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Veröffentlicht am 09.09.2021

Die unheilvolle Begrüßungsgeste

Der falsche Gruß
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Erck Dessauer will als Schriftsteller groß rauskommen. Als junger Mann ist er von Leipzig nach Berlin gezogen. Zwar hat er sein Studium nicht abgeschlossen. Doch nun hat er den Vertrag mit einem Verlag ...

Erck Dessauer will als Schriftsteller groß rauskommen. Als junger Mann ist er von Leipzig nach Berlin gezogen. Zwar hat er sein Studium nicht abgeschlossen. Doch nun hat er den Vertrag mit einem Verlag in der Tasche. Wenn da nur nicht der berühmte Autor Hans Ulrich Barsilay wäre. Bei einer zufälligen Begegnung konfrontiert Erck den Juden aus dem Affekt mit dem Hitlergruß. Das kann nicht ohne Folgen bleiben - oder?

„Der falsche Gruß“ ist ein Roman von Maxim Biller.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus zwölf Kapiteln. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Erck, und zwar rückblickend aus dem Jahr 2012. Die eigentliche Handlung spielt vorwiegend um die Jahrtausendwende. Durch ständige Zeitsprünge fällt es nicht leicht, die einzelnen Episoden zu sortieren. Mal geht es um Ercks Kindheit, mal die Teenagerjahre, mal die Studienzeit und mal die jüngere Vergangenheit.

Auch der Schreibstil macht es den Leserinnen und Lesern nicht einfach. Verschachtelte Sätze werden kombiniert mit Anglizismen, Abkürzungen und Fachtermini. Zudem werden immer wieder unnötig viele Namen in den Raum geworfen. Positiv stechen allerdings kreative Wortschöpfungen und -witze heraus.

Der Protagonist ist eine Art Antiheld. Erck ist ein recht feiger Einzelgänger ohne Freunde, ein leicht zu beeinflussender Unsympath mit Minderwertigkeitskomplexen und starker Unsicherheit, der aber zugleich ein großes Geltungsbedürfnis hat. Kaum besser gefallen hat mir der Gegenpart Barsilay, den wir jedoch nur durch Ercks Brille kennenlernen.

Die Handlung an sich mutet teilweise etwas übertrieben und absurd an. Vielleicht ist mir an einigen Stellen der spezielle Humor des Autors entgangen. Vielleicht darf man das Gelesene nicht immer allzu wörtlich nehmen. Mir hat sich jedenfalls nicht alles erschlossen.

Inhaltlich soll es nach Verlagsangaben um Opportunismus, neuen Nationalismus und politische Korrektheit gehen. Diese Aspekte konnte ich aus der Geschichte jedoch nicht herauslesen. Für mich sind vor allem extreme politische Anschauungen im rechten und linken Spektrum sowie historische Debatten hängen geblieben. Allerdings hatte ich den Eindruck, dass der Autor noch sehr viel mehr in den Roman packen wollte, mit dem er mich aber nicht erreichen konnte. Obwohl der Roman nur 120 Seiten umfasst, haben mich einige Passagen gelangweilt.

Das Cover finde ich passend. Der prägnante Titel ist ebenfalls treffend gewählt.

Mein Fazit:
„Der falsche Gruß“ von Maxim Biller ist ein Roman, der mich etwas ratlos zurücklässt. Eine schwer zugängliche, etwas chaotisch erzählte Lektüre, mit der ich leider wenig anfangen konnte.

Veröffentlicht am 22.01.2018

Eine Zukunft der Superlative

QualityLand
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In QualityLand ist alles besser, nein, am besten – angeblich. Denn in der Zukunft wird nur noch in Superlativen gesprochen. Sämtliche Alltagsbereiche wie Arbeit, Freizeit und Beziehungen sind von Algorithmen ...

In QualityLand ist alles besser, nein, am besten – angeblich. Denn in der Zukunft wird nur noch in Superlativen gesprochen. Sämtliche Alltagsbereiche wie Arbeit, Freizeit und Beziehungen sind von Algorithmen optimiert. Keiner muss mehr schwierige Entscheidungen treffen. Dennoch beschleicht Peter Arbeitsloser das Gefühl, dass mit seinem Leben etwas nicht stimmt. Wenn das System so perfekt ist, warum leiden Drohnen dann an Flugangst und haben Kampfroboter eine posttraumatische Belastungsstörung? Warum werden die Maschinen immer menschlicher und die Menschen immer maschineller?

Mit „QualityLand“ wagt sich Marc-Uwe Kling an einen gesellschaftskritischen Roman im Bereich Science-Fiction.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus mehreren Kapiteln und unterschiedlichen Unterbrechungen mit Werbung, Artikeln und Kommentaren. Erzählt wird im Präsens und aus der Perspektive von drei unterschiedlichen Akteuren. Positiv sticht der Schreibstil hervor, der mit einer Menge Wortwitz aufwarten kann.
Auch die Grundidee der Geschichte spricht mich an. Immer wieder wird deutlich, dass es darum geht, einen satirischen Blick auf aktuelle Entwicklungen zu richten und Gesellschaftskritik zu üben. Das Buch will zum Nachdenken anregen. Das gelingt.

Mit viel Humor und Kreativität wird die angeblich so schöne neue Welt beschrieben, sodass mich das Buch durchaus mehrfach zum Lachen bringen konnte. Dass ein satirischer Roman an einigen Stellen übertreiben darf und nicht äußerst realistisch sein muss, versteht sich für mich von selbst. Leider treibt es der Autor aber alles in allem etwas zu sehr auf die Spitze, sodass es stellenweise in den Bereich des Klamauks abrutscht und den durchaus ernsten Hintergrund durch seine Absurdität zum Teil ins Lächerliche zieht.

Insgesamt konnte mich der Inhalt des Romans weniger überzeugen. Hauptprotagonist ist Peter Arbeitsloser, der als Maschinenverschrotter arbeitet. Seine Figur bleibt wie viele andere leider sehr blass. Zudem wirkt die Handlung auf mich ziemlich zusammenhanglos und gibt leider nicht viel her. Ich konnte dem Ganzen daher nicht mit großer Begeisterung folgen.

Einen Punkt Abzug gibt es von mir auch dafür, dass es zwei unterschiedliche Versionen des Buches gibt, die sich inhaltlich unterscheiden. Die helle Edition richtet sich an Optimisten, die schwarze an Pessimisten. Zwar lässt sich der Inhalt der jeweils anderen Variante im Internet nachlesen. Das finde ich allerdings unpraktisch und unnötig. Davon abgesehen, hat die schlichte, aber passende Gestaltung durchaus ihren Reiz.

Mein Fazit:
„QualityLand“ von Marc-Uwe Kling konnte meine Erwartungen leider nicht erfüllen. Auch wenn mich das Buch an etlichen Stellen zum Lachen bringen konnten, überwiegen für mich leider die Schwächen.