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Veröffentlicht am 18.10.2020

Der spröde Schreibstil hält den Leser auf Distanz

Die Königin des Ritz
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Der spröde Schreibstil hält den Leser auf Distanz
Der Roman hat es mir nicht leicht gemacht. Denn er gibt sich nicht die Mühe, den Leser von Anfang an einzufangen. Im Gegenteil: Mit seiner distanzierten ...

Der spröde Schreibstil hält den Leser auf Distanz
Der Roman hat es mir nicht leicht gemacht. Denn er gibt sich nicht die Mühe, den Leser von Anfang an einzufangen. Im Gegenteil: Mit seiner distanzierten Erzählweise hält er die Leser auf Abstand. Nur wer durchhält, wird im späteren Verlauf durch Intensität, durch Eindringlichkeit, durch Nähe und Gefühle „belohnt“.

Es geht um die wahre Geschichte von Blanche und Claude Auzello, die „das Ritz“ zur Zeit der Naziherrschaft führten, dieses Pariser Nobel-Hotel, das für den Inbegriff von Luxus steht. Zunächst gibt es viel Vorgeschichte, wechselnd aus Sicht von Blanche und Claude berichtet. Ein Ehepaar, wie es nicht unterschiedlicher sein könnte. Trotz ausführlicher Szenen blieb das Ehepaar jedoch für mich oftmals nicht nachvollziehbar in seinen Handlungen und beschriebenen Gefühlen. Und so wanderte ich mäßig gelangweilt durch die Seiten. Erst in der zweiten Hälfte des Buches begann ich aufzuwachen. Denn die Gratwanderung zwischen der Erfüllung von hochgefährlichen Aufträgen für die Résistance von Blanche und Claudes scheinbarer Dienstbarkeit für die im Ritz herumlungernden Nazis, um Blanche zu schützen, bringt Spannung, bringt Leben, bringt Gefühle ins Spiel.

Glanz und Glamour des Ritz werden ausführlich und vorstellbar geschildert. Viele, fast allzu viele Menschen kreuzen den Weg der Geschichte, viele verlassen ihn wieder, verloren in Belanglosigkeit. Im Gedächtnis bleibt vielleicht Coco Chanel, die „Zicke“, oder Göring, der unter Morphium stehend in Frauenkleidern tanzt. Die stärksten Stellen im Buch gelten den entsetzlichen Nazi-Verbrechen und dem Mut des Sich-Widersetzens. Trotz der dramatischen Geschichte fand ich keine wirkliche Freude am Buch. Der spröde, fast mühsam zu nennende Schreibstil, den man sich als Leser erst erobern muss, bringt zwar viel Atmosphäre und Authentizität zum Ausdruck, aber wenig Nähe oder gar Gefühle für die Protagonisten. Insofern blieb mir das Buch insgesamt gesehen leider fremd.

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Veröffentlicht am 03.10.2020

Unterhaltsam, aber nicht spannend

Eiskalte Provence
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Pierre Lagrange, französisch anmutendes Pseudonym von Sven Koch, war mir bislang unbekannt. Obwohl das vorliegende Buch Band 6 einer Reihe um Albin Leclerc ist, hatte ich keine Mühe, mich in die beschriebenen ...

Pierre Lagrange, französisch anmutendes Pseudonym von Sven Koch, war mir bislang unbekannt. Obwohl das vorliegende Buch Band 6 einer Reihe um Albin Leclerc ist, hatte ich keine Mühe, mich in die beschriebenen Szenarien hineinzufinden und mich mit den Protagonisten bekannt zu machen. Dank der großen Schrift war das Buch unangestrengt zu lesen.
Vorweihnachtszeit in der Provence. Eine junge Frau wird tot aufgefunden, gekleidet und geschmückt wie eine Braut, entsetzlich verstümmelt. Albin Leclerc, der Ex-Kommissar, wird von seinen ehemaligen Kollegen um Hilfe gebeten und ist froh, so den anstrengenden Weihnachtsvorbereitungen zu Hause entkommen zu können. Doch seine Nachforschungen, die ihn direkt zu einer brandgefährlichen Sekte führen, kosten ihn beinahe das Leben…
Der Plot als solcher ist gut durchdacht und erschließt sich dem Leser in seinen Zusammenhängen erst nach und nach, was den Leser durchaus zum Weiterlesen animiert. Allerdings konnte ich mich mit keinem der Protagonisten wirklich anfreunden, denn sie blieben emotional zu wenig greifbar und wurden psychologisch recht klischeehaft gezeichnet. Zwar gibt es einen temporeichen Showdown, der trotz seiner Unglaubwürdigkeit spannend zu lesen ist. Aber generell fehlt es dem Buch an Spannung. Zu viele breit ausgeschmückte Nebensächlichkeiten bremsen den Fortgang der Geschichte. Die winterliche Provence atmosphärisch zu erleben, gefiel mir gut. Schade nur, dass das Ende so in Kitsch abgleitet. Das hat Tyson, der Mops, nicht verdient.

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Veröffentlicht am 29.09.2020

Vielleicht eher eine Männerlektüre

Final Control
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Wenn ein Autor Hochschulprofessor und Redner für Corporate Storytelling ist, überhaupt einen beeindruckenden Lebenslauf vorweist, zudem mit einer Rechtsmedizinerin verheiratet ist, kann man davon ausgehen, ...


Wenn ein Autor Hochschulprofessor und Redner für Corporate Storytelling ist, überhaupt einen beeindruckenden Lebenslauf vorweist, zudem mit einer Rechtsmedizinerin verheiratet ist, kann man davon ausgehen, dass seine Bücher reichlich mit Hintergrundwissen gefüttert und strategisch raffiniert konstruiert sind. Und so besticht auch in diesem Buch wiederum gründliche Recherche kombiniert mit persönlicher Erfahrung, in Form gebracht in einer spannenden Erzählweise.

Im vorliegenden Politthriller, der uns inhaltlich näher rückt als wir es wollen, geht es letztlich um die totale digitale Überwachung. Da ist der Milliardär Dairon Arakis, und da ist Tom, der dringend einen Investor braucht. Während die Welt schier vor die Hunde geht, insbesondere Europa direkt vor einem Bürgerkrieg steht, bietet Arakis die scheinbar einzige Lösung an, nämlich eine chinesische Sicherheitstechnologie. Doch hieße das nicht, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben?

Als durchschnittlich gebildete Leserin kann ich nicht abschätzen, ob die Bilder, die Veit Etzold hier entwirft, nicht allzu klischeehaft skizziert sind. Zumindest muten sie mich so an. Ist Europa wirklich im Vergleich zur chinesischen Macht so träge-dummdöselig? Und wieso wird ein Bodyguard mit schier überirdischen Karate-Kräften so einfach ausgetrickst? Dies nur zwei kleine Beispiele von Szenen, die mich im Buch nicht überzeugen konnten. Davon gab es etliche. Was mich außerdem nervte, war die Überflutung von Insider-Fachwörtern wie „Non-Disclosure-Agreements“ oder „Pitch“ oder „Heatmaps“ und viele andere. Ich hatte keine Lust, ständig zu googeln, was damit gemeint ist. Der Autor mit dem beeindruckenden Wissenshintergrund hält sich im Buch mit diesem vielfältigen Wissen nicht zurück. Das macht das Buch besonders, denn es gibt nicht nur Thrillerspannung mit einem Schuss Science Fiction, mit politischer Brisanz garniert. Sondern wir lernen auch zum Beispiel, wie, wo und warum das Buch „Frankenstein“ von Mary Shelley entstanden ist. Also kurz gefasst: Es gibt allerlei Klischees, unglaubwürdige Szenen, sich wiederholende Bonmots, viele Fachwörter und Wissensüberladung. Aber es gibt durchaus auch realitätsnahe Spannung. Irgendwie habe ich den Verdacht, dass Veit Etzold eher für männliche Leser schreibt…

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Veröffentlicht am 18.09.2020

Wenn das Himmelshandy klingelt...

Mina und die Karma-Jäger - Fiese Tat im Internat
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Beim Buchtitel kam ich erst einmal ins Grübeln. Was sind Karma-Jäger? Wie erkläre ich meinen Lesepatenkindern, was Karma ist? Eigentlich mag ich es nicht, wenn Kinderbücher Wörter benutzen, die esoterisch ...


Beim Buchtitel kam ich erst einmal ins Grübeln. Was sind Karma-Jäger? Wie erkläre ich meinen Lesepatenkindern, was Karma ist? Eigentlich mag ich es nicht, wenn Kinderbücher Wörter benutzen, die esoterisch besetzt sind, schon gar nicht im Titel. Bei Lektüre des Buches setzten sich meine gemischten Gefühle in Teilen leider weiter fort.

Julius ist ein Geist und unsichtbar. Seine Aufgabe ist, verschiedene Missionen auszuführen, um sein Karma aufzubessern, was mehr als schwierig ist, denn Julius kümmert sich letztlich nur um sich selbst, ihm fehlt jeglicher Gerechtigkeitssinn. Und so sinkt und sinkt sein Karma-Level. Mina ist die Einzige, die Julius sehen kann, und sie will ihm helfen. Die neue Mission führt die beiden ins Rosen-Internat, wo – ausgerechnet – für Gerechtigkeit gesorgt werden soll.

Was an diesem Buch besticht, ist die herrlich fröhlich-komische Ideenfülle in Verbindung mit lebendigen, aussagestarken und witzigen Illustrationen. Schön ausgestaltet sind die Protagonisten, insbesondere die hilfsbereite Mina bekommt viele Sympathiepunkte. Auch dass wichtige Themen wie Umweltschutz oder Mobbing auf humorvolle Weise im Buch Platz haben, gefällt mir. Der etwas konfuse Schreibstil lässt sich leider schlecht lesen. Ich glaube aber, dass sich der Text bei entsprechender Betonung sehr gut vorlesen lässt. „Dummdoofblöderweise“ gefallen mir auch die vielen Wortschöpfungen nicht, weil sie zeitweise überhand nehmen und „löchernebelblass“ ebenfalls das Lesen erschweren. Ob die Kinder an diesen Wortkonstruktionen und an der chaotischen Geschichte Spaß haben werden, kann ich erst zu einem späteren Zeitpunkt ausprobieren. Hoffentlich falle ich mit meinen Kritikpunkten in dieser Rezension nicht auf die niedrige Karma-Ebene „besoffene Kopflaus“….

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Veröffentlicht am 15.09.2020

Ein Roman, der mich nicht berührte

Das Haus in der Claremont Street
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Eine Rezension zu diesem Buch zu schreiben, fällt mir schwer. Denn ich habe mir beim Lesen keinerlei Notizen gemacht wie sonst, Notizen, die mir üblicherweise das Formulieren der Rezension erleichtern. ...


Eine Rezension zu diesem Buch zu schreiben, fällt mir schwer. Denn ich habe mir beim Lesen keinerlei Notizen gemacht wie sonst, Notizen, die mir üblicherweise das Formulieren der Rezension erleichtern. Ich habe nur gelesen und gelesen, das Erzählte lief wie ein Film vorbei. Und am Ende des Buches hatte ich nichts notiert, das mir aufgefallen wäre, nichts, das mich bewegt hätte. Buch zu, Geschichte vorbei. Zurück bleibt nichts.
Einzig der Prolog hatte mich gefesselt. Der 9-jährige Tom erlebt, wie der Vater die Mutter erschlägt und sich anschließend selbst tötet. Hier schlüpft die Autorin ganz in Tom hinein und sieht durch seine Augen das Entsetzliche. Doch diese Eindringlichkeit des Buchbeginns erreicht sie nachfolgend an keiner Stelle des Buches wieder. Tom ist schwer traumatisiert und spricht nicht mehr. Er kommt zunächst zu seiner Tante Sonya, die in ihrem Perfektionismus und ihrer Unerfahrenheit im Umgang mit Kindern trotz allen Bemühens daran scheitert, einen Zugang zu Tom zu finden. Tom zieht um in die Claremont Street zu Tante Rose, einer chaotisch-unstrukturierten, aber liebenswerten Frau. Dort lebt auch Onkel Will, der Weltenbummler, der irgendwie nie erwachsen wurde.
Wiebke von Carolsfeld beschreibt detailreich, keine Frage. Man bekommt als Leser eine klare Vorstellung von den sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten, von deren sehr unterschiedlichen Denk- und Sichtweisen. Und man sieht deutlich den ewig verstopften Küchenabfluss im Haus von Rose vor sich oder die glänzend sauberen Böden im Haus von Sonya. Man kann sich auf intellektueller Ebene durchaus die Intention der Autorin vorstellen, die davon berichten will, wie ein traumatisiertes Kind und die damit verbundenen Herausforderungen die Einzelpersonen, die einander irgendwie fremd waren, letztlich zu einer Familie mit gegenseitiger Akzeptanz, vielleicht sogar mit Liebe zusammenfügt. Aber eben nur auf intellektueller Ebene. Emotional berührte mich das Buch nicht, abgesehen vom Prolog. Ich sah den handelnden Personen nur von außen zu, empfand nicht mit ihnen. Sie blieben blass, und dass sich das Trauma von Tom von jetzt auf gleich auflöst, wirkt unglaubwürdig. Vielleicht liegen die eigentlichen Stärken der Autorin doch eher im Bereich Drehbuch-Schreiben bzw. Filmregie…

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