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Veröffentlicht am 06.09.2021

Das Leben der Unschuldigen

Die Mäusekönigin
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„...Sie sah mich, hob mich auf und steckte mich unter ihre Bluse. Niemand sollte mich entdecken und keiner durfte mir etwas zuleide tun. Das war ihr Credo...“

Das sind die Gedanken der Maus Bo. Die war ...

„...Sie sah mich, hob mich auf und steckte mich unter ihre Bluse. Niemand sollte mich entdecken und keiner durfte mir etwas zuleide tun. Das war ihr Credo...“

Das sind die Gedanken der Maus Bo. Die war beim Umzug ihrer Mutter in das neue Nest auf der
Strecke geblieben. Das Mädchen Nhi hatte sie gefunden und sich ihrer angenommen.
Der Autor hat eine zauberhafte Geschichte geschrieben. Der Ausdruck trifft es allerdings nicht ganz. Es geht auch um Verletzung und Gier. Die Maus Bo erzählt, was sie zusammen mit Nhi erlebt.
Das Buch besticht durch eine ausgefeilte Sprache. Die macht zum einen das Geschehen erlebbar, gibt ihm aber auch eine gewisse Unverwechselbarkeit.
Nhi lebt in Vietnam. Sie gehört zu den Opfern des Krieges. Sie wurde als Folge des Einsatzes von Agent Orange ohne Beine geboren. In dem Haus der Güte wird sie auf das Leben vorbereitet. Sie lernt, sich mit Krücken zu bewegen. Sie ist intelligent und hat eine besondere Gabe. Ihre Erzieherin gibt ihr manchen Ratschlag mit.

„...Was man tun darf und was nicht, bestimmt jetzt unsere Regierung und damit das Volk. Aber nie mehr wird eine anderes Volk über unser Schicksal bestimmen. Wohin ein jeder geht, um sein Leben zu gestalten, und womit er seinen Unterhalt verdient, hat man selbst in der Hand...“

Bald wird Nhi merken, dass dies doch nicht ganz so einfach ist, denn mit 18 Jahren muss sie die geschützte Umgebung verlassen, um zusammen mit dem Jungen Thang, der ohne Augen geboren wurde, zu ihrer einzigen Verwandten zu ziehen. Diesen Abschnitt nennt der Autor das Haus der Sehnsucht.
Sehr bildlich beschreibt der Autor das Leben in dem Dorf. Eingestreute Briefe zeugen davon, dass die Tante gar nicht begeistert ist, die jungen Menschen aufnehmen zu müssen. Im Dorf hat sich ein lukrativer Wirtschaftszweig etabliert, deren Produkte vor allem bei den chinesischen Nachbarn gefragt sein. Heimlich geht Nhi ihre eigenen Wege. Eine alte ehemals französische Villa ist ihr Zufluchtsort.

„...“Aber so ist es nun mal“, schloss Hien. „Willst du Erfolg haben, musst du etwas wagen.“ „Das will ich mir merken“, sagte Nhi und für ihre Tante klang es bestimmt pflichtbewusst. Aber für mich klang es irgendwie anders...“

Thang kümmert sich um Opa Thuc. Er lebt von seinen Erinnerungen an Onkel Ho. Gemeint ist Ho Chi Minh. Opa Thuc gehört das Land rings um das Dorf. Das gefällt nicht jeden, denn man möchte gern expantieren.
Sehr schön beschrieben wird, wie sich die Natur die alte Villa zurückerobert hat. Gleichzeitig wird die Schönheit der Natur in bildhafter Sprache wiedergegeben.

„...Als wir oben ankamen, war die Sonne aufgegangen, aber trotzdem hielt sich der Morgendunst hartnäckig im Tal. Auch in den Nachbartälern und überhaupt in allen hohen Wipfeln bildete er weiße Wolken wie seidene Nester von riesigen Spinnen...“

Während der erste Teil eher ruhig verläuft, wird es im zweiten Abschnitt spannend. Nhi braucht viel Phantasie und Energie, um ihren eigenen Weg gehen zu können. Thang nimmt sie auf diesen Weg mit. Die Maus Bo ist ihr dabei eine Hilfe.
Dass es Probleme gibt, weiß ich als Leser schon, als sie sich so noch gar nicht abzeichnen. Der Autor hat nämlich als besonderes Stilmittel Polizeiberichte in das Geschehen eingeflochten. Sie sind fett gedruckt und von kleinerer Schriftart. Gleiches gilt für kurze Gesetzestexte.
Kursiv wiedergegeben wird Nhis Korrespondenz mit ihrer ehemaligen Erzieherin. Dort stellt sie genau die richtigen Fragen.

„...Tante Hien hat uns zwar eine Beschäftigung gegeben, aber ist das wirklich als Chance gemeint, oder ist es nur eine Chance für sie selbst, um das Geschäft anzukurbeln…?...“

Zum letzten Kapitel, dem Haus der Demut, möchte ich hier nichts schreiben. Das darf der Leser selbst auf sich wirken lassen.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Nhis Gedanken haben oft eine philosophische Tiefe, die ihr kaum jemand zutraut. Die meisten sehen nur ihre Behinderung. Sie aber will leben. Hier darf sie nochmals zu Wort kommen.

„...Ist es falsch, wenn ich denke, dass die Welt uns etwas schuldet? Sie hat uns verletzt, da waren wir noch nicht einmal geboren. Wer nimmt diejenigen in Verantwortung, die uns das zugefügt haben?...“

Gekonnt wird in das Geschehen eine Spur Magie eingefügt, die am Ende – und erst dann – der Geschichte einen leicht märchenhaften Charakter gibt.

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Veröffentlicht am 06.09.2021

Berührende Geschichte

Frühlingsfunkeln am Liliensee
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„...Marlies ging langsam weiter und betrat den Unterstand. Sie hatte sich über den Zusammenhang zwischen ihrer wundgeriebenen Seele und ihrem rebellischen Verhalten selten tiefere Gedanken gemacht. Noch ...

„...Marlies ging langsam weiter und betrat den Unterstand. Sie hatte sich über den Zusammenhang zwischen ihrer wundgeriebenen Seele und ihrem rebellischen Verhalten selten tiefere Gedanken gemacht. Noch nie hatte sie beides in einem so direkten Zusammenhang gesehen wie an diesem Morgen...“

Wir schreiben das Jahr 1966. Die 25jährige Marlies nimmt eine Auszeit am Liliensee. Die junge Frau kann nicht anders. Kein Risiko ist ihr groß genug. Bevor sie allerdings zu obiger Erkenntnis kommt, ist eine Menge geschehen.
Die Autorin hat erneut einen spannende Wohlfühlroman geschrieben. Es ist die zweite Geschichte, die am Liliensee spielt. Sie lässt sich problemlos ohne Kenntnis des ersten Teils lesen.
Auf dem Försterhof heiratet Robert seine Lisa. Roberts Mutter hat dazu spontan Marlies eingeladen. Alle glauben, dass sie als Touristin im Ort ist. Sie hatte Georg, Roberts jüngerer Bruder, mit dem Fahrrad angefahren. Das sollte nicht der letzte Zusammenstoß der beiden bleiben.
Die Personen werden sehr gut charakterisiert. Georg hat Zimmermann gelernt, sich aber seinen Traum erfüllt. Er leitet einen Campingplatz und bietet Wandertouren an. Die Hütten hat er selbst entworfen und gebaut. Georg mag das freie Leben.

„...Das Spinnen seiner Gedankennetze ging stets mit dem Versuch einher, diese auch sofort in die Tat umzusetzen, was Georg immerzu beschäftigt hielt – und einer der Gründe dafür war, dass der Junge immer noch allein durchs Leben ging...“

Marlies ist eine selbstbewusste junge Frau. Doch irgendetwas liegt wie ein Schatten über ihrem Leben. Vorschriften mag sie gar nicht. Das hätte ihr auf einer Wanderung fast das Leben gekostet.

„...Diese Marlies war wirklich...außergewöhnlich. Durchgeknallt, unvernünftig, leichtsinnig, kratzbürstig, halsstarrig, dickköpfig...“

Seitdem streicht sie Georg konsequent von seiner Wanderliste. Die Touren seien nur für Touristen gedacht, und Marlies arbeitet als Aushilfe in einem kleinen Laden im Ort. Doch bei einer dreitägigen Erlebniswanderung hat sie ihn ausgetrickst. Zwar hat er sie auf einer Liste gestrichen, sie hatte sic aber auf mehreren eingetragen. Wird das gut gehen?
Jedes Gespräche zwischen Marlies und Georg ist jeweils ein Schlagabtausch vom Feinsten. Sie schenken sich nichts. Und trotzdem habe ich als Leser immer den Eindruck, dass Georg um so ruhiger wird, je mehr Marlies in Fahrt gerät. Er hat seine Platz im Leben gefunden, sie nicht. Sie kämpft gegen alle und jeden. Später wird sie erkennen, dass sie in erster Linie gegen sich selbst kämpft.
Eines durchzieht das Buch wie ein roter Faden. Es sind die mit feinen Metaphern gespickten Beschreibungen der vielfältigen Schönheiten der Landschaft im Schwarzwald. Man möchte von den Wanderungen nicht nur lesen, man möchte daran teilnehmen, zumindest an denen, die nicht an die körperlichen Grenzen führen.

„...In Ufernähe tanzten Lichtpunkte wie leuchtende Diamanten über die Wasseroberfläche, umschmeichelt von Froschbiss, einer Wasserpflanzenart mit unzähligen kleinen Blättern, die denen der Seerose glichen...“

Zwischen Marlies und Georg beginnt es zu knistern. Bisher hat Marlies jede Bindung abgelehnt. Sie will nicht nur das Anhängsel eines Mannes sein. Eines aber muss sie erkennen: Georg ist anders. Er nimmt sie, wie sie ist, auch wenn er ihr ab und an gehörig die Meinung sagt.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Ich möchte es mit einem Zitat beenden, mit dem Georg Marlies seien Wertschätzung zeigt:

„...Du bist wunderbar, wie du bist, Marlies. Gott sieht dich an und freut sich über dich, da bin ich mir ganz sicher. Weil ihm mit dir ein echtes Meisterwerk gelungen ist...“

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Veröffentlicht am 04.09.2021

Nicht alles ist, wie es scheint

Wenn die Schatten sterben
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„...In der Richtung von Arians Finger lag ein herrschaftliches Gebäude mit zwei Türmen neben einem weitläufigen Bauernhof….“

Becky hat mit ihrem kleinen Sohn Lübeck verlassen, um ins Schloss ihrer Vorfahren ...

„...In der Richtung von Arians Finger lag ein herrschaftliches Gebäude mit zwei Türmen neben einem weitläufigen Bauernhof….“

Becky hat mit ihrem kleinen Sohn Lübeck verlassen, um ins Schloss ihrer Vorfahren ins Schweizer Solothurn zurückzukehren. Das Schloss muss allerdings gründlich renoviert werden. Dabei wird im Keller die Leiche einer jungen Frau hinter einer Mauer gefunden.
Der Autor hat erneut einen spannenden Krimi geschrieben. Darin eingebunden ist ein Stück Schweizer Geschichte.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Er sorgt unter anderen für den hohen Spannungsbogen. Die Handlung wir in zwei Zeitebenen erzählt. Zum einen darf ich in der Gegenwart an Beckys Ermittlungen teilnehmen, zum anderen erfahre ich, was in dem Jahr 1940 geschehen ist.
Die junge Frau wurde 1940 oder 1941 erschossen. Damit ist der Fall in der Schweiz verjährt. Es wird keine Ermittlungen von Seiten der Polizei geben. Das erklärt Feldweibel Dominik Dornach Becky. Er ist ihr neuer Nachbar.
Seine achtjährige Tochter freundet sich schnell mit dem zehnjährigen Adrian an. Wie die Kinder auf den Fund der Toten reagieren, liest sich so:

„...Pia war ihm dicht auf den Fersen. „Stopp, ihr beiden! Wo wollt ihr hin“ „Wohin wohl?“, sagte Adrian. „In den Keller.“ „Wozu?“ „Die Leiche sehen.“...“

Pia erweist als altkluge junge Dame, die genau weiß, was sie will.
Sehr interessant fand ich das historische Geschehen im Jahre 1940. Dort treffe ich Emma. Sie arbeitet in der Waffenfabrik von Beckys Großvater, Herrn von Colberg. Der ist Deutscher, und er produziert auch für Deutschland. Wie er wirklich zu den Nazis stand, erkennt man in der Geschichte relativ spät. Er ist erfahren genug, Sein und Schein auseinander zu halten.
Emma ist aufgeschlossen und politisch interessiert. Der folgende Satz hat mich sehr überrascht, da ich immer der Meinung war, dass die Neutralität der Schweiz nie infrage stand.

„...Hitler hat die Schweiz im eisernen Griff...“

Becky will genauer wissen, was 1940 passiert ist. Sie ahnt nicht, dass sie damit in ein Wespennest stochert und sich und ihren Sohn in Lebensgefahr bringt. Nicht jeder möchte, dass die Vergangenheit aufgedeckt wird. Nur gut, dass sie sich in jeder Situation auf Dominik verlassen kann.
Dominik ist in seinem Beruf sehr akribisch. Im Privatleben wechselt er gern einmal die Freundin. Mit Pias Mutter ging es gar nicht. Die beiden sind wie Feuer und Wasser.
Ab und an gibt es zwischen Becky und Dominik auch amüsante Szenen. Dabei wird der Unterschied zwischen Deutschland und der Schweiz thematisiert. Becky lädt Dominik zum Essen ein.

„...“Bei meiner Behörde gibt es auf Einladungen eine simple Regel. Wir dürfen alles annehmen, was wir auf einmal verzehren können.“ Becky grinst. „Pragmatisch. Ich wage zu bezweifeln, dass deutsche Beamte in der Lage sind, derart einfache Regeln aufzustellen.“...“

Im Strang der Vergangenheit treffen immer wieder diejenigen aufeinander, die für einen Anschluss der Schweiz an Deutschland sind, und diejenigen wie Emma, die konsequent dagegen sind. Gerade bei den Beamten ist es allerdings schwer, das wirkliche Gedankengut einzuschätzen.
Zu den beeindruckendsten Gesprächen gehört der Dialog zwischen Pia und Becky.

„...Ich glaube nicht, Dass wir unsere Kinder auf längere Sicht in Formen pressen können, die wir uns für sie ausdenken. Sie sind uns von der Vorsehung nicht zu Eigentum gegeben, sondern nur in Obhut, damit wir ihnen helfen können, ihren Weg zu finden...“

Wenige Minuten vorher hatte Pia ihre Mutter zur Weißglut gebracht.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Ich habe eine Menge über die Schweizer Geschichte gelernt. Gleichzeitig hat es der Autor verstanden, mich bei der Auflösung der Geschehnisse gekonnt zu überraschen.

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Veröffentlicht am 03.09.2021

Gemeinsam schafft man viel

Duden Leseprofi – BMX und sonst nix, 2. Klasse
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„...Benno ist neu in der Stadt. Er hat eine neue Wohnung. Er geht an eine neue Schule. Und Benno sucht neue Freunde...“

Mit diesen Sätzen beginnt ein Kinderbuch für Erstleser. Die Geschichte lässt sich ...

„...Benno ist neu in der Stadt. Er hat eine neue Wohnung. Er geht an eine neue Schule. Und Benno sucht neue Freunde...“

Mit diesen Sätzen beginnt ein Kinderbuch für Erstleser. Die Geschichte lässt sich gut lesen. Die Schriftgröße ist für die Zielgruppe angemessen. Die Sätze sind kurz und leicht verständlich. Die Texte auf den einzelnen Seiten sind überschaubar.
Benno lernt in seiner Klasse das Mädchen Matti und den Jungen Alexis kennen. Sie treffen sich zum Radfahren. Benno und Matti können mit ihrem BMX – Rad einige Kunststücke. Da kann Benno mit seinem Klapprad nicht mithalten.
Doch die Drei lassen sich eine Menge einfallen, wie Benno zu einem BMX – Rad kommen könnte. Bei dieser Zusammenarbeit entwickelt sich eine schöne Freundschaft.
Viele farbige Illustrationen veranschaulichen das Geschehen. Sie sind realistisch gezeichnet.
Um das verstehende Lesen zu fördern, gibt es im Buch acht sogenannte Profifragen. Sie geben jeweils drei Antworten vor und beziehen sich auf den Text der entsprechenden Seite. Das Lesezeichen dient als Lösungsschlüssel.
Am Ende des Buches werden nochmals drei Fragen für Vollprofis gestellt.
Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Sie zeigt, was Freundschaft vermag.

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Veröffentlicht am 02.09.2021

Beeindruckende Analyse

Arab
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„...Um zu verstehen, woraus sich die arabische Identität speist – die ja bei aller Uneinigkeit und Differenz zwischen den Arabern der Anlass dafür ist, dass sie das Traumgespinst von politischer Einheit ...

„...Um zu verstehen, woraus sich die arabische Identität speist – die ja bei aller Uneinigkeit und Differenz zwischen den Arabern der Anlass dafür ist, dass sie das Traumgespinst von politischer Einheit wahrzumachen versuchen – müssen wir darum auf ihre Sprache hören und weit in die Zeiten vor der Entstehung des Islam zurückgehen...“

Diese Worte stammen aus einem Sachbuch, dass von den Anfängen bis zur Gegenwart die Geschichte der Araber untersucht und darlegt. Dabei ziehen sich zwei Schwerpunkte wie ein roter Faden durch das Buch. Das ist zm einen die Entwicklung der Sprache, zum anderen der Gegensatz zwischen Sesshaften und Beduinen.
Der teilweise sachliche und stellenweise fast poetische Schriftstil verlangt viel Aufmerksamkeit. Das ist mit Sicherheit kein Buch, das man am Stück hintereinander liest.
Ich möchte mich in meiner Rezension auf wenige Schwerpunkte konzentrieren und die mit Zitaten belegen.

„...Trotz des erheblichen Unterschiedes sollte inzwischen klar sein, wie falsch es ist, die „arabische Geschichte“ mit dem Islam oder den „Arabern“ anfangen zu lassen. Das Fundament der Geschichte bilden die Südaraber, die sich in ihrer Blütezeit nie auch nur entfernt als Araber betrachteten...“

Der Autor geht weit zurück bis ins Jahr 900 vor Christi. Er zeigt die geografischen Besonderheiten auf und legt dar, welche Völker und Stämme in der damaligen Zeit existiert haben. Schon damals bilden sich in den bewässerten Teilen sesshafte Völker heraus, während in der Wüstengegend das Nomadentum überlebenswichtig war.

„...Ihre semitischen Wurzeln einten sie, doch die semantischen Verzweigungen trennten sie...“

Einer der Schwerpunkte ist die Entstehung der Schrift, bevor sich der Autor dann dem Islam zuwendet. Ausführlich werden Kriege und Konflikte beschrieben. An vielen Stellen zitiert der Autor Originaldokumente und zeigt damit die Vielfalt des kulturellen Lebens auf. Dem haben auch die dauernden Kämpfe nur selten geschadet. Was dabei aber geändert hat, ist die Sprache. Hocharabisch war nie die Sprache aller Araber und doch war sie das verbindende Glied. Mohammed nutzt die Schrift .

„...Worauf es im Koran ankommt, ist nicht das, was er sagt, sondern wie er es sagt. Es ist nicht die Logik, die zählt, sondern die Magie...“

Es folgen Jahre des Aufstiegs und des Niedergangs. Die Ausbreitung des Islam bis nach Spanien und der kulturelle und wissenschaftliche Aufstieg der arabischen Welt sind begleitet von Kriegen und Auseinandersetzungen. Die Vermischung verschiedener Stämme und dem Auf und Ab der Entwicklung gibt der Autor viel Raum. Der folgende Satz scheint für die arabische Welt gjundlegend zu sein.

„...Wer sich seiner Vergangenheit nicht erinnert, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen...“

Dabei arbeitet der Autor unter anderen zwei Punkte heraus, die nun entscheidend für die weitere Entwicklung waren. Das ist zum einen der Überfall der Mongolen, zum anderen die Erfindung des Buchdruckes. Letzteres war für die arabische Schrift ein Desaster.
Interessant fand ich, wie weit sich arabische Begriffe über andere Kontinente verbreitet haben.
Ausführlich beschäftigt sich der Autor mit der jüngeren Vergangenheit.

„...Die imperialen Linienzieher haben in dieser Hinsicht eine Menge zu verantworten...“

Gerade dieser Satz wird von ihm mit vielen Beispielen unterlegt. In dieser Gegend der Welt zählen eben nicht in erster Linie Völker, sondern Stämme. Die Spuren der Vergangenheit sind heute noch tief verwurzelt. Und das sorgt für Gegensätze, statt für Einheit. Das kann man auch sehr poetisch formulieren:

„...Zeit lässt sich als Sanduhr betrachten, aber ebenso als Ziehharmonika – eine, die Variationen sehr alter Motive spielt...“

Was mich sehr überrascht hat, ist der äußerst kritische Blick des Autors auf Israel und seine Stellung in diesem Teil der Welt.
Ein inhaltsreiches Nachwort, mehrere Karten und ein umfangreicher Anhang ergänzen das Buch.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es hat meinen Blick für einen Teil der Geschichte geschärft.
Gerade aus dem Geschehen der letzten Tage heraus möchte ich meine Rezension mit einem dazu ausgewählten Zitat beenden, über das man durchaus kontrovers diskutieren kann:

„...Freiheit kann niemand gegeben werden; Freiheit nimmt man sich, und jeder ist so frei, wie er will...“