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Veröffentlicht am 03.07.2021

Wendungsreicher Kriminalroman mit einem komplexen, undurchschaubaren Fall, aber etwas konturlosen Ermittlern

No Way Out - Es gibt kein Entkommen
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Beim Brand eines luxuriösen Hauses in Oxford kann ein Kind nur tot geborgen werden, der ältere Bruder erliegt wenig später seinen Verletzungen im Krankenhaus. Die Eltern gelten als vermisst, bis auch die ...

Beim Brand eines luxuriösen Hauses in Oxford kann ein Kind nur tot geborgen werden, der ältere Bruder erliegt wenig später seinen Verletzungen im Krankenhaus. Die Eltern gelten als vermisst, bis auch die Mutter Samantha in den Trümmern des Hauses tot aufgefunden wird. Der Vater Michael meldet sich weiterhin nicht und gilt deshalb als Hauptverdächtiger und wird polizeilich gesucht. Ermittlungen bei Nachbarn, Bekannten und Familienangehörigen ergeben, dass sich die Familie Esmond seit dem letzten Sommer seltsam verhalten hat. Samantha litt offenbar an postnatalen Depressionen, der zehnjährige Sohn Matty machte sich Sorgen um sie, weil sie angeblich einen Geist gesehen hat und Michael wurde der sexuellen Belästigung bezichtigt. Ob die persönlichen Probleme etwas mit dem Brand zu tun haben, ist ungewiss, Tatsache ist jedoch, dass das Haus aus dem Familienbesitz unter der Verwaltung eines Treuhandfonds steht und die Erben nur im Falle einer Katastrophe wie eines Brande finanziell profitiert hätten.

"No Way Out - Es gibt kein Entkommen" ist der dritte Band einer Reihe um den Ermittler Detective Inspector Adam Fawley. Rund um seine Person ermitteln diverse weitere Kollegen, in dem Fall der Brandstiftung, was ich etwas unübersichtlich empfunden habe. Meiner Meinung nach empfiehlt es sich deshalb die Reihe von Anbeginn zu lesen, um mit den verschiedenen handelnden Personen vertraut zu werden.
Der Schreibstil ist sprunghaft, die Perspektiven wechseln fortlaufend. Irritierend fand ich die Ich-Perspektive des Chefermittler, der im Rahmen des Falls jedoch eher eine untergeordnete, passive Rolle hat.
Durch Zeitungsartikel, E-Mails und Verhörprotokolle ist der Krimi anschaulich und abwechslungsreich gestaltet. Die umfangreichen und vielfältigen Ermittlungen in dem schwierigen Fall wirken authentisch.
Darüber hinaus erhält man durch Rückblenden Einblicke in das Leben der Familie mehrere Monate vor dem Brand, die zeigen, dass in der Familie etwas im Argen lag, wodurch ich nicht nur Vater und Mutter, sondern auch der ältere Sohn verdächtig machen. Aber hat wirklich einer von ihnen den Brand versursacht?
Gerade die Rückblenden, die Hintergründe zur Familie und mögliche Motive offenlegen, verleihen dem Kriminalroman im Vergleich zu den aufgrund der Umstände mit wenig verwertbaren Daten und vielen Mutmaßungen zu Beginn zähen Ermittlungen Spannung. Als die Polizei immer mehr Details aus dem Leben der Esmonds in Erfahrung bringen, ergänzen sich die beiden Handlungsstränge zu einer packenden Mischung aus Kriminalfall und dramatischer Familiengeschichte.

Fazit: Ein wendungsreicher Kriminalroman mit einem komplexen, undurchschaubaren Fall, bei der mir die Anzahl der Ermittler zu groß war. Sie blieben deshalb konturlos und verwirrten mich bei der Aufklärung des Falls. Die Reihe würde ich insofern nur bei einem weiteren interessanten Fall verfolgen, nicht jedoch aufgrund der Charaktere DI Fawley und seiner Kollegen.

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Veröffentlicht am 08.04.2021

Fesselndes und schockierendes Buch, das ein Bild auf das Mutterdasein wirft, das nicht nur von Glück, Freude, Liebe und Harmonie geprägt ist, , sondern das auch anstrengend und enttäuschend sein kann

Der Verdacht
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Als Blythe von ihrem Mann Fox schwanger ist, ist sie verunsichert, da sie selbst von einer lieblosen Mutter aufgezogen wurde, die sie letztlich verlassen hat. Blythe möchte alles besser machen und ihre ...

Als Blythe von ihrem Mann Fox schwanger ist, ist sie verunsichert, da sie selbst von einer lieblosen Mutter aufgezogen wurde, die sie letztlich verlassen hat. Blythe möchte alles besser machen und ihre Tochter nie das spüren lassen, was sie selbst erleben musste. Als Violet zur Welt kommt, spürt sie nicht die innige Mutterliebe wie sie es sich erhofft hatte. Die Zeit allein mit dem Neugeborenen ist schwierig. Violet ist anstrengend, schreit viel und schläft wenig. Blythe fühlt sich von ihrer Tochter abgelehnt und ist enttäuscht, dass Violet sich gegenüber ihrem Vater ganz anders verhält. Je älter Violet wird, desto distanzierter wird die Beziehung zwischen Mutter und Tochter. Das Mädchen zeigt sich hinterhältig, gefühllos und gemein und hat deshalb auch schon im Kindergarten Probleme. Blythe möchte eine zweite Chance und überredet Fox zu einem zweiten Kind. Mit Sam ist alles anders - Blythe liebt den Jungen heiß und innig und er gibt ihr die Liebe zurück. Für sie ist Sam der Beweis, dass sie doch eine gute Mutter sein kann. Doch das Glück ist nur von kurzer Dauer. Ein Unglück vernichtet das harmonisch gewordene Familienleben. Und in Blythe keimt ein Verdacht auf...

Der Roman ist aus der Perspektive von Blythe geschrieben, die rückwirkend ihrem Mann Fox ihre Geschichte, ihre Sicht der Dinge, schildert. Bereits der Prolog ist so aufwühlend, dass man sich fragt, was geschehen ist, dass eine Mutter so abfällig über ihre Tochter denkt.

In kurzen Kapiteln wird ein Familiendrama geschildert, das so erschreckend und brutal wie ein Psychothriller anmutet. Blythe ist eine Frau, die kurz davor ist, Mutter zu werden, aber so geprägt ist von der Kaltherzigkeit ihrer eigenen Mutter Cecilia, dass sie selbst nicht weiß, ob sie die Erwartungen an eine Mutter erfüllen kann. Rückblenden in die 1960er- und 1970er-Jahre zeigen, dass schon Cecilia unter mangelnder Mutterliebe, Ablehnung und Gewalt leiden musste.

Die Figuren sind fein gezeichnet und authentisch dargestellt. Blythe ist nahbar und es fällt leicht ihre Verunsicherung und ihre widerstreitenden Gefühle in Bezug auf ihre Tochter nachzuvollziehen. Da man als Leser nur die Perspektive von Blythe kennt, ist es schwierig zu sagen, ob sie als Mutter versagt hat und ihrer Tochter trotz aller guten Vorsätze nicht die Liebe entgegenbringen konnte, die ein unschuldiges kleines Kind verdient hat oder ob Violet ein Kind ist, das tatsächlich von Grund auf böse ist. Wie viel machen Erziehung und Sozialisation aus und wie viel ist von einem Charakter geprägt?

"Der Verdacht" ist ein Roman, der ein Bild auf das Mutterdasein wirft, das nicht nur von Glück, Freude, Liebe und Harmonie geprägt ist, sondern das auch anstrengend und enttäuschend sein kann. Er zeigt dabei deutlich, dass so ein Bild nicht erwartet wird, dass eine Mutter mit solchen Empfindungen hilflos allein gelassen wird und allenfalls als postpartal depressiv eingeordnet wird. Besonders erschreckend sind jedoch die Schilderungen über die junge Violet, die ihre Mutter nicht nur mit Trotzanfällen schikaniert, sondern schon als Kleinkind durch psychische und physische Gewalt brutal und herzlos ihren eigenen Willen durchsetzt. Es sind Dinge, die man einem Kind nur schwer zutraut und was Blythe nur noch unglaubwürdiger erscheinen lässt.

Es ist ein fesselndes und schockierendes Buch über regretting motherhood und wie sehr schwierige Beziehungen in der Kindheit prägend sind und sich über die Generationen hinweg durchziehen.

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Veröffentlicht am 28.03.2021

Roman über Freundschaft und die Wertschätzung des Lebens, über Familie, Fürsorge und das Loslassen können - rührend, aber nicht sentimental geschrieben

Das Leben ist zu kurz für irgendwann
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Als Terry erfährt, dass ihre beste Freundin Iris, die an Multiple Sklerose erkrankt ist, auf dem Weg in die Schweiz ist, um dort ihr Leben selbstbestimmt zu beenden, möchte sie sie davon abhalten und begleitet ...

Als Terry erfährt, dass ihre beste Freundin Iris, die an Multiple Sklerose erkrankt ist, auf dem Weg in die Schweiz ist, um dort ihr Leben selbstbestimmt zu beenden, möchte sie sie davon abhalten und begleitet Iris kurzerhand ungefragt auf ihrer Reise. Da sie ihren dementen Vater am selben Tag aufgrund eines Ungezieferbefalls im Seniorenheim abholen musste, nimmt sie ihn mit auf die Fahrt, die die drei von Dublin über Wales, England und Frankreich nach Zürich führt. Für beide Frauen wird die Reise anders als erwartet und gerade Terry gelangt unterwegs zu neuen Einsichten, die sie ihr eigenes, bisher so geordnetes Leben, kritisch hinterfragen lässt.

"Das Leben ist zu kurz für irgendwann" handelt von Tod und Sterbehilfe, von Krankheiten wie MS und Alzheimer, ist aber alles andere als deprimierend zu lesen, da die Autorin sich den Themen mit Leichtigkeit annähert. Zudem stehen weder Iris' Krankheit noch der Akt der Sterbehilfe drängend im Vordergrund, da der Roman aus der Perspektive von Terry geschrieben ist. Der Fokus liegt vielmehr auf der Sorge um die Freundin und den egoistischen Wunsch, sie am Leben zu erhalten, aber auch die Sorge um den Vater und Terrys Rollentausch, wenn sie sich verhalten muss, als wäre sie seine Mutter.

In beide Frauen kann man sich gut hineinversetzen. Iris ist eine starke Frau und keine depressive Selbstmörderin. Sie hat ihre Entscheidung getroffen und möchte sich nicht umstimmen lassen. Sie möchte ihr Leben beenden, solange es noch lebenswert ist. Gleichzeitig versteht man aber auch Terry, die ihre beste Freundin nicht verlieren möchte und bis zum Ende aufopferungsvoll für sie da wäre. Im Gegensatz zu Terry hat Iris den Mut, dem Tod ins Auge zu blicken, der für sie zum Leben dazu gehört.

So traurig der Grund für die Reise ist, so unbeschwert ist die Zeit, die sie miteinander verbringen durch ihre abwechslungsreichen Erlebnisse während ihrer Zwischenstropps. Es ist ein unterhaltsamer, gerade in Frankreich sehr bildhaft beschriebener Roadtrip, auf dem sie sogar aufblühen und vom Ziel ihrer Reise abgelenkt werden. Auch Terry Vater Eugene nimmt wieder aktiver am Leben teil.

Es ist ein Roman über Freundschaft und die Wertschätzung des Lebens, über Familie und Fürsorge und das Loslassen können. Dabei ist es insbesondere die sonst so ängstliche Bedenkenträgerin Terry, die Verantwortung übernimmt und über sich selbst hinauswächst. Sie reflektiert ihr eigenes Leben, überdenkt ihre Rolle als Ehefrau und Mutter und erkennt mit dem Tod vor Augen, dass sie mehr aus ihrem Leben herausholen kann.
Die Geschichte ist nicht sentimental geschrieben. Kritisch könnte man allerdings anmerken, dass sie sich nur oberflächlich mit den Krankheiten Multiple Sklerose und Alzheimer auseinandersetzt und dass das schwierige Thema Sterbehilfe, der Umgang damit und die Folgen für die Angehörigen als Aufhänger für den Roman zu sehr im Hintergrund bleiben.

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Veröffentlicht am 19.03.2021

Kurzweilige und trotz Schilderung diverser psychischer Erkrankungen keine trübsinnige oder melancholische Geschichte. Ein Jugendroman, der Mut macht.

Sara auf der Suche nach Normal
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Sara ist zwölf Jahre alt und leidet darunter, dass sie anders ist als gleichaltrige Jugendliche. Ihr größter Wunsch ist es, "normal" zu sein. Dazu hat sie eine ganz Reihe von Regeln aufgestellt, darunter ...

Sara ist zwölf Jahre alt und leidet darunter, dass sie anders ist als gleichaltrige Jugendliche. Ihr größter Wunsch ist es, "normal" zu sein. Dazu hat sie eine ganz Reihe von Regeln aufgestellt, darunter keine Pillen mehr zu nehmen, auf eine Party eingeladen zu werden und sich mit jemandem anzufreunden. Bisher spricht Sara aber nur mit vier Personen: ihren Eltern, ihrer Lehrerin und ihrem Therapeuten. Das ändert sich, als sie in der Gruppentherapie ein Mädchen kennenlernt, das ebenfalls nicht "normal" ist. Erin plappert für zwei und lockt Sara aus ihrem Schneckenhaus. Doch hinter Erins betont fröhlicher Fassade verbirgt sich ein Geheimnis und Sara weiß nicht, wie sie mit ihr darüber reden kann, ohne sie zu verletzen, geschweige denn ihr zu helfen, ohne ihre junge Freundschaft dafür zu riskieren.

Sara ist ein Mädchen, das unter Panikattacken, Angst vor fremden Menschen und unter manisch-depressiven Stimmungsschwankungen leidet. Sie ist krank, sieht dies allerdings nicht so, sondern fühlt sich wie ein Freak und gibt sich selbst die Schuld daran. Unterstützt wird ihre traurige Selbsteinschätzung durch Mitschüler, die sie als "Psycho-Sara" mobben.

Ihr Alltag, der durch ihre psychische Erkrankung stark eingeschränkt ist, ist eindringlich und authentisch geschildert. In Sara, die ihre "Verrücktheit" verabscheut, kann man sich als Leser*in sehr gut durch die Zwiesprache mit ihrem Hirn und ihre über 130 aufgestellten Regeln hineinfühlen. Sie leidet und hofft, durch jede einzelne Regel, die sie schafft einzuhalten, ein Stück Normalität zu erlangen. Durch die Freundschaft zu Erin, die so ein einnehmendes Wesen hat, werden ihre Gedanken auf die Probleme von Erin gelenkt. Trotz all ihrer Störungen hat sie so viel Empathie zu erkennen, dass mit ihrer Freundin etwas nicht stimmt. Als diese jedoch mauert, traut sie sich zunächst nicht, weiternachzufragen, denn sie möchte ihre erste und einzige Freundin nicht verlieren.

Im Verlauf des Romans gewinnt Sara, die sich immer mehr zutraut, mental an Stärke und entwickelt sich glaubwürdig weiter.
"Sara auf der Suche nach normal" ist ein kurzweiliger und trotz Schilderung diverser psychischer Erkrankungen und der Folgen, die diese nach sich ziehen, kein trübsinniger oder melancholischer Roman. Es ist eine Geschichte voller Hoffnung über ein Mädchen, das über sich hinauswächst und erkennt, dass der Wunsch "normal" zu sein, utopisch ist. Denn was ist schon gewöhnlich, allgemein üblich, gültig oder durchschnittlich? Normal ist genau das, was der einzelne für sich festlegt.
Es ist ein Roman über Freundschaft, Toleranz und gegenseitige Unterstützung, der zeigt, dass man gemeinsam stark ist. Gerade für Jugendliche, die unsicher sind, die mit ihrem Aussehen oder mangelndem Selbstbewusstsein zu kämpfen haben und sich zugehörig fühlen möchten, ist es ein Mut machendes, instruktives Buch für mehr Selbstakzeptanz - mit all den Eigenarten, die einen Menschen besonders machen. Gleichzeitig ist es ein Aufruf für mehr Verständnis, Respekt und gegenseitige Anteilnahme, wobei die Geschichte einfühlsam und lebendig geschrieben ist und ohne erhobenen Zeigefinger auskommt.

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Veröffentlicht am 24.02.2021

Gelungene Fortsetzung - lebendiger Schreibstil, zeitgemäße Beschreibungen und schicksalhaften Geschichten über vier starke Frauen

Die Wunderfrauen
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Starnberg, 1961: Das kleine Lebensmittelgeschäft von Luise Dahlmann floriert, Luise kann sich vor Arbeit kaum retten. Ihre ehemalige Freundin Helga Knaup ist inzwischen Ärztin geworden und zieht mit ihrem ...

Starnberg, 1961: Das kleine Lebensmittelgeschäft von Luise Dahlmann floriert, Luise kann sich vor Arbeit kaum retten. Ihre ehemalige Freundin Helga Knaup ist inzwischen Ärztin geworden und zieht mit ihrem Sohn David nach Starnberg zurück, wo sie in der Seeklinik eine Anstellung als Gynäkologin findet. Da sich Luises Tochter Josie direkt mit ihrem neuen Mitschüler David anfreundet, kommt auch Luise nicht um den Kontakt mit Helga herum. Die beiden vermissen ihre alte Freundschaft und blenden das Zerwürfnis, das ihre Freundschaft zerstörte, aus. Die wahren Hintergründe des Seitensprunges ihres Ehemanns Hans mit Helga hat Luise nie erfahren.
Luises Nachbarin Annabel von Thaler ist mit Anfang 40 überraschend zum zweiten Mal Mutter geworden. Doch das Glück ist nicht perfekt, denn die kleine Marlene kommt mit einer Behinderung zur Welt. Annabel fragt sich, ob sie etwas in der Schwangerschaft falsch gemacht hat, insbesondere da ihr Ehemann, der leitende Direktor der Seeklinik, seltsam nach der Geburt reagiert und sich die Anzahl der missgebildeten Neugeborenen häuft.
Luises Schwägerin Marie Brandstetter ist inzwischen Mutter von drei Kindern und macht die Arbeit am Hof ihres Ehemanns Martin in Leutstetten, der wegen des besseren Verdients in der Forstwirtschaft arbeitet, fast alleine. Der Haushalt, die Kinder, die Tiere, Martins behinderter Bruder Manni, die betagte Tante Polli - Marie weiß nicht mehr, wo ihr der Kopf steht und ist froh, dass mit neuen Geräten wie der Waschmaschine Erleichterungen für die tägliche Arbeit Einzug halten.

"Die Wunderfrauen - Von allem nur das Beste" ist die Fortsetzung von "Die Wunderfrauen - Alles, was das Herz begehrt". Wie schon der erste Band der Reihe, der mir sehr gut gefallen hat, ist auch der zweite Band ein kurzweiliger Roman über vier ganz unterschiedliche Frauen im bayerischen Starnberg, der das Lebensgefühl der damaligen Zeit authentisch und lebendig einfängt. Die Fortsetzung schreibt die Geschichte ungefähr sieben Jahre später fort, nachdem Band 1 im Jahr 1954 geendet hat. Zentraler Anlaufpunkt ist der Lebensmittelladen von Luise Dahlmann, wo die einzelnen Handlungsstränge zusammenlaufen. Ärztin Helga wird wieder zu einer guten Freundin und auch mit ihrer Nachbarin Annabel, die Luise inzwischen im Laden unterstützt, freundet sich Luise weiter an. Einzig das Leben von Schwägerin Marie bleibt etwas im Hintergrund.

Auch wenn ein größerer Zeitsprung erfolgt ist, fällt es erneut leicht, sich in die durchweg sympathischen Frauen und ihre Lebenssituation hineinzuversetzen. Bis auf Annabel sind alle Frauen durch ihre Arbeit stark eingespannt, weshalb Luises Sehnsucht nach Bewegung und Abwechslung verständlich ist, während Marie in bisschen Zeit für sich bräuchte. Die alleinerziehende Helga stürzt sich dagegen leidenschaftlich in ihren Beruf als Ärztin und möchte ihre Patientinnen nicht nur medizinisch versorgen, sondern sie darüber hinaus unterstützen, ihre Unabhängigkeit und Eigenständigkeit zu bewahren. Eine Aufklärung über Verhütung ist dabei ein wichtiger Schritt, aber Helga geht noch weiter und gefährdet damit nicht nur ihre Anstellung, sondern auch ihre eigene Freiheit. Annabel ist weiterhin gut situiert und hat es nicht nötig, zu arbeiten, braucht jedoch eine Abwechslung von ihren Sorgen und das Gefühl, gebraucht zu werden und hilft deshalb gerne in Luises Laden aus. Die Sorgen um Marlene und dass ihr Ehemann ihr etwas verschweigt setzen der Familie jedoch zu.

Ich habe mich sehr auf das Wiedersehen mit den vier Frauen gefreut, deren Leben sich in diesem zweiten Band noch mehr miteinander verbinden. Alle sind sie reifer geworden und haben ihre Wünsche aus Band 1 verwirklicht. Jetzt heißt es, diese Träume zu leben und an ihnen festzuhalten. Jede hat jedoch ihre ganz eigenen Sorgen und findet Halt in ihren Freundschaften. Gemeinsam ist vieles leichter und auch da ist wiederum Luise Dreh- und Angelpunkt des Buches, die immer ein offenes Ohr hat und sich aufopferungsvoll um ihre Freundinnen kümmert.
Die Entwicklung der Charaktere, der lebendige Schreibstil, die zeitgemäßen Beschreibungen und auch die schicksalhaften Geschichten hinter den weiblichen Figuren mit ihren beruflichen und familiären Problemen, haben mir wieder sehr gut gefallen. Es ist erneut ein wunderbarer Roman über Freundschaft, Zusammenhalt, große und kleine Träume, die man am besten gemeinsam verwirklichen kann und eine anschauliche Zeitreise in die Jahre der Swinging Sixties, in der der Wunsch nach Emanzipation lauter wird.
Ich freue mich jetzt schon auf den abschließenden Band der "Freiheit im Angebot" der "Wunderfrauen"-Trilogie, der im August 2021 erscheinen wird - nicht nur wegen des fiesen Cliffhangers am Ende von "Von allem nur das Beste".

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