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Veröffentlicht am 19.05.2024

Leider wieder ein Mädchen

Bertha Benz und die Straße der Träume
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… schreibt Berthas Mutter bei deren Geburt in die Familienbibel. Ihre Eltern hatten nach 2 Mädchen endlich auf einen Sohn gehofft, einen Stammhalter, der später die Zimmerei seines Vaters übernehmen könnte. ...

… schreibt Berthas Mutter bei deren Geburt in die Familienbibel. Ihre Eltern hatten nach 2 Mädchen endlich auf einen Sohn gehofft, einen Stammhalter, der später die Zimmerei seines Vaters übernehmen könnte. Dabei ist auch Bertha handwerklich begabt, aber das schickte sich für Mädchen damals nicht. Sie musste stattdessen wie ihre Schwestern lernen, einen Haushalt zu führen.
Mit 20 lernt sie ihren späteren Mann Carl Benz kennen. Für beide ist es die große Liebe, doch die Hochzeit verzögert sich immer wieder. Carl verdient nicht genug, da er alles seiner Vision vom selbstfahrenden Wagen mit Motor unterordnet, an dem er jahrelang tüftelt.

„Ich glaube, wir haben als Frauen durchaus die Möglichkeit, Dinge zu verändern, auch in einer Ehe. Es muss ja nicht immer alles schwarz-weiß daherkommen. Wir Frauen haben durchaus Mittel, uns zu wehren, auch als Ehefrauen, jedenfalls hoffe ich das.“ (S. 56) Letztendlich überredet Bertha ihre Eltern, ihr einen Teil ihrer Mitgift vorab auszuzahlen, damit Carl eine eigene Firma gründen und genug für eine Familie verdienen kann. Und wie schon zu Beginn der Ehe, wird sie ihr Leben lang ein Auge auf seine Geschäfte haben und sich einmischen, wenn etwas schiefzulaufen oder nicht vorwärtszugehen droht. Das gipfelt in ihrer berühmten ersten (heimlichen) Überlandfahrt mit seinem Patent-Motorwagen Nr. 3 mit ihren halbwüchsigen Söhnen ...

Alexander Schwarz zeigt in „Bertha Benz und die Straße der Träume“ eine Frau, die ihrer Zeit voraus war. Von klein auf interessiert sie sich für alles Technische und lernt von ihrem Vater die Holzbearbeitung, außerdem kann sie durch ihre „Ausbildung“ zur Hausfrau mit Geld umgehen und Bücher führen. Und sie hält mit ihrer Meinung, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sein sollten, nicht hinterm Berg: „Bin ich etwa weniger wert, weil ich ein Mädchen und kein Junge geworden bin?“ (S. 10)
Carl ist mit seinen Erfindungen nie zufrieden. Mehr als einmal muss Bertha ein Machtwort sprechen, wenn sie wiedermal pleite sind oder er sich in ein Idee verrennt. Aber sie ist von seinem Motorwagen überzeugt und zwingt ihn letztendlich mit ihrer Alleinfahrt, diesen endlich der Öffentlichkeit vorzustellen.

Bertha hat mir imponiert, ich hätte es wahrscheinlich nicht mit Carl ausgehalten und sicher nicht jahrelang auf die Hochzeit gewartet, für die sie sogar ihren gehobenen Lebensstandard aufgegeben hat. Und ich habe sie dafür bewundert, wie sie sich in dieser Männerwelt durchgesetzt und einfach gemacht hat, was sie für richtig hielt, ohne sich darum zu scheren, was andere davon halten.

An manchen Stellen schreibt mir Alexander Schwarz zwar etwas zu ausführlich, zeichnet damit aber ein umfassendes Bild der Zeit und beteiligten Personen.

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Veröffentlicht am 18.05.2024

Babyalarm

Komm schon, Baby!
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„Der Richtige war nie dabei. Aber immerhin habe ich jetzt einen Falschen.“ (S. 79) Juli geht in ihrem Beruf als Hebamme auf, eine eigene Familie hat sich nie ergeben. Als ihr im Kreissaal plötzlich schlecht ...

„Der Richtige war nie dabei. Aber immerhin habe ich jetzt einen Falschen.“ (S. 79) Juli geht in ihrem Beruf als Hebamme auf, eine eigene Familie hat sich nie ergeben. Als ihr im Kreissaal plötzlich schlecht wird, muss sie sich der Realität stellen – sie ist schwanger, von einem One-Night-Stand nach einem Rockkonzert. Leider hatte sie sich am nächsten Morgen verschämt aus dessen Wohnung geschlichen, ohne sich zu merken, wo diese lag oder wenigstens Nummern auszutauschen. Der Schock ist groß, als sie ihn in Matteo wiedererkennt, dem Partner ihrer neuesten Kundin Emily …

„Komm schon, Baby!“ von Ellen Berg hat mich wieder bestens unterhalten. Ich liebe ihre Charaktere, die immer ein kleines bisschen drüber sind und von einem Schlamassel ins nächste stolpern.
Als hätte Juli nicht schon genug Probleme, will Emily ihre neue beste Freundin sein und besteht auf Pärchenabende, zu denen Juli ihren besten Freund mitnimmt, der den Kindsvater mimt. Außerdem taucht plötzlich ihre überkandidelte Mutter auf, die sich seit Jahren in verschiedenen Yoga-Retreats selbstfindet und auch davor kaum für Juli da war. Und dann ist da ja noch Matteo, den Juli extrem heiß findet und der von Emily immer wieder mit eigentlich überflüssigen Aufträgen zu ihr geschickt wird. Was ist da nur los?
Zum Glück stehen Juli Oma Hilde und deren kalauernde Dauerfreund Walter tatkräftig zur Seite und decken Emilys dunkles Geheimnis auf.

Spannend, lustig, überraschend und genau das richtige Quäntchen drüber – Ellen Berg ist für mich ein Garant für beste Unterhaltung.

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Veröffentlicht am 16.05.2024

Das einsamste Kind der Welt

Mein ziemlich seltsamer Freund Walter
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Lisa ist fast 9 und unglücklich. Sie mag ihren Namen nicht, aber Computer, das Internet und Außerirdische. Auf ihrem Schulweg muss sie jeden Tag an einem Spielplatz vorbei, wo sie von älteren Jungs terrorisiert ...

Lisa ist fast 9 und unglücklich. Sie mag ihren Namen nicht, aber Computer, das Internet und Außerirdische. Auf ihrem Schulweg muss sie jeden Tag an einem Spielplatz vorbei, wo sie von älteren Jungs terrorisiert wird. Und in der Schule mögen sie weder die anderen Kind, noch die Lehrer.
Zu Hause läuft es auch nicht besser. Seit ihre Eltern arbeitslos sind, hocken sie den ganzen Tag trinkend auf der Couch und Lisa muss für Nachschub sorgen. Eines Abends beobachtet sie auf ihrem PC, dass gleich ein Raumschiff im Wald landen wird. Also geht sie hin und lernt Walter kennen, den die anderen Außerirdischen bei ihrem überstürzten Abflug vergessen haben, und der ihr von einer fast utopischen Welt erzählt, in der alle glücklich und zufrieden sind. Er zeigt ihr, wie sie sich verhalten und was sie sagen soll, damit sie endlich von anderen akzeptiert und nicht mehr gehänselt wird.

Ich habe das Buch als Überraschung vom Verlag bekommen und selber keine Kinder im passenden Alter, aber Nichten und Neffen. Die Altersempfehlung für diesen Comic-Roman von Sibylle Berg und Julius Thessing ist ab 10 Jahre, aber das finde ich zu alt. Meine Nichte ist 11 und ich fürchte, dass die Zeichnungen sie nicht erreichen würden, sie sind zu kindlich. Auch die dargestellten Probleme und deren Lösungen – Rüpel anschnauzen und in der Schule mitarbeite, aber nicht besser als die Lehrer sein – passen m.E. in dem Alter nicht mehr. Zudem stört mich, dass Walter quasi wie ein Heinzelmännchen über Nacht Probleme löst, Lisa also nicht wirklich in diesen Vorgang eingebunden ist. Zudem wird suggeriert, dass sie mit 8 den Alkohol für ihre Eltern kauft – das finde ich unrealistisch.

Mein Fazit: Für Kinder ab 10 nicht besonders geeignet, schon eher für Kinder in Lisas Alter – also ab 8.

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Veröffentlicht am 15.05.2024

Mörderische Teatime

Das Lamm, das zu viel wusste
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„Jetzt können wir anfangen, die Stunden zu zählen, bis Mum mit uns allen die Ermittlungen aufnimmt.“ (S. 45)
Familie Doyle feiert ihr Sommerfest am Strand von Kendreath, als sie einen Hund jämmerlich heulen ...

„Jetzt können wir anfangen, die Stunden zu zählen, bis Mum mit uns allen die Ermittlungen aufnimmt.“ (S. 45)
Familie Doyle feiert ihr Sommerfest am Strand von Kendreath, als sie einen Hund jämmerlich heulen hören. Emily, die Matriarchin, und ihre Enkelin Kate sehen nach und finden einen Jack-Russel-Terrier vor einem Ferien-Cottage, dessen Tür nicht abgeschlossen ist. Natürlich gehen sie rein – und finden ein totes Pärchen. Kate erkennt die Frau sofort, obwohl sie sich seit Jahren nicht gesehen haben: April hatte sie am Morgen angerufen und um ein Treffen gebeten, sie brauche Hilfe. Auf dem Tisch zwischen den Toten stehen eine Teekanne und Becher. Emily ist überzeugt, dass sie vergiftet wurden. Bevor sie die Polizei rufen, machen sie Fotos und füllen eine Probe des Tees ab.

„Nichts belebt uns wie ein kleiner Mord.“ (S. 11) ist das Motto der Familie Doyle, denn sie sind nicht nur neugierig, sondern haben auch einen Hang zum Morbiden und Kenntnisse bzw. Fertigkeiten, die sie zum Schnüffeln geradezu prädestinieren. Emilys Mann war Richter, sie hat die Familie und die Ermittlungen fest in der Hand. Kate betreibt einen Krimi-Podcast, ihr Vater ist zwar Kunsthistoriker, war aber mal beim MI5. Ihr Partner David war Forensiker, bevor er Schaffarmer wurde. Und Onkel Brian ist Biologieprofessor, um nur einige zu nennen.
Und so wissen die Doyles noch vor der Polizei, dass das Haus Aprils Großvater Lewis Grenville gehört, doch als sie ihn besuchen wollen, ist er am Nachmittag im Wald in seinem Rollstuhl tödlich verunglückt. An einen Unfall glauben Emily und Kate im Gegensatz zur Polizei keine Minute lang. Sie gehen systematisch allen Hinweisen nach und decken dabei einige Geheimnisse der Opfer und Verdächtigen auf, doch am Ende ist es ein Zufall, der sie auf die Lösung und damit in Lebensgefahr bringt, denn der Mörder ist skrupel- und mitleidlos.

„Das Lamm, das zu viel wusste“ ist der zweite Teil der Cosy-Crime-Reihe von Thomas Chatwin und natürlich hilft auch hier ein Schaf bei der Aufklärung – das kleine Böckchen Willow, welches sie besser Houdini getauft hätten.
Der Fall ist spannend und voller Überraschungen, ich konnte wieder bis zum Ende miträtseln. Außerdem mag ich den Humor des Autors und den Zusammenhalt der Familie, aber auch die Sticheleien und Befindlichkeiten der Einzelnen – ich sag nur „die ewig leidende Anne“.

Mal sehen, welchen Mord die Doyles als nächstes aufklären werden.

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Veröffentlicht am 10.05.2024

Das Wir-Mädchen

Funny Story
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Als Peter von seinem Junggesellenabschied nach Hause kommt und Daphne sagt, dass er seine bisher platonische beste Freundin Petra liebt und sie innerhalb einer Woche aus seinem Haus ausziehen soll, bricht ...

Als Peter von seinem Junggesellenabschied nach Hause kommt und Daphne sagt, dass er seine bisher platonische beste Freundin Petra liebt und sie innerhalb einer Woche aus seinem Haus ausziehen soll, bricht ihre Welt zusammen. Wegen ihm war sie in seine Heimatstadt in Michigan gezogen, wo sie weder Familie noch Freunde hat. Da sie nicht weiß wohin, landet sie in Petras ehemaliger Wohnung in einer WG mit deren Ex-Verlobtem Miles.

Daphne und Miles haben außer ihrem Liebeskummer nicht viel gemeinsam. Er ertrinkt in melancholischen Liebesliedern, sie stürzt sich in ihre Arbeit. Doch als ihnen Petras und Peters Hochzeitseinladung ins Haus flattert, hilft nur noch eine gemeinsame Zechtour, an deren Ende sie als Paar zur Feier zusagen. Damit das glaubwürdig klingt, verbringen sie ihre Sonntage zusammen und teilen Pärchenfotos auf Social Media, denn: „Dieses Arschloch hat dir bereits das Haus genommen. Lass nicht zu, dass er dir auch noch deine Selbstachtung nimmt.“ (S. 111).

Für Daphne und Miles waren die Beziehungen mit Peter und Petra die jeweils erste, die sich richtig und wie „für immer“ angefühlt hat, darum treffen die Trennungen sie um so mehr. Aber während Miles viele Freunde und Bekannte hat, steht Daphne plötzlich allein da. Ihre Mutter wohnt weit weg, der Kontakt zu ihren ehemaligen Freunden ist wegen der Entfernung eingeschlafen und mit ihren Arbeitskollegen hat sie sich nie angefreundet. Zudem ist sie ein „Wir-Mädchen“: „Ein Frau, die sich wohler fühlt als Teil eines Ganzen, die nirgends ohne Begleitung hingeht.“ (S. 232) Mit Miles ist sie jetzt plötzlich wieder ein „Wir“ und stellt fest, dass Peter ihr nicht mal seine Heimat nicht gezeigt hat, das holt Miles jetzt alles nach. Bald kribbelt es zwischen ihnen, aber Daphne will eigentlich nicht in Michigan bleiben …

„Funny Story“ ist sehr unterhaltsam, aber nicht so funny, wie es der Titel vermuten lässt. Denn aus Fremden werden zwar Freunde, bei denen es ordentlich prickelt, aber aus den Freunden aufgrund diversen Missverständnisse, Rückzieher und alter Wunden lange kein Paar. Für mich hätten es aber gar nicht so viele Altlasten sein müssen, um die Spannung zu halten.
Ich mochte Daphne und Miles sofort und mir hat gefallen, wie sie aufeinander zugegangen sind und sich gegenseitig in ihrem Kummer getröstet, abgelenkt und geholfen haben. Besonders gut hat mir Daphnes Entwicklung gefallen, die sich endlich auf sich besinnt und ein gesundes Selbstbewusstsein entwickelt.
Auch das Setting – Daphne ist Kinderbibliothekarin und Miles arbeitet in einer Weinbar – mochte ich sehr, Wein und Bücher sind schließlich eine schöne Kombination 😉.

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