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Veröffentlicht am 30.11.2022

Acht Frauen

Miss Kim weiß Bescheid
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Acht Frauen mit acht sehr verschiedenen Lebensentwürfen und in verschiedenen Lebensabschnitten, doch alle vereint der Alltag und die weibliche Identität in Korea.

Mit ihrem Roman »Kim Jiyoung, geboren ...

Acht Frauen mit acht sehr verschiedenen Lebensentwürfen und in verschiedenen Lebensabschnitten, doch alle vereint der Alltag und die weibliche Identität in Korea.

Mit ihrem Roman »Kim Jiyoung, geboren 1982« hat mich Cho Nam-Joo sehr beeindruckt, berührt und unerwartet angesprochen. Der schmale Grad zwischen Distanz und Nähe, zwischen Fiktion und Tatsachen hat mich beim Lesen mit jeder zeile mehr überzeugt. Und auch wenn die acht Kurzgeschichten in »Miss Kim weiß Bescheid« genauso gut gearbeitet und sprachlich auf dem gleichen Niveau sind, fiel es mir schwer, einen Bezug zu den Frauen zu finden. Nur die Hälfte der Geschichten haben mich wirklich berührt und nachhaltig beeindruckt, der Rest blieb leider immer etwas im Hintergrund. Mir fehlte die Nähe zu den Figuren und die Abgeschlossenheit mancher Erzählungen.

Dennoch mochte ich, dass Nam-Joo verschiedene Frauen zeigt, die alle ein eigenes Individuum sind, die aber gleichzeitig auch miteinander verschmelzen und verschiedene Szenarien aus dem Leben von frauen darstellen. es sind Szenen aus dem Alltag, die immer wieder passieren können und passieren und es ist gut, dass diese hier gezeigt werden.

Insgesamt dennoch eine gute Kurzgeschichtensammlung, die für mich jedoch nicht an »Kim Jiyoung, geboren 1982« heranreicht.

Veröffentlicht am 11.08.2022

Marie de France

Matrix
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Marie, uneheliches Kind des Königs wird nach dem Tod ihrer Mutter an den königlichen Hof Englands in die Obhut von Eleonore von Aquitanien. Marie ist groß und ungelenk und nach Ansicht der Königin ungeeignet ...

Marie, uneheliches Kind des Königs wird nach dem Tod ihrer Mutter an den königlichen Hof Englands in die Obhut von Eleonore von Aquitanien. Marie ist groß und ungelenk und nach Ansicht der Königin ungeeignet für die Ehe oder das höfische Leben. Deshalb soll sie Priorin eines abgelegenen, ärmlichen Klosters werden, irgendwo im Nirgendwo Englands werden. Doch Marie ist weder fromm, noch sieht sie sich als verarmte Nonne, sondern fühlt sich vielmehr zu Großem berufen und möchte Dichterin werden, weshalb sie zunächst mit ihrem Schicksal hadert. nur langsam findet sie in der Abgeschiedenheit des Klosters eine Möglichkeit ihren Weg zu gehen und den Einfluss zu erlangen, den sie immer wollte.

Mit Matrix erzählt Lauren Groff die Geschichte der Marie von Frankreich, die ins Kloster abgeschoben wurde und sich dort mühsam ihren Weg zu Einfluss erarbeitete. Groff kann schreiben, sie erzählt die Geschichte poetisch und behutsam, gleichzeitig aber packt sie in die 320 Seiten ein ereignisreiches Leben, das dadurch nur sehr gerafft durchlebt werden kann. Das Kloster bringt viele Personen, viele Frauen mit sich, die alle ein Teil von Maries Leben werden, die mir jedoch kaum näher kamen. Marie ist die unumstrittene Hauptfigur, sowohl der Geschichte als auch des Klosterlebens, sie widersetzt sich allen Versuchen, sie zu untergraben oder einzuengen. Obwohl Marie für ihre Texte und Dichtungen später bekannt geworden ist, spielen diese im Roman nur eine geringe Rolle, schon bald erhebt sie sich über ihre ursprünglichen Wunsch Dichterin zu werden hinaus, sie wird als Heilige verehrt, die die Probleme des Klosters anpackt und die Frauen zu Größe führt.

Obwohl mir die Sprache und der Schreibstil von Lauren Groff wirklich gut gefallen haben, so hat mich die Lebensgeschichte im Zeitraffer doch etwas ernüchtert zurückgelassen, die zwischenmenschlichen Verbindungen und charakterlichen Eigenheiten blieben mir fern, man betrachtet dieses Leben im Kloster nur von Außen ohne jemals Teil der Geschichte zu werden, so dass ich mir zwischendurch dachte "ja nett - und weiter?". "Matrix" ist eine Hommage an eine interessante Frau, die stark und mutig zu sich steht und an die Zärtlichkeiten und Liebe die sich hier entwickeln können, doch insgesamt hatte ich mir etwas mehr von diesem Buch erhofft.

Veröffentlicht am 26.04.2022

schwächer als Teil 1

Papier & Blut
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Al MacBharrais ist Siegelagent, d.h. er erschafft mit besonderer Tinte mächtige magische Siegel, die ihm helfen, die magische Welt zu schützen und vor den Augen der Menschen zu verbergen. Nach einem Hilferuf ...

Al MacBharrais ist Siegelagent, d.h. er erschafft mit besonderer Tinte mächtige magische Siegel, die ihm helfen, die magische Welt zu schützen und vor den Augen der Menschen zu verbergen. Nach einem Hilferuf aus Australien, reist er zusammen mit seinem neuen Lehrling/Angestellten dem Hobgoblin Buck dorthin um sich auf die Suche nach seiner verschollenen Kollegin zu machen. Begleitet werden sie dabei von ihrer Schülerin, dem Eisernen Druiden Atticus, bzw. Connor wie er sich jetzt nennt, sowie einigen anderen magischen Kreaturen, die immer mal wieder auftauchen.

Al und seine Freunde haben wir im ersten Teil schon recht gut kennen gelernt, doch die unbeantworteten Fragen bleiben weiter unbeantwortet, sowohl für uns als auch für Al. Dafür lernt man dieses Mal noch mehr über den Eisernen Druiden und sein Leben, was ich richtig toll fand. Zusammen mit seinen Hunden hat er viel zu erzählen und aufgrund seines Alters auch schon so einiges erlebt.

Auch bei den Monstern hat sich Hearne wieder so einiges einfallen lassen und so fallen sie in Teil 2 noch um eine ganze Spur bizarrer aus als bei Teil 1. Es werden munter Tier- und Monsterarten gemischt, sowohl was Anordnung als auch Größe angeht. Wer diese Monster auf die Menschheit losgelassen hat bleibt lange unklar und ich muss sagen, dass ich die Auflösung dann auch etwas dürftig und an den Haaren herbeigezogen fand. Der Humor ist mit Teil 1 vergleichbar, teilweise ziemlich derb, was mich aber nicht weiter gestört hat. Allerdings fand ich ihn vergleichsweise bemüht. Auch der Aufbau des Buches hat mich nicht ganz so überzeugt, so fand ich die "Zischenspiele" und "Lagerfeuergeschichten" irgendwann nervig und habe sie eher überflogen.

Davon abgesehen hat mich auch Teil 2 aber durchaus gut unterhalten und ich werde die Reihe sicherlich weiter verfolgen. Insgesamt kann man jedoch sagen, dass ich mir für die Folgebände wieder etwas mehr unterhaltsame Fantasy wünsche, hier ging es doch eher um das Aufdecken des Drahtziehers und weniger um die magische Welt an sich.

Veröffentlicht am 08.03.2022

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Die Kinder sind Könige
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Mélanie ist mit dem Fernsehen und den darin gezeigten Reality-Shows aufgewachsen. Sie wollte schon immer selbst ein Teil davon sein, sie wollte berühmt sein, gesehen und v.a. geliebt werden. Der Erfolg ...

Mélanie ist mit dem Fernsehen und den darin gezeigten Reality-Shows aufgewachsen. Sie wollte schon immer selbst ein Teil davon sein, sie wollte berühmt sein, gesehen und v.a. geliebt werden. Der Erfolg blieb aus und so ist sie Jahre später Hausfrau, Ehefrau und Mutter zweier Kinder. Doch genau damit hat sie nun endlich den Durchbruch geschafft, sie ist mit ihrem Kinder-/Familienkanal die erfolgreichste Youtuberin in ihrer Sparte. Der Preis dafür ist das ständige Filmen und Zeigen ihrer beider Kinder. Doch diesen Preis zahlt sie gerne, denn alle haben ja so viel Spaß dabei. Als dann ihre kleine Tochter Kimmy beim Spielen spurlos verschwindet, kommt die ganze Tragweite der ständigen Beobachtung ans Licht.

Delphine de Vigan hat mit "Die Kinder sind Könige" ein hochaktuelles Thema aufgegriffen. Viele konsumieren den Content im Internet oder TV ohne zu hinterfragen, man lässt sich berieseln und nimmt mit großem Interesse und Sensationslust am Leben anderer Teil. Doch an die Menschen, die man dabei beobachtet, denkt man kaum. Mélanie ist getrieben von dem Drang nach Aufmerksamkeit, sie will ihrem tristen und für sie lieblosen zu Hause entkommen. Sie sehnt sich nach der Liebe von anderen und als da plötzlich Menschen sind, die ihre Videos sehen und kommentieren, sieht sie diese Liebe in greifbarer Nähe. Sie kann nicht begreifen, dass andere Menschen das nicht so sehen könnten und ist fest davon überzeugt, dass ihre Kinder das genau so sehr wollen wie sie. Schließlich ist sie eine gute Mutter die weiß was gut und richtig ist für ihre Familie.

Als Gegenstück zu ihr präsentiert de Vigan die Polizistin Clara. Sie ist weniger für die Ermittlungen zuständig als vielmehr dafür den Überblick zu behalten und die Berichte und Informationen in lückenlose und korrekte Form zu bringen. Sie sieht sich im Fall von Kimmys Verschwinden alle Posts und Videos der Familie an und kann nicht glauben, was sie sieht. Diese Welt der Zurschaustellung ist ihr unbegreiflich, sie sieht die Anzeichen bei den Kindern, die Mélanie nicht sehen will.

Ich hatte mich unglaublich auf den neuen Roman von Delphine de Vigan gefreut. Doch nun weiß ich nicht so recht, was ich davon halten soll. Sie kann ohne Frage sehr gut schreiben, doch der übliche Sog, den ihre Texte sonst ab der ersten Seite auf mich auswirken, blieb aus, das Interesse an der Handlung war lange Zeit sehr gering. Das liegt v. a. an den beiden Hauptfiguren, denn weder Mélanie als verzweifelte aber alles teilende Mutter noch Clara als zurückgezogen lebende Polizistin haben mir viel gegeben, ihre Charaktere haben für mich nur an der Oberfläche gekratzt. Lange Zeit liest sich dieses Buch fast wie ein Krimi, die psychologisch feinen Beobachtungen sind zwar da, doch mir fehlte die Intensität.

Diese kam erst im zweiten Teil des Buches auf, als de Vigan die beiden Kinder sprechen lässt. Es sind Jahre vergangen, die Kinder erwachsen, doch hier offenbart sich die Vergangenheit mit all ihren Folgen. Das hat mich berührt, das konnte ich erfassen, das hatte für mich das, was die Texte von Delphine de Vigan ausmacht. Nichtsdestotrotz ist "Die Kinder sind Könige" ein lesenswerter Roman, der den Blick auf ein viel zu wenig behandeltes Thema der heutigen Zeit wirft. Menschen die alles von sich teilen, die ihre Familie mit ins Rampenlicht ziehen um sich im Glanz der Aufmerksamkeit zu sonnen und dabei vielleicht das wesentliche aus den Augen verlieren. Auch, wenn mich diese Geschichte nicht so begeistern konnte, wie erhofft, zeigt de Vigan wie immer ein Gespür für die Sprache und Themen abseits des Altbekannten.

Veröffentlicht am 19.02.2022

Familiengeheimnisse

Dschinns
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Hüseyin kam vor 30 Jahren nach Deutschland, er hat immmer hart gearbeitet um seine Familie zu ernähren und ihnen ein gutes Leben zu ermöglichen. Jetzt möchte er sich einen lang gehegten Traum erfüllen, ...

Hüseyin kam vor 30 Jahren nach Deutschland, er hat immmer hart gearbeitet um seine Familie zu ernähren und ihnen ein gutes Leben zu ermöglichen. Jetzt möchte er sich einen lang gehegten Traum erfüllen, eine Wohnung in Istanbul, für die Zeit der Rente, für den Lebensabend wie man so schön sagt. Alles ist bereit, er steht kurz davor, seiner Familie endlich das neue zu Hause zu zeigen. Doch dann spürt er einen stechenden Schmerz ind er Brust, ein Herzinfarkt er stirbt. Zurück bleiben seine vier Kinder und seine Ehefrau, die jetzt nach Istanbul müssen um den geliebten Ehemann und Vater zu beerdigen. Doch das ist nicht so leicht, denn die Familie ist geprägt von Spannungen zwischen den Kindern und den Eltern.

Tja, was soll ich sagen. Ich hatte mir mehr erhofft. Fatma Aydemir schildert eine Familie, die geprägt ist vom Generationenkonflikt, vom Beharren auf Traditionen, die die Kinder so nicht leben wollen. Mit überaus dichter Präzision wirft sie den Blick auf die Familienmitglieder, auf ihre Gedanken, Wünsche und Ängste. Jedes der Familienmitglieder hat seine eigene Erzählperspektive, mit der es auf sich, die Familie und das Leben im Allgemeinen blickt Dabei entstehen durchaus sehr ergreifende Bilder, die mich berührten und bewegten. Von Ümit, der sich verliebt, aber dem alle sagen, dass es eine solche Liebe nicht gibt, nicht geben darf. Von Sevda, die alles erreicht zu haben scheint, doch die alleine dasteht mit ihrem Restaurant, ihren zwei Kindern und die um jeden Preis verhindern will, dass sie wird wie ihre Mutter. Einer Mutter, der sie vieles vorwirft, einer Mutter, mit der sie sich nicht mehr annähern kann. Peri, die wegging von der Familie, aber dabei eine Liebe verloren hat und die sich jetzt sehnt nach Hingabe und Zuneigung. Hakan, der immer wieder die falschen Deals macht, die falschen Freunde hat, der mitmachen will bei den großen Jungs und dessen Part doch am unerträglichsten zu lesen war. Und natürlich ist da noch Emine, die Ehefrau und Mutter, die nie nach Deutschland wollte, die nicht nur ihre Wurzeln in der Vergangenheit zurücklassen musste. Sie hat viel verloren, doch darüber sprechen kann sie nicht, sie vergräbt es tief in sich, die Kinder liebt sie und doch ist das Verhältnis schwierig, v.a. zu Sevda, mit der sie alles schlechte verbindet.

Diese Einzelperspektiven sind gut, sie sind toll, eindringlich geschrieben, man ist hautnah dabei. Doch dann kommt der Schnitt, die nächste Persektive, und man braucht seine ganze Aufmerksamkeit um sich auf die neue Person einzustellen. Das was vorher war, verblasst dabei erschreckend schnell und man hat rückblickend das Gefühl, eigentlich doch nichts von der Person zu wissen. Als Aneinanderreihung der Perspektiven bleibt mir dieses Konstrukt zu distanziert, es sind nur Momentaufnahmen, Bilder in einem Album, die sich nicht zu etwas Ganzem verbinden. Jede der Figuren scheint isoliert zu stehen, sowohl im Buch, als auch in der Familie, ein Gespräch ist schwierig, für mich als Leserin auch. Der titelgebende Dschinn, der böse Geist, der die Menschen befällt, lauert über allem, doch spielt er im Buch selbst eher eine Nebenrolle.

Alles in allem hatte ich nach zahlreichen begeisterten Rezensionen das Buch des Jahres erwartet, doch nach der Lektüre bleibe ich etwas ratlos zurück. Die Familiengeschichte hat für mich als kurzer Blick hinter die einzelnen Kulissen begeistert, doch als Roman funktioniert es für mich nicht. Hinzu kommt leider ein mMn ziemlich klischeehafter Schluss, dessen Twist ich nicht gebraucht hätte. "Dschinns" ist ein gutes Buch, solide geschrieben, dessen Lektüre sicher nicht schadet, das mir jedoch nicht lange im Gedächtnis bleiben wird.