Profilbild von sabrina_sbs

sabrina_sbs

Lesejury Star
offline

sabrina_sbs ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit sabrina_sbs über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.09.2020

Familiendrama mit Tiefe

Ihr Königreich
0

Die Brüder Roy und Carl leben in den Bergen der norwegischen Kleinstadt Os ihre scheinbar ganz gewöhnliche Kindheit, bis die Eltern verunglücken. In verschiedenen Zeitebenen erfährt der Leser scheibchenweise ...

Die Brüder Roy und Carl leben in den Bergen der norwegischen Kleinstadt Os ihre scheinbar ganz gewöhnliche Kindheit, bis die Eltern verunglücken. In verschiedenen Zeitebenen erfährt der Leser scheibchenweise aus Roys Sicht, was sich in den Jahren so zugetragen hat und das ist eine ganze Menge. Zum einen das Verhältnis des Vaters zu seinen Söhnen, dann Ermittlungen in einer Unfallgeschichte, die sich weiter entwickelt und die Brüder immer mehr zusammenschweißt, obwohl sie von grundlegend verschieden sind.
Roy ist eher der Eigenbrötler und Automechaniker, der sich nur wenig aus Menschen zu machen scheint, solange er nur seine Arbeit hat. Carl hingegen ist ein eher karriereorientierter Mensch, der seiner Heimat und damit auch seinem Bruder vor über einem Jahrzehnt den Rücken kehrte, um in den USA erfolgreich zu werden – komme, was will. Nun plötzlich taucht Carl gemeinsam mit seiner Frau Shannon auf, um ein Großprojekt in den Bergen von Os zu verwirklichen. Dabei kommt allerhand aus der Vergangenheit ans Licht und erfordert, dass Roy mal wieder hinter seinem kleinen Bruder aufräumt.

Nesbo und ich – das passt gewöhnlich einfach nicht zusammen. Da er aber so beliebt ist, musste ich ihm nochmal eine Chance geben, zumal mich der Klappentext direkt angesprochen hatte. Und ich kann schon verraten: Er hat mich überzeugt, wenn auch nicht zu 100 Prozent!
Das Setting und die grundlegende Geschichte finde ich genial. Roy ist ein interessanter Erzähler und Nesbo schafft es authentisch dem scheinbar einfach gestrickten Mechaniker immer wieder neue Facetten zu verpassen, die ein authentisches Gesamtbild ergeben. Und nicht nur das – trotz allem, was er so über die Jahrzehnte alles angestellt hat, war er mir sympathisch. Shannon und Carl, sowie mancher Dorfbewohner haben da zwiespältige Gefühle in mir ausgelöst, während die örtliche „Bildzeitung“, passend als Frisörin tätig, und der ach so tolle ehemalige Bürgermeister samt Anhang direkt bei mir unten durch waren.

Mit der Spannung war es am Anfang noch nicht so weit her, aber man spürte, dass da noch einiges kommen wird und so war es dann auch. Menschliche Abgründe der übelsten Sorte führen dazu, dass auch andere ihre dunklen Seiten kennenlernen….Es ist nicht immer super spannend, aber unterschwellig ist die Spannung auf jeden Fall da und man fragt sich, wo der nächste Unfall lauert, wo vielleicht direkt schwere Geschütze aufgefahren werden müssen. Dieses Familiendrama im dörflichen Umfeld ist nicht wirklich ein Krimi, Ermittlungen der „normalen“ Sorte sind nur wenige vorhanden, aber das tut der Sache keinen Abbruch.

Mir gefiel das Tiefgründige hinter der Geschichte, die Einblicke in die Psyche dieser speziellen Brüder einer Familie, die unters Brennglas gehalten, alles andere als gut war und die Verbrechen, die sich daran anschließen. Wer ist gut, wer böse? Kann man ein guter Böser oder ein schlechter Guter sein? Man muss ein wenig Geduld als Leser mitbringen, da die detailreichen Schilderungen über knapp 600 Seiten nicht immer sehr spannend sind, aber es plötzlich mit teils unerwarteten Wendungen werden können. Außerdem muss man auch häufiger mal schwer schlucken, denn was alles an Tragödien zwischen diesen Buchdeckeln passiert…. – aber lest selbst.

Veröffentlicht am 30.08.2020

Man(n) sollte sich vor Faye in Acht nehmen...

Golden Cage. Trau ihm nicht. Trau niemandem. (Golden Cage 1)
0

Mathilda hatte eine schwere Kindheit und ist nun nach Stockholm gezogen, um die Handelsschule zu besuchen. Dort lässt sie sich durch die Club treiben, lernt Leute kennen und erfindet sich neu. Sie ist ...

Mathilda hatte eine schwere Kindheit und ist nun nach Stockholm gezogen, um die Handelsschule zu besuchen. Dort lässt sie sich durch die Club treiben, lernt Leute kennen und erfindet sich neu. Sie ist nun Faye. Sie lernt ihre beste Freundin Chris kennen und mit ihr trifft sie viele Männer, darunter Jack Adelheim. In diesen verliebt sie sich, heiratet, verlässt ihm zuliebe die Handelsschule und entwickelt das Unternehmen, mit dem Jack Millionen scheffelt. Faye kümmert sich um die gemeinsame Tochter. Alles scheint so schön und gut – doch im goldenen Käfig ist nicht alles Gold was glänzt…
Der Einstieg gelang mir nicht ganz so gut, denn irgendwie hatte ich das Gefühl Faye nicht greifen zu können. Mit der Zeit hat sich das Problem erledigt, doch dann hielt ich sie für eine besonders naive Frau, um es mal vorsichtig und halbwegs nett zu formulieren. Doch durch die Rückblenden war auch klar, dass sie in ihrer Vergangenheit Schlimmes erlebt haben muss, was eine Erklärung sein könnte. Ihre Naivität hat sich auch in Teilen bestätigt, aber man(n) sollte einfach keine Frau unterschätzen, besonders nicht solche, die tief verletzt wurden.

Es zeigt sich, dass Faye, die früher Mathilda hieß, statt eines naiven Dummchens tatsächlich eine sehr taffe Frau ist – mit einer sehr dunklen, rabenschwarzen Seite. Die Rückblenden lassen erahnen, was in der Vergangenheit geschehen ist und das hat es in sich und mag so einiges in der Gegenwart erklären. Ihr Plan hat es in sich und man ist super gespannt, ob auch alles so funktionieren wird und dann nimmt die ganze Geschichte immer mehr Fahrt auf und lässt Faye sehr weit gehen. Manches Mal war das Buch ziemlich depressiv, aber immer wieder blitze auch schwarzer Humor auf.

Der Schreibstil ist rund und flüssig. Die Rückblenden machen neugierig auf den Rest und erst nach und nach werden die Hintergründe offensichtlich. Zwar hatte ich so meine Vermutungen und lag in großen Teilen auch richtig, aber spannend fand ich es trotzdem. Diese Racheaktion muss man nicht gut heißen, aber ich fand es gut gemacht, irgendwie nachvollziehbar und richtig gut. Allzu prüde darf man für dieses Buch übrigens nicht sein…manches wird sehr eindeutig beschrieben und derb ausgedrückt.

Insgesamt hat mich das Buch nach dem etwas schleppenden Beginn überzeugt. Ich empfehle es gerne weiter und lese derweil den nächsten Teil.

Veröffentlicht am 16.08.2020

Schwächer als die Vorgänger, trotzdem unterhaltsam

Unser Mathelehrer unterrichtet von draußen - damit er dabei rauchen kann!
0

Lehrer, eine Spezies für sich und (trotzdem) einfach auch nur Mensch! Jeder hatte Exemplare an die er sich noch nach Jahren lebhaft erinnert – im positiven, wie im negativen Sinne. In diesem Buch sind ...

Lehrer, eine Spezies für sich und (trotzdem) einfach auch nur Mensch! Jeder hatte Exemplare an die er sich noch nach Jahren lebhaft erinnert – im positiven, wie im negativen Sinne. In diesem Buch sind neben einer kurzweiligen Typologie, samt Tipps zum richtigen Umgang, zahlreiche Themengebiete behandelt. Von fiesen Typen bis zu verrückten Aktionen und besonderen Lehrmethoden ist alles dabei.

Ich habe alle Bände der Reihe gelesen und fast jedes Mal hatte ich Lachmuskelkater – dieses Mal hat es dafür nicht ganz gereicht, obwohl schon einige echte Knüller dabei waren. Nach Schülern und Eltern bekommen hier nun endlich auch einmal die Lehrer ihr Fett weg. Manche Geschichten weckten Erinnerungen, andere machten sprachlos und manche Anekdoten habe ich eins zu eins so selbst erlebt. „Ist das Mädchen brav, bleibt der Bauch konkav, hat das Mädchen Sex, wird der Bauch konvex“ ist eine davon und im Gegensatz zur einreichenden Person fand ich das nicht schlimm. Hier heiligt der Zweck die Mittel und wie ich von meinem Sohn erfahren habe, hat er den Spruch genauso vor rund einem Jahr gehört - hier macht einfach der Ton die Musik. Nun nicht nur hier... Der Lehrerjob ist aber auch nicht so "einfach", ob man nun irgendwelche Spleens hat oder nicht, irgendwann geht auf jeden Fall mal schief und das ist natürlich allen Schülern ein gefundenes Fressen. Nicht alle Kapitel haben mich so richtig überzeugt, aber besonders der tiefschwarze Humor hatte es mir angetan. Wie immer sind die Einleitungen und Überleitungen durch die Autorinnen sehr gelungen und kurzweilig. Abgerundet wird dies durch gelungene Comiczeichnungen.

Für mich das bisher schwächste Buch – und trotzdem kann ich es nur empfehlen, wenn man ein paar lustige Erinnerungen wecken will und/oder einfach eine kurze, entspannte Auszeit mit einem Buch haben möchte.

Veröffentlicht am 16.08.2020

Anders als erwartet

Geburtstagskind (Ewert Grens ermittelt 1)
0

Kommissar Ewert Grens steht zur vor seiner Pensionierung als ihn ein alter, ungelöster Fall wieder einholt. Vor 17 Jahren fand er in einer Wohnung ein kleines Mädchen, das tagelang inmitten seiner ermordeten ...

Kommissar Ewert Grens steht zur vor seiner Pensionierung als ihn ein alter, ungelöster Fall wieder einholt. Vor 17 Jahren fand er in einer Wohnung ein kleines Mädchen, das tagelang inmitten seiner ermordeten Familie lebte. Er kümmerte sich, hatte Tatverdächtige – konnte aber keine Verurteilung erwirken. Nun sterben wieder Menschen, genau nach dem gleichen Muster. Derweil wird der frühere V-Mann Piet Hoffmann bedroht. Es beginnt ein Wettlauf mit der Zeit.

Ich brauchte meine Zeit, bis ich in der Geschichte drin war, denn es lief einiges anders, als ich das vorab erwartet habe. Vor allem der erste größere Teil vom früher sehr zwielichtigen Hoffmann hat mich nicht so ganz überzeugen können und ich hatte schon die Befürchtung, dass das Buch für mich einfach nicht funktioniert – doch weit gefehlt. Je weiter ich las und je mehr Grens und Hoffmann zusammenarbeiten, desto spannender wurde es. Sowohl Grens, als auch Hoffmann werden immer sympathischer, man fiebert mit ihnen mit und fragt sich, wer wohl hinter all dem nach so vielen Jahren stecken wird. Es ist spannend aufgebaut, man erfährt so einiges über den Waffenhandel (hatte ich so nicht erwartet, aber es war nichtsdestotrotz interessant), Korruption und der Schreibstil ist schön rund, besonders ab der Hälfte des Buches wird es dann zu einem Wettlauf gegen die Zeit, der es wirklich in sich hat. Die wechselnden Schauplätze, die Sprünge in der Zeit und auch die vielschichtigen Charaktere sind an sich schon spannend. Die Geschichte dann, wenn man sich darauf einlassen kann und will, ist nahezu genial. Neben all den Überraschungen, Lügen und Verneblungsaktionen zwischendurch hat mich vor allem der Twist am Ende des Buches, zwar nicht völlig überrascht, aber doch komplett überzeugt.

Spätestens ab der Hälfte des Buches ist der Krimi ein waschecher Pageturner, den ich kaum mehr aus den Händen legen wollte. Einziger Kritikpunkt ist der lange erste Part zu Hoffmann, der gekürzt sicher mehr Leser mitnehmen würde.

Veröffentlicht am 23.07.2020

Nette Urlaubslektüre

Wo die Sterne tanzen
0

Nele hat ihren Traum verwirklicht. Schon als kleines Mädchen wusste sie, dass sie Musicaldarstellerin, am besten in NY, werden will. Doch immer wieder zog es die alleinerziehende Mittdreißigerin zurück ...

Nele hat ihren Traum verwirklicht. Schon als kleines Mädchen wusste sie, dass sie Musicaldarstellerin, am besten in NY, werden will. Doch immer wieder zog es die alleinerziehende Mittdreißigerin zurück nach Juist, wo sie schon immer ihre Sommer bei Oma in deren Deichschlösschen verbracht hat. Nun ist sie zurück, denn ihre Oma ist verstorben und das Deichschlösschen soll verkauft werden. Alles nicht so einfach und Nele hat noch weitere (emotionale) Baustellen…

Bevor ich zum Inhalt komme, muss ich zunächst was zum ersten Eindruck sagen. Das Cover entspricht so gar nicht meinem Geschmack und auch der Titel hätte mich bei einer anderen Autorin wohl abgeschreckt. Herzog schreibt jedoch immer sehr schön und daher darf es auch mal rosa- statt blutrot (ich bevorzuge sonst Krimis und Thriller) sein. Und das Beste: Es hat sich wirklich gelohnt, denn der Roman ist gleichermaßen sommerlich, wie nett zu lesen, unterhaltsam und mit deutlich mehr Tiefe, als es der erste Blick vermuten lässt. Durch die verschiedenen Kapitel, die zwischen den Zeiten umherspringen bekommt man erst nach und nach einen Überblick über das gesamte Leben der Protagonistin Nele, die ihren Traum als Tänzerin berühmt zu werden lebt. Manchmal ist es daher nicht ganz klar, warum gewisse Dinge passiert sind du das hat mich zum Weiterlesen animiert. Neles Zerrissenheit ist spürbar – nur die Gründe liegen nicht immer klar auf der Hand – wenn man dem Genre entsprechend natürlich so seine Ideen entwickelt. Ich lag da häufig richtig, trotzdem gab es auch manche Überraschung. Zum Ende hin hat mich das Buch nicht mehr so überzeugt, denn mir was es dann einfach viel zu sehr Happy End. Es gibt einige Charaktere, manche mag man mehr, manche weniger, aber positiv ist, dass sie alle ihre Eigenarten haben und daher gut zu unterscheiden sind.

Neles Träume sind groß, aber in Ordnung, da sie gewisse Voraussetzungen mitbringt; ihre Verbundenheit zu Juist und besonders zum Deichschlösschen ist nachvollziehbar und trotzdem hat mich manches an ihrem Verhalten gestört. Gerade in den Liebesdingen, aber ich denke dass vielen die Entwicklungen zusagen und ich da nicht ganz der richtige Adressat bin, da ich kein Fan von Liebesgeschichten bin. Zum Glück hatte das Buch noch einiges mehr zu bieten und zeigt, wie wichtig es ist Dinge anzusprechen und nicht in Annahmen zu leben und zahlreiche andere Weisheiten. So zahlreich, dass es mir fast schon wieder zuviel war. Etwas mehr von der Bühne und New York hätte mir da sehr viel besser gefallen.

Trotz aller Kritik war das sommerliche Buch unterhaltsam und vor allem der Schreibstil, der zum Weiterlesen animierte, hat mir wieder richtig gut gefallen. Ein nette Urlaubslektüre, die ich nicht nur Freunden des Liebesromans empfehle.