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Veröffentlicht am 12.03.2023

Interessantes Buch, das mit dem intelligenten und selbstreflektierten Schreibstil des Autors bestechen kann

Das glückliche Geheimnis
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Inhalt:
In dem Buch berichtet Arno Geiger über sein Doppelleben, das er lange geführt hat: Als junger Mann hat er sich frühmorgens auf den Weg gemacht und ist abends wieder zerschunden nach hausgekommen, ...

Inhalt:
In dem Buch berichtet Arno Geiger über sein Doppelleben, das er lange geführt hat: Als junger Mann hat er sich frühmorgens auf den Weg gemacht und ist abends wieder zerschunden nach hausgekommen, aber das, was er dazwischen gemacht hat, das war sein Geheimnis. Denn über Jahre hat er im Altpapier auf die Suche begeben, nach Büchern, Briefen und Tagebüchern.
Dabei erzählt er auch viel über sein Leben und seinen Werdegang und sein Schaffen als Autor.

Meine Meinung:
„Das glückliche Geheimnis“ ist ein autobiographisches Buch, das sich sehr kurzweilig lesen lässt. Sehr persönlich, selbstreflektiert und introspektiv berichtet der Autor von seinem Leben. Zeitweise ist es fast schon eine Charakterstudie über sich selbst.
Besonders gut gefallen hat mir der intelligente Schreibstil und die vielen spannenden Gedanken, die er immer wieder zu Tage fördert. Dabei ist das Buch teilweise fast schon sprunghaft darin, wie er zwischen unterschiedlichen Themen hin und her wechselt. Diese Art der Erzählung hat mir aber sehr gut gefallen. Das Buch war dadurch stets sehr kurzweilig. Es fühlt sich so an, als würde sich der Autor zu einem setzen, um von seinem Leben zu berichten. Es ist mehr oder weniger ein Gedankenschwall, wirkt nicht großartig durch konzipiert, aber dadurch sehr authentisch. Der Schreibstil ist dabei teilweise fast schon „essayhaft“.
Dabei deckt er thematisch eine weite Bandbreite ab: Es geht um die Hindernisse, denen er als Autor begegnet und wie er über viele Jahre an seiner Schreibkunst gefeilt hat. Es geht um die Beziehungen zu Frauen, die teils sehr chaotisch waren und sein Leben mitunter stark geprägt haben. Es geht um seine Eltern, die immer gebrechlicher werden. Und es geht natürlich um die Streifzüge, die er über viele Jahre gemacht hat. All diese Erfahrungen haben ihn in seiner Entwicklung als Autor und in seinen Werken sehr geprägt, was er in diesem Buch immer wieder verdeutlicht. Gleichzeitig gibt es auch immer wieder gesellschaftskritische und fast schon philosophische Passagen.
Diese Zusammenhänge fand ich unglaublich interessant und waren wirklich gut herausgearbeitet.
Sein „glückliches Geheimnis“ selbst blieb für mich aber leider etwas schwammig. In dem Buch gibt es sehr viele Auszüge über seine ausgedehnten Streifzüge durch die Altpapiercontainer der Stadt, aber für mich wurde nie ganz greifbar, wie seine Funde ihn beeinflusst haben. Gab es welche, die ihn zu Tränen gerührt haben? Schicksale, die ihn nachhaltig bewegt haben? Waren einige Personen in seinen Büchern davon inspiriert? Ich verstehe selbstverständlich, dass der Autor wegen der Privatsphäre der Betroffenen nicht einzelne Schicksale erläutern konnte und wollte. Aber es hätte mich dennoch interessiert, was all diese Funde auf einer emotionalen Ebene mit ihm gemacht haben. Insbesondere da das „glückliche Geheimnis“ als Aufhänger des Buches dient, fand ich es schade, dass dieser Aspekt nicht wirklich beleuchtet wird.
Zusammenfassend ist das Buch bestimmt nicht für jedermann etwas, denn man muss diese Art der Erzählung mögen. Ich für meinen Teil kann es aber nur an alle empfehlen, die an einer solchen autobiographischen und nachdenklichen Erzählung interessiert sind.

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Veröffentlicht am 12.03.2023

Subtile Machtkämpfe und spannende Charaktere

In blaukalter Tiefe
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Inhalt:
Ein Segeltörn in den wunderschönen schwedischen Schären: Damit möchte Andreas seine Frau Caroline beglücken und für sich zurückgewinnen. Auch sein jüngerer Anwaltskollege Daniel und dessen Freundin ...

Inhalt:
Ein Segeltörn in den wunderschönen schwedischen Schären: Damit möchte Andreas seine Frau Caroline beglücken und für sich zurückgewinnen. Auch sein jüngerer Anwaltskollege Daniel und dessen Freundin Tanja sind mit von der Partie, ebenso wie der undurchschaubare Skipper Eric. Daniel möchte in der Anwaltskanzlei von Andreas unbedingt Partner werden, weshalb er alles daran setzt, ihn zu beeindrucken. Der Segeltörn beginnt mit wunderschönem Wetter, aber unter der Oberfläche brodeln zahlreiche Konflikte.

Meine Meinung:
Der Roman kann vor allem mit einer tollen Charakterkonstellation beeindrucken. Auf dem Segelboot gibt es spannende Machtdynamiken und subtile Machtkämpfe, die großartig dargestellt sind und die dafür sorgen, dass der Roman von der ersten Seite an spannend ist. Die Stimmung an Bord ist dabei stets sehr greifbar und man spürt die Konflikte förmlich brodeln. Während den zehn Tagen, die sie zusammen auf engem Raum verbringen, kommt es zu einer Art „Kammerspiel“, dem man sich nicht entziehen kann. Jeder einzelne Charakter hat seine Fehler, einige sind sogar gänzlich unausstehlich, aber ich konnte nicht anders, als mit ihnen mitzufiebern. Deshalb war es auch nicht schlimm, dass mir niemand so wirklich sympathisch war. Vielmehr wirken die Charaktere durch ihre Fehler sogar sehr authentisch und greifbar!
Die Perspektivenwechsel haben sich dabei wundervoll eingefügt und waren eine wirkliche Bereicherung für die Erzählung.
Auch der Schreibstil der Autorin konnte mich überzeugen. Der Roman lässt sich sehr flüssig lesen und ist wunderbar atmosphärisch. Die Landschaften und die Natur sind wundervoll eingefangen.
Womit ich jedoch gewisse Probleme hatte, waren der „Showdown“ und das Ende des Romans. Zum einen waren sie ein wenig zu dramatisch und nicht wirklich glaubwürdig. Zum anderen war das Ende auch sehr überstürzt und hat nicht wirklich zum Tempo des restlichen Romans gepasst. Hier hätte ich mir gewünscht, dass sich die Autorin ein bisschen mehr Zeit dafür nimmt, alles aufzuklären.
Trotzdem kann ich den Roman nur empfehlen. Er war durchweg spannend und hat mich wundervoll unterhalten. Wer noch auf der Suche nach einer Urlaubslektüre für diesen Sommer ist, der wird mit „In blaukalter Tiefe“ auf jeden Fall fündig!

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Veröffentlicht am 06.10.2022

Aus dem Leben acht koreanischer Frauen

Miss Kim weiß Bescheid
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Inhalt:
Das neue Buch von Cho Nam-Joo dreht sich wieder um das Leben ganz gewöhnlicher koreanischer Frauen. Dieses Mal handelt es sich um eine Kurzgeschichtensammlung über acht unterschiedliche Frauen ...

Inhalt:
Das neue Buch von Cho Nam-Joo dreht sich wieder um das Leben ganz gewöhnlicher koreanischer Frauen. Dieses Mal handelt es sich um eine Kurzgeschichtensammlung über acht unterschiedliche Frauen ganz verschiedenen Alters.

Meine Meinung:
Kurzgeschichten sind immer eine Herausforderung, wenn es darum geht, ein Fazit zu bilden. Einige der Geschichten haben mich sofort in ihren Bann gezogen und mich auch nachhaltig beeindruckt. Gleichzeitig gab es auch welche, mit denen ich nicht so viel anfangen konnte und die mir etwas belanglos vorkamen. Welche Kurzgeschichten mich besonders berührt haben, hängt natürlich auch stark mit meinen eigenen Erfahrungen zusammen und wie sehr ich mich mit den Charakteren identifizieren konnte. Ich denke aber, dass jeder hier etwas finden kann, das ihn anspricht.
Die zugrundeliegenden Themen fand ich sehr spannend. Ein besonderer Fokus liegt wie bei Cho Nam-Joos erstem Roman auf der Rolle der Frau in der koreanischen Gesellschaft. Dabei war ich erneut erstaunt, wie sehr die Geschichten teilweise mit mir räsoniert haben – trotz der kulturellen Unterschiede. Besonders präsent war die Erfahrung der Mutterschaft und die Vereinbarkeit von Familie und Berufsleben. Auch sexualisierte Gewalt und manipulative Beziehungen werden thematisiert. Interessant fand ich, dass man in der letzten Kurzgeschichte auch einen Einblick in dar Corona-Managment an koreanischen Schulen bekommt, sowie in das rigoroses Schulsystem, in dem Nachhilfeinstitute eine Normalität sind. Ganz besonders gut gefallen haben mir aber die Kurzgeschichten „Lieber Hyunnam“ und „Große Mädchen“.
Die Charaktere in allen Geschichten wirkten unglaublich authentisch. Die Autorin beherrscht es, menschliche Interaktionen und nackte menschliche Gedanken und Gefühle zu sezieren und auf den Punkt zu bringen. Dabei begegnet sie all ihren Charakteren mit sehr viel Empathie und ohne sie zu verurteilen.
Auch der Schreibstil konnte mich überzeugen. Cho Nam-Joo erweckt ihre Welten mühelos zum Leben und hat mir großartige Einblicke in die koreanische Kultur geboten. Ich habe mich immer sofort in die jeweilige Szene transportiert gefühlt.
Alles in allem hat mir das Buch wirklich gut gefallen, auch wenn die ein oder andere Kurzgeschichte vielleicht nichts für mich war. Von mir gibt es auf jeden Fall eine Leseempfehlung, insbesondere an alle, denen bereits „Kim Jiyoung, geboren 1982“ gefallen hat.

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