Profilbild von kati-katharinenhof

kati-katharinenhof

Lesejury Star
offline

kati-katharinenhof ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit kati-katharinenhof über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.11.2020

„Gewonnen hat immer der, der lieben, dulden und verzeihen kann.“ (Hermann Hesse)

Der Wahnsinn, den man Liebe nennt
0

Susa mag nicht an einen dummen Zufall glauben, als sie einen Anruf erhält, der ihr die Lieferung eines Kühlschrankes auf den Namen ihres Mannes bestätigt. Aber wieso unter einer anderen Adresse ? Gequält ...

Susa mag nicht an einen dummen Zufall glauben, als sie einen Anruf erhält, der ihr die Lieferung eines Kühlschrankes auf den Namen ihres Mannes bestätigt. Aber wieso unter einer anderen Adresse ? Gequält von der bohrenden Frage, was dahinter steckt, entdeckt sie schließlich, dass nur ein paar Straßen weiter ihr Mann seit Jahren ein Doppelleben geführt hat - als glücklicher Familienvater. Susa fällt ins Bodenlose und sucht Zuflucht bei ihrer Mutter, doch auch die hält eine Neuigkeit für sie parat: Susa hat eine Halbschwester, weil ich Vater auch gerne von fremden Früchten genascht hat...



Mit "Der Wahnsinn, den man Liebe nennt" hat Brigitte Riebe das wohl authentischste und einfühlsamste Buch geschrieben, das sie je für ihre Leser bereitgehalten hat. Denn mit jeder Seite, die man liest, kehrt die Leserin unweigerlich selbst ihr Innerstes nach außen und lässt die eigene Beziehungen Revue passieren. Wie oft ist man schon selbst auf solch einen Blender hereingefallen, der einem die Sterne vom Himmel holen wollte und am Ende waren es nur billige Dekoartikel aus dem Ein-Euro-Laden ?

Susa ist eine tolle Frau, die man gerne zur Freundin haben möchte. Mit ihr verquatscht man gerne den Nachmittag und fragt sich, wo die Zeit geblieben ist, weil sie eine unglaubliche Leichtigkeit verströmt und mir von Anfang an sympathisch ist. Ihre Sommersprossen lassen sie mädchenhaft wirken und doch hat sie etwas an sich, dass ihr die nötige Ernsthaftigkeit verleiht.

Brigitte Riebe lässt teilweise autobiografische Erlebnisse mit in die Handlung einfließen und genau das merkt man dem Buch auch an - es wirkt wie ein Seelenpflaster und tröstet alle Frauen, die bereits ähnliches erleben mussten. Denn die Autorin weiß, welche Saiten sie zum klingen bringen muss, um mit einfühlsamen Worten die wunden Punkte zu berühren, die jede Leserin in sich trägt und doch gut verschlossen hält..

Welche Kapriolen das Leben schlagen kann, wird hier sehr deutlich geschildert - Wolf ist wirklich ein Großkotz, ein Möchtegern, ein Blender - ihm kann man nicht trauen von zwölf bis Mittagläuten und er weiß geschickt die Frauenwelt um seinen Fingern zu wickeln. Dass er mit seinem Blendwerk immer wieder sein Ziel erreicht, macht mich wütend und traurig zugleich. Er scheut nicht davor zurück, seine eigen Mutter vor seinen dreckigen Karren zu spannen und...aber das müsst ihr wirklich selbst lesen

Die Entwicklung von Susa von der betrogen Ehefrau, deren Welt in Scherben liegt, bis hin zur glücklichen Frau, die ihr Herz wieder weit für die Liebe und für neue Freundschaften öffnet, wird von der Schreibenden sehr gut nachvollziehbar beschrieben. Man ist wütend und zornig, will am liebsten Teller und Tassen an die Wand schmeißen, um dem Ärger Luft zu machen, weint mit Susa um den Verlust ihrer Liebe und hofft ein Happy End. Vor allen Dingen hat die Schlüsselfigur die Kraft und den Mut, Schwäche zu zeigen und diese auch auszuleben. Das findet man nicht häufig in der gängigen Romanwelt.

Das Buch erzählt von zerplatzten Träumen, verratener Liebe, neunen Wegen und dem Mut, aufeinander zuzugehen und zu verzeihen....und ist damit so ganz anders als das, was man bisher aus der Feder von Brigitte Riebe kennt. Sehr lesenswert !

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.11.2020

Blutrote Wolken am weiß-blauen Himmel

Bayerisch Kongo
0

Friedrich Sperber hat einen neuen Job - nicht etwa als Geophysiker in einem anerkannten Institut oder gar als Inhaber eines Lehrstuhles einer Universität, nein, er soll als Seiteneinsteiger das LKA in ...

Friedrich Sperber hat einen neuen Job - nicht etwa als Geophysiker in einem anerkannten Institut oder gar als Inhaber eines Lehrstuhles einer Universität, nein, er soll als Seiteneinsteiger das LKA in München unterstützen. Die Ermittler benötigen seine Hilfe, da Sperber lange Jahre im Kongo gearbeitet hat und sich mit dem begehrten Erz Coltan auskennt. Doch wie hängen der Mord an einem Schwarzafrikaner, das mysteriöse Auftauchen eines belgischen Söldners und das Firmenimperium Hartung zusammen? Eines steht fest - Sperber und Co müssen tief in die Vergangenheit eintauchen und die ist rabenschwarz...



Lutz Kreutzer holt mit seinem ersten Fall für Friedrich "Silikon-Fritz" Sperber und Co skrupellose Geschäftsmänner, eiskalte Drahtzieher und gebrochene Seelen in das heimische Wohnzimmer des Lesers und lässt so die grausame Geschichte mit seinem äußert bildlichen und rasanten Schreibstil Wirklichkeit werden.

Die Idylle der Isarauen wird durch die Anhänger von hirnverbrannten braunen Ideologien gestört, wenn sie mit ihren Baseballschlägern auf scheinbar wehrlose Mitmenschen mit dunkler Hautfarbe einprügeln. Aber sie haben die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn dieser Irrtum kostet sie das Leben und sie werden grausam hingerichtet.

Messerscharf wie die Tatwerkzeuge ist auch die Beobachtungsgabe von Lutz Kreutzer, denn er schafft es, die Tatorte detailgenau zu schildern und so dem Leser das Gemetzel mit all seinen blutigen Einzelheiten vor Augen zu führen.

Mir blutet das Herz wenn ich lesen muss, wie die armen Menschen im Kongo geknechtet und missbraucht werden, nur damit in der westlichen Welt die Unterhaltungselektronik auf dem neuesten Stand ist. Die Jagd nach Coltan und die damit verbundene illegale Ausfuhr entpuppt sich als Machtgerangel in der Unterhaltungselektronik, denn nur wer den Markt beherrscht, kann ihn regieren. Ich muss gestehen, dass ich mein Smartphone jetzt mit anderen Augen sehe, denn ich weiß jetzt, unter welch menschenunwürdigen Bedingungen das Erz seinen Weg in den Westen findet. Es erschreckt mich, das man hier über die sprichwörtliche Leichen geht, nur damit der Profit stimmt. Ich glaube kaum, dass uns allen bewusst ist, unter welchen Umständen die einzelnen Rohstoffe gewonnen werden, nur damit die neueste Spielekonsole oder das neueste Smartphone auf den Markt kommen können - hier regt Lutz Kreutzer den Leser dazu an, selbstkritisch über das eigene Konsumverhalten nachzudenken. Hier hat der Schreibende mit seiner Recherche sehr gute Arbeit geleistet und er lässt die erschreckenden Tatsachen gekonnt in seine fiktive Handlung einfließen.

Ich habe atemlos die Schilderungen in Desirés Tagebuch gelesen und mit dem damals jungen Mädchen mitgelitten. Die martialische Beschneidungstradition hat auch vor ihr als weißes Mädchen, das in Afrika aufgewachsen ist, keinen Halt gemacht und ich habe ihre Seelenqualen und ihre Pein mitgetragen und um sie geweint. Das Rätsel um ihren Tod hat mich über die Dauer des ganzen Romans beschäftigt und ich habe hunderte von Theorien aufgestellt und wieder verworfen, aber auf die Lösung bin ich nicht gekommen.

Geschickt hat der Autor hier drei spannende Handlungen aufgebaut, die auf den ersten Blick nicht viel miteinander gemein haben. Beim genaueren Hinsehen verflechten sich die Handlungsstränge wie die Strähnen eines Zopfes und ergeben somit einen komplexen Fall aus Amoralität, Gewissenlosigkeit und der immer größer werdenden Gier nach Geld und Macht.

Der immer wieder einfließende bayerische Dialekt sorgt für lebhafte Dialoge, die mit einem Augenzwinkern zu lesen sind und die wiederholt für Erheiterung sorgen. Eine gelungene Abwechslung zwischen all den zwielichtigen Charakteren, die hier ihr Unwesen treiben. Ich mag die bayerischen Ermittler, denn sie sind so herrlich unkonventionell und heben sich von der breiten Masse der sonst so bekannten Ermittlerschablonen im Krimigenre deutlich ab. Sie haben einige Macken, die sie aber nach Herzenslust ausleben dürfen und genau das macht sie so authentisch. Neben Sperber ist mir Penelope ans Herz gewachsen. Ach, überhaupt ist die ganze coole Truppe fest in meinen Leserherzchen verankert, denn sie haben es geschafft, sich nach wenigen Seiten diesen Platz zu erobern

Das Ende lässt noch einmal einen dicken Kloß im Hals entstehen und ich komme nicht umhin, mir die ein oder andere Träne wegzuwischen. Selten hat mich ein Krimi so in Gefühlsschräglage gebracht wie "Bayrisch Kongo" - der Autor weiß, wie er seine Leser an die Seiten fesselt , in dem er ihnen falsche Ideale aufzeigt, das heile Alpenpanorama mit blutroten Wolken am blau-weißen Himmel bestückt und so eine ungeheure Spannung erzeugt, die einen nicht mehr aus ihren Klauen lässt.

Das macht auf jeden Fall neugierig auf weitere Fälle von Sperber und Co und somit bekommt dieses Buch eine absolute Leseempfehlung von mir !

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.11.2020

Geld, der beste Köder um nach Menschen zu fischen (Thomas Fuller)

Das süße Gift des Geldes
0

Berlin hat ihr kein Glück gebracht und deswegen kehrt Adele Spitzeder 1868 nach München zurück. Ein paar Gulden sind ihr geblieben und davon muss sie ihr Quartier bezahlen. Der Pfandleiher ist ein Spitzklicker ...

Berlin hat ihr kein Glück gebracht und deswegen kehrt Adele Spitzeder 1868 nach München zurück. Ein paar Gulden sind ihr geblieben und davon muss sie ihr Quartier bezahlen. Der Pfandleiher ist ein Spitzklicker und gibt ihr nur ein Minium dessen, was ihr Schmuck wert ist. Aus der Not macht Adele eine Tugend, denn ihr kommt eine geniale Idee: Sie leiht sich Geld, verspicht aber eine weitaus höhere Zinsauszahlung, als es bei den örtlichen Banken und Sparkassen üblich ist. Die Rückzahlung finanziert sie aus den eingezahlten Geldern ihrer neuen Anleger. Ihr Geschäftsmodell blüht und Adele wird zu einer reichen Frau. Doch wie lange wird das gut gehen, denn Adele macht sich Feinde in Banken und Behörden....

Bhavya Heubisch widmet sich in ihrem Roman "Das süße Gift des Geldes" einer der wohl schillerndsten und skandalträchtigsten Frauenfiguren Ende des 19. Jahrhunderts und erweckt die Schauspielerin Adele Spitzeder wieder zum Leben. Aber nicht nur ihre Schlüsselfigur stellt sie plastisch dar, auch München zur damaligen Zeit wächst aus den Seiten des Romans und man steht inmitten von schäbigen Straßenzügen mit ärmlichen Unterkünften, wandelt auf mit Unrat übersäten Straßen und spürt den quälenden Hunger, der wegen überteuerter Lebensmittel nicht zu stillen ist.

Anfangs wird Adele noch gemieden, aber schon bald sieht sie mit den ersten "Erfolgen" ihrer Geschäftsidee, dass der Mensch käuflich ist und die Gier nach immer mehr Geld lässt die Anleger regelrecht zu Adele strömen wie die Motten zum Licht. Es bilden sich Menschentrauben, um ja etwas vom dem Stück Kuchen abzubekommen. Dass dabei nicht immer alles Gold ist was glänzt, muss Adele am eigenen Leib erfahren, denn Neider und Gauner fühlen sich ebenfalls angezogen von ihr wie ein Magnet. Allen voran Herbergsvermieter Jakob Kramer und sein verlogenes Weib Agnes, denn den beiden ist Adele ein Dorn im Auge und das lassen sie sie immer wieder spüren.

Die Autorin zeigt dem Leser die beiden Seiten der Medaille - auf der einen Seite will Adele immer mehr Geld und Macht, lässt es sich gut gehen und verwandelt sich von der verarmten Schauspieler hin zu einer reichen Frau, die vermeintlich die Fäden in den Händen hält. Sie kauft Häuser, Schmuck, goldene Kuschten und protzt nur so mit ihrem Reichtum, vergisst dabei aber, ordentlich Buch zu führen und verliert den Überblick. Auf der anderen Seite ist Adele die Wohltätigkeit in Personalunion, lässt Volksküchen errichten, organisiert Armenspeisungen und setzt sich für die (Schul-)Bildung von benachteiligten Menschen ein.

Gegensätzlicher kann ein Mensch nicht sein und so kommt, was kommen muss - Adele zieht sich immer mehr den Zorn der Münchner Bürger und Banken zu , ein Skandal jagt den nächsten und man wirft der Spitzederin Skrupellosigkeit, Betrug und Durchtriebenheit vor. Hier bekommt der rachsüchtige Advokat Vicenti seinen großen Auftritt und er gibt nicht eher Ruhe, bis er sein Ziel, die Spitzederin ans Messer zu liefern, erreicht hat. Dass dadurch zehntausende Menschen ihr ganzes Hab und Gut verlieren, scheint ihm egal zu sein - er zieht sein Ding durch.

Die Schreibende zeigt das Bild einer facettenreichen Frau, die wie keine andere die Münchner Stadtgeschichte geprägt hat. Dabei ist ihr Buch aktueller denn je, denn Adele Spitzeder hat vor gut 150 Jahren nur das gemacht, was heute in der Welt der Finanzen gang und gäbe ist - Kunden werden mit dem Versprechen nach dem großen Geld angelockt, aber die grandiose Rendite stellt sich nie ein und nicht selten hat das den Untergang des (Klein-)Anlegers zur Folge. Die großen Bankenskandale der jüngeren Vergangenheit sind leider Beweis dafür
Bhavya Heubisch hältdem Leser einen gesellschaftskritischen Spiegel vor und regt zum Nachdenken an.



  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.11.2020

Magische und zauberhafte Nachtaufnahmen

Deutschland leuchtet
0

Der Bildband "Deutschland leuchtet" hat mein Herz im Sturm erobert und ich habe mich in die einzigartigen Luftaufnahmen aus der Vogelperspektive Knall auf Fall verliebt.

Der Luftbildfotograf Robert Grahn ...

Der Bildband "Deutschland leuchtet" hat mein Herz im Sturm erobert und ich habe mich in die einzigartigen Luftaufnahmen aus der Vogelperspektive Knall auf Fall verliebt.

Der Luftbildfotograf Robert Grahn nimmt den Leser mit auf eine nächtliche Traumreise und zeigt ihm mit gestochen scharfen Bildern Deutschlands Städte, wie wir sie noch nie gesehen haben. Wie seltene Diamanten reihen sich glitzernde Hochhausfassaden, funkelnde Brücken, festlich erleuchtete Kirchen und andere Bauwerke in das nächtliche Spektakel ein und es entsteht das Gefühl, dass man auf einer kleinen Wolke liegt, über ihren flauschigen Rand schaut und dabei der Magie der Dunkelheit erliegt.

Der Nachthimmel bietet die perfekte Kulisse für atemberaubende Fotos, offenbart funkelnden Lichterglanz, perfekt inszenierte Illuminationen , setzt strahlende Lichtakzente und lädt zum Träumen ein.

Deutschland leuchtet - und zeigt mit diesem gelungene Bildband, wie schön unsere Städte sind, wenn sich der Schleier der Dunkelheit auf sie herabsenkt.

Die Reise von Nord nach Süd, von Ost nach West präsentiert den neu eröffneten Flughafen BER, Schloss Sanssouci, die Allianz Arena, Mainhattan, den Kölner Dom und noch vieles mehr im nächtlichen Gewand.

Die ansprechenden Doppelseiten schaffen überwältigende Momente, wirken fast spirituell, wenn der Fotograf den Rheinturm in Düsseldorf, die Stadtansichten von Köln und Leipzig, die Reeperbahn und die Autostadt in Wolfsburg als Gesamtkunstwerk im nächtlichen Farbenspiel für die Ewigkeit festhält.

Dem Reiz dieses Buches zu widerstehen ist fast unmöglich - die Poesie der Nacht hält den Leser wie in einer liebevollen Umarmung festumschlungen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
Veröffentlicht am 19.11.2020

Poesie zwischen Staub und Verfall

Verlassene Kirchen
0

Ich habe schon unglaublich viele beeindruckende Bildbände über Lost Places mit Geschichte durchgeblättert, aber keiner rührt so sehr an Herz und Seele wie "Verlassene Kirchen" von Meslet Francis.

Der ...

Ich habe schon unglaublich viele beeindruckende Bildbände über Lost Places mit Geschichte durchgeblättert, aber keiner rührt so sehr an Herz und Seele wie "Verlassene Kirchen" von Meslet Francis.

Der Fotograf fängt die sakralen Bauwerke mit unglaublich faszinierenden Momentaufnahmen ein und lässt so die Stille nach dem letzten Gebet, nach dem längst verklungenen Choral auf den Betrachter wirken. Es ist, als könne man noch leise die Töne des "Ave Maria" hören oder die im Flüsterton gemurmelten Worte des "Vater unser" vernehmen.

Die Kirchenbänke verharren unter einer dicken Staubschicht und warten auf die Gläubigen, die jedoch nie mehr kommen werden, um im sanften Licht der Altarkerzen einen Gottesdienst zu feiern, einen Täufling in den Schoß der Gemeinde aufzunehmen oder einem Toten das letzte Geleit zugeben.

Die bemerkenswerten Fotografien lassen jedes Detail der Baukunst und der Ausstattung der Kirche erkennen - Heiligenbilder an Wand und Decke sind stumme Zeugen des Verfalls und des Vandalismus, Altäre stehen in ewiger Erwartung auf das Abendmahl, schmiedeeiserne Tore sind einladend geöffnet und erwecken die Illusion einer Rückkehr der Geistlichen und ihrer Gläubigen. Die Sonne bahnt sich ihren Weg durch brüchige Fenster und alles erscheint in einem fast unwirklichem Glanz, wenn das prächtige Farbenspiel der Buntglasscheiben die Ruinen in magisches Licht taucht.

Die teilweise moosbewachsenen Wände bilden einen Kontrast zwischen dem Alten und Verfallenen und dem Lebensraum Natur, der sich hier seinen Weg durch die triste Stille bahnt.

Die kurzen informativen Texte erzählen die Geschichte des jeweiligen Bauwerks, lassen den Leser andächtig, manchmal erschrocken, innehalten und verstärken somit die Wirkung der imposanten Aufnahmen. Meslet Francis lässt seine Bilder die längst vergangene Geschichte von Glaube, Hoffnung und Liebe erzählen und erweckt, zumindest für den Augenblick des Betrachtens seiner Fotos, die Bauwerke aus ihrem Schlaf.

Ein kleines Juwel unter den Bildbänden der Lost Places - absolute Kaufempfehlung !

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung