Profilbild von schnaeppchenjaegerin

schnaeppchenjaegerin

Lesejury Star
offline

schnaeppchenjaegerin ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit schnaeppchenjaegerin über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.06.2020

Erzählung über Verluste, verpasste Chancen, Verarbeitung von Traumata und der Annäherung von Geschwistern - malerisch in einem kanadischen Küstenstädtchen

Träume in Meeresgrün
0

Amelie reist zusammen mit ihrem Vater Otto, ihrer Schwester Nele und deren Freund Lars nach Kanada. Eigentlich wollte sie die Reise nicht antreten, schließlich ist sie seit Jahren heimlich in Lars verliebt, ...

Amelie reist zusammen mit ihrem Vater Otto, ihrer Schwester Nele und deren Freund Lars nach Kanada. Eigentlich wollte sie die Reise nicht antreten, schließlich ist sie seit Jahren heimlich in Lars verliebt, weshalb es ihr schwerfällt, seine Nähe zu ertragen.
In dem pittoresken Küstenstädtchen lernt Amelie den Schiffsbauer und Musiker Callum kennen und nicht nur dessen Hund Skipper findet ganz offensichtlich Gefallen an der schüchternen Deutschen. Als Nele und Lars sich immer öfter streiten und Lars eifersüchtig auf Callum zu reagieren scheint, weiß Amelie nicht mehr, für wen ihr Herz nun eigentlich schlägt.
Dann tritt auch noch ein über 30 Jahre lang gehegtes Familiengeheimnis zutage, das den wahren Hintergrund der Kanadareise von Otto erklärt.

"Träume in Meeresgrün" ist ein Roman, der aus der Ich-Perspektive von Amelie Ludwig geschrieben ist, die eine sensible 34-jährige Frau voller Ängste ist, die ein Leben mit angezogener Handbremse führt. Sie hat in der Vergangenheit Schlimmes erlebt, gibt sich selbst die Schuld daran und hat einen Schutzpanzer aufgebaut, der sie einerseits vor Verletzungen schützt, andererseits aber auch echte Nähe zu anderen Menschen verhindert. Seit dreizehn Jahren ist sie Single, aber Callum, der selbst ein traumatisches Erlebnis aus der Vergangenheit verarbeiten muss, schafft es, dass Amelie sich ihm öffnet. Doch Callum ist ein Abenteurer, weshalb Amelie Hemmungen hat, ihm zu vertrauen.
In Kanada ist Amelies Familie, insbesondere Otto, mit der Aufarbeitung der Vergangenheit und der Beilegung eines jahrzehntealten Streits beschäftigt. Dabei klären sich auch Missverständnisse für Amelie auf, sie wirft ihren seelischen Ballast ab und findet zu ihrer alten Kreativität zurück.

Das Buch ist eine Mischung aus Liebes- und Familiengeschichte, die empathisch erzählt ist. Auch das Setting in Lunenberg ist wunderschön beschrieben, so dass man sich als Leser den Ort an der kanadischen Atlantikküste mit den bunten Häusern bildhaft vorstellen kann.
Die Erzählung handelt von Verlusten, verpassten Chancen, der Verarbeitung von Traumata sowie der Annäherung von Geschwistern, der Liebe und dem Mut, Vergangenes hinter sich zu lassen und neu anzufangen.

Der Roman ist sehr anschaulich und detailreich geschildert, die Charaktere liebevoll herausgearbeitet. Durch die ausführlichen Beschreibungen treten jedoch auch Wiederholungen auf, die für das Verständnis der Handlung oder ein Gefühl für die Figuren nicht zwingend notwendig sind. Die Betonung der Schüchternheit von Amelie und die Überschwänglichkeit von Skipper ziehen manche Szene etwas in die Länge.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.06.2020

Kurzweiliger Roman, der für vergnügliche Lesestunden sorgt. Wer den Vorgänger mochte, wird auch diesen Roman gerne lesen.

Klugscheißer Deluxe
0

"Klugscheißer Deluxe" ist die Fortsetzung von "Klugscheißer Royale". Timo Seidel arbeitet als Aushilfslehrer an einer Abendschule in Brühl und hat in zwischen an der Universität ein Studium begonnen, um ...

"Klugscheißer Deluxe" ist die Fortsetzung von "Klugscheißer Royale". Timo Seidel arbeitet als Aushilfslehrer an einer Abendschule in Brühl und hat in zwischen an der Universität ein Studium begonnen, um "richtiger" Lehrer zu werden. Timo ist dank eines amerikanischen Vaters zweisprachig aufgewachsen, weshalb ihm Englisch leicht fällt. Die Dozenten an der Uni machen ihm das Leben aber dennoch oder gerade deshalb (!) schwer. Trotz guter Vorsätze, zurückhaltender zu sein, um nicht wie schon an der Abendschule im Kollegium unangenehm anzuecken, schafft es Timo nicht immer seine altkluge Art hinter dem Berg zu halten und den Dozenten damit auf den Schlips zu treten.
Auch wenn Timo schon zu den älteren Semestern zählt, freundet er sich mit ein paar Studenten aus seinen Seminaren an. Besonders die hübsche und ebenso besserwisserische Sophie hat es ihm angetan. Zudem ist seine Mutter unerwartet bemüht, das Verhältnis zu Timo zu verbessern, das all die Jahre unter ihrer distanzierten Art gelitten hat.

Die Fortsetzung schließt unmittelbar an den Vorgängerroman an. An der Schule trifft man auf alte Bekannte, während Timo an der Uni neue Menschen kennenlernt. Er wirkt ein wenig reifer und kann seine "Klugscheißeritis" inzwischen in mancher Situation unterdrücken, kann aber nicht ganz aus seiner Haut heraus. Dies sorgt für viele witzige Dialoge, die durch so manche kluge Wortkreationen, die in Form von Wörterbucheinträgen erklärt werden, selbst noch den Leser belehren.
Die Geschichte liest sich leicht, ist dabei aber nicht allein nur humorvoll oder gar albern, sondern spricht durch die Irrungen in Liebesdingen, die Trauer um den zu früh verlorenen Vater und das komplizierte Verhältnis zu seiner Mutter auch ernsthafte Themen an.

Wie "Klugscheißer Royale" ist auch "Klugscheißer Deluxe" ein kurzweiliger Roman, der für einige vergnügliche Lesestunden sorgt und dabei eine gute Mischung aus Situationskomik und Witz sowie ernsthaften Problemen bietet - eine gelungene Fortsetzung, die dem Vorgänger um nichts nachsteht. Wer "Klugscheißer Royale" mochte, wird auch von "Klugscheißer Deluxe" bestens unterhalten werden.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.06.2020

Statt einer romantischen Liebesgeschichte eine Geschichte über Trauerverarbeitung und den Mut, neu anzufangen

Zwei in einem Herzen
0

An ihrem Geburtstag verstirbt Lydias Verlobter Freddie bei einem Verkehrsunfall. Sein bester Freund Jonah, mit dem auch Lydia seit ihrer Kindheit befreundet ist, überlebt leicht verletzt. Lydia ist am ...

An ihrem Geburtstag verstirbt Lydias Verlobter Freddie bei einem Verkehrsunfall. Sein bester Freund Jonah, mit dem auch Lydia seit ihrer Kindheit befreundet ist, überlebt leicht verletzt. Lydia ist am Boden zerstört und trauert um ihre große Liebe. Ihre Schwester Elle und ihre Mutter kümmern sich um Lydia und schaffen es, dass Lydia nach 56 Tagen der Zurückgezogenheit wieder am Leben teilnimmt. Dies bewerkstelligt sie allerdings nur, da ihr Freddie mit Hilfe von Tabletten im Schlaf erscheint.
Lydia lebt fortan in zwei Welten - eine mit und eine ohne Freddie. Die Monate sind körperlich und mental belastend und Lydia weiß, dass sie nicht ewig von einer utopischen Zukunft mit Freddie träumen kann, zumal sie in ihren Träumen feststellt, dass Freddie nicht so perfekt ist, wie sie ihn idealisiert hat.
In der Realität merkt sie, wie Jonah unter dem Verlust seines besten Freundes leidet und offenbar mehr für sie empfindet als nur Freundschaft.

Anders als das liebliche Cover und der Klappentext suggerieren, handelt es sich bei "Zwei in einem Herzen" nicht um eine Geschichte um den Verlust einer Liebe und der Schwierigkeit damit, Gefühle für eine mögliche neue Liebe zuzulassen. Vielmehr steht die Trauer von Lydia durchweg im Vordergrund und wie sie versucht, mit dem Tod ihres Verlobten umzugehen. Sie steckt lange in der Phase des Nichtwahrhabenwollens und flüchtet sich in eine Scheinwelt, in der Freddie lebt. Sie freut sich in der realen Welt geradezu auf ihre Auszeiten und stellt sich dann ganz konkret und erschreckend realistisch vor, wie ihr Leben mit Freddie weitergeht.

Der Roman ist in Kapitel "Wach" und "Im Schlaf" aufgeteilt, was die Zuordnung der unterschiedlichen Welten beim Lesen erleichtert. Sowohl Traumwelt als auch Realität sind berührend geschildert. Auf jeder Seite spürt man, wie sehr Lydia ihren Verlobten vermisst und wie schwer es ihr fällt, sich ein Leben ohne ihn vorzustellen. Sie schöpft Kraft von den Erinnerungen an Freddie und der Vorstellung, wie ihr gemeinsames Leben weitergegangen wäre.
Es ist kein Fantasyroman, sondern Lydias Art mit der Trauer umzugehen, die ich nicht als unrealistisch empfinde.

Das Verhältnis zu Jonah kommt im Vergleich zu den Erwartungen, die der Klappentext weckt, allerdings zu kurz. Jonah zieht sich so sehr aus Lydias zurück, dass sie sich weder gegenseitig Halt in ihrer Trauer geben können, noch dass sich tiefergehende Gefühle zwischen den beiden entwickeln könnten.

Statt einer Liebesgeschichte ist "Zwei in einem Herzen" deshalb eine Geschichte über Trauer und Trauerverarbeitung, die langsam und sehr emotional erzählt wird. Sie handelt von den kleinen Schritten zurück ins Leben und den Mut loszulassen und neu anzufangen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.05.2020

Buch über eine Trennung und die Wiederentdeckung des Partners - emotionale Annäherung auf Rhodos, die Fernweh weckt

Wer, wenn nicht wir
0

Viola und Florian sind seit 25 Jahren ein Paar, verheirat und haben zwei gemeinsame Kinder im Alter von 16 und 18 Jahren. Sie sind an einem Punkt in ihrer Ehe angelangt, an dem sie einander kaum noch etwas ...

Viola und Florian sind seit 25 Jahren ein Paar, verheirat und haben zwei gemeinsame Kinder im Alter von 16 und 18 Jahren. Sie sind an einem Punkt in ihrer Ehe angelangt, an dem sie einander kaum noch etwas zu sagen haben und nur noch aus Gewohnheit in einem Haushalt leben und sich Tisch und Bett teilen.
Als Florian einen nach langer Zeit wieder ersten Auftritt seiner Frau als Klarinettistin bei einem Konzert der Musikhochschule verpasst, ist für Viola klar, dass sie sich von ihrem Mann trennen wird. Bei einem gemeinsamen Restaurantbesuch beschließen sie einvernehmlich, sich scheiden zu lassen. Freunde und Verwandte reagieren überrascht - bisher galten Viola und Florian als Traumpaar.
Trotz der Einwände von anderen blieben sie konsequent und Florian zieht aus dem gemeinsamen Haus aus. Viola und Florian hatten allerdings vor Monaten noch einen Luxusurlaub gebucht, während dem sie ohne Kinder Zeit als Paar verbringen wollten. Da sich die Reise nicht mehr stornieren lässt, beschließen sie, getrennt von einander in zwei Einzelzimmern untergebracht, den Urlaub zu verbringen. Doch selbst in dem großen Hotel ist es unvermeidbar, dass sie sich am Buffet oder am Strand begegnen und so verbringen sie dann doch wieder freiwillig Zeit mit einander, was ursprünglich nicht geplant war. Abseits des Alltags und unter dem Einfluss der wunderschönen Insel lernen sie sich wieder neu kennen.

"Wer, wenn nicht wir" erzählt eine Geschichte, wie sie jedem Paar passieren kann. Von der ersten Verliebtheit bis zum Alltag eines Paares, der sich nur noch auf ein Nebeneinanderherleben beschränkt, ist es nicht weit. Die Geschichte von Viola und Florian beschreibt, was passiert, wenn man den Partner nicht mehr an die erste Stelle setzt, man das Interesse an ihm verliert und die Liebe im Alltag abhanden gekommen ist.

Der Roman handelt von einer Trennung, aber auch von einer Wiederentdeckung des Partners. Dabei müssen sich Viola und Florian, die nie größere Streits hatten oder sich gegenseitig betrogen haben, bewusst werden, was ihnen noch an ihrer Ehe liegt und ob die Gefühle noch ausreichend vorhanden sind, um an einer gemeinsamen Zukunft festzuhalten und für sie zu kämpfen.

Der Roman ist wechselseitig aus der Perspektive von Viola und Florian geschrieben, so dass man sich in beide Sichtweisen gut hineinversetzen kann.

Der Verlauf der Geschichte ist zwar vorhersehbar, aber dennoch bleibt spannend, wie sich Viola und Florian letztlich entscheiden werden: Mut für einen Schlussstrich oder Arbeit an der Zukunft der Ehe?
Der Prozess der Annäherung ist emotional und bietet durch die sehr stereotypen Nebencharaktere, die Viola und Florian während ihres Urlaub begegnen, unterhaltsame Szenen, ist aber aufgrund des aufgesetzten Umgangs der beiden miteinander etwas konstruiert und übertrieben distanziert, so dass der gut und interessant begonnene Roman im weiteren Verlauf an Glaubwürdigkeit verliert.

"Wer, wenn nicht wir" beschreibt realistisch das Ende einer Ehe, idealisiert dagegen zu sehr das neue Kennenlernen des Lebenspartners. Das unbeschwerte Urlaubsfeeling auf Rhodos passt gut dazu und versetzt den Leser sehr anschaulich in ein sommerliches Flair auf einer der größten griechischen Inseln, das Sehnsucht und Fernweh weckt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.05.2020

Schauriger Plot mit gewalttätigen Szenen, der den Leser vor allem aufgrund der inneren Zerrissenheit der Protagonisten, die sie Grenzen überschreiten lässt, packt

So dunkel der Wald
0

Ronja und Jannik leben seit Jahren in Gefangenschaft in einer Hütte in einem dunklen Wald. Als Kind wurden sie von ihrem Peiniger, den sie Paps nennen, entführt. Dort leben sie mit weiteren Kindern, die ...

Ronja und Jannik leben seit Jahren in Gefangenschaft in einer Hütte in einem dunklen Wald. Als Kind wurden sie von ihrem Peiniger, den sie Paps nennen, entführt. Dort leben sie mit weiteren Kindern, die noch nicht durch "das Sonnentor" gegangen sind. Als sie eines Tages die Möglichkeit haben ihren Entführer zu überwältigen, scheint die Freiheit in greifbare Nähe gerückt. Doch Ronja und Jannik ist die Welt außerhalb des Waldes fremd und sie haben Bedenken, einfach so zurückzukehren, denn sie fühlen sich schuldig an den Ereignissen, die sie erlebt haben und an den Dingen, die sie getan haben.
Währenddessen ermittelt Sarah Wiesinger an dem Fall der Kindesentführungen, denn jüngst ist wieder ein kleines Mädchen im Wald verschwunden.

"So dunkel der Wald" ist ein düsterer Thriller, der in zwei Handlungssträngen erzählt wird. Im Fokus steht die Situation der Kinder und Jugendlichen im Wald, während die parallel verlaufenden Ermittlungen durch die Kriminalkommissarin weniger Raum einnehmen.

Es ist kein klassischer Thriller über eine Kindesentführung, denn statt dem Schmerz der Eltern und der Suche nach den Kindern rückt die Perspektive der Opfer, die seit Jahren an ihr Martyrium gewohnt sind, in den Mittelpunkt.
Der Roman beginnt spannend mit einem möglichen Fluchtversuch und flacht dann etwas ab, als es nicht mehr um die Gefangenschaft als solche, sondern den ungewohnten Umgang mit der Aussicht auf Freiheit geht. Die Kinder kennen kein normales Leben mehr und wissen nicht, was sie außerhalb des Waldes erwartet. Sie sind verunsichert und haben Angst, was durch ein ewiges Hin und Her zwischen Ronja und Jannik sehr deutlich wird. Der psychologische Ansatz ist spannend und auch wenn man das Verhalten der Jugendlichen zunächst nicht verstehen kann, wird nachvollziehbar dargestellt, wie Opfer zu Tätern werden und wie verstörend die Situation für sie erscheinen mag.
Die Ermittlungen der jungen Kommissarin sind nur nebensächlich, waren mir aber von zu vielen Zufällen geprägt.

Es ist ein schauriger Plot mit gewalttätigen Szenen, der den Leser vor allem aufgrund der inneren Zerrissenheit der Protagonisten, die sie Grenzen überschreiten lässt, packt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere