Profilbild von knappenpower

knappenpower

Lesejury Profi
offline

knappenpower ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit knappenpower über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.05.2023

Das Buch ist der Hammer

Erinnere dich!
0

Für mich ein neuer Autor und für den Autor sein Erstlingswerk. Das hat man aber überhaupt nicht gemerkt. Das Buch ist flüssig geschrieben und sehr gut zu lesen; die Kapitel sind angenehm kurz.

Die Geschichte ...

Für mich ein neuer Autor und für den Autor sein Erstlingswerk. Das hat man aber überhaupt nicht gemerkt. Das Buch ist flüssig geschrieben und sehr gut zu lesen; die Kapitel sind angenehm kurz.

Die Geschichte ist in der Ich-Form geschrieben und Ich ist Arno, der sehr detailliert beschrieben wird: Ende 30/Anfang 40 und voller Selbstzweifel -sowohl vor 20 Jahren als auch jetzt - mit einem Hang zur Verdrängung. Bei Problemen greift er zum Alkohol, obwohl er eigentlich Angst hat, so zu sein/zu werden wie sein Vater, der Alkoholiker ist. Aufgewachsen ohne Mutter, in der Jugend vom Vater unterdrückt und verprügelt, wodurch das Verhältnis zerrüttet und hasserfüllt ist. Er ist Dozent an der Uni (Literaturwissenschaftler), geschieden und seit 1,5 Jahren in einer Fernbeziehung. In seinen eigenen Augen ist er nicht ganz unansehnlich, lt. seiner Partnerin aber ein Mann, in dem etwas Dunkles ist. Er weist Symptome einer Depression auf, die er früher selbst therapiert hat und von der er dachte, er hätte sie besiegt. Er hält sich aus jedem Problem heraus, um sich ja nicht mit anderen Personen auseinandersetzen zu müssen.

Arno muss sich trotz seiner gekonnten Verdrängung mit den Erinnerungen an die Geschehnisse von vor 20 Jahren auseinandersetzen, nachdem er über ein Handy, dass in seinem Briefkasten lag, dazu aufgefordert wird, sich zu erinnern. Immer wieder erhält er über dieses Handy Nachrichten und auch Anrufe, wobei der Anrufer mit der Stimme seiner vor 20 Jahren verschwundenen Freundin spricht. Ist Maya doch nicht tot? Oder ist es nur eine entsprechende Software? Aber woher soll der mysteriöse Stalker eine Vergleichsprobe hierfür haben?

Arno will sich zunächst der Vergangenheit nicht stellen, fährt aber dann doch, bedingt durch die Nachrichten und Anrufe zum Abi-Treffen. Dort taucht die kleine Schwester von Maya auf und Arno und muss sich gegen seinen Willen mit dem auseinandersetzen, was vor 20 Jahren geschehen ist.

Das Buch beginnt in der Gegenwart, springt 8 Wochen zurück, springt wieder zurück in die Gegenwart, springt 4 Wochen zurück und nähert sich immer mehr dem „Showdown“. Es werden Arnos Gedanken und Gefühle beschrieben, immer wieder unterbrochen von Erinnerungsfetzen, wobei man aber nicht weiß, ob es seine verschütteten Erinnerungen sind oder ob diese doch eher durch Manipulation hervorgerufen worden sind.

Das Thema des Buches ist: Was ist Wahrheit? Was ist Lüge? Was ist tatsächliche Erinnerungen und was sind, bedingt durch Verdrängung und äußere Einflüsse, gefälschte Erinnerung? Was ist Selbstbetrug? Was ist wirklich passiert? Kann man wirklich vergessen/verdrängen, dass man einen Mord begangen hat? Wer ist der ominöse Stalker und was hat Mayas kleine Schwester, die urplötzlich auftaucht, mit dem Ganzen zu tun? Wer sagt die Wahrheit und wer lügt Arno an?

Die Geschichte ist spannend und durch dieses „Herantasten“ an den Showdown hält sich die Spannung von Anfang bis zum Ende. Allerdings hat mich das Ende nicht zu 100% überzeugt. Mir fehlten frühere Andeutungen des Autors, die es dem Leser ermöglicht hätten, den Täter oder z.B. den Stalker zu erahnen und die natürlich erst am Ende einen Sinn ergäben hätten. So hatte ich als Leser keine Möglichkeit, das Ende (natürlich erst sehr spät im Buch) zu erahnen. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.04.2023

Spannend und an den Lesernerven zehrend

Die Verborgenen
0

Ich kenne die Bücher des Autors aus seinen bisherigen Serien um Jan Römer und Leo Born. Sein Schreibstil ist flüssig und verständlich, die Charaktere so beschrieben, dass man – sofern man es möchte – ausreichend ...

Ich kenne die Bücher des Autors aus seinen bisherigen Serien um Jan Römer und Leo Born. Sein Schreibstil ist flüssig und verständlich, die Charaktere so beschrieben, dass man – sofern man es möchte – ausreichend Gelegenheit hat, sein Kopfkino einzusetzen. Zudem wird die Geschichte jeweils so aufgelöst, dass keine Fragen offenbleiben. Dies ist mein erstes Buch von ihm außerhalb einer Serie und ich war entsprechend sehr gespannt.

Das Buch ist aufgeteilt in Vorgänge in der Vergangenheit und in der Gegenwart, wobei sich die Geschehnisse in der Vergangenheit immer weiter der Gegenwart annähern (von -10 Tage bis zur Gegenwart).
Weiter sind die einzelnen Kapitel abwechselnd aus der Sicht der handelnden Personen (Franziska, Sven, Tabea und Du (Phrogger) geschrieben und beschreiben einseitig die Gedanken/Handlungen der einzelnen Personen. Man erfährt viel von ihnen: wie sie sich kennengelernt haben, wie ihr Leben verlaufen ist, wie sich was entwickelt hat, was sie zurzeit machen und, bei Franziska und Sven, wie sie die Ehe einschätzen und zwar jeweils aus der eigenen Perspektive. Extrem interessant finde ich, wie unterschiedlich bestimmte Situationen von den einzelnen Personen wahrgenommen und interpretiert werden und was daraus dann entsteht.

In dem Buch geht es meiner Meinung nach um das zentrale Thema „Was wäre wenn ….„
Was wäre, wenn man sich in einer bestimmten Situation anders entschieden hätte?
Was wäre, wenn dieses oder jenes nicht passiert wäre bzw. wenn man anders reagiert hätte.
Was wäre, wenn keiner Geheimnisse hätte?
und weiter um die Auseinandersetzung mit dem eigenen Leben, mit den eigenen (auch früheren) Wünschen sowie um das, was man gemeinhin als „Abgründe“ bezeichnet: Lüge, Untreue und Geheimnisse.

Der Autor spielt viel mit Andeutungen wie z. B. Schuld, lässt den Leser aber im Unklaren, was genau damit gemeint ist. Diese Andeutungen setzen sich auch in den Kapiteln der Gegenwart fort. Immer wieder nur kurze Schilderungen, was gerade passiert, ohne dass man sich als Leser wirklich einen Reim darauf machen kann. Und genau das macht die Spannung aus. Man weiß ein bisschen was, aber tatsächlich doch gar nichts. Man will wissen, was genau passiert ist bzw. gerade passiert und vor allem warum, muss aber bis zum Ende abwarten. Und das zerrt an den Lesernerven.

Für mich als reine Krimileserin war das Buch zunächst ungewohnt, aber die Geschichte wurde von Kapitel zu Kapitel interessanter und spannender. Gerne mehr davon.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.04.2023

Genau mein Ding

Halliggift (Ein Minke-van-Hoorn-Krimi 3)
0

Die Autorin versteht es, mich mit ihren Geschichten, sowohl was ihren Schreibstil angeht, der sehr flüssig und leicht zu lesen ist, als auch mit ihren Charakteren, die liebevoll gezeichnet sind, immer ...

Die Autorin versteht es, mich mit ihren Geschichten, sowohl was ihren Schreibstil angeht, der sehr flüssig und leicht zu lesen ist, als auch mit ihren Charakteren, die liebevoll gezeichnet sind, immer wieder gefangen zu nehmen. Die Kapitel bzw. Abschnitte sind angenehm kurz, die Story spannend und trotzdem gut nachvollziehbar und, für mich auch wichtig: Am Ende bleiben keine Fragen offen.

Ich mag es z.B., wenn in Serien die Charaktere, an die ich mich gewöhnt habe, nicht so oft wechseln, bestenfalls gleichbleiben und höchstens Personen dazu kommen. Dies ist in dieser Reihe bislang der Fall, so dass eine Eingewöhnungsphase für mich komplett entfällt. Ich konnte mich also von Anfang an „in die Geschichte fallen lassen“.

Ein weiteres Merkmal, das Besondere, an dieser Serie ist, dass immer wieder Kapitel eingeschoben werden, die in weiter Vergangenheit (z.B. achtzehntes oder neunzehntes Jahrhundert) liegen und doch einen entfernten Bezug zu Minke‘s Fall haben. Und auch wenn diese Vorgänge nur als Erklärung dienen, finde ich diese Einschübe überaus interessant. Dieses Mal erfolgt dies in Form von Tagebucheinträgen, wobei die Vergangenheit nicht allzu weit zurück liegt und das macht natürlich umso neugieriger.

Bereits zu Beginn wird man mit der Nase darauf gestoßen, dass in der Vergangenheit irgendetwas beim Biikebrennen passiert ist und der frühere Leuchtturmwärter, der in einer Seniorenresidenz lebt, die er sich eigentlich gar nicht leisten können dürfen, involviert ist. Aber was? Und dann passiert auch schon der erste Mord. Und obwohl ziemlich bald klar ist, warum das alles passiert und nur die Frage offen ist, wer dafür verantwortlich ist, hat dies mein Lesevergnügen nicht geschmälert. Ich steh halt total auf Minke & Co, vor allem wenn das Ende sooooo schön ist.

Anmerken muss ich noch, dass das Buch auch dieses Mal wieder logische Fehler enthält. So wird z.B. eine Obduktion entweder vom Gericht oder der Staatsanwaltschaft angeordnet und nicht vom Kommissar. Aber egal, ich verbuche so etwas als künstlerische Freiheit, zumal es schon von Anfang so logische Fehler gegeben hat (Minke wurde z.B. direkt nach Ausbildung sofort Dienststellenleiterin; Handydaten sind generell nach ein paar Stunden verfügbar, eine Kommissarin ohne Erfahrung in einer kleinen Polizeistation ist für einen Mord zuständig und nicht die Mordkommission usw.) Ich muss insoweit zu mir selbst ehrlich sein: Bei einem anderen Buch, das mir nicht so gefallen würde, hätte mich das wahrschein sehr gestört. Hier tut es das nicht. Vielleicht auch, weil ich mich nicht nur unheimlich gut unterhalten fühle, wenn ich diese Serie lese, sondern auch, weil ich so „Klöpse“ von Anfang an erwarte und mich deshalb dadurch nicht gestört fühle

Ich freue mich jetzt schon auf den nächsten Teil, auch wenn es wohl noch ein Jahr dauern wird.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.04.2023

Neue Serie -- genial umgesetzt

Der Morgen (Art Mayer-Serie 1)
0

Ich war sehr gespannt, wie ich die neue Serie des Autors annehmen werde. Ich bin ein ausgesprochener Tom-Babylon-Fan und mir war bewusst, dass es sein „Nachfolger“ bei mir sehr schwer haben wird. Aber ...

Ich war sehr gespannt, wie ich die neue Serie des Autors annehmen werde. Ich bin ein ausgesprochener Tom-Babylon-Fan und mir war bewusst, dass es sein „Nachfolger“ bei mir sehr schwer haben wird. Aber ich wurde nicht enttäuscht.

Dieses Mal setzt Marc Raabe auf komplett andere Charaktere. Zum einen der Haudegen Art (Arthur), der im Dienst schon viel erlebt zu haben scheint, bei dem Diabetes festgestellt wurde (die er aber gekonnt ignoriert) und dessen Frau ihn für den Polizeipräsidenten verlassen hat. Er weiß um seine Qualitäten als Polizist und macht eigentlich immer, was er will.
Ihm zur Seite, als Anstands-Wau-Wau, wird Nele gestellt. Sie ist 25 Jahre alt, seit 2 Monaten bei der Truppe, ungewollt schwanger und … die Nicht des Polizeipräsidenten.
Für mich eine explosive Mischung, die mir sehr gut gefällt.
Beide Ermittler gut und verständlich beschrieben, was natürlich gut fürs Kopfkino ist. Beide sehr sympathisch, wobei die persönlichen Probleme, vor allem bei Art, nicht fehlen dürfen.

Der Stil des Autors gefällt mir ausnehmend gut: Textsicher, flüssig, mit nicht allzu langen Kapiteln und, was für mich sehr wichtig ist, logischen Handlungen (auch wenn sie sich erst mit dem Ende als logisch erweisen … es bleiben keine Fragen offen). Deshalb war ich auch dieses Mal wieder sofort „drin“ in der Geschichte und von den Personen und dem Fall gefesselt.

Was ist außergewöhnlich fand: Vor dem Prolog ist ein Intro eingefügt. Da stellt sich natürlich sofort die Frage: Ist das Geschehen aktuell? Oder wie der Prolog Vergangenheit? Das sorgt von Anfang an dafür, dass sich die Gehirnzellen, wenn man denn mitraten möchte, angestrengt werden.

Die Rückblicke, die mir normalerweise die Spannung vergällen, sind dieses Mal richtig gut. Es werden Situationen von vor 25 (?) Jahren geschildert, allerdings werden die Personen nur mit Spitznamen benannt. Dadurch weiß man nicht, wer im aktuellen Fall welche Person aus der Vergangenheit ist. Das verleitet dazu, Vergleiche mit den heutigen Personen zu ziehen und herauszufinden, wer wer war/ist. Man erhält eine Fülle an Informationen zur späteren „Identifizierung“ und da ich mitraten wollte habe ich mir hier schon Stichpunkte notiert. Und während des ganzen Buches habe ich immer wieder versucht, diese Personen in der Gegenwart zu erkennen, was aber schwierig ist, da außer bei Nele keine Altersangaben gemacht werden. So wurde ich ein ums andere Mal aufs Glatteis geführt, was mir im Nachhinein sehr gut gefallen hat. Stichwort „Gehirnzellen einschalten“.

Gefühlt nehmen die Vorgänge in der Vergangenheit in der ersten Hälfte des Buches 50% der Geschichte ein und sind dabei eher Roman als Krimi. Aber es hat mich nicht im Mindesten gestört. Im Gegenteil. Die Geschichte war ergreifend und ging mir wirklich ans Herz.

Ein toller Auftakt und ich freue mich schon auf die Fortsetzung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.01.2023

Ein must-have für jeden Krimi-Fan

Enna Andersen und die verlorene Zeit
0

Was macht einen guten Krimi aus? Für mich, dass
- sich die Hauptprotagonisten nicht dauernd ändern
- diese sympathisch sind und zwar ihr Päckchen zu tragen haben, aber damit nicht elendig übertrieben wird
- ...

Was macht einen guten Krimi aus? Für mich, dass
- sich die Hauptprotagonisten nicht dauernd ändern
- diese sympathisch sind und zwar ihr Päckchen zu tragen haben, aber damit nicht elendig übertrieben wird
- die Geschichten/Fälle nicht zu leicht, aber lösbar sind
- das Buch angenehm zu lesen ist und am Ende keine Fragen offenbleiben

Bingo. All dies schafft Anna Johannsen bei mir und deshalb liebe ich ihre -mittlerweile 3- Serien.

Dieses Mal geht es für Enna um ihre eigene Vergangenheit, was sich im letzten Buch schon angedeutet hat. Obwohl ich aus den früheren Büchern die Hintergrundgeschichte schon kenne bin ich seltsamerweise schwer in das Buch reingekommen. Das hat aber nicht lange angedauert und schnell wurde es für mich wieder super spannend. Ich wusste bis zum Schluss nicht, was relevant für Ennas Ermittlungen ist und was nur ein „Nebenprodukt“. Was/Wer ist wichtig und was/wer nur am Rande oder gar nicht? Wohin führen Enna Ihre Spuren? Folgt sie der richtigen Spur oder übersieht sie etwas? Verbeißt sie sich irrtümlich in das Naheliegende oder hat sie das richtige Bauchgefühl?

Das Ende ist überraschend, aber logisch und führt Enna weit zurück in die Vergangenheit Ihrer Eltern.

Richtig großes Kino und absolut empfehlenswert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere