Profilbild von jeanne_darc

jeanne_darc

Lesejury Star
offline

jeanne_darc ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit jeanne_darc über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.02.2024

Mitreißender Lesegenuss - Lil the kill

Lil
0

New York 2017, Sarah, eine Nachfahrin Lillian Cuttings, erzählt im Dialog mit ihrer Dobermann-Hündin Brontë die Geschichte von ihrer Ururururgroßmutter Lillian, eine geniale wie auch vorausschauende Unternehmerin, ...

New York 2017, Sarah, eine Nachfahrin Lillian Cuttings, erzählt im Dialog mit ihrer Dobermann-Hündin Brontë die Geschichte von ihrer Ururururgroßmutter Lillian, eine geniale wie auch vorausschauende Unternehmerin, die in New York im Jahre 1880 von ihrem Sohn Robert hinterhältig in eine Nervenheilanstalt, namens Hops Island gelockt wird. So war es zu dieser Zeit gang und gäbe sich einer unliebsam gewordenen Frau zu entledigen und sie in eine Irrenanstalt einzuweisen. Lillian Cutting war nicht nur durch ihre Körpergröße von 1,80 m eine Ausnahmeerscheinung. Ihr Erfolg und ihren eigenwilligen Weg nach oben, haben Neid und Missgunst geschürt. Die Erlauchten 400 der New Yorker High Society wollten sie lieber weggesperrt sehen, doch dann schlägt Lil the kill zurück.

Der Autor schildert bildhaft und schonungslos, wie das Patriachat bzw. die Androkratie die Gesellschaft dominiert hat, wie entwürdigend mit Menschen vornehmlich Frauen in diesen Nervenkliniken umgegangen wurde. Über die rechtlose gesellschaftliche Stellung der Frauen, bei der sich die Zuständigkeit ausschließlich auf ihren Gatten, Haushalt und Kinder beschränken sollte. Über Rassismus, die dekadente Lebensweise der Rich Upperclass.

Obwohl viele Charaktere und auch Nebenfiguren den Schauplatz dominieren, hat der Leser nicht das Gefühl die Übersicht zu verlieren. Denn sie sind gut ausgearbeitet, gut und eindrücklich in Szene gesetzt und wirken daher sehr authentisch.

Das Zwiegespräch zwischen Sarah und ihrem Hund Miss Brontë fand ich persönlich sehr gewöhnungsbedürftig. Doch durchaus hat mich das Buch sprachlich überzeugt, die Wortwahl, der rasante Schreibstil, schonungslos, tragisch, nachdenklich und letztendlich auch mit hintergründigem Humor. Die Anspielungen auf literarische Werke oder Personen waren gekonnt in die Handlung eingebaut.

Für mich war das Buch sehr spannend und mitreißend zu lesen, obwohl das Ende einfach einem gut ausgegangenen Märchen entspricht. Trotzdem kann ich den Roman als lesenswert empfehlen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.11.2023

Prägende Kindheitserlebnisse

Endstation Malma
0

Dies ist mein erster Roman von Alex Schulman und ich war von den Emotionen, die er mit dieser Geschichte transportiert hat, sehr mitgenommen.

Im Mittelpunkt stehen die Zugfahrten nach Malma, einen fiktiven ...

Dies ist mein erster Roman von Alex Schulman und ich war von den Emotionen, die er mit dieser Geschichte transportiert hat, sehr mitgenommen.

Im Mittelpunkt stehen die Zugfahrten nach Malma, einen fiktiven Ort in Schweden. Sie werden auf verschiedenen Zeitebenen beschrieben. Anfangs war es etwas irritierend, auf welcher Zeitebene man sich gerade befand. Der Hauptfokus liegt hier auf Harriet. Erlebnisse aus ihrer Kindheit, Scheidung der Eltern, Verlustängste und das Verhältnis zum Vater werden für sie prägend in dem weiteren Verlauf ihres Lebens. Als Partnerin von Oskar und Mutter von Yana erlebt der Leser, wie sich Traumata nachhaltig auf die Familie auswirken und auf die nächste Generation übertragen werden.

Die Kapitel wurden abwechselnd aus Sicht der drei Hauptprotagonisten geschrieben und so taucht man in die Welt der Charaktere ein, die mir als Leserin teilweise sehr nahe gingen, trotzdem konnte ich keinen wirklichen Bezug zu den einzelnen Personen aufbauen.

Der Autor hat für diesen Roman sehr eigenwillige Charaktere geschaffen und lässt den Leser an ihren Gefühlen, Ängsten und Sorgen teilhaben und erschafft dadurch eine emotionale, tiefgründige und flüssig geschriebene Geschichte, die mich gut unterhalten hat. Das schön gestaltete Cover rundet diese Lektüre ab. Klare Leseempfehlung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.10.2023

Wie Wissen unser Handeln beeinflusst

Zwischen Mauern
0

Margareta, kurz Meta, nimmt sich eine Auszeit von Ihrer Anstellung bei einer Bank und sucht nach einer sinnvollen ehrenamtlichen Beschäftigung, wo sie für Menschen da sein kann. Sie wird für die Nachtwache ...

Margareta, kurz Meta, nimmt sich eine Auszeit von Ihrer Anstellung bei einer Bank und sucht nach einer sinnvollen ehrenamtlichen Beschäftigung, wo sie für Menschen da sein kann. Sie wird für die Nachtwache in einem Pflegeheim eingeteilt, das schon bessere Tage erlebt hat und kurz vor der Schließung steht. Neben ihr lernen wir den etwas kauzigen Dr. Pomp kennen, der ständig sein altes Stethoskop sucht, das mit dem Zweischlauchsystem, ohne Schnickschnack, Moses, der sich nachts aufopfernd allein um 52 Bewohner kümmert und Angelika, die tagsüber für die Versorgung zuständig ist und immer für Moses die Tabletten richtet und Eistee zubereitet. Ein eingeschworenes Team voller Fürsorge und Menschlichkeit.

Es ist keine Geschichte zum dahin gleiten, sondern der Leser verbringt 6 Nächte mit Meta in der Sterbebegleitung von Herrn T.. Sie ist völlig unerfahren auf diesem Gebiet, findet sich jedoch schnell gut zurecht und versucht Herrn T. die Nächte erträglicher zu machen, da zu sein und auszuhalten, bis sie seine Hintergrundgeschichte erfährt. Jetzt fängt sie an, mit sich zu hadern.

Hier liegt der Fokus auf den Handlungen, wie wir ohne ein Vorwissen mit einem Menschen umgehen und wie sich das verändern kann, wenn wir mehr über diesen Menschen erfahren. Wie viel Wissen benötigen wir eigentlich über einen Menschen? Ist es denn nicht völlig nebensächlich, denn ein Jeder hat, meiner Meinung nach, ein Recht auf Respekt und Würde in der letzten Lebensphase.

Die Charakterisierung der Protagonisten beschränkt sich nur auf diesen einen Lebensbereich, hier liegt das Hauptaugenmerk auf den Situationen und den Interaktionen. Sprachlich völlig in Ordnung, kurze Kapitel eingeteilt in Nächte, viel Dialog, sehr schnell zu lesen, aber durchaus auch lesenswert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.09.2023

Unerfüllte Erwartungen und Generationskonflikte

Bei euch ist es immer so unheimlich still
0

Für mich war es der erste Roman von Alena Schröder und ich muss sagen, dass er mir überraschend gut gefallen hat.

Die Geschichte von Evelyn Borowski und ihrer angeheirateten Familie bzw. ihrer Tochter ...

Für mich war es der erste Roman von Alena Schröder und ich muss sagen, dass er mir überraschend gut gefallen hat.

Die Geschichte von Evelyn Borowski und ihrer angeheirateten Familie bzw. ihrer Tochter Silvia spielt auf zwei Zeitebenen. Der eine Zeitstrang beginnt in der Nachkriegszeit 1950, wo alles im Aufbruch ist und die Menschen sich nach den vielen Jahren des Leidens und der Entbehrungen ein neues Leben aufbauen. Der andere Zeitstrang beginnt 1989, einige Monate vor dem Mauerfall. Eine Zeit des Umschwungs, in dem die Handlung um die zwei Protagonistinnen perfekt integriert ist.

Evelyn hat eher einen kühlen emotionsarmen Charakter und das ist es auch, was Silvia immer zu schaffen gemacht hat. Sie fühlte sich von ihrer Mutter nie richtig wahrgenommen und nach einem dramatischen Ereignis kurz vor ihrem 16. Geburtstag verlässt sie überstürzt die Familie.
Als sie mit ihrer kleinen Tochter Hannah 1989 nach Ildingen zurückkehrt, möchte sie sich dieser schwierigen Mutter-Tochter-Beziehung stellen und die Vergangenheit aufarbeiten. Stück für Stück erfährt der Leser mehr über Hintergründe und Geschehnisse.

Schön beschrieben wird die sehr langsame Annäherung der beiden Frauen auf ihre ganz eigene Art und wie Hannah dabei eine ganz entscheidende Rolle spielt. Bei diesem klaren und bildhaften Schreibstil konnte ich mich sehr gut in Silvias Situation hineinversetzen. So unterschiedlich alle Charaktere der Handlung auch waren, sie blieben immer authentisch und haben diese scheinbare Kleinstadtidylle hervorragend widergespiegelt. Das Cover ist farblich sehr ansprechend gestaltet und macht Lust auf die Lektüre, die ich sehr gerne weiterempfehle.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.08.2023

Den letzten Tagen und Stunden mehr Leben geben

Und wir tanzen, und wir fallen
0

Ein Roman der unter die Haut geht und sehr bewegend die Freundschaft zweier Frauen, Ashley und Edith, erzählt, die sich seit über 40 Jahren kennen. In dieser Zeit haben sie viele gemeinsame Erinnerungen ...

Ein Roman der unter die Haut geht und sehr bewegend die Freundschaft zweier Frauen, Ashley und Edith, erzählt, die sich seit über 40 Jahren kennen. In dieser Zeit haben sie viele gemeinsame Erinnerungen angehäuft. Kindergarten, Schule, tolle Urlaube, Hochzeiten, Kinder und auch Krisen. Alles, was gute Freundinnen verbindet und eine Freundschaft so wertvoll macht. Seit 3 Jahren ist Edi an Krebs erkrankt, austherapiert und wird bald sterben. Der Umzug in ein Hospiz steht an. Nachdem ein Hospizplatz in der Nähe zu Ash’s Haus gefunden wurde, kümmert sich Ash aufopfernd um ihre Freundin. Sie versucht Edi’s letzte Wünsche zu erfüllen, ob Melonenwürfel, Pringles oder den einzigartigen Zitronen-Polenta-Kuchen von Daisy.
Es wird geweint, gelacht, gesungen und mit jedem Kapitel nähert man sich Edi’s letztem Atemzug. Die Autorin beschreibt diese Zeit so intensiv, dass mir ganz warm ums Herz wird. Wie schwer es ist das Unausweichliche zu akzeptieren und loszulassen, denn man hatte doch noch so viel vor. Den letzten Stunden mehr Leben geben und gemeinsam verbringen, Familie und Freunde um sich haben, ist doch das Einzige, was dann noch zählt.
Der Schreibstil war anfangs sehr gewöhnungsbedürftig und mir teilweise etwas zu flapsig, aber ich denke diese Lockerheit macht dieses schwere Thema des Sterbens etwas erträglicher.
Die Charaktere waren gut ausgearbeitet, wobei Ash’s Befindlichkeiten etwas zu sehr dominiert haben. Die Gestaltung des Covers finde ich sehr passend, die Farben sind frisch aber gedeckt. Es ist doch das was übrig bleibt, wenn wir gehen, unser vielleicht letztes Lieblingsgetränk auf dem Nachttisch und die letzte Blume die bereits verwelkt. Für die herzzerreißende schöne Lektüre gebe ich meine absolute Leseempfehlung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere