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Veröffentlicht am 24.04.2023

Wieder eine ganz besondere Familiengeschichte

Der letzte Sessellift
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Der junge Adam ist das Ein und Alles seiner Mutter, ihre große Liebe. Einen Vater gibt es nicht, warum auch, Adams Mutter wollte nichts von ihm, ausser eben ein Kind und so erfährt Adam nicht viel von ...

Der junge Adam ist das Ein und Alles seiner Mutter, ihre große Liebe. Einen Vater gibt es nicht, warum auch, Adams Mutter wollte nichts von ihm, ausser eben ein Kind und so erfährt Adam nicht viel von seiner Entstehung, nur das es im berühmten Hotel Jerome in Aspen passiert ist, das sein Vater klein war und ein schönes Mädchen abgegeben hätte. Für Adam steht fest, dass er eines Tages das Hotel besuchen wird und das nicht nur wegen der Geister des Hotels, die ihm seit seiner frühesten Kindheit erscheinen.

Jon Irving verbindet viel mit Hotels, nicht zum ersten mal spielt eines eine wichtige Rolle in einem seiner Bücher. Auch von Familien und ihren Geschichten scheint der Autor besessen, je spezieller und skurriler, umso besser. Mehr als einmal habe ich mich bei Lesen gefragt, woher der Autor die Inspiration für seine Figuren nimmt, wieviel davon gar autobiographisch zun sehen ist.

Das ganze Buch ist wie eine Autobiografie aufgebaut, Hauptfigur Adam erzählt dem Leser seine Lebensgeschichte in ausschweifenden, üppigen Bildern. Der Leser wird eingesogen in das ganz spezielle Familiengefüge mit Adams Großvater, der sich weigert zu sprechen nachdem er von der Schwangerschaft seiner Lieblingstochter erfährt, die zänkischen Tanten, die von kleinbürgerlichen Vorurteilen nur so strotzen, die norwegischen Onkel, die das Leben als einzige Aneinanderreihung von Klamauk angehen, aber letztlich so tiefgründig sind, oder eben Adams skiverrückte Mutter, die während der Saison immer unterwegs ist und vergeblich versucht ihren Sohn zum Skifahrer zu überreden. Und natürlich ist da allen voran eben Adam, der in seinem Zimmer Besuch von verschiedenen Geistern bekommt, der sich hartnäckig weigert wie der Rest seiner Familie Ski zu fahren, der sich immer in Frauen verliebt, die gesundheitlich eingeschränkt sind und der so gern Schriftsteller werden möchte.

Auf über 1000 Seiten verfolgt der Leser Adams Lebensgeschichte, dabei gibt es aber keine chronologischge Abfolge. Oft werden Ereignisse schon vorweggenommen, oder es wird unvermittet wieder in der Zeit zurückgesprungen. Man kann den Gedankengängen des Protagonisten teils nur schwer folgen und muss zwischendurch manchmal innehalten um sich zu sortieren. Stellenweise kommt der Autor doch sehr ins philosophieren und so entstehen einige Längen durch die man sich kämpfen muss. Wer andere Werke Irvings kennt, kennt natürlich auch diese Art zu schreiben, man muss das mögen und sich ein stückweit auch darauf einlassen.

Trotz der oft irrwitzigen Vorkommnisse der Geschichte bietet Irving aber auch viel tiefgründige Gesellschaftskritik, so greift er Themen wie Homosexualität und Diversity im konservativen Amerika unter Ronald Reagen auf und kritisiert dessen Aidspolitik ebeno wie die Position der Kirche zu diesen Themen. Ein großes Thema ist auch der Vietnamkrieg. Da sich das Buch über einen so großen Zeitraum erstreckt ist es natürlich wie geschaffen dafür all diese verschiedenen Themen aufzugreifen und die entsprechenden Entwicklungen und Veränderungen einzubauen. Letztlich bietet das Buch so auch einen guten Blick auf ein ganzes Land, auf eine ganze Nation. Bei vielen Punkten legt Irving hier den Finger an die Wunde.

Irving bleibt seinem speziellen Stil auch in seinem neuesten Werk treu. Altgediente Leser belohnt er fürs Durchhalten mit vielen Parallelen zu früheren Büchern, neuen Lesern macht er es auf Grund des Umfangs der Geschichte nicht unbedingt leicht. Generell würde ich zum Einstieg in Irvings Gedankenwelt nicht unbedingt dieses Buch empfehlen.

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Veröffentlicht am 17.04.2023

Am Ende der Galaxis

Kalubs End
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Kalubs End ist ein ein ziemlich trostloser Ort auf dem Planeten Ranun. Wo vor Jahrzehnten noch blühende Landschaften vorherrschten und die Bevölkerung gut am Abbau der Bodenschätze verdienten, ist heute ...

Kalubs End ist ein ein ziemlich trostloser Ort auf dem Planeten Ranun. Wo vor Jahrzehnten noch blühende Landschaften vorherrschten und die Bevölkerung gut am Abbau der Bodenschätze verdienten, ist heute weitgehend Wüste, Regen fällt nur selten, stattdessen toben Sandstürme und die ertragreichen Minen von einst sind ausgebeutet und stillgelegt. Wer kann verschwindet von hier, der Rest ist von der Politik schlichtweg vergessen. Leyo lebt hier mit seinen beiden Lebenspartnern, ein Baby ist unterwegs und da kommt ein geldversprechender Auftrag, der Leyos Schmugglertalent fordert, gerade recht. Was der Leser ziemlich schnell ahnt, tritt natürlich ein, der Auftrag geht gehörig schief und Leyo steckt in Schwierigkeiten.

Die Autorin schafft in ihrem Buch eine Zukunftsvision, in der die Galaxis von den verschiedensten Spezies bewohnt ist, viele Planeten wurden durch Terraforming bewohnbar gemacht und wichtige Bodenschätze gefördert. Schnell wird klar, dass diese Zukunft eine eher dystopische ist, denn oftmals hat das Terraforming negative Auswirkungen auf die Planeten und die rücksichtslose Ausbeutung der Bodenschätze bleibt nicht ohne Folgen auf das Klima, die heimische Flora und Fauna. Natürlich ist einem als Leser durchaus klar, das die Autorin hier Parallelen zu aktuellen klimapolitischen Themen zieht. Neben dem Raubbau an der Natur wird aber auch Korruption, Machtmissbrauch und Rassismus thematisiert. Die Welt der Autorin erinnert hier mit ihren Strukturen ein wenig an solche, wie man sie zB aus SciFi Szenarien in Alien, Moon 44, oder Dune kennt.

Die Geschichte ist spannend erzählt, mit ihren sympatischen Figuren geht die Autorin stark auf das Thema Diversität ein. So lässt sie Leyo in einer Dreierbeziehung leben, in der einer der Partner weiblich ist und der Zweite sich als nichtbinär definiert. Wie alltäglich dies in der Vision der Autorin ist zeigt sich in der allgemein üblichen Vorstellung von Personen, da wird nicht nur der Name dem Gegenüber genannt, sondern auch die bevorzugten Pronomen, sie/ihr, er/ihm, oder eben ser/sem bzw nim. Bei Letzteren handelt es sich, nach Aussage der Autorin direkt zu Beginn des Buches, um Wortneuschöpfungen, welche die bekannten binären Pronomen sie und er umgehen.

Ich möchte hier keine Diskussion zu diesem Thema lostreten und ich habe auch lange überlegt, ob ich dazu überhaupt etwas schreibe. Letztlich kann ich ja nur ins Fettnäpfchen treten. Die Autorin hat sich bewusst für diese Form der Ausarbeitung entschieden und dies dem Leser erklärt. Für mich war es zugegebenermaßen etwas schwierig im Lesefluss damit umzugehen, es hat die Lektüre etwas holprig gemacht, sich irgendwie falsch angefühlt, fast so als wären Fremdwörter im Text eingebaut. Allerdings hat mein Gehirn das Ganze irgendwann ausgeblendet, ich habe diese Stellen tatsächlich oft einfach überlesen, bzw mit der männlichen Form ersetzt, weil die Figur optisch mit sehr männlichen Attributen beschrieben ist. Teilweise musste ich mich bewusst daran erinnern, dass das Ganze einen bestimmten Zweck verfolgt.

Die Geschichte würde für mich sehr gut als Film funktionieren, gerade die Landschaftsszenarien kämen hier optisch sicher gut zum Tragen, aber auch die rasanten Flugszenen kann ich mir super vorstellen.

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Veröffentlicht am 10.04.2023

Informativ

Aufbruch im Licht der Sterne
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Jeder von uns kennt die Namen der großen Entdecker aus dem Schulunterricht. Der Mut und der Entdeckergeist ist bewundernswert, um so mehr wenn man bedenkt mit welch primitiven Mitteln sie sich auf die ...

Jeder von uns kennt die Namen der großen Entdecker aus dem Schulunterricht. Der Mut und der Entdeckergeist ist bewundernswert, um so mehr wenn man bedenkt mit welch primitiven Mitteln sie sich auf die oft monatelange, gefährliche Reise begeben haben. Vom Erfolg einer solche Reise erfuhr man in der Heimat erst nach der Rückkehr der Entdecker und hier musste man sich dann auch auf die Aufzeichnungen der Teilnehmer über die Ereignisse der Fahrt verlassen. Nicht immer einfach und aus heutiger Sicht wahrscheinlich auch nicht immer ein Abbild der tasächlichen Vorkommnisse.

Eine Rekonstruktion aus heutiger Sicht ist schwierig und mit einer umfassenden Recherchearbeit verbunden. Frank Vorpahl beschäftigt sich schon seit Jahren mit den Reisen James Cooks in die Südsee und hat sich intensiv mit der Rolle der einheimischen Begleiter vertraut gemacht, ohne deren Zutun die Erschließung der neuen Gebiete wohl gescheitert wäre. Wie weit wäre Cooks Schiff wohl gekommen, ohne die Kenntnisse um gefährliche Korallenriffe und sichere Ankerplätze, wie lange hätte die Besatzung gebraucht um mit der indigenen Bevölkerung in Verhandlung zu treten und so Nahrungsmittel und Wasser aufzufüllen, wieviele Opfer konnten vermieden werden durch die Vermittlung in Konflikten durch Unkenntnis der heimischen Sitten und Gebräuche?

Die Liste der Leistungen der heimischen Führer ist lang, leider sind ihre Namen aber in der Geschichtsschreibung oft nur Randnotizen. Der Autor würdigt hier nun ihren Anteil und gibt dem Leser ein Bild der Personen, ihres Lebens und nicht zuletzt ihrer Kultur. Man taucht ein in eine bunte geheimnisvolle Welt. Eine Welt, die nach damaliger Auffassung primitiv war, deren Bewohner aber gerade im Bezug auf die Seefahrt Erstaunliches geleistet haben.

Das Buch ist sehr informativ, das vermittelte Wissen wird spannend und anschaulich vermittelt, Schwierigkeiten hatte ich lediglich mit den oft sehr exotischen Namen von Personen und Orten. Im Anhang findet der Leser ein umfassendes Quellen -, Bild - und Wortverzeichnis, ebenso findet man hier die Erklärungen zu den zahlreichen Fußnoten. Hier hadere ich etwas. Natürlich sind Fußnoten ein gutes Mittel um einen Text nicht ausufern zu lassen, manchmal wäre es aber schöner gewesen die entsprechende Information im Text einzubauen. Ich persönlich mag das ständige hin und her blättern nicht so sehr und gerade im eBook ist das immer etwas umständlich.

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Veröffentlicht am 10.04.2023

Rachegelüste

Suzukis Rache
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Wie wird man vom Mathematikprofessor zum Kriminellen, der auf der Straße Frauen anspricht, um sie in Verträge mit dubiosen Schöhnheitsprodukten zu quatschen? Suzuki hat diese zweifelhafte Karriere gestartet, ...

Wie wird man vom Mathematikprofessor zum Kriminellen, der auf der Straße Frauen anspricht, um sie in Verträge mit dubiosen Schöhnheitsprodukten zu quatschen? Suzuki hat diese zweifelhafte Karriere gestartet, um so seine titelgebende Rache zu bekommen. Rache am Verursacher des schrecklichen Unfalls bei dem Suzukis Frau getötet wurde. Und wenn dieser der Sohn eines Verbrecherbosses ist, muss man halt in dessen Organisation eintreten und auf seine Chance warten. Diese Chance scheint nun gekommen, allerdings wird das mit der Rache nicht ganz so einfach, denn auch Andere haben hier anscheinend noch eine Rechnung offen.

Suzukis Rache ist das zweite Buch von Kotaro Isaka, das ins Deutsche übersetzt wurde und nachdem mich Bullet Train total umgehauen hat musste ich das Buch unbedingt lesen. Der Autor bleibt hier seinem Stil und seiner, zugegebenermaßen gewöhnungsbedürftigen, Thematik treu und führt den Leser wieder in die Welt der Auftragsmörder und Verbrechersyndikate. Mit der Figur des Suzuki gibt es auch hier eine gebrochene Persönlichkeit um die die Geschichte kreist und die, ein ums andere mal, für philosophische Aspekte sorgt.

Die Figuren im Buch sind alle ganz speziell und ziemlich skuril. Wie schon in Bullet Train zeigt der Autor seinen Faible für ungewöhliche Namen. Nach Insekten und Früchten in Bullet Train haben wir hier nun den Wal, ein Riese von einem Mann, mit der Vorliebe für immer das gleiche Buch, oder Zikade, ein junger Bursche, der nie den Mund halten kann und während in Bullet Train immer Thomas die Lokomotive für Lebensweisheiten herhalten musste, ist es hier ein ominöser Musiker der gern und oft zitiert wird.

Der Autor verknüpft geschickt die Wege seiner Figuren auf total zufällige Art. Immer wieder kommt es zu schicksalhaften Überschneidungen, die manchmal ungewollt Leben retten, oder Pläne durchkreuzen. Zu einem direkten Aufeinandertreffen kommt es erst relativ spät, hier ist der leser mit seinem Wissen den Figuren um einiges Voraus.

Das Buch ist rasant geschrieben, hat aber auch nachdenkliche, fast melancholische Anklänge. Gerade bei den Kampfszenen kann man als Leser auch schonmal den Überblick verlieren. Die Geschichte strotzt nur so vor tief, tief schwarzem Humor. Diesen Humor muss man als Leser natürlich mögen und sich drauf einlassen, gerade weil in anderen Teilen der Geschichte Gewalt beschrieben wird, die den Ein oder Anderen schlucken lässt. Man darf als Leser hier nicht vergessen, dass man immer noch einen Thriller liest in dem Autragsmörder ihrem Tagwerk nachgehen.

Die Bücher von Kotaro Isaka sind mit Sicherheit sehr speziell und nicht für jeden Krimi/Thrillerleser das Richtige. Für mich ist die verrückte Mischung genau das Richtige und ich bin gespannt auf weitere Übersetzungen seiner Werke.

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Veröffentlicht am 31.03.2023

Tea Time

Das Geheimnis der Goldmine
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Der Engländer lässt ja nichts auf seine berühmte Tea Time kommen und auch Rex Fortescue besteht in seinem Büro auf eine Teepause, leider wird das allerding seine letzte Tasse Tee sein, den nach deren Genuss ...

Der Engländer lässt ja nichts auf seine berühmte Tea Time kommen und auch Rex Fortescue besteht in seinem Büro auf eine Teepause, leider wird das allerding seine letzte Tasse Tee sein, den nach deren Genuss stirbt er. für Inspector Neele steht schnell fest es war Gift im Spiel und die Ermittlungen beginnen.

Wiedereinmal legt Agatha Christie hier einen Mordfall vor, der den Leser in eine illustre Familie hineinzieht. Während das Familienoberhaupt stirbt ist die viel jüngere Ehefrau auf einem Golfplatz unterwegs und nicht erreichbar. Im Haus trifft die Polizei nur das Personal an, da ist vom unmotivierten Butler, über das äußerst nervöse Dienstmädchen bis hin zur unerschütterlichen Hausdame alles vertreten. AC zeigt hier ein vielleicht etwas überzeichnetes Bild der Zeit, aber ein durchaus passendes. Motive für die Tat gibt es reichlich, Verdächtige auch, blöd nur, dass die Alle augenscheinlich ein Alibi haben.

Das Buch ist ein Miss Marple Krimi, allerdings tritt die alte Dame erst relativ spät in Erscheinung, trägt dann aber mit ihren teils kryptischen Hinweisen und Spekulationen sehr zur Lösung des falles bei. Hier bleibt AC ihrem Stil treu. Der Leser bekommt natürlich die verschiedensten Spuren und Hinweise geliefert um Mitzukriminalisieren, alllerdings ist die Autorin eine Meisterin im legen falscher Spuren. Ich habe meinen Verdacht im Laufe der Geschichte mehrfach geändert und lag am Ende zwar mit dem Motiv richtig, beim Täter aber daneben. Die Auflösung des Falls offenbart dann auch wieder ACˋs verwinkelte Gedankengänge und den komplizierten Aufbau ihrer Kriminalfälle. Das muss man natürlich mögen und ich tue es. Auch wenn das Ende vielleicht etwas konstruiert und mit zu vielen Zufällen daher kommt war das Buch wieder ein spannendes Leseerlebnis.

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