Profilbild von schnaeppchenjaegerin

schnaeppchenjaegerin

Lesejury Star
offline

schnaeppchenjaegerin ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit schnaeppchenjaegerin über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.02.2024

Wenn Erinnerungen zur Prophezeiung werden - schön entwickelte Liebesgeschichte, wobei das enge Verhältnis der Schwestern zu sehr in den Hintergrund gerät

Was die Sterne dir schenken
1

Nur durch einen glücklichen Zufall kann Amelia, die bewusstlos am Strand gefunden wird, wiederbelebt und ihr Leben gerettet werden. Ihre Schwester Lexi eilt sofort in Sorge von New York in ihre Heimat ...

Nur durch einen glücklichen Zufall kann Amelia, die bewusstlos am Strand gefunden wird, wiederbelebt und ihr Leben gerettet werden. Ihre Schwester Lexi eilt sofort in Sorge von New York in ihre Heimat Somerset, um für ihre Schwester und ihre Mutter da zu sein. Körperlich ist Amelia auf dem Weg der Besserung, aber mental scheint sie sich in eine andere Welt geflüchtet zu haben. Sie ist felsenfest davon überzeugt, verheiratet zu sein und schildert ihre ersten Dates mit Sam in bunten Farben. Doch Amelia lebt allein in ihrem Cottage, es gab nie einen Ehemann.
Irritiert ist Lexi allerdings, als sie am Strand Nick begegnet, der wie Sam einen Hund hat und so aussieht, wie Amelia ihren Ehemann beschrieben hat.
Lexi möchte ihrer Schwester helfen und bittet deshalb Nick um Unterstützung. Gemeinsam stellen sie Amelias Dates für Erinnerungsfotos nach, kommen sich dabei unweigerlich näher, entwickeln ihre eigene Liebesgeschichte.

Hat man sich erst einmal auf das eigenartige Szenario eingelassen, dass mit falschen Fotos echte Erinnerungen hervorgerufen werden sollen, ist die Geschichte durch ihre einnehmende, warmherzige und lebendige Schilderung schön zu lesen.
Der Schwerpunkt der Geschichte liegt allerdings nicht auf der engen Bindung der Schwestern, bei denen es sich trotz des Altersunterschieds von acht Jahren dank In-vitro-Fertilisation um Zwillingsschwestern handelt, sondern auf der romantischen Liebesgeschichte zwischen Lexi und Nick.

Und auch wenn diese schon ab der ersten Begegnung vorhersehbar ist, entwickelt sie sich authentisch, allmählich und erwachsen. Aus Fake-Dates werden echte Gefühle, die spürbar sind und Lexi in einen Konflikt bringt, den man selbst als Leserin nur allzu gern verdrängen möchte. Während ein Leben in New York leicht aufzugeben erscheint, ist es doch unmöglich, Amelia Nick als Lexis Freund vorzustellen.
Doch nicht nur dieses Problem macht zu schaffen - viel schlimmer ist noch, was es mit Amelias Zusammenbruch am Strand auf sich hat. Lange wird er aufgrund der fortschreitenden Genesung verdrängt, bis Amelia zurück in ihrem Zuhause weitere bedenkliche Ausfallerscheinungen hat, die besorgniserregend sind.

Dani Atkins hat erneut einen einnehmenden, emotionalen Roman verfasst, der einerseits eine romantische Liebesgeschichte erzählt und andererseits von einer Liebe zwischen Schwestern zeugt, von einem festen Band, das diese verbindet. Was Amelias Krankenhausaufenthalt und ihren Vorstellungen von einem anderen Leben zugrunde liegt, sorgt für Spannung und am Ende wird das Mysterium dahinter durch kleine Schlüsselerlebnisse logisch und mit voller Wucht ergreifend erklärt. Die Charaktere bleiben allerdings blass und auch die Krankengeschichte hätte noch tief gehender dargelegt werden können.
"Was die Sterne dir schenken" ist eine Geschichte über mysteriöse Erinnerungen, die zu einer Prophezeiung werden und ein ergreifendes Drama mit einem bittersüßen Ende.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.02.2024

Ein starkes Band von Freundinnen zu düsteren Zeiten und eine mutige Entscheidung - dramatischer historischer Roman

Sturmmädchen
0

Elli und Käthe sowie Margot aus Aachen, die die Ferien stets mit ihren Eltern im Rurtal in der Eifel verbrachte, sind seit ihrer Kindheit beste Freundinnen. Zusammen mit ihnen kann Elli sie selbst sein ...

Elli und Käthe sowie Margot aus Aachen, die die Ferien stets mit ihren Eltern im Rurtal in der Eifel verbrachte, sind seit ihrer Kindheit beste Freundinnen. Zusammen mit ihnen kann Elli sie selbst sein und schämt sich nicht für ihre Behinderung, die ihr den grässlichen Spitznamen "Hinkemädchen" eingebracht hat.
Doch dunkle Zeiten ziehen auf, als die Nationalsozialisten an die Macht kommen und die Gesetze vor allem für die jüdische Bevölkerung verschärfen und die übrigen Menschen mit ihrem unmenschlichen Gedankengut indoktrinieren.
Elli muss fassungslos zusehen, wie ihre Freundin Käthe sich der Frauenschaft anschließt und sie sich immer weiter entfremden, wie Margot und ihre Familie zwangsenteignet wird und schon bald in Lebensgefahr zu schweben scheint.
Sie entwickelt daraufhin einen stoischen Mut, möchte die Dinge nicht einfach nur so hinnehmen und findet in Hans einen verlässlichen Freund an ihrer Seite, in dessen Gegenwart ihr Herz höher schlägt. Doch die Liebe zu ihm scheint keine Zukunft zu haben, ist er doch längst einer anderen Frau aus dem Dorf versprochen.

Die Geschichte beginnt mit einem Prolog im Jahr 1933, als die Welt für die drei Freundinnen noch in Ordnung ist. Fünf Jahre später setzt die Geschichte an und die Stimmung ist eine ganz andere. Von einer unbeschwerten Fröhlichkeit ist nichts mehr zu spüren.
Der Roman ist aus der Perspektive der nun 20-jährigen Elli geschildert, die ihre besten Freundinnen an die Nationalsozialisten zu verlieren droht - Käthe, die sich der Ideologie beugt und in der NS-Frauenschaft aufgeht und Margot, die als Jüdin immer mehr unter den sich verschärfenden Gesetzen zu leiden hat.
Elli, die eingangs mit ihrer Behinderung hadert und sich minderwertig und unnütz fühlt, entwickelt eine stoische Zivilcourage und hat sich fest vorgenommen, Margot und ihrer Familie zu helfen. Dabei geht sie jedes Risiko ein, ist mit ihrem Stolz und Wagemut sogar bereit, auf ihre Liebe zu verzichten.

Der Roman versetzt die/ den LeserIn anschaulich in ein fiktives Dorf in der Eifel unweit der Grenze zu Belgien. Das Alltagsleben im Dorf, wo man abgelegen nicht alle Repressalien des Regimes mitbekommen kann oder möchte, fängt den Zeitgeist ein und macht die Charaktere nahbar. Das Leben auf dem Hof ist beschwerlich und für die Halbwaise Elli von Armut geprägt. Das hindert sie jedoch nicht daran, anderen selbstlos zu helfen. Sie hat das Herz auf dem rechten Fleck und findet über ihre Mutter, eine tüchtige Hebamme, heraus, wie sie noch mehr helfen kann.

"Sturmmädchen" ist eine fiktive Geschichte, die als historischer Roman jedoch einen wahren Hintergrund hat und von der düsteren Zeit zu Beginn und unmittelbar vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges erzählt. Neben all dem Leid, das ungeschönt geschildert wird, ist es eine Geschichte, die zeigt, dass es in dieser dunklen Zeit auch hilfsbereite und selbstlose Menschen gab, die kein Risiko scheuten, um Schwächeren zu helfen. Es ist ein dramatisch und empathisch geschriebener Roman, der Emotionen weckt, traurig und wütend macht und dabei beweist, wie wichtig es ist, nicht wegzuschauen und Verantwortung zu übernehmen und damit vorbildhaft für alle Zeiten ist. "Sturmmädchen" ist nicht nur dramatisch, sondern durch die ungewissen Schicksale und geheimen Machenschaften darüber hinaus spannend. Das Ende ist hoffnungsvoll und versöhnlich und bietet sogar Potenzial für eine Fortsetzung.
"Sturmmädchen" macht Geschichte lebendig und ist nach "Trümmermädchen" und "Findelmädchen" erneut ein empathischer Roman gegen das Vergessen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.01.2024

Grenzüberschreitende Ermittlungen in einem für Krammer persönlichen Fall - spannendes Teamwork vor Alpenkulisse

Grenzfall – In den Tiefen der Schuld
0

Chefinspektor Krammer vom LKA Tirol ist in Sorge um seine Kollegin Roza, die abrupt aus dem Präsidium verschwunden ist. Auf der Suche nach ihr findet er In ihrer Wohnung eine männliche Leiche aufgebahrt. ...

Chefinspektor Krammer vom LKA Tirol ist in Sorge um seine Kollegin Roza, die abrupt aus dem Präsidium verschwunden ist. Auf der Suche nach ihr findet er In ihrer Wohnung eine männliche Leiche aufgebahrt. Krammer möchte Roza nicht in Schwierigkeiten bringen, solange ungeklärt ist, vor was sie so eine Angst hatte, von wem sie bedroht wurde oder ob sie selbst in kriminelle Machenschaften verwickelt ist und ermittelt zunächst auf eigene Faust.
Unterstützung erhält er von Oberkommissarin Alexa Jahn er Kripo Weilheim, da Roza zuletzt in Deutschland am Walchensee gesehen wurde.
Weitere Spuren deuten nach Ungarn, während sich beide Polizeibeamten ernsthaft fragen, ob Roza überhaupt noch am Leben ist.

"Grenzfall - In den Tiefen der Schuld" ist der vierte Band der grenzüberschreitenden Krimireihe um die junge deutsche Kommissarin Alexa Jahn und den erfahrenen Inspektor Bernhard Krammer aus Österreich, die erst vor Kurzem erfahren haben, dass sie Tochter und Vater sind.
Der Kriminalfall des vierten Bandes schließt nahtlos an Band 3 an, in dem Roza Szabo mit einer Briefbombe und Manipulation an ihrem Fahrzeug gedroht worden war.

Auch wenn der Kriminalfall in sich geschlossen ist, ist es hilfreich die ersten drei Teile der Buchreihe zu kennen, um die handelnden Personen besser einordnen zu können, da auch ihr Privatleben eine Rolle spielt, das zudem ihren Charakter geformt hat.
Vater und Tochter kommen sich in diesem Band näher, arbeiten vertrauensvoll zusammen und sorgen sich um einander.

Die Empathie für die Charaktere gibt der Krimireihe noch mehr Gehalt, macht sie menschlicher und lässt die Hauptfiguren mit ihren kleinen Fehlern authentisch erscheinen.

Bei "In den Tiefen der Schuld" handelt es sich vor allem für Krammer um einen sehr persönlichen Fall, denn mit Roza Szabo steht eine Polizeibeamtin im Mittelpunkt, mit der er eng zusammenarbeitet und die er glaubt, gut zu kennen. Die Ermittlungen gestalten sich dennoch schwierig, da Rozas Verschwinden offenbar mit ihrer Vergangenheit in einem Zusammenhang steht, die Krammer fremd ist.

Krammer und Jahn ermitteln parallel in Österreich und Deutschland, ergänzen sich und führen ihre Ergebnisse zusammen, wobei die einzelnen Puzzlestücke zunächst nicht zusammenzupassen scheinen.

Der Kriminalfall wird in kurzen Kapiteln erzählt und handelt innerhalb weniger Tage, was ihn trotz der vielen Sackgassen, in die die Ermittler stoßen, dynamisch macht. Die Ortsbeschreibungen von Oberbayern, Tirol und dem Burgenland sind anschaulich und versetzen die/ den LeserIn bildhaft in die malerische Alpenkulisse.

Weitere Kapitel in kursiver Schrift aus Opfersicht ergänzen die Perspektive der Ermittler, lassen erahnen, welche kriminellen Machenschaften dem Fall zugrunde liegen, nicht jedoch sofort, inwiefern Roza darin verwickelt ist.

"In den Tiefen der Schuld" ist ein erneut spannender Fall des grenzüberschreitenden Ermittlerduos, der einer Schnitzeljagd gleicht. Die Gedankenspiralen um die familiäre Verbindung der Hauptfiguren sowie die Sorge und Ungewissheit über das Schicksal einer Kollegin wecken Emotionen und geben der Krimireihe neben dem regionalen Bezug ihre eigene, persönliche Note.
Und so darf man auf mindestens einen weiteren Band gespannt sein, der am Ende bereits durch einen Hilferuf angekündigt wird. "Grenzfall - Ihre Spur in den Flammen" erscheint im Februar 2025.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.01.2024

Spannende Mischung aus Familiengeschichte, Kriminalroman und Historienschmöker und eine fesselnde und berührende Geschichte über die Suche nach Wahrheit, Gerechtigkeit und Akzeptanz

Etwas verborgen Schönes
0

Ottilie Rabe ist 94 Jahre alt, als sie beschließt, sich ihrer Vergangenheit zu stellen und ein gut gehütetes Geheimnis ans Licht zu bringen. Gleichzeitig möchte sie die Aufklärung der ungeklärten Todesumstände ...

Ottilie Rabe ist 94 Jahre alt, als sie beschließt, sich ihrer Vergangenheit zu stellen und ein gut gehütetes Geheimnis ans Licht zu bringen. Gleichzeitig möchte sie die Aufklärung der ungeklärten Todesumstände ihres Vaters vorantreiben und ihr Erbe regeln. Dazu versammelt sie im Sommer 2022 ihre Familie um sich, zu der sie zu einem Großteil seit Jahren keinen Kontakt mehr hatte.
Der Roman handelt auf zwei Zeitebenen - im Jahr 1944, als Lilis Vater, ein hochrangiger Gestapo-Offizier tot aufgefunden wird und sie unter Verdacht gerät und im Jahr 2022, als die weit verzweigte Familie Rabe sich auf Gut Torchau versammelt und gebannt auf Lilis Enthüllungen ist.
Der Schwerpunkt der Handlung liegt zunächst auf der Gegenwart, die aus der Ich-Perspektive von Lilis Enkelin, Naira, geschildert ist. Sie hat ein enges Verhältnis zu ihrer Oma, macht sich einerseits Sorgen, dass die Konfrontation mit der Vergangenheit zu belastend für die alte Frau sein könnte, ist aber auch neugierig auf ihre Geschichte und den Familienclan, der sich - mutmaßlich auch aufgrund eines zu erwartenden reichen Erbes - bereitwillig in der Uckermark und Berlin einfindet.
Die Treffen stehen unter Spannungen, hat doch jeder andere Erwartungen und nicht mit den Erkenntnissen gerechnet, die ein Kriminalkommissar aD, der alte Unterlagen zu den Ermittlungen im Fall Rabe ausgewertet hat und in diesem Zusammenhang Lilis Geheimnis enthüllen muss, darlegt.
Die Vergangenheit nimmt erst nach den ersten Begegnungen der Familie mehr Raum ein und wird überwiegend aus der Perspektive des Kriminalrats Werner Beltheim geschildert, der auf sympathische Weise nicht systemtreu ist und nicht daran glaubt, dass die offensichtlich tatverdächtige 16-jährige Ottilie ihren Vater auf dem Gewissen hat.
"Etwas verborgen Schönes" ist eine spannende Mischung aus Familiengeschichte, Kriminalroman und Historienschmöker. Die Charaktere sind vielfältig und authentisch gezeichnet und der Plot bietet überraschend Neues. Er handelt nicht nur von der Aufklärung einer fast 80 Jahre ungesühnten Tat und der Zusammenführung einer vielschichtigen Familie, sondern insbesondere auch von Fragen der Herkunft, Identität, von Toleranz, Menschlichkeit, Freiheit und dem Recht auf Selbstbestimmung. Ideologische Fragen, Fragen zu Rassenhygiene und Moral geben insbesondere dem Erzählstrang der Vergangenheit Tiefe, die die düstere deutsche Geschichte in den Fokus nimmt und viel mehr ist als nur Ermittlungen zu einem Tötungsdelikt.
Der Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit sorgt für Spannung, denn das Finden der Wahrheit erfolgt damit nur etappenweise.
Auch wenn es in der Gegenwart während der Diskussionen der Familienmitglieder einzelne Längen gibt und die Vielzahl der Personen, die das Geflecht etwas undurchschaubar und nicht unbedingt notwendigerweise kompliziert machen, ist es eine berührende und fesselnde Geschichte über die Suche nach Wahrheit, Gerechtigkeit und Akzeptanz.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.12.2023

Weniger außergewöhnlich als die anderen Bände, aber damit nicht weniger fesselnd. Ein Krimi mit Thrillerelementen und eine gelungene Kombination aus psychologischer Spannung und Mystik.

Waiseninsel
0

Nachdem Jessica Niemi nach einer tätlichen Auseinandersetzung, die öffentlich bekannt wurde, vom Dienst beurlaubt wurde, begibt sie sich nach Smörregård, einer entlegenen Åland-Insel. Neben den Inhabern ...

Nachdem Jessica Niemi nach einer tätlichen Auseinandersetzung, die öffentlich bekannt wurde, vom Dienst beurlaubt wurde, begibt sie sich nach Smörregård, einer entlegenen Åland-Insel. Neben den Inhabern des Gasthofes sind ein schwedisches Pärchen und eine Gruppe älterer Menschen untergebracht, die nach dem Zweiten Weltkrieg in einem Waisenhaus auf der Insel lebten und sich jährlich treffen. Als am Morgen eine von ihnen tot aufgefunden wird, ist Jessicas Polizeiinstinkt geweckt. Sie findet heraus, dass es auf der Insel bereits mehrere ähnliche Todesfälle gegeben hat und hört zudem von dem gruseligen Mythos des Mädchens im blauen Mantel, das 1946 von der Insel verschwunden ist, aber dennoch immer wieder von Menschen gesehen wurde. Selbst Jessica glaubt, sie in der Nacht, als die alte Frau ums Leben kam, gesehen zu haben.

"Waiseninsel" ist Band 4 der finnischen Thrillerreihe um die Helsinkier Ermittlerin Jessica Niemi. Der Roman handelt im März 2020, weshalb die Corona-Pandemie mit landesweiten Einschränkungen in Finnland zum Thema wird, allerdings nur nebensächlich und nicht störend. Daneben gibt es Rückblenden in das Jahr 1946, als die älteren Gäste noch Kinder waren und in dem Waisenhaus auf der Insel lebten.

Band 4 der Reihe ist mehr Krimi als Thriller, jedoch mit einer gelungen Kombination aus psychologischer Spannung und Mystik. Durch den Schauplatz des Archipels ist die Erzählung zudem atmosphärisch, was zu dem Grusel passt, den die mysteriöse Geschichte um das untote Mädchen verbreitet.
Der Krimi ist durch die übersichtliche Anzahl an Protagonisten, die sich auf einer entlegenen Insel aufhält, auf der ein Mord passiert, für den nur einer von ihnen verantwortlich sein kann und in der Jessica wie eine Miss Marple ermittelt, klassisch aufgebaut. Dennoch ist es unheimlich spannend zu erfahren, wie Vergangenheit und Gegenwart zusammenhängen und aus welchen Gründen die Menschen auf der Insel zusammengekommen sind, denn hier hat wirklich jeder etwas zu verbergen oder handelt aus einem anderen Motiv, als zunächst eindeutig scheint.

Die Aufklärung des Falls ist insbesondere am Ende unheimlich wendungsreich, da sich letztlich jeder einzelne verdächtig macht und es schwierig macht, einen von ihnen kategorisch auszuschließen.

Zudem wird die Handlung von der sehr speziellen Polizistin Jessica Niemi getragen, die befürchtet wie ihre Mutter an Schizophrenie zu erkranken und die immer wieder von Visionen, Stimmen von Toten in ihrem Kopf und Wahnvorstellungen heimgesucht wird und damit auch für ihre Vorgesetzte unberechenbar ist. Jessicas unkonventionelle Art, ihre besondere Auffassungsgabe und Instinkt geben der Reihe ihren besonderen Charme und Reiz.
"Waiseninsel" ist weniger außergewöhnlich als die anderen Bände, aber damit nicht weniger fesselnd.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere