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Veröffentlicht am 13.07.2019

Sehe ich wie ein Mörder aus?

Maigrets Jugendfreund
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Sehe ich wie ein Mörder aus?

„Ein Mörder wird man innerhalb weniger Minuten, weniger Sekunden. Vorher ist man ein Mensch wie jeder andere.“

Als eines Tages ein ehemaliger Mitschüler am Quai des Orfèvres ...

Sehe ich wie ein Mörder aus?

„Ein Mörder wird man innerhalb weniger Minuten, weniger Sekunden. Vorher ist man ein Mensch wie jeder andere.“

Als eines Tages ein ehemaliger Mitschüler am Quai des Orfèvres auftaucht, ist es um Jules Maigrets Seelenfrieden vorbei. Der Kommissar hat zwar den Ruf, sich nicht von Äußerlichkeiten blenden zu lassen und allem auf den Grund zu gehen, befindet sich jedoch angesichts seines ehemaligen Jugendfreundes in einer Zwickmühle. Léon Florentin stellt sich als vorbestrafter und mittelloser alternder Versager dar, der sich schon in der Schulzeit niemals anzupassen vermochte und es mit der Wahrheit nicht so genau nahm. Hinsichtlich des Mordes an Florentins Lebensgefährtin Joséphine „Josée“ Papet scheint tatsächlich alles gegen den Mann zu sprechen, nach Maigrets Ansicht handelt es sich hierbei jedoch um auffallend viele Indizien. Im Zuge seiner Ermittlungen entpuppt Mademoiselle Joséphine Papet sich als Frau mit zwei völlig verschiedenen Gesichtern. Die kleine, rundliche und charmante Frau mit dem sanftmütigen Wesen und der etwas naiven Ausstrahlung hat ein pikantes Geheimnis, dessen Enthüllung sowohl die berufliche, als auch die private Existenz mehrerer Personen bedroht. Maigret ist gefordert, Informationen zu sammeln, Zeugen und Verdächtige zu vernehmen, den Tathergang zu rekonstruieren und nach einem Motiv für die Tat zu suchen.

Kriminalkommissar Jules Maigret trifft in diesem zunächst einfach erscheinenden Fall gleich auf mehrere Verdächtige, die durchaus einen Grund hätten, die lebenslustige Joséphine aus dem Weg zu räumen. Er ermittelt angesichts der vorliegenden Fakten in mehrere Richtungen und konfrontiert seine Verdächtigen mit unangenehmen und zum Teil sehr überraschenden Ergebnissen seiner Recherchen. Georges Simenons unterhaltsamer Schreibstil und seine vortrefflichen Beschreibungen von Schauplätzen, Protagonisten und den Ermittlungen sorgten für großen Lesegenuss.

Dieser Band aus der neuen, modern gestalteten Taschenbuch-Edition vom Atlantik Verlag verwöhnt das Auge des Krimifans durch eine lesefreundliche große Schrift, einen angenehmen Zeilenabstand und sehr großzügige Seitenränder und macht definitiv Lust auf weitere Fälle mit dem weltberühmten Kommissar der Pariser Kriminalpolizei.

„Maigrets Jugendfreund“ aus der Feder des belgischen Schriftstellers Georges Simenon hat mir sehr gut gefallen!

Veröffentlicht am 13.07.2019

Kühe haben morgen Feiertag!

Die Kuh kennt keinen Feiertag
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Kühe haben morgen Feiertag!

"Gehe jeder Spur nach, schau unter jeden Stein!“

In der Nähe eines Bauernhofes in Schwäbisch Hall verliert ein Pilot die Kontrolle über sein Kleinflugzeug und stürzt ab. Die ...

Kühe haben morgen Feiertag!

"Gehe jeder Spur nach, schau unter jeden Stein!“

In der Nähe eines Bauernhofes in Schwäbisch Hall verliert ein Pilot die Kontrolle über sein Kleinflugzeug und stürzt ab. Die fünfunddreißigjährige Milka Mayr, die auf dem elterlichen Bauernhof in der Gemeinde Bühlerzell arbeitet, ist außer sich. Bei dem Toten handelt es sich nämlich um einen guten Freund und Hofnachbarn namens Max Holl, an einen Unfall mag Milka nicht so recht glauben. Trotz aller Einwände der örtlichen Polizei mischt die aufmüpfige und rechthaberische junge Frau sich in die Ermittlungen ein, führt auf eigene Faust Recherchen durch und spricht mit potenziellen Zeugen und Bekannten des Opfers. Dass sie ihrem Freund Paul Eichert hierbei in die Quere kommt, ist wohl unvermeidlich. Denn Paul ist Kriminalhauptkommissar in der Kripo Hall und seine durchaus hohe Toleranzgrenze wird durch Milkas eigenmächtige Aktivitäten höchst strapaziert.

„Die Kuh kennt keinen Feiertag“ war in jeder Hinsicht eine absolute Überraschung für mich. Aufgrund des charmanten und äußerst anziehenden Buchcovers, des interessanten Klappentextes sowie der einnehmenden Leseprobe setzte ich bereits im Vorfeld hohe Erwartungen in dieses Buch. Der Schreibstil war für mich zunächst etwas gewöhnungsbedürftig (da ungewohnt), auf alle Fälle erwies er sich als fordernd und anregend. Da ich darüber hinaus auch der Schwäbischen Dialektsprache nicht mächtig bin, stellte diese Lektüre noch viel mehr eine interessante und vor allen Dingen bereichernde Leseerfahrung für mich dar.

Die eigenwillige Protagonistin Milka, der immer wieder aufblitzende Humor (oder besser ausgedrückt: die herrliche Situationskomik!) und nicht zuletzt die geschickte Irreführung durch verschiedene ins Buch eingebrachte falsche Fährten haben mir ausnehmend gut gefallen. Die Charakterzeichnung und die Interaktionen der handelnden Figuren waren für mich überzeugend, der Fokus lag natürlich auf der Hauptfigur Milka und dem polizeilichen Ermittler Paul. Während der Kunsthistoriker Professor Lothar Ebert sich als höchst interessante Nebenfigur entpuppte, vermochte ich den Charakter sowie das Verhalten der Freundin des Opfers namens Renate Beck, des hitzköpfigen Hofnachbarn Lukas Holl, des gerissenen Kunsthändlers Martin Hausner sowie seiner Bekannten Stojan Tadic und Goran Sklenar, aber auch des handgreiflichen Angebers Thomas Feldmeier lange nicht zu durchschauen.

Bernd Gunthers ist es gelungen, mich mit dieser ausgeklügelten Geschichte permanent ans Buch zu fesseln, er führte mich im wahrsten Sinne des Wortes auf den Holzweg, und bereitete mir mit seinen sprachlichen Ergüssen beachtliches Lesevergnügen. Die Einbindung zahlreicher kulinarischer Genüsse ließ darüber hinaus mein Herz höherschlagen. Die Spannung und die Neugier auf die Identität des Mörders blieben beinahe bis zur letzten Buchseite aufrecht.

Fazit: „Die Kuh kennt keinen Feiertag“ war ein Krimi der etwas anderen Art, eine erfrischende Mischung aus Regionalkrimi, Wohlfühlkrimi und humorvollem Unterhaltungsroman. Dieses Buch beanspruchte meine gesamte konzentrierte Aufmerksamkeit und vermittelte mir so ganz nebenbei neue Wissensinhalte.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen und ich würde mir weitere Kriminalfälle mit der schrulligen Amateur-Ermittlerin Milka Mayr wünschen.

Veröffentlicht am 12.07.2019

Ich will die Sterne über der Toskana wiedersehen!

Sterne über der Toskana
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Ich will die Sterne über der Toskana wiedersehen!

„Wenn er dich liebt, dann wird er um dich kämpfen. Sollte er es nicht tun, dann ist er deiner auch nicht wert.“ (Enrico di Raimandi)

Gianna di Raimandi, ...

Ich will die Sterne über der Toskana wiedersehen!

„Wenn er dich liebt, dann wird er um dich kämpfen. Sollte er es nicht tun, dann ist er deiner auch nicht wert.“ (Enrico di Raimandi)

Gianna di Raimandi, die achtzehnjährige Tochter von Don Enrico und Silvana di Raimandi, kehrt nach ihrem Abschluss auf das elterliche Weingut „Alberi di Argento“ zurück. Ihre Verlobung mit Angelo Castiglioni, dem einzigen Sohn und Erben des benachbarten Weinguts Tenuta Bandello, soll in Kürze bekanntgegeben werden. Giannas heile Welt zerbricht jedoch in tausend Scherben, als ihr Bruder Guiseppe vor dem Palazzo Colo in Livorno als Aufständischer hingerichtet, und dessen Zwillingsbruder Tommaso verletzt wird. Aufgrund der konträren politischen Ansichten der beiden Familien wird nach diesem Ereignis die Verlobung von Angelo und Gianna seitens der Castiglionis gelöst. Gianna ist verzweifelt, doch Angelo ist weder charakterstark noch mutig genug, sich gegen seine Eltern aufzulehnen. Die junge Frau reist schließlich nach Genua ab, um bei ihrer Tante Emilia und ihrem Ehemann Fabrizzio Baratti zur Ruhe zu kommen. Doch es brodelt nach wie vor in Italien, und Gianna muss einige Hindernisse überwinden, bis sie endlich ihren Seelenfrieden und ihr Glück findet.

Im dritten Band der Toskana-Reihe begibt Karin Seemayer sich mit Gianna und Maurizio in den Hauptrollen sowie mit zum Teil bereits bestens bekannten weiteren Figuren aus den Vorgängerbüchern erneut in das Weingut des alten Adelsgeschlechts der di Raimandis in der malerischen Toskana. Wie auch in den vorherigen Bänden präsentiert die Autorin eine faszinierende Geschichte, die mit damaligen politischen Ereignissen und hervorragend recherchierten historischen Fakten verwoben wurde. Der Kampf um die Unabhängigkeit Italiens hat drastische Auswirkungen und zerstört unter anderem auch Giannas Lebensplanung. Neben fiktiven, die Handlung dominierende Protagonisten, tauchen auch bekannte Persönlichkeiten wie beispielsweise der spätere Gründer des Roten Kreuzes, Henry Dunant, auf. In Italien brodelt es, und beim Aufstand im Jahre 1857 in Livorno kommt es zu einem Eklat, die Schlacht von Solferino 1859 bildet schließlich einen tragischen Höhepunkt dieses Buches.

In Giovanna „Gianna“ di Raimandi und Maurizio „Mauro“ Manari erschuf Karin Seemayer zwei sehr sympathische Protagonisten, denen ich von Beginn an sehr zugetan war. Gianna wird als lebhafte junge Dame dargestellt, deren Widerspruchsgeist sie immer wieder in Schwierigkeiten bringt. Während sie in Maurizio stets den allerbesten Freund und Vertrauten sah, verliebte sie sich unsterblich in den attraktiven Angelo. Maurizios ruhige, nachdenkliche Art und sein aufrichtiger Charakter haben mir ausnehmend gut gefallen. Für den bescheidenen jungen Mann steht das Glück seiner großen Liebe Gianna an erster Stelle. Kurz vor der Bekanntgabe ihrer Verlobung mit Angelo verlässt Maurizio Tenuta Bandello, das nach dem tragischen Tod seiner Eltern zu seiner neuen Heimat wurde. Während seiner Zeit bei der Armee begegnet er Menschen, die ihn ein Stück seines Weges begleiten, ihn prägen, und einen wichtigen Stellenwert in seinem Leben einnehmen. Einer davon ist sein Onkel Raimondo, ein Oberstleutnant mit einem Herzen aus Gold, der zu einer meiner favorisierten Nebenfiguren avancierte. Die Autorin hat ihre Geschichte mit sehr vielen handelnden Figuren bestückt, das ausführliche Personenregister zu Beginn des Buches bildete dabei eine äußerst wertvolle Möglichkeit, die verschiedenen Namen immer wieder nachzuschlagen.

Karin Seemayer besitzt einen einnehmenden Schreibstil, durch die politische Situation, die verschiedenen Kampfhandlungen und nicht zuletzt die persönlichen Tragödien der Protagonisten werden zudem auch Spannung und große Emotionen ins Buch eingebracht. „Sterne über der Toskana“ bildet einen hervorragenden Abschluss dieses eindrucksvollen Familienepos, es war eine Lektüre, die mir ausgezeichnet gefallen hat. Da die drei Bände aufeinander aufbauen, würde ich dem interessierten Leser die Einhaltung der Reihenfolge wärmstens ans Herz legen.

Begeisterte fünf Sterne und eine absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 08.07.2019

Aus zwei mach vier. Die Lebensbilder von Werner und Reinhard Seidel.

Doppelt durchs Leben
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Aus zwei mach vier. Die Lebensbilder von Werner und Reinhard Seidel.

„Doppelt durchs Leben zu gehen bedeutet für Werner und Reinhard viel mehr als verwechselt zu werden. Ihre Eltern und ihre großen Brüder ...

Aus zwei mach vier. Die Lebensbilder von Werner und Reinhard Seidel.

„Doppelt durchs Leben zu gehen bedeutet für Werner und Reinhard viel mehr als verwechselt zu werden. Ihre Eltern und ihre großen Brüder umhüllten sie von Anfang an mit Liebe, Glauben und Musik. Die Geborgenheit ihres Elternhauses tragen die Zwillingsbrüder noch heute wie einen Schatz in ihrem Herzen, wie auch die Erinnerungen an gemeinsame Erlebnisse, wie nur Zwillinge sie haben können.“

Der Klappentext dieses Buches beschreibt den Inhalt von Elke Ottensmanns Neuerscheinung bereits sehr treffend. Die Autorin widmet sich auch in diesem Buch der Familie Seidel, konzentriert sich jedoch diesmal auf die Zwillinge Werner und Reinhard. Sie schildert die unfassbare Überraschung der Eltern und Verwandten, als nach der Geburt des kleinen Werner plötzlich noch dessen Zwilling Reinhard zur Welt kommt und die Familie nun anstatt zwei, plötzlich vier Kinder bereichern.

In eindrucksvollen Worten und sehr einnehmendem Schreibstil berichtet Elke Ottensmann von einer harmonischen Kindheit in Polen und dem Aufwachsen in einem liebevollen und von christlichen Werten geprägten Elternhaus. Sie gibt ihrer Leserschaft Einblick in die Erlebnisse, die Entdeckungen und natürlich auch die Streiche der Zwillinge, die nach der Vertreibung aus Schlesien im Jahre 1950 eine neue Heimat in einem kleinen Dorf im Schwarzwald fanden. Die Ereignisse der langen Jahre, aber auch die einzelnen Familienmitglieder, wurden detailliert und liebevoll beschrieben. Viele kleine Anekdoten brachten mich zum Schmunzeln, die Korrespondenz mit dem ältesten Sohn Günter, der niemals aus dem Krieg zurückkehrte, stimmt traurig und nachdenklich.

Ein ganz besonderes Extra stellen die vielen Schwarz-Weiß-Aufnahmen dar, die das Leben von Werner und Reinhards auf diese Weise dokumentieren. Besonders berührend fand ich das Foto eines handschriftlichen Briefes, den der damals achtjährige Werner in kindlicher Schrift an seinen Bruder an der Front richtete. Die tiefe Liebe innerhalb der Familie durchdringt die gesamte Handlung und kommt besonders in der kursiv gedruckten brieflichen Korrespondenz und Gedanken und Gefühlen Arthurs und Walters zum Ausdruck. Der christliche Glaube zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch, er hat in der Familie Seidel ebenso wie die Liebe zur Musik einen sehr hohen Stellenwert. Vereinzelt bringt die Autorin auch Gedichte und Lieder, die für ihre Familie wichtig waren, ins Buch ein.

Die textliche und grafische Gestaltung hat mir außerordentlich gut gefallen. Der Großdruck und der großzügige Zeilenabstand erleichterten meinen Lesefluss ungemein. Meine Aufmerksamkeit wurde sofort auf die harmonische Gestaltung des hochwertigen Covers mit dem hinreißenden Foto von Werner und Reinhard an ihrem ersten Schultag und die zarten Blüten im Hintergrund gelenkt. Ein edles Lesebändchen in grüner Farbe stellt ein ganz besonderes Extra dar.

Fazit: „Doppelt durchs Leben“ hat mir sehr gut gefallen. Das Buch erlaubte faszinierende Einblicke in das Leben von Werner und Reinhard Seidel, die mich ausgezeichnet unterhalten haben. Der Autorin ist es vortrefflich gelungen, die Geschichte ihrer Familie für spätere Generationen und viele interessierte Leser festzuhalten und deren Erinnerungen dadurch zu bewahren.

Veröffentlicht am 08.07.2019

Meine Kartoffeln sind mein Vermächtnis!

Mr. Doubler und die Kunst der Kartoffel
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Meine Kartoffeln sind mein Vermächtnis!

„Wenn ich sterbe, wird meine Arbeit das Einzige sein, was von mir übrigbleibt. Meine Kartoffeln sind mein Vermächtnis. Ich habe ihnen jede wache Minute gewidmet, ...

Meine Kartoffeln sind mein Vermächtnis!

„Wenn ich sterbe, wird meine Arbeit das Einzige sein, was von mir übrigbleibt. Meine Kartoffeln sind mein Vermächtnis. Ich habe ihnen jede wache Minute gewidmet, und meine nützlichsten Tage liegen bereits weit hinter mir. Ich will etwas hinterlassen, ich will der Welt zeigen, dass es die Mühe wert war. Ich will mit dem Wissen sterben, dass ich etwas verändert habe. Ist das zu viel verlangt? Bin ich zu vermessen?“

Mr. Doubler ist nicht nur der zweitgrößte Kartoffelbauer der Grafschaft, sondern darüber hinaus ein absoluter Experte, was Kartoffeln betrifft. Die jahrzehntelangen Forschungen und Experimente des intelligenten und belesenen Mannes waren nicht vergebens, Doubler fehlt letztendlich nur noch die wissenschaftliche Bestätigung seiner Arbeit. Sein Vermächtnis bedeutet dem zurückgezogen lebenden Mann alles, er träumt davon, etwas von Dauer zu hinterlassen. Nachdem seine beiden erwachsenen Kinder Camilla und Julian ihr eigenes Leben fernab der Mirth Farm führen, zog Mr. Doubler sich mehr und mehr von der Gesellschaft anderer Menschen zurück und verließ sein Grundstück nicht mehr. Die Farm ist für ihn der ideale Ort zum Leben und Arbeiten, er fühlt sich in seinem selbst gewählten Einsiedlerleben und mit seinen gewohnten Alltagsritualen wohl. Der Lichtblick eines jeden Tages stellt das Mittagessen mit seiner Haushälterin Mrs. Gracie Millwood dar, die nicht nur eine ausgezeichnete und kluge Zuhörerin, sondern auch Mr. Doublers einzige Ansprechpartnerin und Freundin ist. Die pragmatische und resolute Frau besitzt eine ausgezeichnete Menschenkenntnis und die anregenden Gespräche sind Höhepunkte in Doublers Alltag. Er legt viel Wert auf ihre Meinung, ihre Besuche verleihen dem Alltag des Kartoffelbauern Struktur und Sinn. Als Mrs. Millwood aufgrund einer ernsten Erkrankung wegbleibt, wird dem Mann schmerzlich bewusst, wie schrecklich er die Frau vermisst. Doch Mrs. Millwoods Tochter Midge kümmert sich um Mr. Doubler und gemeinsam mit ihrer Mutter bringt sie den Mann dazu, sich nach und nach aus seiner selbst gewählten Einsamkeit zu befreien.

Seni Glaister hat mit ihrem Roman ein richtiges Juwel erschaffen. In wunderschönem Schreibstil und mit großen Emotionen blättert sie behutsam die Geschichte des Mr. Doubler auf. Das Buch basiert zu einem nicht unerheblichen Teil auf Interaktionen und Gespräche der handelnden Figuren, deren Anzahl überschaubar gehalten wurde. Der Fokus liegt auf dem eigenwilligen Protagonisten Mr. Doubler, der hervorragend charakterisiert wurde und mich voll und ganz zu überzeugen vermochte. Die liebenswerte Mrs. Millwood fungiert als wichtigste Nebenfigur im Buch, sie agiert geschickt und mit sehr viel Einfühlungsvermögen auch noch von ihrem Krankenbett aus. Sie schafft es gemeinsam mit ihrer Tochter Midge, positiv auf Mr. Doubler einzuwirken und ihn Schritt für Schritt aus seiner sozialen Isolation zu befreien. Mr. Doubler begegnet durch eine ehrenamtliche Mitarbeit bei einem Tierschutzverein auf der Grove Farm schließlich Mrs. Millwoods Bekannten und wird – auf seine Weise – für andere zum Segen. Sämtliche Charaktere mit Ausnahme von Mr. Doublers Sohn Julian sowie seinem Kontrahenten Mr. Legion Peele sind mir im Verlauf des Buches geradezu ans Herz gewachsen.

Nicht nur der einnehmende Schreibstil, sondern vielmehr auch die liebevoll charakterisierten Figuren und die Handlung dieses Buches haben mir ausgezeichnet gefallen. Der Protagonist besitzt umfangreiche Kenntnisse in Bereichen, in welche auch der Leser interessante Einblicke erhält. Diese Geschichte lebt von tiefgründigen Gesprächen voller Klugheit, Wärme und Lebensweisheit. Man darf keine temporeiche oder gar rasante Erzählung erwarten. Die Autorin vermittelt dem Leser vielmehr auf eine ruhige, gemächliche Art und Weise die stille, und doch so reichhaltige und tiefgründige Welt ihres Protagonisten. Familiäre und zwischenmenschliche Konflikte, große Lebensweisheiten und eine Prise Humor bilden gemeinsam den Stoff für ein Buch, das noch lange nach der Lektüre nachwirkt.

Fazit: Mit „Mr. Doubler und die Kunst der Kartoffel“ hat die Autorin ein sehr gefühlvolles und tiefgründiges Buch geschrieben. Es erzählt die Geschichte eines Mannes, der durch die liebevolle Unterstützung wohlmeinender Menschen nach und nach seiner selbst gewählten Isolation entkommt. Ich war begeistert, wurde zum Nachdenken angeregt, zum Schmunzeln gebracht und war an mancher Stelle zu Tränen gerührt. Ein überwältigendes Lese-Highlight, das ich von ganzem Herzen weiterempfehle!