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Veröffentlicht am 22.08.2023

Gelungene Mischung aus Familien- und Justizdrama und eine spannende Geschichte über Loyalität, Freundschaft und das Recht auf selbstbestimmtes Sterben

Die sieben Schalen des Zorns
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Max bittet seinen ehemals besten Freund, der als Staatsanwalt tätig ist, um rechtlichen Beistand. Max ist Arzt und wurde wegen eines Todesfalls in einem Pflegeheim befragt. Er gibt zu, seiner an Demenz ...

Max bittet seinen ehemals besten Freund, der als Staatsanwalt tätig ist, um rechtlichen Beistand. Max ist Arzt und wurde wegen eines Todesfalls in einem Pflegeheim befragt. Er gibt zu, seiner an Demenz erkrankten Tante Medikamente zur Verfügung gestellt zu haben, die wunschgemäß ihren Tod herbeiführen sollten. Die beiden hätten dies vereinbart, um Maria einen würdevollen Abschied zu gewähren, alles sei schriftlich festgelegt worden. Tatsächlich kann die Polizei im Safe keinen Nachweis finden, die Kopien, die Max hat, sind nicht unterschrieben. Sein Freund Jonas kann ihm aus juristischer Sicht nicht helfen und zweifelt sogar daran, ob es sich um Suizid auf Verlangen handelt, denn Max ist hochverschuldet und Alleinerbe des Vermögens seiner Tante, die noch eine Tochter hat. Gleichzeitig hadert Jonas mit seinem langjährigen schlechten Gewissen, denn hätte Max ihm vor 25 Jahren nicht selbstlos geholfen, hätte Jonas Lebensweg ganz anders ausgesehen.

Stellt man rein auf den Klappentext ab, könnte man meinen, dass sich das Buch rein um die Frage handelt, wo das Recht auf einen selbstbestimmten Tod endet und wie der Prozess gegen Max verläuft. Tatsächlich bietet der Roman, der wechselnd aus den Perspektiven von Max und Jonas geschrieben ist und durch zahlreiche Rückblenden bis in die 1970er-Jahre die Lebensgeschichten der beiden ehemals besten Freunde nachzeichnet, viel mehr. Der Roman handelt von Familie und Freundschaft, von Schuld und Treue, von Krankheit und Tod und schließlich von juristischen Fragen, von Ethik und Moral.

Die Geschichte ist überraschend vielseitig und spannend aufgebaut. Weder möchte man sich in dem Dilemma von Max befinden, der seiner Tante und Ziehmutter einen letzten Wunsch erfüllen möchte und sich damit vor dem Gesetz strafbar macht, noch möchte man mit Jonas tauschen, der sich in dem Dilemma befindet, die Gesetze zu befolgen und gleichzeitig seinem Freund helfen zu wollen - zumal er tief in seiner Schuld steht.

Neben den Aspekten der schwierigen und schwermütigen Familiengeschichte, die ein umfassendes Bild über die einzelnen handelnden Personen und ihren Verbindungen zueinander bieten, tritt die Frage nach der Rechtfertigung der aktiven Sterbehilfe schon fast in den Hintergrund. Der Wunsch nach selbstbestimmten Sterben und die Hilfeleistung dazu, wird von einer interessanten und facettenreichen Geschichte umspannt, bis am Ende das Justizdrama und der Prozess in den Vordergrund rückt. Auch der Glaube an einen barmherzigen Gott und die Zweifel daran spielen vor allem in Bezug auf Max, der in seinem Leben so viel Grausames erleben musste, eine wichtige Rolle und erklären auch den Titel des Romans.
Aufgrund der Tatsache, dass der Bundestag nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das das Recht, sich das Leben zu nehmen und dafür Hilfe in Anspruch zu nehmen aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitet hat, in der Pflicht ist, eine gesetzliche Regelung zu erlassen, ist der Roman auch ein Jahr nach seinem Erscheinen brandaktuell.

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Veröffentlicht am 14.07.2023

Magische Geschichte über Selbstfindung, Wahlmöglichkeiten, Hoffnungen und die Liebe - ganz besonders und mit viel Gefühl

Dreimal du und ich
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Seit dem Tod ihrer Mutter vor zehn Jahren führt Lolly Blanchard den Diner in Seattle, der einst der Traum ihrer Mutter war. Sie möchte ihr Vermächtnis fortsetzen und für ihren Vater und ihre jüngere Schwester ...

Seit dem Tod ihrer Mutter vor zehn Jahren führt Lolly Blanchard den Diner in Seattle, der einst der Traum ihrer Mutter war. Sie möchte ihr Vermächtnis fortsetzen und für ihren Vater und ihre jüngere Schwester da sein, um die verbliebene Familie zusammenzuhalten. Dafür hat sie ihre eigenen Träume und ihre große Liebe Rory aufgegeben. Das wird Lolly so richtig bewusst, als sie eine Liste von Dingen findet, die sie als Teenager notiert hatte und vor ihrem 33. Geburtstag erreicht haben wollte. Da erhält sie unerwartet die Chance, in die Versionen ihres Lebens zu schlüpfen, in denen sie ihre Lebensziele verwirklicht hätte. Die Einblicke dauern jeweils nur einen Tag, aber führen sie auf den richtigen Weg, nicht weiter hinter verpassten Chancen hinterher zu trauern, sondern ihr Glück in der Gegenwart zu finden.

Lolly ist eine liebenswerte, sympathische Frau, die ihr Leben bis zur Selbstaufgabe an das Familienrestaurant klammert. Taucht man tiefer in die Geschichte ein und erfährt, was Lolly mitgemacht hat, was sie aufgegeben hat und welches Versprechen sie derart geißelt, ist es nur zu verständlich, dass sie das finanziell angeschlagene Restaurant nicht aufgegeben möchte.
Durch ihre unkonventionelle Großtante Gert, die die Ausstrahlung einer Zauberin hat, erhält Lolly die Möglichkeit, getroffene Entscheidungen zu ändern und die Auswirkungen auf ihr Leben zu sehen. Das ist sowohl betrüblich als auch motivierend, was alles hätte sein können.

Die Geschichte ist deshalb so bittersüß wie die Zitronenbaiserkuchen, die Lolly täglich traditionell backt sowie die bewusstseinserweiternden Zitronenbonbons von Tante Gert, die der Handlung einen Hauch Magie verleihen.
Durch den empathischen Schreibstil fällt es zudem leicht, sich in Lolly hineinzuversetzen, zu verstehen, was sie belastet und mit welchen Entscheidungen sie ringt.
Das Buch steckt voller Emotionen und ist spannend aufgebaut, denn trotz der fantastischen Möglichkeiten, die sich auftun, ist die Geschichte nicht vorhergezeichnet. Man wünscht Lolly, dass sie die Zeichen erkennt, dass sie auf Gert hört und in der Gegenwart nach dem Glück sucht statt reumütig in der Vergangenheit festzustecken.

"Dreimal du und ich" ist nicht unbedingt der passende Titel, zielt er doch sehr auf eine Liebesgeschichte ab. Das Buch ist jedoch viel facettenreicher, handelt von Familie, zweiten Chancen, persönlichem Wachstum und der Suche nach Glück. Dabei ist die Geschichte beklemmend und melancholisch, entwickelt sich jedoch erhebend und hoffnungsvoll, öffnet die Augen und macht Mut, loszulassen und seinen eigenen Weg zu gehen. Ein perfektes Leben gibt es nicht, aber man hat immer die Wahl das Beste daraus zu machen und aus eigenem Antrieb Veränderungen herbeizuführen.
Das Ende ist zwar fast ein wenig zu kitschig, aber nach den vielen Widrigkeiten und Herausforderungen, die zu bewältigen waren, herzerwärmend und im Zusammenspiel mit den drei alternativen Versionen von Lollys Leben zufriedenstellend stimmig ohne die Magie der Zitronenbonbons in Frage zu stellen. Träume und Hoffnungen können eben richtungsweisend sein.

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Veröffentlicht am 23.06.2023

Eine Frau, die für ihre Träume kämpft - lebendige und anschauliche Zeitreise in die 1950er-Jahre mit interessanten Einblicken hinter die Film- und Fernsehkulissen der Bundesrepublik.

Wunder gibt es immer wieder
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Eva Vordemfelde träumt nach einem Blick hinter die Kulissen der Dreharbeiten von "Sissi" in Fuschl am See, wo sie bei einem Ferienaufenthalt bei ihrer Cousine zufällig als Statistin ausgewählt wurde, davon ...

Eva Vordemfelde träumt nach einem Blick hinter die Kulissen der Dreharbeiten von "Sissi" in Fuschl am See, wo sie bei einem Ferienaufenthalt bei ihrer Cousine zufällig als Statistin ausgewählt wurde, davon Kostümbildnerin zu werden. Sie näht schon länger selbst Kleider und entwirft für sich Kostüme. Im Jahr 1955 ist sie als 19-Jährige jedoch noch nicht volljährig und muss sich ihrem Vater Axel unterordnen, der ihr die Flausen aus dem Kopf treiben möchte. Er selbst arbeitet an seiner Karriere als Journalist und zieht nach einer Beförderung mit der ganzen Familie von München nach Bonn, wo er für Eva eine Anstellung als Sekretärin bei dem Fernsehsender NWDR in Köln erwirken kann. Dort lernt sie den linkspolitischen Hörfunkredakteur Paul Voss kennen und verliebt sich nach einer ersten Antipathie in ihn. Ihrem politisch konservativen Vater und strengem Patriarch der Familie ist auch diese Liebschaft ein Dorn im Auge.
Eva lässt sich trotz aller Widrigkeiten und Rückschläge nicht unterkriegen, ihre Träume zu leben, denn sie möchte nicht einmal wie ihre Mutter Annemie enden, die ihre beruflichen Ambitionen für die Familie zurückstellte und nach der Rückkehr ihres Ehemanns aus Kriegsgefangenschaft ihre Eigenständigkeit und Selbstbewusstsein verloren zu haben scheint.

"Wunder gibt es immer wieder" ist der erste Band der dreiteiligen Reihe "Die Fernsehschwestern".
Der Roman versetzt die/ den Leserin eindrücklich in die Nachkriegsjahre 1955/ 1956 in der noch jungen Bundesrepublik. Er ist überwiegend aus der Perspektive der selbstbewussten, modern denkenden und zumal etwas trotzköpfigen Eva geschrieben, die aus einer gut bürgerlichen Familie stammt und unverdrossen gegen ihren streng konservativen Vater aufbegehrt, der ihr Leben nach seinen Ansichten bestimmen möchte. Daneben gibt es Einblicke aus der Sicht der weiteren Familienmitglieder, insbesondere des Patriarchen, die der/ dem Leserin so manchen Wissensvorsprung verschaffen.

Die Verhältnisse der damaligen Zeit werden anschaulich, lebendig und lebensecht beschrieben. Die Rollenbilder und Machtverhältnisse in der Familie sowie im Berufsleben können so wunderbar nachvollzogen werden. Auch die Orte, von München über Bonn und Köln sind so eindrücklich beschrieben, dass man Bilder vor Augen hat. Reale politische und gesellschaftliche Ereignisse fließen harmonisch in die fiktive Handlung ein. Die Autorin schafft es, dass Geschichte lebendig wird.

Die Charaktere sind facettenreich, wenn auch manchmal etwas stereotyp, agieren als Abbild der damaligen Zeit aber authentisch. Prominente Persönlichkeiten finden Erwähnung und ergänzen damit die Rahmenhandlung aus Politik, Film, Fernsehen und Hörfunk perfekt.
Die Geschichte zieht auch ohne größere Dramen in ihren Bann, ist abwechslungsreich und bietet beste Unterhaltung. Gespannt verfolgt man, wie Eva versucht ihren Träumen treu zu bleiben und diese auch zu leben.

Ich freue mich schon auf die Fortsetzung "Morgen ist ein neuer Tag", der im Januar 2024 erscheint und Evas jüngere Zwillingsschwestern Franzi und Lilly Ende der 1960er-Jahre in den Fokus rückt.

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Veröffentlicht am 22.06.2023

Herzerwärmende Geschichte über Identität, (Mutter-)Liebe, Selbstfindung und dem Spagat zwischen eigenen Träumen und Erwartungsdruck von anderen

Mika im echten Leben
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Mika Suzuki führt mit 35 Jahren ein chaotisches Leben. Ihr Freund hat sie verlassen und ihren Job hat sich auch gerade wieder verloren. Für ihre konservativen japanischen Eltern, die sie gerne unter der ...

Mika Suzuki führt mit 35 Jahren ein chaotisches Leben. Ihr Freund hat sie verlassen und ihren Job hat sich auch gerade wieder verloren. Für ihre konservativen japanischen Eltern, die sie gerne unter der Haube wüssten, scheint sie eine einzige Enttäuschung zu sein. An diesem Tiefpunkt angekommen, erhält Mika einen Anruf von Penelope Calvin, ihrer leiblichen Tochter, die sie vor 16 Jahren zur Adoption geben musste und die sie klammheimlich ausfindig gemacht hat.
Mika ist überwältigt, hatte sie sich doch bisher mit den jährlichen Briefen der Adoptiveltern begnügen müssen. Penny, deren Adoptivmutter verstorben ist, möchte ihre leibliche Mutter besser kennenlernen und so telefonieren die beiden, bis Penny einen Besuch bei Mika ankündigt. Mika, die am Telefon ihr Leben in schillerndsten Farben ausgeschmückt hat, um ihre Tochter zu beeindrucken, gerät in Panik und versucht zusammen mit ihren treuen Freunden und der Hilfe ihres Exfreundes ihr Fake-Leben aufzubauen, um den schönen Schein zu wahren, was nicht lange gutgeht.

"Mika im echten Leben" ist eine lebendige Geschichte, die sensibel erzählt wird und sich gar nicht so vorhersehbar entwickelt und tiefer geht, als gedacht.
Mika wirkt mit ihrer unsteten Lebensweise jünger als ihre 35 Jahre, hat ihr Leben nicht ganz im Griff und setzt sich verständlicherweise nach dem überraschenden Anruf ihrer bislang unbekannten Tochter unter Druck, mehr aus sich zu machen oder zumindest so zu tun, als führte sie ein annähernd perfektes, glückliches Leben mit einem festen Partner und beruflichem Erfolg. Dass der schöne Schein nicht dauerhaft aufrechterhalten werden kann und Enttäuschungen folgen werden, ist abzusehen.

Im Verlauf des Romans erkennt Mika, dass es gar nicht notwendig ist, perfekt zu sein und Äußerlichkeiten nicht der Grund sind, um geliebt zu werden. Sie ist immer noch stark von einem Trauma der Vergangenheit geprägt und leidet darunter, nie die Anerkennung bekommen zu haben, die sie für ihr Selbstvertrauen braucht. Keinesfalls möchte sie die Fehler ihrer Eltern wiederholen und ihre Tochter bedingungslos lieben. Es ist jedoch schwierig, die richtige Balance aus Freundschaft, Muttersein und Verantwortung als Erwachsene zu halten. Ihr gemeinsamer ethischer Hintergrund als Amerikanerinnen japanischer Abstammung bietet ihnen zusätzlich zur Blutverwandtschaft die Möglichkeit ihre Bindung zu vertiefen. Neben der Annäherung zu Penny verändert sich auch Mikas Beziehung zu Pennys verwitwetem Adoptivvater Thomas von einer gegenseitigen Skepsis über ein vorsichtiges Herantasten bis zu einer zart aufblühenden Liebe.

Aufgrund Mikas liebenswert chaotischer Art ist die Geschichte humorvoll geschrieben, hat aber durch die Unsicherheit in Bezug auf sich selbst, das schwierige Verhältnis zu ihren Eltern, die Erwartungen, die sie erfüllen möchte, dem Wunsch, angenommen und geliebt zu werden und vor allem ihre Tochter nicht zu enttäuschen sowie die Erinnerungen an die Umstände der Schwangerschaft viele ernste Themen, die nachvollziehbar und einfühlsam verarbeitet werden. Auch die Sorgen des Adoptivvaters, der seine Tochter vor Enttäuschungen und einem weiteren schmerzhaften Verlust bewahren möchte, sind verständlich.
Alle drei Hauptfiguren machen eine authentische Entwicklung durch, kommen sich näher und sind am Ende auch bei sich selbst angekommen.
Es ist eine tiefgehende und berührende Geschichte über Identität, (Mutter-)Liebe, Selbstfindung, die Suche nach den eigenen Wurzeln, Versöhnung und dem Spagat zwischen den eigenen Träumen und dem Erwartungsdruck, der auf einem lastet.

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Veröffentlicht am 09.06.2023

Wendungsreiche und spannend konstruierte Familiengeschichte, die sich von einem anfänglichen Drama zu einem regelrechten Thriller entwickelt.

Das Schweigen meiner Schwestern
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Die Familie Neumann verbringt jedes Jahr den Sommerurlaub auf Langeoog. Die vier Schwestern fühlen sich in ihrem zweiten Zuhause wohl, genießen die Tage am Meer und haben auf der Insel über die Jahre ...


Die Familie Neumann verbringt jedes Jahr den Sommerurlaub auf Langeoog. Die vier Schwestern fühlen sich in ihrem zweiten Zuhause wohl, genießen die Tage am Meer und haben auf der Insel über die Jahre hinweg Freundschaften geschlossen. Der Sommer 1998 verändert jedoch alles und wird der letzte gemeinsame Urlaub der Familie auf Langeoog sein.
Zwanzig Jahre später ist die Mutter nach langem Krebsleiden gestorben und hatte den Wunsch, auf Langeoog beigesetzt zu werden. Sonja, die das Ferienhaus auf der ostfriesischen Insel geerbt hat, lebt seit dem Tod des Vaters auf der Insel. Die anderen Schwestern müssen anreisen und es ist die älteste Jenni, die sich regelrecht zwingen muss, zurückzukehren. Zu tief sitzt das Trauma, zu belastend ist die Schuld und das Geheimnis, das die Schwestern verbindet und entzweite.
All die Jahre haben die Schwestern ihre eigenen Leben gelebt und es vermieden sich zu treffen, um die Geschehnisse von damals zu verdrängen und zu begraben.
Der Roman handelt auf zwei Zeitebenen und erzählt aus unterschiedlichen Perspektiven der vier Schwestern im Alter von sechs bis achtzehn Jahren, was sich im Sommer 1998 ereignet hat. In der Gegenwart im November 2018 treffen sie erstmalig nach längerer Zeit wieder aufeinander, um ihre Mutter auf Langeoog beizusetzen.
Während die Schwestern in jungen Jahren trotz ihres Altersunterschieds eng zusammenhielten, ihre Freizeit miteinander verbrachten, Geheimnisse teilten, die jüngeren ihre älteren Schwestern bewunderten und die älteren auf ihre jüngeren Schwestern aufpassten, haben sich Jenni, Mo, Sonja und Kaja als Erwachsene entfremdet.
Spannend ist zu erfahren, was sich im Sommer 1998 ereignet hat, das so zerstörerisch gewesen sein muss, dass die Familie am Ende entzwei brach. Ein Streit der Eltern führt zur Eskalation, lügen offenbaren sich und ein Vertrauen wird zerstört, das nicht mehr zu kitten scheint. Neben der Sorgen um die Eltern haben aber auch die Schwestern ihre Geheimnisse, machen Erfahrungen mit Jungs, erleben die erste Liebe und haben mit Selbstzweifeln zu kämpfen. Die Situation spitzt sich zu und eine Katastrophe scheint sich anzubahnen, denn eine ungute Atmosphäre ist spürbar. Nach einem Point of No Return ist schöne Urlaubsstimmung umgeschlagen, was bleibt ist Hilflosigkeit, Schuld, Gewalt und Angst.
Auch zwanzig Jahre später ist die Stimmung zwischen den Schwestern angespannt. Im Vordergrund steht nicht die Trauer um die verstorbene Mutter, sondern ihre zerrüttete Geschwisterbeziehung, gegenseitiges Misstrauen, Eifersucht und gegenseitige Schuldzuweisungen. Während ein Teil der Schwestern sichtbar gemüht ist, einander anzunähern, ist ein Teil zurückhaltend bis gleichgültig. Neben den traumatischen Ereignissen aus dem letzten Sommerurlaub scheint noch mehr zwischen ihnen zu stehen, aus Provokationen werden wieder Konflikte.
Die Charaktere sind individuell und lebendig gezeichnet. Jede Schwester wird in ihrer Einzigartigkeit dargestellt und so fällt es schwer, gleichgut hinter jede Fassade zu blicken, jedoch leicht ihre Verletzungen, Ängste, Wut und Unsicherheiten nachzuempfinden.
"Das Schweigen meiner Schwestern" ist eine tragische Familiengeschichte, die durch die langsame Annäherung an verborgene Geheimnisse und unverzeihliche Taten spannend geschildert ist. Das anfängliche Drama entwickelt sich zu einem regelrechten Thriller.
Die Erzählung ist auf beiden Zeitebenen gleichermaßen spannend, die Dynamik unter den Schwestern packend und lebensecht. Der Wechsel zwischen den Handlungssträngen und Protagonisten erhöht die Spannung, zahlreiche Wendungen machen das Ende unabsehbar.

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