Profilbild von lielo99

lielo99

Lesejury Star
offline

lielo99 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit lielo99 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2020

Wer war denn nun der Mohr?

Dear Frederick! Lieber Mohr!
0

Es war im Jahr 1844 als Karl Marx und Friedrich Engels sich zum ersten Mal begegneten. Bereits nach kurzem Gespräch war beiden klar, dass ihre Ansichten zu vielen Themen identisch sind. Es einwickelte ...

Es war im Jahr 1844 als Karl Marx und Friedrich Engels sich zum ersten Mal begegneten. Bereits nach kurzem Gespräch war beiden klar, dass ihre Ansichten zu vielen Themen identisch sind. Es einwickelte sich eine Freundschaft, die sogar den Tod von Marx überdauerte. Im Vorwort schreibt der Autor Klaus Körner einige Fakten, die das Verständnis für den Schriftwechsel vertiefen. Marx ist Jude und in Trier geboren, Engels Protestant und in Barmen geboren. In 40 Jahren ihrer Freundschaft gab es etwa 2000 Briefe, von denen ungefähr 1600 noch erhalten sind.

Die Briefe sind alle in chronologischer Reihenfolge gedruckt und alle Wörter und Ereignisse, die nicht sofort klar sind, schrieb Herr Körner die Aufklärung dazu. Marx hat einige Kinder und er begann, sein Buch „Das Kapital“ zu schreiben. Engels beriet ihn dabei und die Diskussionen darüber fand ich ausgesprochen interessant. Aber auch zu lesen, wie natürlich die beiden Prominenten miteinander umgehen, war beeindruckend. Zuweilen gab es sogar Kraftausdrücke und so manches Mal konnte ich herzhaft lachen. Marx hatte wenig Erfolg und oft mangelte es bei ihm und der Familie am Nötigsten. Schmalhans war Küchenmeister und Engels unterstütze ihn immer wieder mit finanziellen Mitteln.

Marx war der Meinung dass Menschen in erster Linie essen, wohnen, trinken und sich kleiden wollen. Erst danach hätten sie das Verlangen nach Politik, Wissenschaft, Kunst und Religion. Das kann auch in der heutigen Zeit gelten und ist keineswegs eine veraltete Ansicht. Neben den Ereignissen im Privatleben der beiden schreiben sie auch einiges über das Weltgeschehen. Tja, und dann gab es auch die eine oder andere Liaison, die sie sich beichteten.

Nach dem Briefwechsel folgt die Abschrift der Grabrede von Engels für Marx. Und es folgt die Chronik ihrer Freundschaft. Der Autor listete ein Literaturverzeichnis auf und macht auf weiterführende Literatur aufmerksam. Die Quellenangaben fehlen ebenfalls nicht. Ein wertvolles Stück Zeitgeschichte ist in diesem Buch aufgeschrieben und ich gebe sehr gerne fünf Sterne sowie eine Leseempfehlung. Zumal Friedrich Engels am 28. November seinen 200. Geburtstag feiern würde.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.09.2020

Die Zeichnungen sind phantastisch

Arthurs wildes Hundeleben
0

Arthur ist sauer. Gerade kommt er vom Training im Tischtennisverein und musste sich dort anhören, wie seine Freunde von ihren Haustieren schwärmten. Alle haben einen Freund fürs Leben. Egal, ob Pony, Hund ...

Arthur ist sauer. Gerade kommt er vom Training im Tischtennisverein und musste sich dort anhören, wie seine Freunde von ihren Haustieren schwärmten. Alle haben einen Freund fürs Leben. Egal, ob Pony, Hund oder Wellensittich. Arthur hat nichts und bisher konnte er seine Eltern auch nicht von seinem größten Wunsch überzeugen: einen Hund.

Lucky ist aufgeregt. Er muss mit ansehen, wie seine Zweibeiner Koffer packen und befürchtet, dass er mal wieder in eine Hundepension gebracht wird. Das gefiel ihm beim letzten Mal überhaupt nicht. So viele Köter sind dort und die lassen ihn noch nicht einmal in aller Ruhe dösen. Aber okay, die Zweibeiner bringen ihn zu einer Familie mit einem Menschenwelpen, zu Arthur. Dort geschieht etwas Außergewöhnliches. Lucky schlüpft in den Körper von Arthur und der in den von Lucky. Sie erleben nicht nur die tollsten Abenteuer. Auch das Leben aus der Sicht eines Hundes machen Arthur zu einem Spezialisten, wenn es um die Wünsche dieses Vierbeiners geht.

Ich las das Buch gemeinsam mit unserem 11jährigen Enkel. Es war zunächst die große Schrift und dann die tollen Zeichnungen, die ihm gefielen. Aber auch die spannenden und lustigen Abenteuer von Arthur und Lucky brachten ihn dazu, das Buch schnell durchzulesen. Er wollte wissen, wie die Geschichte endet. Haha, am ersten Morgen nach der „Verwandlung“, als Arthur (eigentlich Lucky) mit Lucky (eigentlich Arthur) im Schlafanzug Gassigehen wollte. Welch eine lustige Vorstellung. Und davon gibt es viele in diesem Buch.

Aber „Arthurs wildes Hundeleben“ hat auch eine ernste Aussage. Hier erfahren nämlich junge Hundefreunde, was die Vierbeiner so gar nicht ab können. Welche Verantwortung sie haben, wenn sie einen Hund haben und wie viel Zeit sie investieren müssen. Das Buch sollten alle Kinder lesen, die sich ein Tier wünschen. Ein Lucky ist nicht zum Knuddeln da und muss regelmäßig an die frische Luft und das auch bei Regen und Schnee.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.09.2020

Der Puppenschrein gibt sich die Ehre

Herzfaden
0

Mit „Herzfaden“ schrieb Thomas Hettche ein Buch über Marionetten, die etliche Generationen zum Lachen und Weinen brachten. Es ist die Geschichte der „Augsburger Puppenkiste“ und deren Gründer, der Familie ...

Mit „Herzfaden“ schrieb Thomas Hettche ein Buch über Marionetten, die etliche Generationen zum Lachen und Weinen brachten. Es ist die Geschichte der „Augsburger Puppenkiste“ und deren Gründer, der Familie Öhmichen. Alles begann während des Zweiten Weltkrieges und selbst als die erste Bühne mit ihren Figuren während einer Bombennacht verbrannte, ließen sich die Beteiligten nicht beirren. Sie schnitzten und werkelten neue Figuren, die ihre Geschichten erzählten. Und das war auch gut so. Besonders nach dem Krieg suchten Menschen nach Trost und Zerstreuung. Und als dann das Fernsehen an die Familie herantrat, konnten viele Kinder an jedem Sonntag ihre Freunde von der Puppenkiste sehen.

Als ich meinem Mann erzählte, was ich gerade lese, sprudelte es aus ihm heraus. Sämtliche Figuren nannte er und ich war erstaunt. Wer mit über 60 noch genau weiß, wie die Figuren seiner Lieblingssendung hießen, der hat gute Filme gesehen. Walter Öhmichen sah an der Front, wie seine Marionetten begeistern konnten. Selbst hart gesottene Kämpfer hatten Tränen in den Augen. Sie konnten für einige Minuten das Blut und die vielen Toten vergessen.

Ein „Herzfaden“ ist der wichtigste Faden einer Marionette. Er geht direkt zum Herzen des Zuschauers, so dachte Öhmichen. Aber nicht nur die Augsburger Puppenkiste spielt in dem Roman eine Rolle. Auch das Verschwinden von Freunden und deren Familien, weil sie Juden waren, wird aus Kindersicht erzählt. Die Dichter, deren Bücher verbrannt wurden, weil ihre Kunst als „entartet“ galt oder das Wegschauen, wenn mal wieder Transporte in Lager gingen.

Herr Öhmichen war Landesleiter der Reichstheaterkammer und man tat sich mit der Entnazifizierung schwer. Die Augsburger Puppenkiste war für ihn und die Familie zunächst die einzige Möglichkeit, nach der Währungsreform Geld zu verdienen. Trotz etlicher Rückschläge standen sie zusammen, da sie von der Idee überzeugt waren. Die Tochter Hatü (Hannelore Marschall) war Puppenschnitzerin und fertigte 6000 Marionetten an. Und als dann am 21.01.1953 im NWDR mit „Peter und der Wolf“ das erste Stück der Puppenkiste auf Sendung ging, war sie traurig. Sie vermisste die Nähe zum Publikum, gewöhnte sich aber schnell daran.

Sehr schön fand ich auch die Zeichnungen, welche das Buch schmücken. Sie stammen von Matthias Beckmann und Vorlage dafür waren die Puppen der Augsburger Puppenkiste. Mir gefiel das Buch ausgesprochen gut und ich werde es mit Sicherheit noch häufiger Lesen. Zumal die Hauptpersonen sowohl Großeltern als auch Enkel immer noch begeistern können. Fünf Sterne plus und mein Tipp für morgen, dass „Herzfaden“ auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises 2020 steht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.09.2020

Als aus "Rettern" Zerstörer wurden

Mohnschwestern
0

Lotte lebt mit ihrer Mutter und dem Bruder in Darmstadt, der Vater steht an der Front und wir haben das Jahr 1943. Eines Tages lernt sie Wilhelm kennen und verliebt sich in ihn. Er ist rätselhaft und verschwindet ...

Lotte lebt mit ihrer Mutter und dem Bruder in Darmstadt, der Vater steht an der Front und wir haben das Jahr 1943. Eines Tages lernt sie Wilhelm kennen und verliebt sich in ihn. Er ist rätselhaft und verschwindet immer mal wieder für Tage oder Wochen. Dennoch, sie kommt nicht von ihm los. Sie werden in den Wirren des Krieges getrennt und es ist fraglich, ob sie sich irgendwann wiedersehen.

Im Jahr 2018 entdeckt Hazel bei ihrem Einsatz im Ehrenamt ein Bild. Sie ist davon gefesselt und unterhält sich gerne mit der alten Dame, der dieses Bild gehört.

Ein sehr schönes Buch, welches auf eindringliche Weise die Zeit vor dem Eingreifen durch die Alliierten beschreibt. Was mussten die Menschen leiden und welchen Stellenwert hatten die Frauen damals? Ja, Hitler legte wert auf eine gute Ausbildung und im Bund Deutscher Mädchen mussten sie kochen, nähen und backen. Sehr spannend fand ich den Begriff der „Reichsbräuteschule“, den ich nicht kannte. Junge Frauen sollten als Gebärmaschinen fungieren um arische Jungen zur Welt zu bringen, die dann dem „Führer“ dienten.

Und dann kam das Ende. Das Buch spielt in Darmstadt, wo am 11. 09. 1944 ein Feuersturm alles zerstörte. Die sogenannten „Helfer in der Not“ brachten die ganze Stadt in Schutt und Asche. Leichen lagen auf den Straßen und die junge Lotte konnte sich nur retten, weil sie im Bismarckbrunnen verharrte. Die Alliierten waren so perfide, dass sie sogar Phosphorbomben einsetzten. Nein, das ist unbegreiflich und nicht nachzuvollziehen.

Das Cover des Buches ist wunderschön. Die zarten Farben und der behutsame Kuss zweier junger Menschen berührte mich. Die Autorin Ilona Einwohlt lebt in Darmstadt und „Mohnschwestern“ ist ihr Debüt im Bereich Belletristik. Das ist ihr sehr gut gelungen, nur der zweite Strang rund um Hazel gefiel mir nicht so gut. Trotzdem gebe ich sehr gerne fünf Sterne und ein ausdrückliche Leseempfehlung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.09.2020

Die Geschichte von Ryan geht weiter

Indian Cowboy
0

Was treibt einen jungen Mann dazu, seine Familie zu verlassen? Ganz einfach. Er möchte Geld verdienen und auf diese Weise seine Lieben in der Heimat unterstützen. Ryan Black Hawk hatte diesen Wunsch und ...

Was treibt einen jungen Mann dazu, seine Familie zu verlassen? Ganz einfach. Er möchte Geld verdienen und auf diese Weise seine Lieben in der Heimat unterstützen. Ryan Black Hawk hatte diesen Wunsch und leider wurden ihm viele Steine in den Weg gelegt. Nach seinem Aufenthalt im Gefängnis versucht er sein Glück im Fahren von Autorennen. Zunächst gewinnt er auch und das freut ihn sehr. Aber bald wird er beneidet und seine Gegner spielen ein falsches Spiel mit ihm. Er weiß nichts von deren Intrigen und gerät in Lebensgefahr.

Auch diesen vierten Band über das Leben des jungen Ryan wurde von mir mit Spannung erwartet. Und nein, die Autorin hat mich in keiner Weise enttäuscht. Sie kennt sich aus bei der Darstellung der Situation des Lebens von Indigenen in Amerika. Sie recherchierte genau und ich hatte das Gefühl, selbst am Ort des Geschehens zu sein. Die Bilder, welche in meinem Kopf entstanden, waren absolut realistisch. Und leider leben die Ureinwohner der USA bis heute abgeschottet in Reservaten. Dass gerade die jungen Leute versuchen daraus zu fliehen, das ist wohl verständlich. Fünf Sterne und eine dringende Leseempfehlung gibt es von mir. Warum? Weil das Leben der „Indianer“ leider immer wieder falsch oder idealisiert beschrieben wird. Nicht bei der Autorin Brita Rose Billert. Sie kennt die Realität und schreibt darüber sehr ausführlich.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere