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Veröffentlicht am 27.06.2019

Enttäuscht die Erwartungen

Waffenschwestern
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Wenn ein Buch, sauber betitelt, schwer in der Hand liegend, als Dreiteiler angekündigt bei Fischer Tor erscheint, dürfen die Erwartungen hoch sein. Umso schwerer wiegt dann eine Voll-Enttäuschung wie „Waffenschwestern“. ...

Wenn ein Buch, sauber betitelt, schwer in der Hand liegend, als Dreiteiler angekündigt bei Fischer Tor erscheint, dürfen die Erwartungen hoch sein. Umso schwerer wiegt dann eine Voll-Enttäuschung wie „Waffenschwestern“. Es ist ein mühsamer Weg durch 620 Seiten netto, und doch will man bis kurz vor Schluss nicht glauben, dass dieses Buch ein Fehlkauf war.

Obwohl es ganz gut anfängt: Das Bauernmädchen Nona Grey steht mit acht Jahren kurz davor, wegen Mordes gehenkt zu werden. Buchstäblich in letzter Sekunde nimmt eine Äbtissin sie mit ins Kloster zur süßen Gnade, wo sie zusammen mit anderen Anwärterinnen zur Kämpferin ausgebildet werden soll. Klinge, Geist, Weltkunde und Pfad heißen die Fächer, in denen die Mädchen Unterricht erhalten.

Nach diesem vielversprechenden Anfang wird die Geschichte sehr eintönig. Eine unüberschaubare Schar kleiner Novizinnen, die bis zu Schluss nicht älter als vierzehn sind, allerdings schon kämpfen können wie die Berserker, macht sich im Klosteralltag gegenseitig das Leben schwer. Sticheleien, Gemeinheiten und Intrigen bestimmen, neben sich wiederholenden Übungen in den verschiedenen Kampfestechniken, das Geschehen.

Echt gekämpft wird auch nur selten, stattdessen kämpft sich der Leser fortlaufend durch ausufernde Bestrafungsrituale, bei denen der Geprüfte zeigen darf, dass er möglichst lange und regungslos körperliche Schmerzen aushalten kann.

Nur in Bruchstücken gibt es Einsichten in Nonas kurze Vergangenheit. Auch über die Herkunft, die Entwicklung und das Innenleben der anderen Figuren erfahren wir – zumindest in diesem ersten Buch – zu wenig. Ortswechsel, parallele Handlungen, kleine Wissensvorsprünge, die Spannung erzeugen könnten – leider Fehlanzeige.

Wie die winterlich geprägte Kunstwelt, in der die Geschichte angesiedelt ist, insgesamt funktioniert, wird nur angerissen. Auch über die im Kloster ausgeübte Religion erhält man nur wenige Informationen. Da reißen auch die letzten 100 Seiten nichts raus, die ein so wuchtiges Finale bieten, dass sie fast gar nicht zum Rest des Buches zu passen scheinen.