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Veröffentlicht am 16.04.2018

Der Rumtreiber

Der Rumtreiber
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Karsten Berndt erzählt in seinem Buch „Der Rumtreiber, eine deutsch-deutsche Grenzerfahrung 1976 – 1994“ von seiner Kindheit in Ostdeutschland, seinem Fluchtversuch in den vermeintlichen „Goldenen Westen“ ...

Karsten Berndt erzählt in seinem Buch „Der Rumtreiber, eine deutsch-deutsche Grenzerfahrung 1976 – 1994“ von seiner Kindheit in Ostdeutschland, seinem Fluchtversuch in den vermeintlichen „Goldenen Westen“ und schließlich seine Gefangennahme und die Zeit der Haft in der DDR. Der Autor beginnt seine Erzählung mit der Kindheit in einem Elternhaus, das dominiert war von einer unablässig schreienden Mutter und einem stillen Vater, den beiden Geschwistern und seinen Freunden, von denen einige in den Westen gingen. Karstens Jugend war geprägt vom Standpunkt seines Vaters, der meinte, dass die Güter „allen“ gehören, es kam zu kriminellen Handlungen wie kleinen Diebstählen und Betrügereien. Dem Inhalt dieses Buches zufolge musste der Junge liebevolle Familienbande schmerzlich vermissen, und anstatt sich schützend vor ihr Kind zu stellen, verurteilte ihn die Mutter auch öffentlich und sagte sich letztendlich von ihm los.

In eindrucksvoller Weise lässt der Autor den Leser Einblick nehmen – in eine Kindheit in der DDR, wo viele Dinge unerreichbar, und die Freiheit im Westen heiß ersehnt waren. Auch Karsten wagte die Flucht in den Westen, er wurde jedoch letztendlich verraten und inhaftiert.

Für Leser wie mich, die sich bislang kaum mit der Geschichte der DDR beschäftigt hatten, klangen viele Dinge beinahe unglaublich. Eine Haftstrafe von zwölf Jahren über einen jungen Menschen zu verhängen, der lediglich den Wunsch, im Westen zu leben, in die Tat umzusetzen und auch andere mitzunehmen versuchte, war für meine Begriffe unverhältnismäßig hoch. Ich konnte jedoch den dringenden Wunsch des jungen Karsten nachvollziehen, frei zu sein, und sich den verheißungsvollen „goldenen Westen“ auch selber anzusehen. Die tragische Familiengeschichte hat mich ebenfalls berührt – der Junge wurde zwar nicht misshandelt und gequält, wuchs aber in relativ lieblosen Verhältnissen auf und wurde allzu oft mit der Trennung von guten Freunden konfrontiert.

Karsten Berndts flüssiger Schreibstil und seine offene, direkte Art, seine Geschichte zu erzählen, haben mich beeindruckt. Der Autor schafft es, seinem Lebensbericht angemessene Objektivität zu verleihen, von Klagen und Selbstmitleid keine Spur. Meine Neugier auf das Schicksal des Autors und seine Erfahrungen in Ostdeutschland brachten mich dazu, das dünne Buch innerhalb eines Tages zu lesen, der angenehme Großdruck erleichterte den Lesefluss ungemein. Ich möchte mich beim Autor für die Zurverfügungstellung des Leseexemplars bedanken und kann diese ehrliche Biografie nur weiterempfehlen!

Veröffentlicht am 16.04.2018

Ein wildes Herz

Ein wildes Herz
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Das Auftauchen eines Fremden in der Kleinstadt Brownsburg im Virginia Valley erzeugt zunächst Misstrauen unter den Einwohnern. Charlie Beales Offenheit und Freundlichkeit wird nicht jene Resonanz zuteil, ...

Das Auftauchen eines Fremden in der Kleinstadt Brownsburg im Virginia Valley erzeugt zunächst Misstrauen unter den Einwohnern. Charlie Beales Offenheit und Freundlichkeit wird nicht jene Resonanz zuteil, die der 39jährige Metzger sich erhofft hatte. Die Haltung der Einheimischen ist geprägt von Zurückhaltung, jede Handlung des „Neuen“ wird argwöhnisch beobachtet. Erst mit dem Kauf eines Grundstücks wird ihnen klar, dass Charlie kein Durchreisender ist, sondern tatsächlich vorhat, in ihrer kleinen Stadt sesshaft zu werden. Als der Inhaber der Metzgerei „Gwaltneys Ham“, Will Haislett, dem Fremden Arbeit gibt, beginnen die Menschen aufzutauen und schon bald wird Charlie mit offenen Armen aufgenommen. Er lernt die Einwohner Brownsburgs mit all ihren kleinen Fehlern und Schwächen nach und nach kennen und integriert sich in die Gemeinschaft. Eine Bekanntschaft jedoch erweist sich als schicksalsträchtig. Als die hübsche Blondine Sylvan Glass, die junge Ehefrau des reichen und mächtigen Harrison Boatwright Glass, die Metzgerei betritt, verliebt sich Charlie Hals über Kopf in sie. Eine so genannte „Amour fou“, eine Liebesgeschichte, die wie eine Naturgewalt über die beiden herein bricht, dabei aber extrem zerstörerisch ist, nimmt ihren Lauf.

Robert Goolrick deckt mit diesem Roman ein breit gefächertes Spektrum an Themen ab. Er beschreibt das Leben in einer amerikanischen Kleinstadt Mitte des 20. Jahrhunderts und erzählt in anschaulichen Worten von der Engstirnigkeit, dem Aberglauben, der immer noch praktizierten Rassentrennung und der Ausgrenzung all jener, die sich dagegen auflehnen und „anders“ denken und handeln. Gutbürgerliche Scheinmoral wird hoch gehalten, der fehlende Mut Einzelner, sich gegen Ungerechtigkeiten aufzulehnen, anhand der Lebensgeschichte Charlie Beales verdeutlicht. In einer Zeit wie dieser ist die Mund-zu-Mund-Beatmung eines kleinen Jungen, der dadurch wieder ins Leben zurück gerissen werden kann, eine Art Wunder. Der Autor hat solche Szenen in seinen Plot verwoben und verschafft dem Leser dadurch aussagekräftige Einblicke in den vorherrschenden Zeitgeist.


Der Schreibstil Robert Goolricks ist intensiv und emotionsgeladen. Er brilliert mit eindrucksvollen Beschreibungen der Landschaft genauso wie mit jener des Gefühlslebens der einzelnen Protagonisten. Tiefe Einsichten und Erkenntnisse der handelnden Figuren werden eingeflochten und regen den Leser immer wieder dazu an, zu reflektieren, das Buch dann und wann zur Seite zu legen und die Worte in sich aufzunehmen. Der Autor beschreibt weiters die Schmähungen und Verachtung, mit denen bestimmte Personengruppen überhäuft werden, er erzählt, wie die Betroffenen damit umgehen, wie sie versuchen, das Leben zu meistern, weiter zu machen und zu tun, was die Gesellschaft von ihnen erwartet. Er skizziert den Kampf gegen gesellschaftliche Beschränkungen und unmenschliche Gesetze, die Außenseiter entstehen lassen und Ausgrenzung erzeugen. Entgegen meiner Erwartungen aufgrund des Klappentextes spielt die Liebesgeschichte von Charlie und Sylvan zwar eine wichtige Rolle, verdrängt aber keineswegs alle anderen angesprochenen Themenbereiche. Der bereits im Vorfeld angesprochene Begriff der „amour fou“ lässt bereits zu Beginn vermuten, dass es in diesem Buch kein „happy end“ geben wird, ein hoher Spannungsbogen darf aus diesem Grund hier auch nicht erwartet werden.

Die handelnden Personen dieses Romans werden glaubhaft gezeichnet, sie erscheinen authentisch und erzeugen tiefe Emotionen im Leser. Der Charakter und die inneren Konflikte von Sylvan, der jungen Frau aus armen ländlichen Verhältnissen und ohne Schulbildung, werden im Verlauf der Handlung eindringlich dargestellt. Auch die Wünsche und Träume des 39jährigen Charlie Beale enthüllt der Autor, verbunden mit eingestreuten Details aus dessen trauriger Kindheit. Die meiste Aufmerksamkeit wird jedoch der Familie Haislett, insbesondere dessen Sohn Sam, zuteil. Bereits im Laufe der ersten Kapitel macht der Autor klar, dass der eigentliche Protagonist dieses Buches Sam Haislett heißt. Sam, der kleine Sohn von Charlie Beales Arbeitgeber, der stets in Begleitung seines Hundefreundes auf der Bildfläche erscheint. Einem Beagle, dem er den Namen seines Idols, der Baseball-Legende „Jackie Robinson“ gibt. Der Junge sieht in Charlie Beale einen väterlichen Freund, er vertraut und respektiert ihn zutiefst.
„Die Kindheit ist der gefährlichste Ort von allen, und niemand verlässt ihn ohne Narben“, schreibt der Autor. „In Charlies Herz wuchs das Bedürfnis heran, einst nicht zu den Narben in Sams Leben zu gehören und diesem jungen zu helfen, statt ihm wehzutun.“
Ob Charlie dies gelingt und wie er es im Roman „Das wilde Herz“ bewerkstelligt, das sollte jeder Leser selber herausfinden.

Die Lektüre dieses Buches stellte für meine Person ein außergewöhnliches Leseerlebnis dar. Ich möchte dem Vorablesen-Team dafür danken, dass ich in Form eines Testleseexemplars daran teilhaben durfte und spreche eine uneingeschränkte Leseempfehlung aus: 5 Sterne für Robert Goolrick’s „Ein wildes Herz“.

Veröffentlicht am 16.04.2018

Irgendwas geht immer

Irgendwas geht immer
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Bereits die Leseprobe versprach Amüsement und Abwechslung. Das Buch selber hielt dieses Versprechen nicht, sondern übertraf es meiner Ansicht nach. Dawn French erzählt die Geschichte einer „Durchschnittsfamilie“ ...

Bereits die Leseprobe versprach Amüsement und Abwechslung. Das Buch selber hielt dieses Versprechen nicht, sondern übertraf es meiner Ansicht nach. Dawn French erzählt die Geschichte einer „Durchschnittsfamilie“ mit all ihren Problemen, Sorgen und Alltagserlebnissen. Sie erzählt es aber auf raffiniert-witzige Art und Weise und lässt jedes Familienmitglied – mit Ausnahme des Hundes, der scheinbar nur als „Aufhänger“ fungiert – zu Wort kommen. Jedes einzelne Kapitel wird mit dem Namen eines der Protagonisten in Fettdruck eingeleitet und die Autorin lässt jenen dann seine ureigene Sicht der Geschehnisse erzählen. Mo, die Mutter, in teilweise frustriertem, enttäuschten und gehetzten Schreibstil. Dora, die Tochter, frech-naiv-und oft auch mit unflätigen Worten. Peter, der es als Sakrileg empfindet, mit seinem Taufnamen angesprochen zu werden und auf seinen Wunschnamen „Oscar“ besteht, brilliert mit exzellenten und teilweise schon humoristisch-schwülstigen Wortwendungen. Zu guter Letzt kommt – zwar selten, aber dennoch – auch „Dad“ zu Wort. Der Vater, gutmütig, eher ruhig und zurückhaltend – doch stets präsent, wenn man Hilfe, Unterstützung und tatkräftiges Einschreiten benötigt. Alle Figuren dieses liebenswerten Romanes sind mir in kürzester Zeit ans Herz gewachsen. Mo’s Gefühlsturbulenzen kann ich nur allzu gut nachempfinden, sehr sympathisch und für mich realistisch auch die Erkenntnis, dass Psychologen/Innen auch keine Perfektionisten sind und in familiären Angelegenheiten selber ratlos sein können. Doras „Fäkaljargon“, der mich normalerweise bei Belletristik sehr abstößt, wurde so geschickt und teilweise kindlich-naiv dargestellt, dass ich ihn sogar als zu dieser Protagonisten passend empfand und Oscar war mein absoluter Favorit. Ihn empfand ich als aufrecht, direkt, gefühlsbetont, treuherzig und seine Wortspielereien als herrlich erfrischend. Nicht der Inhalt, sondern vielmehr der stilistische Aufbau und die Sprache haben mich vollends von diesem Buch überzeugt und ich genoss jede einzelne Sekunde dieser Lektüre.

Veröffentlicht am 16.04.2018

Eine erfrischende Abwechslung - ein Weihnachtsbuch, einmal ganz anders!

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Dieses Buch hat mich aufgrund der Optik, des süßen Welpenfotos auf dem Cover, in den Bann gezogen hat. Meine Erwartungen tendierten in Richtung Liebe, Herzschmerz, Versöhnung und ein wenig Familiengeschichte. ...

Dieses Buch hat mich aufgrund der Optik, des süßen Welpenfotos auf dem Cover, in den Bann gezogen hat. Meine Erwartungen tendierten in Richtung Liebe, Herzschmerz, Versöhnung und ein wenig Familiengeschichte. Was ich jedoch vorfand, war eine absolut verrückte Geschichte, die mich während der gesamten Lektüre zum Schmunzeln, und oftmals zum lauthals Lachen brachte. Die Kinderbuch-Illustratorin Hannelore Richtmond, die ihren Freund Bastian Summers bei einer Umarmung mit der bildschönen Emma erwischt und zusieht, wie die beiden sich küssen, wirft den jungen Arzt einfach aus ihrem Cottage und weigert sich, fortan auch nur ein einziges Wort mit ihm zu sprechen. Der kluge, gewitzte Bastian sendet ihr daher an jedem einzelnen Tag des Monats Dezember ein Geschenk mit dem Ziel, sie durch jede Gabe an ein schönes, gemeinsames Erlebnis zu erinnern. Das Titel gebende und Cover schmückende Geschenk in Form eines kleinen Welpen, den Hannelore Nancy nennt, steht am 6. Dezember vor ihrer Haustüre. Die Art und Weise, wie Hannelore mit dem Verlust ihrer großen Liebe umgeht, wie die Verwandten und Freunde darauf reagieren, und ob die beiden jungen Menschen wieder zueinander finden, erzählt uns Sarah Harvey in diesem Roman.

Die Autorin hat einen reizenden, einnehmenden Schreibstil. Ihre Protagonisten jedoch sind es, die dieses Buch zu einem Lesegenuss der erheiternden Art machen. Tante Midge, die Hanny nach dem frühen Tod ihrer Mutter aufgezogen hat, wirkt sympathisch und scheint ihre Nichte über alles zu lieben. Ganz besonders ins Herz geschlossen habe ich aber Edith von Trammel, Hannys beste Freundin, die als egozentrische, launische, sehr sture, aber auch sehr humorvolle Musikerin kräftig mit mischt und Leben in Hannelores erstarrtes Wesen bringt. Den männliche Gegenpart bildet Hannys bester Freund, der schwule Koreaner Jai, dessen Redefluss kaum zu bremsen ist, der jedoch mit seinem äußerst sensiblen Inneren durchaus in der Lage ist, sich in das Seelenleben seiner Freundin hinein zu versetzen. Bastian und Hannelore, die beiden Hauptfiguren dieses Romans, sind durchaus gut beschrieben, reichen aber an die beiden erstgenannten Personen einfach nicht heran. Oma Annie, die vergnügt Gras raucht und mit über achtzig Jahren in Lederhosen, Lederjacke, Chaneltuch und Louboutins gekleidet ist, ist für mich jedoch die schrillste Person in diesem Buch. Die Fettnäpfchen, in die hier scheinbar wahllos und unaufhörlich gehüpft wird, sind trotz aller Unglaubwürdigkeit so liebenswürdig beschrieben, dass man nicht umhin kann, sich von dem Charme und Witz dieses Buches mitreißen zu lassen. Man sollte sich zwar keine tiefgründige Beziehungsgeschichte erwarten, und der Welpe mag ebenfalls nur ein dekorativer Hintergrund in diesem Roman sein. Dennoch hat mich dieses Buch, das nicht in Kapiteln, sondern in Tagen erzählt wird, sehr gut unterhalten und für viele heitere Momente gesorgt.

Veröffentlicht am 16.04.2018

Kein Kuss unter dieser Nummer

Kein Kuss unter dieser Nummer
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Sophie Kinsellas stets weibliche, liebenswerte, ein wenig naive und höchst chaotische Protagonisten sind wahre Meisterinnen darin, sich in rasantem Tempo das ganze Buch hindurch von einem Fettnäpfchen ...

Sophie Kinsellas stets weibliche, liebenswerte, ein wenig naive und höchst chaotische Protagonisten sind wahre Meisterinnen darin, sich in rasantem Tempo das ganze Buch hindurch von einem Fettnäpfchen ins nächste zu katapultieren und ihre Leserschaft damit zu verblüffen. Mit fassungsloser Miene kam mir bei jedem erneuten Eklat der Gedanke: „Nein! Das kann sie doch jetzt nicht allen Ernstes tun?!“ und ich fieberte förmlich danach, weiter zu lesen, zu erfahren, was diese bezaubernde Poppy Wyatt nun wieder anstellen wird. Bereits der Einstieg mit dem Verlust des kostbaren Verlobungsringes aus dem Familienerbe ihres zukünftigen Ehemannes und dem Diebstahl ihres Mobiltelefons lässt einen höchst spannenden und turbulenten Plot erahnen. Und die Autorin hat durchaus gehalten, was sie durch diesen interessanten Start versprochen hat: das Buch war eine erstklassige Lektüre für einen höchst amüsanten Nachmittag auf der Couch. Die Hochzeitspläne zwischen Poppy Wyatt und Magnus Tavish, der Fund eines Firmenhandys des Unternehmers Sam Roxton durch die junge Braut und die vielen daraus resultierenden Verwicklungen mit äußerst sympathischen, manchmal auch schrulligen Figuren machten diese Lektüre zu einem wahren Leckerbissen des Genres Frauenroman.

Die im Text eingefügten SMS-Nachrichten waren nicht störend, da das Firmenhandy die Basis für den gesamten Plot war und im Grunde den Dreh- und Angelpunkt für sämtliche Ereignisse darstellte. Einzig die ausufernde Menge an Fußnoten verleidete mir das Lesevergnügen und nach einigen Seiten verzichtete ich vollständig darauf, sie zu lesen. Nichtsdestotrotz vergebe ich diesem Buch 5 Bewertungssterne, da es mich köstlich unterhalten hat und ich mit freudiger Erwartung dem Erscheinen des nächsten Buches dieser Autorin entgegensehe.