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Veröffentlicht am 16.05.2020

Schauriger Plot mit gewalttätigen Szenen, der den Leser vor allem aufgrund der inneren Zerrissenheit der Protagonisten, die sie Grenzen überschreiten lässt, packt

So dunkel der Wald
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Ronja und Jannik leben seit Jahren in Gefangenschaft in einer Hütte in einem dunklen Wald. Als Kind wurden sie von ihrem Peiniger, den sie Paps nennen, entführt. Dort leben sie mit weiteren Kindern, die ...

Ronja und Jannik leben seit Jahren in Gefangenschaft in einer Hütte in einem dunklen Wald. Als Kind wurden sie von ihrem Peiniger, den sie Paps nennen, entführt. Dort leben sie mit weiteren Kindern, die noch nicht durch "das Sonnentor" gegangen sind. Als sie eines Tages die Möglichkeit haben ihren Entführer zu überwältigen, scheint die Freiheit in greifbare Nähe gerückt. Doch Ronja und Jannik ist die Welt außerhalb des Waldes fremd und sie haben Bedenken, einfach so zurückzukehren, denn sie fühlen sich schuldig an den Ereignissen, die sie erlebt haben und an den Dingen, die sie getan haben.
Währenddessen ermittelt Sarah Wiesinger an dem Fall der Kindesentführungen, denn jüngst ist wieder ein kleines Mädchen im Wald verschwunden.

"So dunkel der Wald" ist ein düsterer Thriller, der in zwei Handlungssträngen erzählt wird. Im Fokus steht die Situation der Kinder und Jugendlichen im Wald, während die parallel verlaufenden Ermittlungen durch die Kriminalkommissarin weniger Raum einnehmen.

Es ist kein klassischer Thriller über eine Kindesentführung, denn statt dem Schmerz der Eltern und der Suche nach den Kindern rückt die Perspektive der Opfer, die seit Jahren an ihr Martyrium gewohnt sind, in den Mittelpunkt.
Der Roman beginnt spannend mit einem möglichen Fluchtversuch und flacht dann etwas ab, als es nicht mehr um die Gefangenschaft als solche, sondern den ungewohnten Umgang mit der Aussicht auf Freiheit geht. Die Kinder kennen kein normales Leben mehr und wissen nicht, was sie außerhalb des Waldes erwartet. Sie sind verunsichert und haben Angst, was durch ein ewiges Hin und Her zwischen Ronja und Jannik sehr deutlich wird. Der psychologische Ansatz ist spannend und auch wenn man das Verhalten der Jugendlichen zunächst nicht verstehen kann, wird nachvollziehbar dargestellt, wie Opfer zu Tätern werden und wie verstörend die Situation für sie erscheinen mag.
Die Ermittlungen der jungen Kommissarin sind nur nebensächlich, waren mir aber von zu vielen Zufällen geprägt.

Es ist ein schauriger Plot mit gewalttätigen Szenen, der den Leser vor allem aufgrund der inneren Zerrissenheit der Protagonisten, die sie Grenzen überschreiten lässt, packt.

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Veröffentlicht am 11.05.2020

Realistisch anmutende Dystopie, die gerade zur gegenwärtigen Situation erschreckend aktuell erscheint. Ein Abenteuerroman für Jung und Alt, der die Grenzen des Daseins aufzeigt.

Ein Junge, sein Hund und das Ende der Welt
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Griz lebt in einer Zeit, in der die Menschheit fast ausgestorben ist. Nur noch wenige Tausend Menschen leben verteilt auf der Welt, Grenzen, Regierungen oder Gesetze gibt es keine mehr. Griz, ihre Eltern ...

Griz lebt in einer Zeit, in der die Menschheit fast ausgestorben ist. Nur noch wenige Tausend Menschen leben verteilt auf der Welt, Grenzen, Regierungen oder Gesetze gibt es keine mehr. Griz, ihre Eltern und Geschwister sowie die beiden Terrier Jess und Jip leben auf einer Insel im Atlantik, westlich von Schottland, wo sie sich durch Fischen, die Jagd nach Kaninchen und das "Wikingern" selbst versorgen.
Eines Tages kommt ein Fremder mit einem Segelboot zu ihnen und bietet ihnen vorgeblich ein Tauschgeschäft an, stiehlt aber letztlich einen ihrer Hunde und verlässt die Insel. Nur Griz bekommt das Fehlen von Jess und des Segelboots am nächsten Morgen mit und verfolgt den Fremden mit ihrem Boot "Sweethope". Er ist bereit alles zu riskieren, um seine Hündin zu retten und begibt sich zum ersten Mal in seinem Leben auf das Festland, das er nur aus Erzählungen kennt.

"Ein Junge, sein Hund und das Ende der Welt" ist ein Endzeitroman, der die mutige Reise eines Jungen beschreibt, der den Diebstahl eines Hundes nicht hinnehmen kann.
Der Roman ist aus der Ich-Perspektive von Griz geschildert, der seine eigene Geschichte aufschreibt und damit den Leser direkt anspricht. Er ist ein mutiger Junge, der sich wacker allen Gefahren auf seiner schier aussichtslosen Reise stellt. Dabei ist es interessant, seinen Weg zu begleiten, die Orte wie Museen, Kirchen, Freizeitparks und ausgestorbene Städte mit ihm zu entdecken, wobei nur spekuliert werden kann, wo in Großbritannien er sich gerade befinden mag.
Bewundernswert ist, dass Griz niemals aufgibt und trotz des Unrechts, das ihm widerfährt, menschlich bleibt, seine eigenen Ziele zurückstellt und anderen Menschen auf seinem Weg hilft. Eine Frau aus Frankreich begleitet ihn ein Stück auf seiner Reise, was der Erzählung, die zu Beginn etwas deprimierend und zäh erscheint, mehr Lebendigkeit verleiht. Die Dialoge könnten für Leser, die kein Französisch kennen, etwas dröge sein. Worte, die Griz phonetisch versteht, sind ohne Französischkenntnisse kaum verständlich.

Es ist ein Abenteuerroman, der für jugendliche und erwachsene Leser gleichermaßen geeignet ist. Trotz anfänglicher Längen und der betrüblichen Atmosphäre konnte mich der Roman im weiteren Verlauf der Handlung für sich einnehmen und Spannung erzeugen.
"Der Junge, sein Hund und das Ende der Welt" ist eine realistisch anmutende Dystopie, die gerade zur gegenwärtigen Situation erschreckend aktuell erscheint. Sie zeigt dem Menschen die Grenzen des Daseins auf, stimmt aber am Ende doch noch hoffnungsvoll, da es trotzdem noch Werte wie Liebe und Menschlichkeit gibt, für die es sich zu kämpfen lohnt und die Bereitschaft weckt, das konservieren zu wollen, das noch da ist.

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Veröffentlicht am 06.05.2020

Tragische, brutale Familiengeschichte - eindringlich und ungeschönt erzählt

Das wirkliche Leben
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Die namenlose Ich-Erzählerin, die zehn Jahre alt ist, lebt zusammen mit ihrem drei Jahre jüngeren Bruder bei ihren Eltern am Waldrand einer Reihenhaussiedlung. Der Vater ist ein jähzorniger Patriarch, ...

Die namenlose Ich-Erzählerin, die zehn Jahre alt ist, lebt zusammen mit ihrem drei Jahre jüngeren Bruder bei ihren Eltern am Waldrand einer Reihenhaussiedlung. Der Vater ist ein jähzorniger Patriarch, der seine Familie seelisch und körperlich misshandelt. Während seine Ehefrau überwiegend die Schläge abbekommt, leben die Kinder in permanenter Angst, Auslöser eines Wutanfalls ihres Vaters zu sein. Das einzige, was das Mädchen aufrecht erhält, ist das Lachen ihres Bruders, den sie unbedingt schützen möchte.

Als die beiden Geschwister eines Sommers Augenzeugen eines schrecklichen Unfalls in einem Eiswagen werden, macht sich das Mädchen schwerwiegend Vorwürfe, da er während ihrer Bestellung passiert ist. Gilles ist traumatisiert, spricht nicht mehr, wendet sich von seiner Schwester ab. Das Mädchen hat von nun an nur noch ein Ziel: Sie möchte in die Vergangenheit reisen, den Unfall verhindern und das Lachen ihres Bruders wieder herstellen. Nur auf diese Weise erträgt sie den Alltag, den es durch die Zeitreise bald nicht mehr in dieser Form geben wird. Enttäuscht davon, das eine Reise in die Vergangenheit wie in dem Film "Zurück in die Zukunft" nicht so einfach möglich ist, stürzt sich das wissbegierige und intelligente Mädchen auf die Naturwissenschaften, während Gilles seinem Vater über die Jahre hinweg immer ähnlicher wird.

"Das wirkliche Leben" ist eine tragische, brutale Familiengeschichte. Geschildert aus der Ich-Perspektive eines unschuldigen Mädchens ist der Roman besonders eindringlich und geht zu Herzen. Zu Beginn, als das Mädchen noch träumt, etwas an ihrer Situation ändern zu können, ist die Stimmung noch hoffnungsvoll, auch wenn man als Leser entsetzt ist, wie abfällig das junge Mädchen über ihren gewalttätigen Vater, aber auch ihre passive Mutter denkt, die sie nur als "Amöbe" bezeichnet. Die Stimmung kippt, als das Mädchen erkennt, dass sie die Zeit nicht so einfach zurückdrehen kann. Sie fühlt sich daraufhin nicht nur von ihren Eltern ungeliebt, sondern auch von ihrem Bruder verlassen. Ihr Weg erscheint aussichtslos und vorgezeichnet. Wie sollen Kinder, die in so einer Atmosphäre von Angst und Gewalt aufwachsen, als Erwachsene eine reelle Chance haben? Der Bruder zeigt schon in jungen Jahren erste Anzeichen dafür, dass auch die Zukunft nicht veränderbar erscheint. Trotz aller Tristesse entfaltet der Roman eine Sogwirkung, da man als Leser auf einen Ausweg aus der Misere hofft - denn wie lange können Schläge vor Nachbarn, Mitschülern und (Nachhilfe)lehrern im Verborgenen bleiben? "Das wirkliche Leben" erzählt ein Familiendrama, eindringlich und ungeschönt. Das Ende des Romans ist zum Verlauf der Geschichte passend und wirkt authentisch, schenkt jedoch wenig Hoffnung, wenn am Ende nur eine Botschaft bleibt: Gewalt erzeugt Gegengewalt.

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Veröffentlicht am 06.05.2020

Die Graphic Novel zeigt den Lebensweg von Hannah Arendt auf und macht neugierig, mehr über sie und ihr Werk zu erfahren

Die drei Leben der Hannah Arendt
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"Die drei Leben der Hannah Arendt" ist eine Graphic Novel, die die Biografie der Philosophin Hannah Arendt skizziert. Sie beginnt mit ihrer Kindheit in Königsberg und endet mit ihrem Tod in New York. Dazwischen ...

"Die drei Leben der Hannah Arendt" ist eine Graphic Novel, die die Biografie der Philosophin Hannah Arendt skizziert. Sie beginnt mit ihrer Kindheit in Königsberg und endet mit ihrem Tod in New York. Dazwischen werden ihre Fluchten - ihre drei Leben - ihre Begegnungen mit verschiedenen Denkern, Gelehrten und Wissenschaftlern sowie ihre eigenen Denkansätze und Fragestellungen beschrieben.

Die Zeichnungen sind in den Farben Schwarz-Weiß-Grün gehalten und eher skizzenartig. Sie wirken dynamisch und modern, sind aber dennoch so exakt, dass man die Gesichter aller berühmter Personen zuordnen kann. Auch die über die Jahre gezeichnete Veränderung von Hannah Arendt, von dem aufgeweckten, intelligenten Mädchen, über die neugierige und wissbegierige Studentin bis hin zur gealterten Denkerin ist fließend und realtitätsnah.

Durch die verkürzte Darstellung als Graphic Novel erfährt man als Leser die wesentlichen Ereignisse und Eckpunkte auf dem Lebensweg von Hannah Arendt und bekommt ein Gefühl für ihre Philosophie. Ihre lebenslange Suche nach DER Wahrheit, ihre Gedanken über Totalitarismus und "das Böse", Pluralität und Natalität können Dabei jedoch im Wesentlichen nur Schlagworte bleiben und kommen im Vergleich zu ihren Beziehungen zu Martin Heidegger und Walter Benjamin etwas zu kurz.

Im Gegensatz zu einem reinen Sachbuch wirkt die gezeichnete Biografie lebendiger, kann aber keinen wissenschaftlichen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Gerade für Menschen, die sich noch nicht eingehend mit dem Leben der bekannten jüdischen Philosophin beschäftigt haben, ist die Graphic Novel als Einstieg ideal und macht neugierig, mehr über Hannah Arendt und ihr Werk zu erfahren.

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Veröffentlicht am 02.05.2020

Tragikomische Geschichte über eine Vater-Sohn-Beziehung - anrührend und voller Situationskomik

Pandatage
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Vor gut einem Jahr ist Dannys Ehefrau bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Seit diesem Unglück spricht sein elfjähriger Sohn nicht mehr. Selbst noch voller Trauer und ohne finanziellen Spielraum schafft ...

Vor gut einem Jahr ist Dannys Ehefrau bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Seit diesem Unglück spricht sein elfjähriger Sohn nicht mehr. Selbst noch voller Trauer und ohne finanziellen Spielraum schafft es Danny nicht, Will aus seinem selektiven Mutismus herauszuhelfen. Zu allem Übel verliert er noch seinen Job als ungelernter Arbeiter auf dem Bau, wobei er ohnehin schon mit der Miete im Rückstand war. Dem Druck des Vermieters ausgesetzt, versucht Danny irgendwie Geld zu verdienen, kauft sich ein billiges Pandakostüm und versucht sich im Park als Straßenkünstler. Mit Hilfe einer Poletänzerin lernt Danny das Tanzen und wird bald zu einer Attraktion. Als er dabei sieht, wie Will von Mitschülern angegriffen wird, eilt er ihm zu Hilfe und erhält ein "Danke". Es ist das erste Wort, dass Will seit dem Tod seiner Mutter gesagt hat. Will öffnet sich gegenüber dem Panda, erzählt ihm, was er fühlt, so dass auch Danny wieder einen Zugang zu seinem Sohn findet. Als dieser dann herausfindet, dass sein Vater ihn belogen hat, ist das Vertrauensverhältnis wieder zerstört und auch die Geduld des Vermieters am Ende.

"Pandatage" ist ein warmherziger Roman über Trauer und Trauerbewältigung. Es ist eine tragikomische Geschichte über eine Vater-Sohn-Beziehung, die an dem Tod der Frau bzw. Mutter, die für beide die engste Bezugsperson war, zu zerbrechen droht. Danny war für Will zwar immer als Vater da, hat jedoch zu wenig Zeit mit ihm verbracht, um ihm auch als Freund nahe zu kommen. Er kennt seine alltäglichen Bedürfnisse nicht und kommt an seinen verschlossenen Sohn nicht heran.
Die Figur des Panda, der wie die Mutter die Leidenschaft für das Tanzen teilt, wird eine Brücke zwischen Vater und Sohn gebaut.

Der Roman ist anrührend und durch die Situationskomik, die durch Dannys Kostümierung zum Tragen kommt, lebendig und unterhaltsam geschrieben.
Es ist ein kurzweiliges Buch mit allerlei zwielichtigen und ungewöhnlichen Personen, die der Geschichte etwas die Ernsthaftigkeit nehmen und deshalb eher amüsant als bedrückend ist. Die Probleme werden letztlich einfach gelöst, die schweren Themen wie Trauerverarbeitung und Mobbing nur oberflächlich behandelt. Unterhaltung und ein positives Gefühl der Hoffnung auf einen Neuanfang stehen bei dieser Tragikomödie im Vordergrund.

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