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Veröffentlicht am 25.09.2018

Klassischer Mittelband

Das Juwel - Die Weiße Rose
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„Das Juwel“ konnte mich in seinem ersten Teil vor allem durch seine innovative Idee überzeugen, etwas schwieriger fand ich dagegen die Liebesgeschichte, die etwas überhastet erzählt wurde. Nun stand mit ...

„Das Juwel“ konnte mich in seinem ersten Teil vor allem durch seine innovative Idee überzeugen, etwas schwieriger fand ich dagegen die Liebesgeschichte, die etwas überhastet erzählt wurde. Nun stand mit „Die weiße Rose“ der zweite Band für mich an und ich war doch sehr überrascht, wie anders sich das Lesen anfühlte. Durch das Ende des ersten Bandes war ja bereits klar, dass es einen Bruch geben wird, der vor allem mit einem Handlungsortwechsel verbunden sein würde. Zunächst bestand die Handlung also nur aus Flucht und schließlich einem neuen Setting, wo alles zusammenkommt. Die Flucht aus dem Juwel war an sich sehr, sehr spannend gestaltet, doch sie nimmt mir für die Länge des zweiten Bandes zu viel Raum ein. Es gab natürlich einige wichtige Szenen auf der Flucht, wie die Begegnung mit Lily oder Ashs kurze Heimkehr zu seiner Familie, aber um all das mehr genießen zu können, hätte das Buch definitiv länger sein müssen.
Denn der zweite große Teil der Handlung und das Buch hat nur zwei große Handlungen, ist die Erkundung von Violets Fähigkeiten. Bei diesem Handlungsbogen bin ich auch total hin- und hergerissen, wie ich ihn eigentlich bewerten soll. Auf der einen Seite fühlte sich alles so gemäßigt an, als ob es keine wirklichen Höhepunkte in der Erzählung gibt und auf der anderen Seite ging mir aber auch alles viel zu schnell. Denn Violet begreift plötzlich ultraschnell ihre Magie und scheint regelrecht übermächtig zu sein. Aber mir will sich diese Magie irgendwie nicht recht erklären. Auch die Erklärung mit den Vorfahren von der Insel erscheint mir zu banal, so dass ich insgesamt die Magieanteile als nervig empfand.
Aber es gibt natürlich nicht zu meckern. Violet ist trotz der schwachen Handlungen inzwischen ganz klar eine starke Persönlichkeit, weil sie immer vorangeht. Sie verliert dabei nie ihre Empathie und sie ist auch bereit steinige Wege zu gehen. Vor allem Ashs Entwicklung gefällt mir aber besonders. Endlich ist er von seinem Leben als Gefährten erlöst und man merkt, wie sehr er sich danach sehnt, seine Persönlichkeit neu zu entdecken. Damit ist es deutlich mehr als ein Sidekick und mir gefällt es auch, dass er und Violet sich da nicht immer einer Meinung sind. Insgesamt wird ihre Liebesgeschichte viel authentischer, da es nicht mehr ad hoc erscheint, sondern es gibt auch viele kleine Szenen, die ihre Beziehung schön stärken. Das hat mir wirklich wesentlich besser gefallen als im ersten Teil.
Bei den anderen Figuren gibt es noch viele Fragezeichen. So ist mir Lucien, den ich eigentlich im ersten Teil sehr mochte, inzwischen etwas zu viel, da er vor allem sehr, sehr eifersüchtig wirkt. Raven taucht endlich viel mehr auf, aber diese Rebellin, die am liebsten überall aneckt, ist leider doch etwas verlorengegangen. Ich hoffe, dass sie diesen Charakter für den letzten Band noch einmal wiederentdeckt. Sil als komplett neue Figur konnte mich nicht für sie gewinnen, weil sie sehr sonderbar und wenig empathisch wirkt. Dann gibt es noch neue Surrogate, die vorgestellt werden, wie Sienna z. B., im ersten Band noch als Löwin bekannt, sie ist unbequem und es muss sich zeigen, ob sie noch zum Problem wird. Das große Problem für den letzten Band wird am Ende angesprochen und bietet somit den zweiten Cliffhanger. Eins muss man Ewing lassen, Cliffhanger kann sie!
Fazit: „Die weiße Rose“ ist für mich ein klassischer Mittelband, da man schon unterhalten wird, aber wenn man die ganze Reihe gelesen hat, wird man sich an die Handlungen aus dem zweiten Band am wenigsten erinnern können, dessen bin ich mir jetzt sicher. Denn es gab nur zwei große Bögen, die auch noch wenig Zug hatten. Dafür kann mehr an Charakterarbeit geleistet werden. Ash gewinnt viel mehr an Profil und prompt weiß auch seine Liebesbeziehung zu Violet mehr zu überzeugen. Aber nach dieser eher lahmen Vorstellung, muss der dritte Band jetzt wieder einen raushauen!

Veröffentlicht am 24.09.2018

Wenn Liebe wichtiger ist als das Überleben...

ASH PRINCESS
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„Ash Princess“ hatte alleine aufgrund des Covers ruckzuck meine Aufmerksamkeit erregt, da es einfach chic ist, aber auch weil es so eine gewisse Ernsthaftigkeit ausstrahlte, die mich überzeugte, dass es ...

„Ash Princess“ hatte alleine aufgrund des Covers ruckzuck meine Aufmerksamkeit erregt, da es einfach chic ist, aber auch weil es so eine gewisse Ernsthaftigkeit ausstrahlte, die mich überzeugte, dass es sich um ein anspruchsvolles Jugendbuch handelt. Die ersten Kapitel bestätigen diesen Eindruck auch absolut. Gleich zu Anfang gibt es Szene, die aufrüttelt. So eine Szene gleich an den Anfang zu setzen, ist unfragliche eine starke Botschaft, denn in meinen Augen vermittelte die Autorin damit auch die Botschaft: „Ich handle nicht nach Schema F, ich gehe auch über Leichen.“ Grundsätzlich muss ich keine Leichen haben, um jetzt keinen falschen Eindruck zu erwecken, aber bei einer so düstern Atmosphäre, bei einem Kampf um Leben und Tod, muss es auch einfach Opfer geben.

Nach diesem bombastischen Auftakt pendelt sich das Geschehen etwas ein und es wird sich mehr Zeit genommen, den Handlungsort, das Geschehen und die Figuren einzuführen, um so eine stärkere Verbindung zum Leser aufzubauen. Das gelingt zunächst auch ganz gut, doch alles, was sorgsam aufgebaut wurde, wird dann nach und nach eingerissen. Zum einen wäre da zu erwähnen, dass in dem Buch Magie eine Rolle spielt. Weiterhin wird nur grob erklärt, dass es wohl vier Richtungen nach den Elementen gibt, wohin sich die Magie entwickeln kann und auch ein paar Fähigkeiten werden genannt, ansonsten aber wird dieses Thema fast gänzlich ausgelassen. Natürlich mag es sein, dass die Magie in den Folgebüchern noch eine größere Rolle spielt, aber wenn es sie gibt, möchte ich sie doch wenigstens gänzlich verstehen können.

Der zweite Aspekt sind die Figuren. Thora bzw. Theo erobert am Anfang mein Herz im Sturm, doch mehr und mehr verstrickt sie sich in Nebensächlichkeiten. Wenn es dann eigentlich auch auf sie ankommt, zieht sie auch regelmäßig den Schwanz ein und überlässt die Verantwortung anderen. Von einer jungen Frau, die sich für ihr fast komplett zerstörtes Volk rächen will, ist das einfach viel zu wenig. Erst gegen Ende hin kommen wieder einzelne Szenen, wo sie ihren Mut und ihre Stärke vom Romanbeginn zeigt, aber insgesamt ist sie für mich nicht die starke Persönlichkeit, die ich mir erhofft hatte. Und woran liegt das normalerweise? An der Liebe, die dann die Protagonistin vollkommen blind macht.

Ich finde es vollkommen normal, dass man in solchen Büchern auch eine Liebesgeschichte findet, aber wenn denn dann, dann bitte auch eine gute Liebesgeschichte. Ruckzuck wird dem Leser ein Liebesdreieck präsentiert, wo sich weder mit S ren noch mit Blaise die Zeit genommen wird, dass sie mit Theo tolle Momente haben. Es springt weder bei dem einen noch bei dem anderen ein Funke über und dann muss man ihr aber abkaufen, dass sie für beide Gefühle hat. Zudem ist das Problem ganz einfach, dass der Mittelteil komplett von solchen pubertären Problemen, wo dann auch noch Theos beste Freundin Cress ihre Rolle spielt, eingenommen wird. Angesichts der Tatsache, dass es um Leben und Tod geht und auch um Zeit, wirkt der Fokus auf diesen Handlungsbogen wie ein Dritte-Welt-Problem. Am Ende entwickelt sich dann erst wieder der Zug, den die Handlung durchweg gebraucht hätte. Auch wenn es sicherlich einige sehr vielversprechende Handlungsbögen für den zweiten Band gibt, habe ich für mich noch nicht entscheiden können, ob ich an dieser Reihe wirklich dranbleiben will.

Fazit: Ich hatte ehrlich nicht gedacht, dass ich so enttäuscht aus der Lektüre von „Ash Princess“ herausgehen würde. Ein fulminanter Auftakt mit einem Ausrufezeichen hatte die Erwartungen zunächst erfüllt, doch danach verliert sich die Geschichte in einem Liebesdreieck, bei dem keiner ein Gewinner ist, weil man einfach nicht mitfiebern kann. Zudem ist die Protagonistin zu lange ein Feigling. (Zu) spät nimmt die Geschichte dann wieder Fahrt auf und bietet gute Charaktermomente, aber für einen Auftakt ist das doch schon fast zu wenig.

Veröffentlicht am 12.09.2018

Fragwürdige Handlungen

The Ivy Years – Bevor wir fallen
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Ich finde Sarina Bowens „True North“-Reihe grandios, weswegen es für mich außer Frage stand, dass ich auch in „Ivy Years“ reinlesen würde. Erst nach und nach kam mir dann zu Bewusstsein, dass diese College-Reihe ...

Ich finde Sarina Bowens „True North“-Reihe grandios, weswegen es für mich außer Frage stand, dass ich auch in „Ivy Years“ reinlesen würde. Erst nach und nach kam mir dann zu Bewusstsein, dass diese College-Reihe tatsächlich eher geschrieben wurde als „True North“ und dass diese auch selbstpubliziert wurde. Selbst wenn ich dies vorher gewusst hätte, hätte ich diese Reihe wohl gelesen, denn Ausschlusskriterien sind es definitiv nicht, aber es sind eben auch Aspekte, die einige Schwächen dieses Auftaktbandes wunderbar erklären.

Bereits in ihrer „True North“-Reihe wagt sich Bowen an viele sensible Themen, die viel Dramatik bieten, die aber auch mit der richtigen Portion Fingerspitzengefühl angegangen werden müssen, um authentisch zu wirken. Diesen Weg wählt sie nun auch im ersten Band von „Ivy Years“, da die Protagonistin Corey (ein Name, mit dem ich mich unheimlich schwer getan habe, da ich ihn eher männlich empfinde) seit einem Eishockeyunfall eine Lähmung in den Beinen hat. Diesen Ansatz fand ich für eine NA-Geschichte am College sehr vielversprechend, weil es sonst mehr um die Unbeschwertheit dort geht und die Probleme, die solch eine körperliche Behinderung mitsichtbringt, lagen ja auf der Hand. Grundsätzlich finde ich auch, dass dieses Thema gut umgesetzt wurde, vor allem auch, weil es am Ende keine Wunderheilung gibt. Viel mehr geht es eben um die psychischen Probleme, die Corey mit ihrem Schicksal hat und wie sie diese überwindet und das war wirklich realistisch dargestellt.

Was mir jedoch gehörig gegen den Strich ging, war vor allem die anfängliche Beziehung von Corey und Hartley. Er ist mit einer oberflächlichen Ziege zusammen, anders lässt sie sich wahrlich nicht beschreiben. Dafür hat man als LeserIn null Verständnis und als es letztlich eine Erklärung dafür gibt, kann man nur die Augen verdrehen. Aber lassen wir das mal beiseite: Fakt ist, dass Hartley vergeben ist und da ist vollkommen egal, ob er sich wirklich glücklich in dieser Beziehung fühlte und was sie selbst so treibt. Deswegen hat es mir absolut nicht gefallen, was sich zwischenzeitlich zwischen Corey und ihm abspielte. Vor allem eine Szene habe ich als extrem befremdlich empfunden, da ich mich auch richtig unbehaglich gefühlt habe und solch ein Gefühl habe ich wirklich selten bei so einer Art von Lektüre empfunden.

Diese Szene hat mich wirklich unheimlich geärgert, vor allem, weil so vieles drum herum wieder so typisch Bowen und damit so gut ist. Die Darstellung der verschiedenen Sportarten, die konkreten Spielsituationen, auch das Gefühl für diese Momente, das ich selbst als Sportfanatikerin wunderbar nachempfinden kann. Dazu auch die ganzen kleineren Beziehungsmomente, seien sie am Anfang ihrer Freundschaft oder eben erst am Ende, wo dann alles richtig von Statten ging. Das waren richtig tolle Momente, die ich gerne komplett ausgekostet hätte, aber diese unbehaglichen Momente haben mir dies ganz schön verhagelt. Daher echt schade um einen Großteil der Liebesgeschichte von Corey und Hartley.

Fazit: Auch wenn ich die positiven erzählerischen Fähigkeiten von Bowen im Auftaktband der „Ivy Years“-Reihe vielfach wiedererkennen konnte, gibt es mehrere kleine Momente und einen fatalen großen Moment, den ich am liebsten aus dem Gedächtnis streichen würde, da er mich so geärgert hat. Damit ist das Lesevergnügen doch etwas verhagelt worden, was eben besonders ärgert, wenn sonst alles stimmte…

Veröffentlicht am 10.09.2018

Nicht so süß wie gedacht

Lost in a Kiss
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Das Cover von „Lost in Kiss“ hat mich vor allem angezogen, sicherlich auch der Einführungspreis beim EBook, machen wir uns nicht vor, aber natürlich auch der Klappentext, der in meinen Augen viele verbale ...

Das Cover von „Lost in Kiss“ hat mich vor allem angezogen, sicherlich auch der Einführungspreis beim EBook, machen wir uns nicht vor, aber natürlich auch der Klappentext, der in meinen Augen viele verbale Auseinandersetzungen und spannende Abenteuer bot. Dazu noch prickelnde Romantik und fertig ist die nette Lektüre für zwischendurch. So dachte ich zumindest und das sogar auch die ersten 100 Seiten des Buchs über. Denn die Geschichte fängt echt gut an. Man bekommt schnell ein Gefühl für die Hauptfigur Aspen, die einen schweren Schicksalsschlag erfahren hat und damit auch eine gewisse Ernsthaftigkeit an den Tag legt und dennoch das Leben spektakulär und mit scharfem Mundwerk genießt. Bram hat mir auf Anhieb etwas weniger gut gefallen, weil er wieder der typische reiche Schnösel war, der meint, sich alles kaufen zu können. Dennoch mochte ich von Anfang die Abneigung der beiden füreinander, weil klar war, dass da noch viel passieren muss, damit die Funken übersprühen.

Am Anfang war die Geschichte auch noch sehr handlungslastig, es passierte viel auf wenigen Seiten, immer wieder neue Wendungen, viele pfiffiger Dialoge, stellenweise aber auch schon tiefer gehende Unterhaltungen. Plötzlich kam jedoch ein Bruch, als die beiden tatsächlich eine sexuelle Beziehung eingehen, weil die Spannung zwischen ihnen zu groß war. Gerade das Cover und das darauf dargestellte Paar wirken eher süß und dementsprechend habe ich mir auch eher eine süßere Liebesgeschichte gewünscht, wo es natürlich Sexszenen gegeben hätte, aber nicht in diesem Ausmaß und der Derbheit, wie es plötzlich in „Lost in a Kiss“ der Fall war. Der ganze Auftakt hatte mir wirklich einen anderen Eindruck vermittelt, so dass ich schwer enttäuscht war, wie sehr die Erotik plötzlich überhandnahm. Ich habe sogar das Gefühl, dass man die beschriebenen Sexszenen gar nicht mehr an zehn Fingern darstellen kann. Das war mir wahrlich zu viel… Erst am Ende entwickelt sich wieder deutlich mehr Handlung, die mir auch wieder deutlich besser gefiel, weil das Drama passte und auch die Konsequenzen daraus logisch waren. So war ich am Ende wieder etwas versöhnt.

Fazit: Die durch das Cover erzeugte Erwartung, dass es sich um eine süße Liebesgeschichte handelt, hält leider gerade mal zur Hälfte, denn ansonsten handelt es sich um einen hocherotischen Roman, wo es plötzlich keine Handlung mehr zu geben scheint. Daher bin ich etwas enttäuscht, aber Erotik-Fans werden auf ihre Kosten kommen!

Veröffentlicht am 18.08.2018

Ein Jugendbuch der Extremen

I love you heißt noch lange nicht Ich liebe dich
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„I love you heißt noch lange nicht Ich liebe dich“ ist ein ziemlich sperriger Titel, aber für mich als Sprachwissenschaftlerin natürlich höchst faszinierend, weil es semantisch natürlich einwandfrei zutrifft. ...

„I love you heißt noch lange nicht Ich liebe dich“ ist ein ziemlich sperriger Titel, aber für mich als Sprachwissenschaftlerin natürlich höchst faszinierend, weil es semantisch natürlich einwandfrei zutrifft. ‚I love you‘ meint bei uns wohl eher ‚Ich hab‘ dich lieb‘. Neben diesem Titel war ich natürlich auch interessiert, weil das Cover abseits vom Titel klinisch weiß ist und dann aber doch eher einen stereotypen Klappentext hat. Diese Widersprüche wollte ich mit diesem Buch wirklich gerne näher ergründen.

Was mich unheimlich an diesem Jugendbuch unterhalten hat, waren die Einblicke in die Synchronisationstätigkeiten. Hinten in den Dankesworten der Autorinnen kann man auch nachlesen, dass die beiden intensiv recherchiert haben und auch einen Experten zur Hand hatten, was mich auch darauf vertrauen lässt, dass die Arbeit authentisch dargestellt wurde. Vor allem fand ich es als Setting für das Entstehen einer Liebesgeschichte sehr ungewöhnlich und der Rahmen hat mir unheimlich gut gefallen. Zumal ich mir die Arbeit so auch immer irgendwie vorgestellt habe.

Bei den Hauptcharakteren fangen aber schon die ersten Probleme an. Normalerweise habe ich die Erfahrung gemacht, dass die weiblichen Figuren tendenziell die Sturköpfe, die zusätzlich gepaart mit Launenhaftigkeit schnell anstrengend werden. In diesem Jugendbuch ist die Rollenverteilung genau andersherum. Ich habe Ben als unheimlich anstrengend empfunden, weil man durch seine Perspektive seine sensible Seite erahnen konnte, seine Taten ließen aber eher einen Elefanten im Porzellanladen vermuten. Zudem hat er ständig die Stimmung gewechselt, so dass ich bis zum Ende nicht recht wusste, woran mit ihm eigentlich ist. Lilly ist dagegen wesentlich solider angelegt und trotzdem kam sie mir zuoft wie ein Spielball vor, der keine eigene Meinung hatte. Immer wieder blitzt ihre Leidenschaft durch, aber das wird nicht konsequent bis zum Ende herausgearbeitet.

Durch die beiden war natürlich auch ihre Liebesgeschichte geprägt. Es gab richtig süße Momente, die mich auch sehr für die beiden erwärmt haben. Hauptsächlich war die Liebesgeschichte aber ein einziges Auf und Ab, da sie vor allem von Bens Launen abhängig war. Dann gab es aber auch wieder Momente, wo ich mir dachte: das ist so anstrengend mitzuverfolgen, aber so sind die Liebesgeschichten von heute doch, oder?! Gefühle ohne Ende sind vorhanden, aber man kann sich denen nicht stellen und steht sich letztlich selbst im Weg. Also im Grunde eine realistische Liebesgeschichte, die aber eben dennoch an den Nerven zerrte.

In einem letzten Punkt möchte ich noch auf den Schreibstil eingehen, der gerade im Jugendbereich, zumindest meiner Meinung nach, inzwischen zu einem typischen Stilmittel geworden ist. Es gibt unheimlich viele kurze Sätze, die fast schon staccato-artig an Gedankenfetzen erinnern. Dann wiederum gibt es Passagen, wo die Autorinnen sich in ihrer Wortgewandtheit austoben und so tief in der Gefühlskiste graben, das man sich schon fast an einen Prosatext erinnert fühlt. Als Beispiel nenne ich hier nur mal die erste Begegnung von Ben und Lilly, wo er direkt etwas merkt und mit diesem Ich nichts anzufangen weiß und ihn den ‚Fremden‘ nennt. Das ist ja schon fast philosophisch. Und diese beiden Stile wurden so verrückt miteinander gemischt, dass es sich zwar um eine flotte Lektüre handelte, aber nicht immer um eine Lektüre, die in den richtigen Momenten die Intensität der Gefühle bot. Da gab es leider ganz eindeutig zu viele Schwankungen.

Fazit: Eine klassische Liebesgeschichte wird im ungewöhnlichen Rahmen eines Synchronisationsstudios erzählt. Dieser Aspekt hat mich sehr unterhalten. Meine Schwierigkeiten hatte ich jedoch mit den beiden Hauptfiguren, allen voran Ben, der ein sehr anstrengende Diva darstellte. Zudem war der Schreibstil ein Mix aus Extremen. Das findet man in Jugendbüchern immer öfters, nur leider geht dafür doch auch eine ganze Menge an Gefühl verloren. Daher ist abschließend zu sagen, dass das Potenzial groß ist, die Umsetzung aber noch etwas hapert.