. Viktoria gleicht ihrer Mutter sehr. Auch sie ist eine Kämpferin, die keine noch so große Herausforderung scheut. Sie brennt für die Menschen, die ihr am Herzen liegen. Sie hilft sogar dann, wenn jemand ihre Hilfe nicht verdient hat. Judith konnte mich auch dieses mal wieder für sich einnehmen. Neben der Trauer um ihren Mann, hat sie auch noch mit vielen anderen Verlusten zu kämpfen. Ein Geheimnis aus ihrer Vergangenheit lässt sich nicht länger verschweigen. Wie Judith alle Krisen angenommen und das Beste daraus gemacht hat, fand ich sehr bewundernswert. Ihre Familie ist nun in alle Winde verstreut. So durfte ich einen Abstecher in die Schweiz, Frankreich und New York machen. Besonders in New York habe ich mich richtig wohl gefühlt.

Ich habe diese Geschichte nicht gelesen. Nein, ich habe sie gelebt. Der wunderbare Schreibstil hat mich ein Teil der Schokoladenvilla werden lassen. Ich war oftmals traurig und fassungslos. Wollte bestimmte Dinge nicht loslassen. Konnte Entscheidungen nicht akzeptieren. Dennoch! Es ist gut wie es ist.

Fazit

Diese gut recherchierte Geschichte hat mich über 600 Seiten lang bestens unterhalten. Der Schreibstil liest sich wie Butter. Gekonnt hat die Autorin historische Fakten und Fiktion zu einer spannenden Familiengeschichte verwoben. Im Anhang gibt es einige Erklärungen dazu.

Nun verabschiede ich mich von der Schokoladenvilla und der Familie Rothmann/Rheinberger. Vielen Dank, dass ich beim Lesen stets das Gefühl hatte, ein Teil dieser wunderbaren Familie zu sein. Das harmonische Ende lässt mein Kopfkino weiterhin auf Hochtouren laufen.

Danke Maria Nikolai.

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Veröffentlicht am 19.10.2020

Medizin im 19. Jahrhundert.

Die Tinktur des Todes
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Meine Meinung

Medizin im 19. Jahrhundert.


Satz: Eine gute Geschichte sollte nicht mit einer toten Dirne beginnen – dafür bitte ich um Verzeihung -, schließlich handelt es sich hier um ein Thema, ...

Meine Meinung

Medizin im 19. Jahrhundert.


Satz: Eine gute Geschichte sollte nicht mit einer toten Dirne beginnen – dafür bitte ich um Verzeihung -, schließlich handelt es sich hier um ein Thema, mit dem achtbare Menschen sich gerne zu befassen pflegen. (Kapitel 1)


Edinburgh 1847

Doch! Ein gutes Buch kann sehr wohl mit einer toten Dirne beginnen. Will Raven entdeckt die tote Evie Lawson. Er hatte zu der Dirne ein sehr gutes Verhältnis. Er kennt sich aus mit dem Tod. Sieht dass die Junge Frau kein leichten Übergang zum nächsten Leben hatte. Sie liegt total verrenkt auf ihrem Bett. Er vermutet, dass es sich um Mord handelt. Schweren Herzens verlässt er Evies Zimmer um nicht entdeckt zu werden. Keiner würde ihm glauben, dass er die Frau nur entdeckt hat.

Das Autorenduo entführt uns hier in das Edinburgh des 19. Jahrhunderts. Eine düstere und nebelige Atmosphäre zieht sich durch die gesamte Geschichte. Zwielichtige Typen treiben ihr Unwesen in verwinkelten dunklen Gassen. Der blutjunge Raven lebt in einem verrufenen Viertel in Old Town. Er hat Evie aus einem finanziellen Engpass geholfen und sich bei einem Drogendealer Geld geliehen. Dessen Schergen wollten das Geld bei ihm eintreiben und haben ihm zur Warnung eine Gesichtshälfte zerschnitten. Sein bester Freund Henry näht die Wunde. In schlechten Klamotten, einer furchteinflößenden Narbe im Gesicht und bettelarm, hofft er nun trotzdem als Medizinstudent bei Dr. Simpson fungieren zu dürfen. Ravens Zweifel erweisen sich als unbegründet. Dr. Simpson ist ein sehr unkonventioneller Mann. Obwohl er genügend reiche Patienten hat, lässt er in seiner Praxis alles stehen und liegen , wenn ein armer Mensch seine Hilfe braucht. In dem Wissen, dass er oftmals dafür nicht entlohnt wird. Simpson hilft überwiegend Frauen, die Probleme haben ein Kind auf die Welt zu bringen. Nebenbei machen er und sein Lehrling Raven sich große Gedanken, was es mir den vielen toten jungen Frauen auf sich hat. Alle haben eine Gemeinsamkeit. Sie werden stets total verrenkt gefunden. Es handelt sich um Prostituierte oder Hausmädchen. Diese sind es der Polizei nicht wert, gründlich zu ermitteln.

Äther ist das Narkotikum der Stunde. Doch Dr. Simpson sucht nach einem besser verträglichen Mittel. Die Selbstversuche in seinem Haus haben bei mir regelrechte Lachsalven ausgelöst. Raven lernt im Hause Simpson das ehrgeizige Hausmädchen Sarah kennen. Sarah interessiert sich für Medizin. Eine Frau ist aber eigentlich nur dazu da um eine gute Ehefrau, Mutter und Hausfrau zu sein. Simpson gefällt Sarahs Ehrgeiz. Er lässt sie in seiner Praxis als Sprechstundenhilfe arbeiten. Raven begegnet sie misstrauisch. Sie spürt, dass er dunkle Geheimnisse hat. Dennoch fühlt sich Raven im Hause Simpson in der Queen Street sehr wohl. Er assistiert Simpson bei Entbindungen. Leider muss Raven dafür immer in das verhasste Old Town.

Ich habe zu lesen begonnen und war gefangen in dem düsteren Edinburgh. Die Sprache ist der damaligen Zeit angepasst, was mir sehr gut gefallen hat. Manche Geburten waren dermaßen schlimm, dass es mir schier den Atem geraubt hat. Es ist unglaublich, welche Schmerzen Frauen früher erdulden mussten. Bei manchen Geburten verboten die Ehemänner eine Narkose. Es war ihrem Glauben nicht zuträglich. Lieber haben sie ihre Frauen leiden lassen, als sich den Worten eines Geistlichen zu widersetzen. Auch Amputationen haben mich gelehrt, unsere medizinischen Fortschritte zu ehren. Die Qualen müssen unglaublich gewesen sein.

Bei Raven war ich mir von Anfang an sicher, dass er ein gutes Herz hat. Vieles spricht zwar nicht für ihn, doch mit jeder Seite mehr konnte ich ihn besser verstehen. Der Humor kommt auch nicht zu kurz. Vor allem Ravens Vergleich mit der Homöopathie zu einer Suppe ist einfach nur köstlich. Auch Chilischoten (Piri Piri) kommen hier sehr raffiniert zum Einsatz. Lässt dich doch mit Chilipulver auch Gangster in die Flucht schlagen. Raven hat Angst, beim narkotisieren etwas falsch zu machen.


Der einzige Unterschied zwischen Arznei und Gift ist die Dosis.


Fazit

Das Setting reflektiert die Gewalt in den dunklen Gassen von Edinburgh. Die Medizin steckt 1847 noch in den Kinderschuhen. Wir erleben die Entdeckung von Chloroform mit. Mysteriöse Frauenmorde halten Edinburgh auf Trab. Medizin und Krimi halten sich in dieser Geschichte die Waage. Die Auflösung der Morde konnte ich nur zum Teil erahnen. Englischer Humor sorgt für einen Ausgleich zu den qualvollen Behandlungsmethoden. Alle Protagonisten wirken authentisch. Der Schreibstil liest sich wie Butter. Für mich ein absolutes Highlight.

Danke Ambrose Parry

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Veröffentlicht am 15.10.2020

Mandelglück

Mandelglück
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Mandelglück

Meine Meinung

Mir haben bisher alle drei Teile der kalifornischen-Träume-Reihe gefallen. Mandelglück fand ich jedoch am schönsten. Neben viel Herz gibt es in diesem Band auch ein paar Krimi-Elemente. ...

Mandelglück

Meine Meinung

Mir haben bisher alle drei Teile der kalifornischen-Träume-Reihe gefallen. Mandelglück fand ich jedoch am schönsten. Neben viel Herz gibt es in diesem Band auch ein paar Krimi-Elemente. Der Schreibstil liest sich wie Butter.

Mit der manstollen Sophie hatte ich ein bisschen Schwierigkeiten am Anfang. Sie kommt oftmals ziemlich egoistisch und oberflächlich rüber. Verlässt ihre Heimat Kalifornien, um in Boston als Restaurantleiterin im Three Seasons Karriere zu machen. Das fand ich eigentlich ganz in Ordnung. Jedoch hat sie den Kontakt zu ihrer besten Freundin Lydia einschlafen lassen. Ihrer großen Liebe Jack hat sie noch nicht mal erzählt, dass sie ein College in einer anderen Stadt besuchen wird. Ihre heißgeliebte Oma Hattie hat sie Jahre schon nicht mehr gesehen. Vergisst ständig sie anzurufen. Dann bekommt sie einen Anruf. Hattie ist tot. Nach vielen Jahren fliegt sie zurück in ihre Heimat. Ihre Eltern Monty und Luanne sind sehr glücklich über ihre Rückkehr. Sophie muss erkennen, dass sie noch nicht mal daran erinnern kann, dass ihr Vater bereits in Rente ist. Ihr wird klar, wie wenig Anteil sie an ihrer Familie genommen hat.

Lydia hat als ganz junge Frau ein Kind bekommen. Sie liebt ihre Tochter Gracie abgöttisch, ist jedoch heillos überfordert. Ihr Freund Brandon verlässt sie, um Kariere in San Francisco zu machen. Ihre beste Freundin Sophie ist ihr absolut keine Stütze. Bei deren seltenen Besuchen in Davis merkt sie, dass Sophie kein Interesse mehr an ihrer Freundschaft hat.

Hattie ist die gute Seele in der Geschichte. Auf ihrer Mandelfarm in Davis ist sie glücklich. Ihre Enkelin Sophie fehlt ihr sehr. Hattie verfügt über hellseherische Fähigkeiten. Hat vielen Menschen in Not Trost gespendet. Auch Lydia hat in der alten Dame eine gute Freundin gefunden. Hattie hatte ein großes Problem. Irgendwas stimmt mit dem Vorarbeiter Emilio auf ihrer Mandelfarm nicht. Eine Mandelpflückerin aus Mexiko hat sich ihr anvertraut. Sie verspricht der jungen Frau Hilfe. Dann erliegt sie einem Herzinfarkt.

Alba ist eine junge mexikanische Frau. Sie stammt aus ärmlichen Verhältnissen. Ihr größter Traum ist eine besseres Leben in Amerika zu führen. Ihr Vater verkauft sie für 2000 Dollar und Zigaretten an den älteren Kriegsveteranen Hershel aus Amerika. Alba wird von ihrem Mann zwar nicht geschlagen, lebt aber auch in Kalifornien in ärmlichen Verhältnissen. Schuftet auf der Mandelfarm von Hattie und führt eine tristes Dasein bei ihrem Mann. Er verbietet ihr den Kontakt mit ihrer Familie. Arbeitet nicht. Auf der Farm macht ihr der Vorarbeiter das Leben schwer …

Besonders Alba konnte mich mit ihrer Geschichte berühren. Das junge Mädchen ist tapfer und fleißig. Muss viel ertragen. Nachdem ihr Hattie Hilfe versprochen hat, wird diese in ihrem Haus tot aufgefunden. Ich konnte zwischen den Zeilen ihr Heimweh spüren. Ihre Verzweiflung ist mir sehr nahe gegangen.


Amerika, Amerika. Wieso hast du mich nur so enttäuscht? (Seite 102)


Lydia hat einen tollen Mann gefunden, mit dem sie die zwei Söhne Max und Randy hat. Ihr Mann Rex führt eine Mandelfabrik, in der sämtliche Leckereien hergestellt werden. Für ihn ist Gracie wie die eigene Tochter. Das pubertiernde Mädchen verspürt jedoch den Wunsch, bei ihrem Vater zu leben. Gracie macht ihren Elten das Leben schwer.

Diese Geschichte ist dieses mal so ganz anders. Herzlichkeit und Zusammenhalt sind auch dieses mal wieder präsent. Dennoch beinhaltet sie sehr schwierige Themen. Mexikanische Arbeiter ohne Aufenthaltsgenehmigung. Ein Vorarbeiter, der seine Schutzbefohlenen ausnützt. Das sehr oft auf eine Weise die strafbar ist. Eine Familie, die Probleme mit einer Tochter hat, die auf einmal den Mann, der sie großgezogen und stets wie sein eigenes Kind behandelt hat, nicht mehr als Vater anerkennen will. Eine Frau, die ihr Leben sehr oberflächlich gelebt hat, und nun erkennen muss, wie vielen Menschen sie damit weh getan hat.

Ja, Sophie konnte mich dann noch für sich einnehmen. Sie ist endlich erwachsen geworden. Nachdem Hattie ihr die Mandelfarm vermacht hat, nimmt sie die Herausforderung an, 3 Monate die Mandelfarm führen. Nähert sich ihrer Freundin Lydia wieder. Hattie hat ihr überall Briefchen hinterlegt, die Sophie positiv gestimmt haben. Nur an einem Brief erkennt sie, dass sie unbedingt auf der Mandelfarm bleiben muss. Sie muss eine Aufgabe weiter führen, die ihre Oma nicht mehr beenden konnte. Ja, und da ist doch auch noch Jack …….

Fazit

Mit dieser bezaubernden und spannenden Geschichte hat sich Manuela Inusa dieses mal selbst übertroffen. Mandelträume ist mein bisheriges Highlight aus der kalifornischen-Träume-Reihe. Sie enthält ein paar Krimi-Elemente. Die Protagonisten sind bildlich beschrieben, mit all ihren Ecken und Kanten. Im Anhang befinden sich wieder leckere Rezepte. Ich muss nicht erwähnen, dass ich nun unbändigen Appetit auf Mandeln habe. Gegen so einen leckeren Brotaufstrich hätte ich jetzt auch nichts. Ein bisschen Fernweh gehört auch dazu. Gerne würde ich die Mandelblüte in Davis mit eigenen Augen sehen.

Danke Manuela Inusa. Ich komm bald zum Erdbeeren pflücken.

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Veröffentlicht am 12.10.2020

Mozarts Geschichte aus dem Todestrakt

Seelen unter dem Eis
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Meine Meinung


Ich habe in dieses Buch nur mal kurz hineinlesen wollen, da ich gerade in ein anderes Buch vertieft war. Da hab ich aber nicht mit dem Sog gerechnet, den diese Geschichte auf mich ausübt. ...

Meine Meinung


Ich habe in dieses Buch nur mal kurz hineinlesen wollen, da ich gerade in ein anderes Buch vertieft war. Da hab ich aber nicht mit dem Sog gerechnet, den diese Geschichte auf mich ausübt. Ich habe es in einem Rutsch durchgelesen. Dazu nun mehr.


Satz: Mein Name ist Tom Döbbe, aber innerhalb der Mauern vom Paradies nennen sie mich Mozart, seit ich in der ersten Woche in der gefühlsarmen Leere des Innenhofs meine Runden gedreht und dabei ständig das Allegro aus Eine kleine Nachtmusik gepfiffen habe.


Aus der Sicht von Tom erleben wir den Alltag im Todestrakt. (Paradies) Nüchtern erzählt er uns, wie es so weit mit ihm kommen konnte. Wie ein Mann, der im Leben alles hat, innerhalb kürzester Zeit in einer kleinen Zelle landet und auf seinen Tod wartet.

Tom verdient viel Geld als Werbemacher. Zum Ausgleich unterrichtet er Studenten. Die blutjunge Amal besitzt kein Talent. Hübsch ist sie auch nicht. Bei einer Auseinandersetzung mit Tom weint sie. Er wischt ihr eine von schwarzer Tusche verschmierte Träne vom Gesicht und leckt sie ab. Beginnt mit ihr eine Affäre. Wird von ihr regelrecht abhängig. Baut ein Lügennetz auf, um sich mit ihr zu treffen.

Seine Frau Helene verhält sich so kalt wie ein Eisschrank. Kommt mit ihrem unerfüllten Kinderwunsch nicht klar. Lässt Tom seine Bedürfnisse an ihr befriedigen, ohne sich emotional daran zu beteiligen. Warum auch? Wenn sie eh nicht schwanger wird.

Tom verkraftet den Tod seiner Mutter nicht. Sein Vater ist ihm keine große Hilfe, um mit seiner Trauer klar zu kommen. Sein Vater findet schon sehr bald wieder eine neue Frau. Verstreut ständig Zitate.


Zufriedenheit ist der Anfang von Unzufriedenheit. (Seite 47)


Der Titel dieses Thrillers ist sehr passend. Ich habe beim Lesen eisige Kälte verspürt. Die Protagonisten haben fast alle eine sehr sonderbares Wesen. In dieser Geschichte läuft kaum einer rund. Das Leben im Todestrakt ist sehr bildlich beschrieben. Tom träumt oft von Menschen aus seinem früheren Leben. Er nennt sie Zeitwanderer! Tom ist ein sehr egoistischer Mann. Hat stets die Menschen geblendet und für seine Zwecke benutzt. Besonders sein Verhalten Amal gegenüber ist einfach nur krank. Immer wieder betont er, wie hässlich sie ist. Immer wieder beschreibt er, wie er ihr verfallen ist. Das eine oder andere mal habe ich Amal bedauert. Dann wieder an ihrem Verstand gezweifelt.

Der Schreibstil ist sehr schön und flüssig zu lesen. Er wechselt zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Schon als kleiner Junge zeigte Tom einen Hang zur Brutalität. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Als Mann bevorzugt er jedoch lieber psychische Gewalt. Lässt Amal spüren, was er von ihrem Äußeren hält.


Nichts passte an ihr zusammen, als hätte sie irgendein Dämon aus den Teilen verschiedener Frauen zusammengeflickt. (Seite 196)


Stellenweise ist Toms Oberflächlichkeit durch nichts zu überbieten. Dennoch konnte ich das Verhalten von sämtlichen Besuchern im Todestrakt nicht verstehen. Keiner brachte Tom Mitgefühl entgegen. Obwohl ich keine Sympathie für Tom entwickeln konnte, tat er mir unheimlich leid. Meinem ärgsten Feind würde ich keine Todesstrafe wünschen. Sie gehört ganz einfach nur abgeschafft!

Fazit

Gute 270 Seiten lang lief mein Kopfkino auf Hochtouren. Dennoch sprengt der Gedanke, in einer kleinen Zelle auf den Tod zu warten, meine Vorstellungskraft. Der bildgewaltige Schreibstil unterstreicht die Authentizität der Protagonisten. Der Leser wird mit einem Ende konfrontiert, welches unmöglich vorher zu erahnen ist. Der Weg dort hin ist absolut spannend. Dieser gut durchdachte Thriller kommt ohne großes Blutvergießen aus. Das Drama beginnt mit einer schwarzen Träne …..

Danke Astrid Korten. Ich habe jedes einzelne Wort genossen.

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Veröffentlicht am 05.10.2020

Ein vielschichtiger Thriller, mit vielen ungeahnten Wendungen

Zerrissen
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Meine Meinung

Ein vielschichtiger Thriller, mit vielen ungeahnten Wendungen

Das ist das erste Buch, welches ich aus der Fred Abel-Reihe gelesen habe. Der Autor erspart dem Leser wirklich nichts. Der ...

Meine Meinung

Ein vielschichtiger Thriller, mit vielen ungeahnten Wendungen

Das ist das erste Buch, welches ich aus der Fred Abel-Reihe gelesen habe. Der Autor erspart dem Leser wirklich nichts. Der Gerichtsmediziner Fred Abel gerät in einen Gewissenskonflikt. Er muss ein Gutachten erstellen, welches die Fakten zu Kindesmissbrauch enthält. Das zweijährige Mädchen wurde schwer verletzt und liegt im Koma. Bei dem Kind handelt es sich um die Nichte seiner langjährigen Kollegin Sabine Yao. Sabine weiß, dass Fred seine Arbeit machen muss. Dennoch nimmt sie ihm übel, dass er mit ihr nicht gesprochen hat.

Der Privatermittler Lars Moewig findet im Kickboxclub eine übel zugerichtete Leiche in einem Boxsack. Sein guter Freund Fred sieht Zusammenhänge zu sämtlichen anderen Morden.

Bei diesem Thriller merkt der Leser sofort das Fachwissen des Rechtmediziners Michael Tsokos. Von der erste Silbe an wird man in das Geschehen hineingezogen. Ich bin beim Lesen mehrmals an meine Grenzen gestoßen. So viel Spannung habe ich schon lange nicht mehr bei einem Thriller erlebt. Besonders die Passagen um die libanesischen Drogen-Clans fand ich schockierend. Das mag der Tatsache geschuldet sein, dass es diese wirklich gibt. Wie so ziemlich alles in diesem True Crime-Thriller gab es diese Vorfälle auch im realen Leben. Diese Infos habe ich dem sehr interessanten Nachwort entnommen. Die Komplexität der Rechtsmedizin kommt in diesem Pagetuner groß zu tragen. Die Authentizität der Protagonisten und der flotte Schreibstil machen es unmöglich, das Buch auf die Seite zu legen.

Fazit

Ein Pagetuner, der seinesgleichen sucht, hat mir eine schlaflose Nacht beschert. Meiner Meinung nach ist dieser True Crime-Thriller nichts für schwache Nerven. Die Geschichte und Protagonisten sind gut ausgearbeitet. Die verschiedenen Mordfälle scheinen nichts miteinander zu tun haben. Hab ich gedacht. Wie mir das Ende gefallen hat? Ich hätte es so nicht erwartet. Mit meinen Vermutungen lag ich falsch.

Eine absolute Empfehlung von mir, für diesen gutdurchdachten Thriller. Danke Michael Tsokos.

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