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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.03.2018

Eine unglaublich berührende Geschichte

Abschied in Prag
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Es sind die 30er Jahre in Prag, als Lenka und Josef sich ineinander verlieben. Er ist Medizinstudent und sie an der Kunsthochschule, das Leben könnte nicht schöner sein. Aber der Einmarsch der deutschen ...

Es sind die 30er Jahre in Prag, als Lenka und Josef sich ineinander verlieben. Er ist Medizinstudent und sie an der Kunsthochschule, das Leben könnte nicht schöner sein. Aber der Einmarsch der deutschen Truppen steht kurz bevor, als die beiden überstürzt heiraten, damit die Familien gemeinsam nach Amerika fliehen können und Visa bekommen. Doch es kommt anders als geplant und Josef flieht alleine, während Lenka in Prag bleibt und als Jüdin mit ihrer Familie nach Theresienstadt deportiert wird. Sie verlieren sich aus den Augen, bis eine Hochzeit sie Jahrzehnte später wieder zusammenführt.
Die Geschichte um Lenka und Josef hat mich beim Lesen tief berührt und einfach nicht losgelassen, so dass ich den ganzen Roman fast in einem Rutsch durchgelesen habe. Ihr Schicksal ist mir sehr nahe gegangen und besonders die Beschreibungen von Lenkas Leben in Theresienstadt und später in Auschwitz treiben einem die Tränen in die Augen. Die Autorin Alyson Richman durchbricht in ihrer Erzählung immer wieder die Chronologie und wechselt zwischen den Perspektiven von Lenka und Josef hin und her, was die Geschichte noch aufregender und spannender macht. Doch im Mittelpunkt der ganzen Geschichte stand für mich die ganze Zeit Lenka, denn wie ihr Leben dargestellt wird, welches Leid sie erfahren muss, bewegt einen so sehr, dass man sie einfach nicht mehr loslassen kann.
Selten hat mich eine Geschichte beim Lesen so berührt wie diese. Alyson Richman ist mit ihrem Roman „Abschied in Prag“ ein beeindruckendes Buch gelungen, das einem mitnimmt in eine dunkle Zeit Europas und einem die damaligen Zustände so nahe bringt, wie es kein Sachbuch jemals könnte.

Veröffentlicht am 27.02.2018

Ein tolles Einsteigerbuch

Clean Eating Basics
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„Clean eating“ ist nach Low Carb, Glyx oder Aktins der neueste Ernährungstrend. Er setzt auf bewusste Konsumenten, die wissen wollen, was sie essen und bereit sind, dem entsprechend auch ihr Essens- und ...

„Clean eating“ ist nach Low Carb, Glyx oder Aktins der neueste Ernährungstrend. Er setzt auf bewusste Konsumenten, die wissen wollen, was sie essen und bereit sind, dem entsprechend auch ihr Essens- und Konsumverhalten umzustellen. Man sollte nur möglichst unverarbeitete Produkte kaufen wie Obst, Gemüse, Fleisch und Getreide und so von all dem wegkommen, was uns in der Werbung als so gesund und lecker, quasi unverzichtbar vorgegaukelt wird. Wer „Clean eating“ praktiziert, muss genauer hinschauen und sieht plötzlich, was noch alles im Knuspermüsli drin ist außer Hafer und Erdbeeren und wie lang die Zutatenliste bei schnellen Tütensuppe am Mittag ist.
Hannah Frey hat mit „Clean eating Basics“ hierzu jetzt das perfekte Einsteigerbuch abgeliefert. Einfach und gut illustriert erklärt sie, worum es beim „Clean eating“ geht, worauf man achten sollte und wie man sich das Leben damit erleichtern kann. Auch viele gute Rezepte für Einsteiger sind dabei, die einem den Start vereinfachen und gleichzeitig Lust darauf machen, mit frischen und unbearbeiteten Produkten zu kochen, egal zu welcher Mahlzeit.
Mir persönlich ist das Konzept von „Clean eating“ etwas zu starr, aber die Idee dahinter finde ich sehr gut und dieses Buch arbeitet das Thema wirklich schön auf. Selbst wenn danach nicht starr nach dem Konzept lebt, gibt es tolle Anregungen, sich mit dem, was wir essen, auseinanderzusetzen und einfach bewusster zu konsumieren. Ein schön gestaltetes Buch zu einem sehr aktuellen Thema, die perfekte Wahl für Einsteiger.

Veröffentlicht am 23.02.2018

Super geschrieben und bewegend

Das Mädchen auf den Klippen
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Grania ist gerade aus New York zu ihren Eltern aufs irische Land gefahren, als sie ein kleines Mädchen völlig allein auf den Klippen der irischen See stehen sieht. Aurora ist acht und zieht Grania sofort ...

Grania ist gerade aus New York zu ihren Eltern aufs irische Land gefahren, als sie ein kleines Mädchen völlig allein auf den Klippen der irischen See stehen sieht. Aurora ist acht und zieht Grania sofort in ihren Bann. Quasi über Nacht wird sie Mutterersatz und Kindermädchen der kleinen, die alleine mit ihrem Vater in einem alten Herrenhaus an der irischen Küste lebt. Wie lange die Geschichte von ihrer Familie mit der von Aurora verwoben ist, erfährt sie von ihrer Mutter, bereits seit Generationen trafen sich die Familien immer wieder. Und plötzlich scheint die Geschichte mit Aurora viel mehr Bedeutung zu haben, als Grania anfangs dachte.
Der zweite Roman von Lucinda Riley ist genauso großartig wie „Das Orchideenhaus“. Mit viel Liebe hochemotional geschrieben zieht einen die Geschichte von der ersten Seite fast in das Buch hinein und man kann sich nur noch schwer von Grania und Auroras Schicksal trennen. Die Familiengeschichten sind so schicksalshaft verwoben, dass ein Leben der beiden fast vorbestimmt scheint. Aurora ist kleiner Wirbelwind, mit ihrem eigenen Kopf bringt sie zwar alles durcheinander, nur schwer kann sich aber jemand gegen ihren Charme wehren. So geht es Granias Mutter Kathleen ebenso wie dem Leser, der Aurora von Anfang an ins Herz schließen muss.
Ich habe lange nicht mehr ein so kurzweiliges Buch gelesen, jedes Mal wenn ich auf die Uhr geschaut habe, war plötzlich eine Stunde oder mehr Zeit verflogen, ohne dass ich es überhaupt gemerkt habe. Das Buch entspricht zwar im großen und ganzen den Klischees und Erwartungen des Genres der Schicksals-und Liebesromane, hebt sich aber durch lebhaften und frischen Schreibstil der Autorin positiv ab von Auswandererkitsch und Geschichtsnostalgie. Wie der erste Roman auch, absolut empfehlenswert für alle Leseratten!

Veröffentlicht am 23.02.2018

Eine spannende Zeitreise

Der stumme Tod
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Im zweiten Band der Krimireihe von Volker Kutscher trifft Gereon Rath auf einen alten Bekannten aus dem ersten Band, den Filmproduzenten Oppenberg. Rath muss in seinem neuen Fall in Berlin rund um das ...

Im zweiten Band der Krimireihe von Volker Kutscher trifft Gereon Rath auf einen alten Bekannten aus dem ersten Band, den Filmproduzenten Oppenberg. Rath muss in seinem neuen Fall in Berlin rund um das Milieu des neu entstehenden Tonfilms ermitteln, nachdem eine Schauspielerin von einem Scheinwerfer erschlagen wurde. Ein Unfall scheint dies jedoch nicht gewesen zu sein, vielmehr steckte Sabotage hinter dem Anschlag auf die Schauspielerin zu stecken. Doch mit seinen eigenmächtigen Ermittlungsmethoden macht sich Rath auch dieses Mal keine Freunde.
Wie im ersten Band auch glänzt das Werk von Volker Kutscher durch detaillierte Beschreibungen des Berlins der 30er Jahre und großartige Rechercheleistung. Selten war ein historischer Roman so glaubwürdig und realistisch geschrieben und die Figuren gleichzeitig so interessant und schillernd in allen Facetten. Mit Gereon Rath ist dem Autor eine Figur gelungen, die durch seine Probleme und eigenwilligen Methoden sicher noch Grundlage für zahlreiche Krimis sein kann, ebenso seine Kollegen am Alex in der Mordinspektion. Das Zusammenspiel der Charaktere sorgt dafür, dass die Geschichte auf keiner Seite langweilig wird.
Neben der eigentlichen Krimihandlung gelingt Kutscher dabei eine großartige Beschreibung einer spannenden Epoche, der Wechsel vom Stummfilm zum Tonfilm mit den Herausforderungen für Schauspieler und Produzenten wird von ihm eindrucksvoll und glaubwürdig beschrieben. Stellenweise fühlte ich mich ein wenig an den Film „The Artist“ erinnert, der mit zahlreichen Oscars ausgezeichnet wurde.
Wie schon der erste Band ist auch „Der stumme Tod“ uneingeschränkt zu empfehlen.

Veröffentlicht am 23.02.2018

Einfach genial!

Das Lied vom Tun und Lassen
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Mit dem Selbstmord von Meret Kugler, die vom Schuldach springt, um ihrem Leben ein Ende zu setzen, wird die Geschichte in Jan Böttchers Roman in Gang gesetzt. Drei Menschen beschreiben in seinem Buch, ...

Mit dem Selbstmord von Meret Kugler, die vom Schuldach springt, um ihrem Leben ein Ende zu setzen, wird die Geschichte in Jan Böttchers Roman in Gang gesetzt. Drei Menschen beschreiben in seinem Buch, wie die Situation sie und die Menschen um sie herum verändert hat. Musiklehrer Immanuel Mauss versucht alles, um seinen Schülern zu helfen, sie treffen sich in seinem Haus und trauern, reden, hören Musik. Er schafft ihnen einen Zufluchtsort, als sie diesen am nötigsten brauchen. Bis auf Clarissa scheint er auch allen damit helfen zu können, sie finden ins Leben zurück und konzentrieren sich auf das, was gerade wichtig scheint: ihr Abitur. Johannes Engler kommt als Gutachter an die Schule, beobachtet den Unterricht von Mauss und lernt die verzweifelt in ihrer Trauer blockierte Clarissa kennen und beginnt mit ihr eine Beziehung, die schnell zum Scheitern verurteilt scheint. Clarissa selbst lässt den Leser in Blogeinträgen teilhaben an ihren Erlebnissen mit Freunden auf einer Reise durch Frankreich, ihre Rückkehr und was sie dabei bewegt. Immer bei ihr ist M., eine Freundin, die abgehauen ist, Sinnbild für die aus ihrem Leben verschwundene Meret, die sie hilflos und voller Fragen zurückließ.
„Das Lied vom Tun und Lassen“ ist kein Roman der durch spannende Handlung oder viele Effekte besticht, sondern durch die Emotionalität der Sprache und die leisen Zwischentöne. In allen Geschichten schwingt viel Hilflosigkeit und Verzweiflung mit, obwohl alle Protagonisten immerzu von andern Menschen umgeben sind, zeichnet sie eine tiefe Einsamkeit aus, aus der sie nicht herausfinden können. Mauss muss erkennen, dass er den Schülern nicht so helfen kann, wie er möchte. Engler hat zwar einen Sohn, den verschweigt er aber und fühlt sich in der Beziehung zu der jungen Clarissa schnell hintergangen. Und Clarissa fühlt sich von ihren Freunden verraten, die ihr viel zu schnell ins Leben zurückfinden und nicht mehr um Meret trauern, die sie selbst noch in jedem Moment begleitet. Hilflos stehen sie sich alle gegenüber und wissen nicht, wie und wo sie Halt finden sollen, in der für sie so zerfallenen Welt. Die Frage nach dem Ich und dem Wir, mit dem sich ein Buch beschäftigt, das sowohl Clarissa als auch der Musiklehrer gelesen haben, schwebt als Thema über dem gesamten Roman, was passiert wenn meine individuellen Gefühle von der Gruppe nicht verstanden werden, was ist, wenn mein Ich dem Wir plötzlich im Weg steht?

Jan Böttcher fasst ihre Sprachlosigkeit in Worte und schafft eine Atmosphäre von Trauer, Angst, Verzweiflung, aber immer auch ein bisschen Hoffnung, dass die Situation nicht endgültig ist, sondern ein Prozess, dessen Ende nicht feststeht.