Langatmig
VerräterkindIn "Verräterkind" erzählt Sorj Chalandons von seiner Beziehung zu seinem Vater, die geprägt ist von der Frage nach dessen Rolle während der Besatzungszeit. Sein Vater stellt diese durchweg positiv dar ...
In "Verräterkind" erzählt Sorj Chalandons von seiner Beziehung zu seinem Vater, die geprägt ist von der Frage nach dessen Rolle während der Besatzungszeit. Sein Vater stellt diese durchweg positiv dar und erzählt von Heldentaten, all dies entlarvt Sorj als Lügen. Als beide am Prozess gegen Klaus Barbie in Lyon teilnehmen - Sorj als Journalist, um für eine große Tageszeitung darüber zu berichten, sein Vater als Zuschauer - macht Sorj das Ereignis immer mehr auch zu seinem Prozess gegen seinen Vater.
Sorj Chalandon schreibt wortgewaltig und detailliert über die Greueltaten der Nazis und deren Schergen. Unvorstellbar, wie es sich anfühlen muss, zu wissen, dass der eigene Vater einer davon war und nicht die Rolle spielte, die er die Welt gerne glauben machen möchte. Verständlich, dass der Sohn das verarbeiten muss und möchte. Dafür taucht er tief und ausführlich in das Thema ein, lässt seine Leser daran teilhaben - und wird dabei für meinen Geschmack zu ausschweifend. An mancher Stelle konnte ich kaum weiterlesen - nicht, weil mich das Thema zu sehr belastet hätte, das war nur am Rande der Fall - sondern, weil mir die Erzählung einfach zu langatmig war und dadurch für mich eine Langeweile entstand, die dem Ernst des Themas nicht gerecht wird. Es fiel mir irgendwann so schwer, mich trotzdem auf den Inhalt und die Vater-Sohn-Beziehung zu konzentrieren, dass ich mich durchquälen musste und erleichtert war, als ich endlich die letzte Seite hinter mir hatte. Schade, denn das Thema interessiert mich sehr und man bekommt das nicht so häufig aus erster Hand berichtet.