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Veröffentlicht am 21.03.2022

Hinter dem Vorhang der Diplomatie

Die Diplomatin
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Wer wollte nicht schon immer einmal wissen, was hinter den geschlossenen Türen einer Botschaft so geschieht? Womit beschäftigen sich Angestellte des Auswärtigen Amtes so tagein tagaus? In ihrem neuen Buch ...

Wer wollte nicht schon immer einmal wissen, was hinter den geschlossenen Türen einer Botschaft so geschieht? Womit beschäftigen sich Angestellte des Auswärtigen Amtes so tagein tagaus? In ihrem neuen Buch bietet Lucy Fricke einen kurzen Einblick, lüftet ein wenig den schweren Vorhang- und lässt doch vermutlich ziemlich viel ungesagt.

Fred ist erfolgreiche Mitarbeiterin des Auswärtigen Amtes, bekommt nach einigen Stationen den Posten als Konsulin in Montevideo und freut sich eigentlich auf diesen sicheren, ruhigen Posten. Bis ein Zwischenfall ihre Karriere beinahe zerstört und sie ins Hauptquartier zurückbeordert wird. Ein paar Jahre später reist sie als Konsulin nach Istanbul und hofft, mit ihrem politischen Einfluss etwas zu erreichen.

Zunächst einmal: dies ist mein erster Roman von Lucy Fricke und ich bin sehr beeindruckt von ihrem flüssigen, leichten Schreibstil, der selbst ein so schwieriges Thema wie Diplomatie (bei dem kein Satz das ausdrückt, was eigentlich gemeint ist und man ständig zwischen den Zeilen lesen muss) zu einem entspannten Leseerlebnis.

Es ist grundsätzlich auch ein interessantes Thema, Diplomaten bei der Arbeit zuzusehen, aber für meinen Geschmack wird hier zu sehr Offizielles mit Privatem vermischt und es fällt schwer, dabei die eigentliche Kernaussage abzugrenzen.

Fred ist eine spannende Figur, der Prototyp einer erfolgreichen Geschäftsfrau, die für ihre Karriere notgedrungen auf Kind und Familie verzichtet hat. Abgegrenzt dank ihres Jobs führt sie ein sehr einsames Leben und weiß grundsätzlich nie, wem sie vertrauen kann oder wen sie an sich heran lassen kann.

Insgesamt kann man sehr viel Spannendes und Interessantes aus diesem Buch mitnehmen, aber wie die Diplomaten selbst, muss man bei jeder Zeile sehr gut abwägen, was einem eigentlich gesagt werden soll.

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Veröffentlicht am 16.03.2022

Moderne Zeitreise

#London Whisper – Als Zofe ist man selten online
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Willkommen in der neuesten, frischesten, hippsten Zeitreisegeschichte, präsentiert von Lifestyle-Bloggerin par excellence Zoe. Wenn du auf Glitzer, Zauber und ein Abenteuer a la Bridgerton hoffst, bist ...

Willkommen in der neuesten, frischesten, hippsten Zeitreisegeschichte, präsentiert von Lifestyle-Bloggerin par excellence Zoe. Wenn du auf Glitzer, Zauber und ein Abenteuer a la Bridgerton hoffst, bist du hier genau richtig.

Zoe ist als Austauschschülerin an eine renommierte Londoner Privatschule gereist und gerade dabei, sich unter ihren Mitschülerinnen einen Namen als legendäre Partyplanerin zu machen. Natürlich wird dabei alles auf ihrem Instagramaccount festgehalten. Doch bei einer Party blickt sie zu tief in den falschen Spiegel und erwacht am nächsten Morgen im London 1816 und findet sich als Zofe für die junge Miss Lucie wieder. Nun muss sie sich in dieser Zeit zurecht- und einen Weg zurück finden.

Eines ist diese Story auf jeden Fall: frisch und jung, genau das richtige für ihr jugendliches Zielpublikum. Das fängt beim originellen Intro jedes Kapitels an, geht bei der kreativen optischen Gestaltung des ganzen Buches weiter und findet seinen Höhepunkt in der sprachlichen Kreativität, mit der sich Zoe durch Regency-London schlägt.

Zoe lebt und atmet das Sinnbild der heutigen Jugend und stellt gleichzeitig eine wirklich selbstbewusste, starke junge Frau dar, die sich von nichts unterkriegen lässt, hilfsbereit ihren Mitmenschen gegenüber ist und Empowerment pur präsentiert. Auch wenn die meisten anderen Figuren recht blass bleiben, muss ich doch zumindest noch Miss Lucie lobend hervor heben, da sie im Laufe der Geschichte eine echte, positive Wandlung druchmacht.

Leider bleibt hinter der Figurenentwicklung die eigentliche Storyline ziemlich zurück. Das Thema Zeitreise wird viel zu wenig ausgekostet. Ja, es ist ziemlich schnell offensichtlich, dass hier der Beginn einer Reihe vorbereitet wird, aber trotzdem bleiben am Ende des ersten Bandes zu viele lose Fäden übrig. Dem Grund für Zoes Zeitreise sind wir kaum einen Schritt näher gekommen, kaum zu sprechen von den Möglichkeiten ihrer Rückreise.

Insgesamt bietet die Reihe viel Potential für eine starke, feministische Jugendromantasy, muss aber in den nächsten Teilen in Sachen Plot noch ordentlich zulegen.

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Veröffentlicht am 16.03.2022

Ode ans Essen

Butter
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Asiatische Literatur ist nicht unbedingt etwas, mit dem ich mich besonders gut auskenne. Allerdings habe ich in letzter Zeit vermehrt Autorinnen aus diesem Teil der Welt gelesen und glaube einige Parallelen ...

Asiatische Literatur ist nicht unbedingt etwas, mit dem ich mich besonders gut auskenne. Allerdings habe ich in letzter Zeit vermehrt Autorinnen aus diesem Teil der Welt gelesen und glaube einige Parallelen auch in dieser Geschichte entdecken zu können.

Die Reporterin Rika recherchiert anlässlich der bald anstehenden Gerichtsverhandlung den Fall der vermeintlichen Serienmörderin Manako Kajii, die ihre männlichen Verehrer erst beköstigt und dann auf verschiedene Arten umgebracht haben soll. Im Gefängnis wird Rika, die vollkommen dem japanischen Frauenbild entspricht, mit der dominanten, scheinbar unangepassten Manako konfrontiert und es entspinnt sich ein intellektuelles Ringen um die Rechte für ein Exklusivinterview. Dabei geht es ums Kochen ebenso wie um das Selbstbild der Frauen.

Typisch japanisch ist dieser Roman sehr zurückhaltend und fast schon emotionslos verfasst. Die Erzählung wirkt sehr nüchtern und teilweise etwas langatmig. Einzig wenn es ums Essen oder Kochen geht, schwenkt die Autorin von knappen Sätzen zu fast schon poetischen Elegien über einzelne Zutaten, Zusammenstellungen von Rezepten oder den Geschmack der Speisen im Mund. Man sollte definitiv nicht hungrig zu diesem Buch greifen, der Apetit wird dabei auf jeden Fall angeregt.

Für Leser, die sich wenig aus Kulinarik machen und stattdessen auf eine spannende Enthüllungsstory mit kriminalistischen Zügen hoffen, sind hier vollkommen fehl am Platz. Auch wenn Rika die Geschichte Manakos gründlich recherchiert und bis zu ihren Kindheitswurzeln zurück verfolgt, kommt dabei leider sehr wenig Spannung auf.

Die Einblicke ins heutige Japan, das Gesellschaftsbild, das hier gezeichnet wird, und vor allem die Sicht auf die moderne japanische Frau sind unheimlich interessant und gleichzeitig auch sehr ernüchternd. Wenn eine Frau, die für ihr Leben gerne isst und dabei ein Gewicht von 70 kg halten kann, schon als fett bezeichnet wird, muss ich sehr an mich halten, um mich nicht damit zu vergleichen. Trotzdem fehlt mir auch hier ein wenig der Tiefgang. Diese Themen werden zwar angekratzt, aber der angeündigte Wandel, den vor allem Rika als Hauptfigur durchmachen soll, fehlt mir.

"Ein universeller Roman über Genuss, Lebenskunst und die Geschichte einer weiblichen Befreiung."

So wird das Buch beworben und in den ersten zwei Punkten kann ich auch bis zu einem gewissen Grad mitgehen. Die weibliche Befreiung habe ich allerdings nicht sehen können. Meiner Meinung nach wird den Frauen sowohl von der Gesellschaft als auch von ihnen selbst den ganzen Roman hindurch ein gewisser Zwang auferlegt.

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Veröffentlicht am 09.03.2022

Überfrachtetes Kammerspiel

Die Feuer
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Ein Theaterstück von Beckett, drei ziemlich verschiedene Frauen und ringsum wüten die Buschfeuer. Klingt nach einem interessanten Plot? Ist es grundsätzlich auch, mit kleinen Abstrichen.

Margot, Ivy und ...

Ein Theaterstück von Beckett, drei ziemlich verschiedene Frauen und ringsum wüten die Buschfeuer. Klingt nach einem interessanten Plot? Ist es grundsätzlich auch, mit kleinen Abstrichen.

Margot, Ivy und Summer befinden sich an verschiedenen Punkten in ihrem Leben. Alle drei sind aus verschiedenen Gründen im Theater, um sich abzulenken, weil sie eingeladen wurden oder weil sie dort arbeiten. Alle drei verfolgen das Stück mehr oder weniger interessiert und beginnen dabei über ihr Leben nachzudenken, bis sie zum Schluss einen Entschluss fassen.

Soweit, so gut. Alle drei sind auf ihre Art interessante Persönlichkeiten, haben viel erlebt in ihrem Leben und müssen so einiges verarbeiten.

Die Themen, die sie dabei anreißen, sind so vielfältig, wie ernst und wichtig. Jedes für sich würde schon locker einen Roman füllen können. So kommen sie aber mit geballter Macht auf den Leser zu, treffen ihn mitten ins Gesicht und verschwinden aber auch ebenso schnell wieder.

Sie regen unbedingt zum Nachdenken an, bedenkt man auch die Nonchalance, mit der sie angesprochen werden. Man hat das Gefühl, dass sich die Frauen daran gewöhnt haben, mit der jeweiligen Bürde zu leben, mit den damit zusammenhängenden Gefühlen umzugehen. Teilweise wirkt es aber auch wie ein Stück im Stück. Die Emotionen kommen nicht so richtig zum Tragen, bringt man sie nicht selbst ein.

Insgesamt fühle ich mich zum Schluss etwas erschlagen von den Themen, die Tiefe lässt aber etwas zu wünschen übrig.

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Veröffentlicht am 04.03.2022

Mysteriös und verwirrend

Ancora
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Eines kann man dem Buch auf jeden Fall zugute halten: es ist keine typische Jugendfantasy und bietet diesem Genre tatsächlich mal noch etwas neues an.

Romy nimmt sich mit ihren Freunden Jannis und Aurel ...

Eines kann man dem Buch auf jeden Fall zugute halten: es ist keine typische Jugendfantasy und bietet diesem Genre tatsächlich mal noch etwas neues an.

Romy nimmt sich mit ihren Freunden Jannis und Aurel im Sommer eine Auszeit, ohne Technik, ohne Handy, abseits der Zivilisation in einer zurückgezogen lebenden Dorfgemeinschaft. Von Anfang an wirken die Bewohner etwas seltsam, scheinen Geheimnisse zu haben, die vermutlich mit der tragischen Vergangenheit dieses Ortes zusammenhängen. Doch bald lassen sich die mysteriösen Vorkommnisse nicht mehr auf rationale Art erklären.

In vielen Fantasygeschichten wird zu Beginn viel Zeit darauf verwendet, umfänglich in die Welt und ihre (Macht-)Strukturen einzuführen. Hier wird man, gemeinsam mit den Hauptfiguren, ins kalte Wasser geschubst. Man erschließt sich die Welt im Laufe der Erzählung, dadurch wird diese besondere, mystische Stimmung erzeugt. Gemeinsam mit Romy erforscht man die Geheimnisse.

Das funktioniert lange Zeit recht gut, allerdings beginnt der Autor nicht rechtzeitig damit, Erklärungen zu liefern. Dadurch wirkt das Ganze zum Ende hin etwas zu gehetzt, die Enthüllungen kommen zu plötzlich und geballt.

Romy erscheint mir als eine interessante, junge Frau. Und doch erfährt man nicht sonderlich viel von ihr, ebenso wie die anderen Figuren bleibt sie relativ blass, ich kann mir im Kopf kein richtiges Bild von ihr machen.

Insgesamt freut es mich, dass die Geschichte als abgeschlossener Einzelband funktioniert. DIe Geschichte ist rund, alle losen Fäden sind zum Schluss vernäht. Hätte man sie auf zwei Bände gestreckt, wäre sie zu langatmig geworden.

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