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Veröffentlicht am 07.07.2019

Carmen Silva gibt sich die Ehre

Die Hebamme von Sylt
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Während einer Sturmnacht werden auf der Insel Sylt gleich mehrere Schicksalsschläge das Leben der Menschen auf den Kopf stellen. Die junge Hebamme Geesche Jensen lebt in einem kleinen Haus und richtete ...

Während einer Sturmnacht werden auf der Insel Sylt gleich mehrere Schicksalsschläge das Leben der Menschen auf den Kopf stellen. Die junge Hebamme Geesche Jensen lebt in einem kleinen Haus und richtete hier ein Zimmer für Gebärende ein. Sie ist die einzige Fachfrau auf der Insel und hat einen guten Ruf. In einer Sturmnacht des Jahres 1872 kommen gleichzeitig zwei Schwangere zu ihr. Das eine ist ihre Freundin Freda und die andere die Gräfin Katerina von Zeiderlitz, die mit ihrem Mann auf der Insel Urlaub macht. In der Nacht geschehen schreckliche Dinge und eins davon ist, dass der Ehemann von Freundin Anne auf dem Meer verunglückt und nicht mehr zu ihr zurückkehrt. Geesches Verlobter ist schwermütig und kann es nicht verwinden, dass er als Arbeiter an der neuen Inselbahn tätig sein muss. Viel lieber wäre er Fischer, hat aber kein eigenes Boot. Er verunglückt ebenfalls kurz nach der Sturmnacht.

Schon schnell wird dem Leser klar, was noch in der ereignisreichen Nacht geschah. Darum geht es aber nicht nur und das Buch ist dennoch spannend. Weil viele Dinge passieren. Es wird gemordet, gelogen und denunziert. Der Graf von Zeiderlitz und sein Bruder Marinus entzweien sich, weil sie kein Vertrauen mehr zueinander haben. Geesche muss gegen die Wut der Einwohner Sylts kämpfen. Sie wird falsch verdächtigt und gerät in Lebensgefahr. Fast verliert sie ihre Existenz und es gibt nur einen Menschen, der ihr helfen könnte.

Besonders gut gefielen mir die historischen Fakten. Ich wusste zum Beispiel nicht, wer sich hinter dem Pseudonym Carmen Silva verbirgt. Oder wer damals den Ort Westerland kaufte und zum Aufstieg verhalf. Das Buch zeigt, was aus einem schlichten Fischerdorf mit armen Menschen im Laufe der Zeit werden kann. Am Ende ist auch kein sogenannter Cliffhanger. Jeder, den die beiden folgenden Bücher nicht mehr lesen mag, kann darauf verzichten. Ich werde es nicht tun, da ich wissen möchte, wie es mit Geesche und der Insel weiter geht.

Veröffentlicht am 21.06.2019

Ein Buch für lange Sommerabende

Lago Mortale
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Giulia Conti heißt die Autorin des Krimis LagoMortale. Sie lebt dort, wo ihr Buch spielt, in Romo am Lago d´Orta. Sie arbeitete lange als Journalistin und Autorin von Reisebücher und LagoMortale ist ihr ...

Giulia Conti heißt die Autorin des Krimis

LagoMortale. Sie lebt dort, wo ihr Buch spielt, in Romo am Lago d´Orta. Sie arbeitete lange als Journalistin und Autorin von Reisebücher und

LagoMortale ist ihr erster Roman und der ist ihr sehr gut gelungen.

Simon lebt in Romo, einem italienischen Ort am kleinen Lago d´Orta. Er liegt nicht weit entfernt von dem großen Lago Maggiore, aber dort sind Simon zu viele Touristen. Aus dem Grund entschied er, dass er sich im ruhigen Romo niederlässt. Eines Abends, ein heftiger Wind zog auf, sieht er eine führerlose Yacht über den See schippern. Sie gehört einem bekannten Industriellen, dessen Fabriken nicht weit des Sees liegen. Mit seiner Jolle rudert er zur Yacht und findet dort einen Toten. Bald ist ihm klar, dass es sich dabei um den Fabrikantensohn Marco handelt. Er informiert die Polizei und die Carabinieri sind rasch vor Ort. Wird er zunächst selbst verdächtigt, ändert sich das schnell. Die Chefermittlerin Carla Moretti kennt ihn und der Verdacht ist aus der Welt.

Das Buch liest sich wie ein Reiseführer. Es werden die Vorzüge der Landschaft beschrieben und auch die Geschichte der Gegend lässt sich gut lesen. Spannend fand ich die Ereignisse im Zweiten Weltkrieg. Damals kämpften Partisanen gegen Faschisten und diese gegensätzlichen Ansichten spielen bis heute in das Leben der Einheimischen.

#LagoMortale ist auf jeden Fall ein Krimi für Liebhaber Italiens. Aber auch für mich war er interessant. Ich kenne die Gegend nicht und dank der guten Beschreibung von Giulia Conti konnte ich mir sowohl den See als auch die hohen Berge drumherum gut vorstellen. Es ist ein Buch für lange Sommerabende im Freien und für den Urlaub im Süden ideal.

Veröffentlicht am 18.06.2019

Nicht einfach zu lesen, aber wirklich gut

Die Lotosblüte
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„Macht kann man haben wenn man die verführt, die sie besitzen“ aus DieLotosblüte

Chong ist erst 7 Tage alt, als ihre Mutter stirbt. Der blinde Vater bettelt für sie um Milch und später bitten beide bei ...

„Macht kann man haben wenn man die verführt, die sie besitzen“ aus

DieLotosblüte

Chong ist erst 7 Tage alt, als ihre Mutter stirbt. Der blinde Vater bettelt für sie um Milch und später bitten beide bei den Menschen in der Umgebung um Nahrung. Nach einigen Jahren zieht eine neue Frau ein und Chong wird verkauft. Sie kommt als 15jährige zu einem 80jährigen Greis und wird dessen Geliebte. Sie muss fortan auf den Namen Lenhwa (Lotosblume) hören. Der Alte stirbt und Lenhwa zieht mit dem jüngsten Sohn Kuan fort. Sie wird auch dessen Geliebte.

In

DieLotosblüte macht Kuan sein Geld mit Glücksspiel, Prostitution und Opiumhandel. Die Lotosblume wird zur Prostituierten in seinem Etablissement und verdient auf diese Weise viel Geld. Im Laufe der Zeit wird sie noch mehrmals gekauft und dann wieder verkauft. Sie zieht in andere Regionen und erfährt dabei Leid und die Auswirkungen von Krieg und Elend. Rassismus gab es damals sehr oft und Menschen wie Chong hatten kein höheres Ansehen als Tiere. Wer den Armen half und dabei in die Fänge der Obrigkeit fiel, wurde zum Tode verurteilt.

DieLotosblüte ist eine andere Art der Literatur, die von dem koreanischen Autor Hwang Sok-Yong geschrieben wurde. Anders, aber keineswegs schlecht. Was mir nicht gefiel, das war die präzise Beschreibung der Sexpraktiken des alten Mannes. Das kam mir dann doch ein wenig übertrieben vor. Die vielen fremd klingenden Namen von Menschen und Ortschaften Koreas, Japans und Chinas waren ebenfalls schwierig zuzuordnen.

Was mir an

DieLotosblüte gut gefiel: Trotz Vergewaltigung und weiterer Demütigungen bleibt Chong sich selbst treu. Sie hilft später sogar anderen und lernt sogar die tiefe Liebe kennen. Auch die Schwierigkeiten der Armen mit den „Oberen“, oder die Zustände, welche dann zum Krieg führten, waren für mich ein guter Einstieg in die Geschichte Asiens. Kein einfach zu lesendes Buch aber für mich durchaus empfehlenswert. Das lag vornehmlich an der bildhaften Sprache. Menschen, Blumen und Schiffe werden so deutlich beschrieben, dass ich sie fast vor mir sah.

Veröffentlicht am 13.06.2019

Engagement gegen Rechts darf nicht kriminalisiert werden

Nach dem Verfassungsschutz
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„Engagement gegen Rechts braucht Anerkennung und Unterstützung statt Diffamierung und Kriminalisierung.“

Der Herr Maßen erdreistete sich im Jahr 2018 zu einem Urteil gegenüber Aktivisten in Chemnitz. ...

„Engagement gegen Rechts braucht Anerkennung und Unterstützung statt Diffamierung und Kriminalisierung.“

Der Herr Maßen erdreistete sich im Jahr 2018 zu einem Urteil gegenüber Aktivisten in Chemnitz. Dazu schreiben die Autoren von

NachDemVerfassungsschutz: „Unter Geheimdienstlern gilt öffentliche Geschwätzigkeit als untrügliches Zeichen für mangelnde Qualifikation.“

Zwei Ereignisse in der jüngsten Vergangenheit haben nicht nur bei mir die Sicht auf den Verfassungsschutz verändert. Das sind die Morde durch den NSU und die Amokfahrt des Terroristen Amri. Dass der NSU sehr nach mit V-Leuten im Osten der Republik verwoben war, erklären sich die Autoren Claus Leggewie und Horst Meier so: Als die SED noch bestimmte, wurden zum Beispiel schwangere Arbeiterinnen aus Vietnam zur Abtreibung gezwungen. Deutsch durfte niemand lernen, es waren Menschen zweiter Klasse. Konnte aus dieser Einstellung der NSU entstehen?

Da ist noch die Sache mit den V-Männern. Sehr geheimnisvoll und sehr teuer, aber auch mit produktivem Nährwert? Eher nicht. In

NachDemVerfassungsschutz werden einige Skandale verschiedener Spitzel erläutert. Das ganze Ausmaß des so entstandenen Schadens kann sich wohl niemand vorstellen. Beispiel aus dem Buch: Gegen einen V-Mann wurde sage und schreibe 35mal ermittelt. Unter anderem wegen: Volksverhetzung, Landfriedensbruch und Bildung einer kriminellen Vereinigung. Strafe oder Verurteilung? Fehlanzeige.

Interessant zu lesen ist auch die Chronik der Pannen von 1950 bis 2012. Sehr suspekt ist mir auch die Tatsache, dass alleine ein Verdacht genügt, um private Personen zu überwachen. Darf nicht sein, oder? Tja und dann behaupten Politiker und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes, das Amt sei wichtig, da es als Frühwarnsystem zu betrachten sein. Der Meinung sind die Autoren von

NachDemVerfassungsschutz allerdings nicht. Sie schreiben, dass unsere Demokratie so stark ist, obwohl es den Verfassungsschutz gibt und nicht, weil es ihn gibt. Machen Sie sich selbst ein Bild und lesen Sie dieses interessante Buch.

Herr Leggewie und Herr Meier sind der Meinung, dass die Behörde innerhalb von 5 Jahren abgewickelt werden könnte. Zitat aus dem Buch:
Der beste Republikschutz ist eine wache und aufmerksame Öffentlichkeit.

Noch ein interessanter Fakt, den ich so nicht kannte: Je eifriger die Medien über Rechte Gesinnung und deren Anhänger schreiben, desto mehr Unterstützung bekommen sie vom Staat. Sei es eine Stiftung, wie die Antonio-Amadeus-Stiftung oder Jugendorganisationen, die Aufklärungsarbeit leisten. Alle sind auf Unterstützung angewiesen.

Im Anhang von

NachDemVerfassungsschutz gibt es Vorschläge der Autoren, was gegen radikale Neonazis getan werden kann. Es wird auch beschrieben, welche Maßnahmen im Zusammenhang mit dem NSU ergriffen wurden. Es folgt eine kurze Dystopie von Karl Tallhover. Er beschreibt den letzten Tag des VS in Köln. Zum Schluss folgt eine Auswahl weiterführender Literatur sowie die Erklärung zu den zahlreichen Fußnoten.

Diese Rezension ist für mich ungewöhnlich lang geworden. Dabei habe ich mich kurz gefasst. Es ist aber zu sehen, wie die Autoren mit der Daseinsberechtigung des Verfassungsschutzes umgehen. Ein spannendes Werk, durch das ich viel gelernt habe. Eins fehlt mir aber doch: Die Aussage, wie gefährlich der Kampf gegen Rechte Gesinnung für Privatpersonen ist. Morddrohungen sind dabei noch die geringste Gefahr.

Veröffentlicht am 12.06.2019

Leider ist nicht alles utopisch

Die Geschichte der schweigenden Frauen
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Simon Kristensen veröffentlichte eine Kurzgeschichte und diese war die Grundlage für den Roman DieGeschichteDerSchweigendenFrauen. Aus ihr wurde das erste Kapitel des Buches. Binah Shah, die Autorin, ist ...

Simon Kristensen veröffentlichte eine Kurzgeschichte und diese war die Grundlage für den Roman

DieGeschichteDerSchweigendenFrauen. Aus ihr wurde das erste Kapitel des Buches. Binah Shah, die Autorin, ist eine pakistanische Frauenrechtlerin. Frau Shah schrieb bereits mehrere Bücher,

DieGeschichteDerSchweigendenFrauen ist jedoch das erste, welches in die deutsche Sprache übersetzt wurde.

Der Roman ist eine Dystopie wobei einige Gegebenheiten gar nicht mal so weit von der Realität entfernt sind. Green City ist ein Ort, der im wahrsten Sinne des Wortes der Wüste abgerungen wurde. Nach einem großen Vernichtungskrieg, bei dem etliche Atombomben fielen, gab es kaum noch Leben in Asien. Green City wurde ganz neu erschaffen und die „Oberen“ hatten nur ein Problem: Es gab zu wenig Frauen. Das hinderte sie nicht daran, diese wie Gebärmaschinen zu behandeln. Jeder Mann konnte einen Antrag auf eine Ehefrau stellen. Sobald dieser positiv beschieden wurde, musste die Frau den Mann heiraten.

Das war aber noch längst nicht alles, was sich die Herrscher in Green City einfallen ließen. Die armen Frauen durften nicht nur einen Mann heiraten, nein sie mussten sich von mehreren Männern schwängern lassen. Zudem bekamen sie von der Regierung Fruchtbarkeitstabletten, damit sie möglichst viele Kinder entbanden. Das Buch berichtet von Sabine Faro, die mit 16 ihre Schule abbrechen musste. Sie sollte auf Befehl des Vaters einen Mann heiraten. Sie floh in die Panah.

Panah ist ein persischer Begriff und bedeutet Zuflucht. Es handelt sich um einen alten Bunker, der von geflohenen Frauen bewohnt wird. Sie wollen nicht als Ware behandelt werden und in Freiheit ihr Leben leben. Jedoch ist ihr Dasein gefährlich. Sobald sie erwischt werden, müssen sie mit dem Todesurteil rechnen.

#DieGeschichteDerSchweigendenFrauen war für mich gewöhnungsbedürftig. Aber es lohnte sich. Es hat spannende Elemente und in den Beschreibungen der Meinung über Frauen liegt viel Wahrheit. Hier geht es zwar um das Leben in Asien, aber in einigen Ländern der Erde ist es wohl kaum anders. Wer sich auf eine Mischung aus Tatsachen und Fiktion einlassen kann, der wird seine Freude an dem Buch haben. Die Sprache ist gefällig und das liegt auch an der Übersetzerin Annette Charpentier. Das Cover ist außergewöhnlich und entspricht nicht den üblichen Titelseiten aktueller Romane.