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Veröffentlicht am 18.02.2019

Magisches Kinderbuch

Sturmwächter 1. Das Geheimnis von Arranmore
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Eine magische, irische Insel. Kerzen, die Erinnerungen und Vergangenheit einfangen. Eine Aufgabe, die es zu bewältigen gibt. Ein Junge, der noch nichts von seinem Schicksal weiß.
Das perfekte Setting ...

Eine magische, irische Insel. Kerzen, die Erinnerungen und Vergangenheit einfangen. Eine Aufgabe, die es zu bewältigen gibt. Ein Junge, der noch nichts von seinem Schicksal weiß.
Das perfekte Setting für ein neues Jugendbuch und zeitgleich die Inhaltsbeschreibung von Catherine Doyles „Sturmwächter“. Hier geht es um Fionn Boyle, der weder Wind noch Wasser mag, aber seinen Sommer auf einer stürmischen Insel umringt vom tosenden Meer verbringe muss. Er ist ein kleiner, sympathischer Protagonist, der sich von den sonst so überstilisierten, heldenhaften Hauptfiguren klar heraushebt. Gerade mal 11, noch wahrlich noch Kind, das er auch noch während der Geschichte bleiben darf, obwohl sein Großvater ihm eine große Bürde auferlegt.

Gerade das macht Sturmwächter zu einem wunderbaren, magischen Buch, das sich schnell und zügig lesen lässt. Catherine Doyle schreibt so, dass man innerhalb von kürzester Zeit in der Geschichte gefangen ist und Fionn durch Abenteuer, Erinnerungen und alltäglichen Streitigkeiten begleitet.
..und ja, so ist es vor allem schön, dass Sturmwächter, empfohlen ab einem Alter von zehn Jahren, auch genauso die Geschichte formuliert. Fionn ist ein ganz normaler 11-Jähriger, wie der, der gerade das Buch lesen könnte. Es gibt keine Endzeit, keine zerstörte Welt und keine Kinder, die Superkräfte haben. Fionn hat eine nervige ältere Schwester, streitet sich mit ihr will und will trotzdem einfach dazugehören. Dieser kleine, normale Junge erlebt dann aber ein Abenteuer, das es in sich hat. Ja, da ist Magie, da sind Kerzen, die die Vergangenheit eingefangen haben, ein Großvater, der über das Wetter herrscht, aber alles drum herum ist so herrlich normal und wenig überspitzt, dass es fast den Glauben erweckt wir alle könnten einen Großvater auf einer irischen Insel haben.
Daher ein wunderbar schönes, kleines Buch, das nicht nur für die jungen Leser ist und einen auf den zweiten Teil hoffen lässt, in dem dann hoffentlich um Kampf gegen das Böse und die alte Magie geht. Denn, wenn es einen Kritikpunkt gibt, dann, dass es wieder mal eine Reihe ist und Sturmwächter – Das Geheimnis von Arranmore nur der Auftakt ist und die Vorgeschichte erzählt. Es wird viel geteasert und Fionn ist in das richtige Setting gesetzt, quasi als Vorbereitung für den zweiten Teil. Trotzdem wahnsinnig gut geschrieben, mit Lust auf Teil zwei.

Veröffentlicht am 14.01.2019

Authentisch, witzig und mit Gefühl!

Dance. Love. Learn. Repeat.
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Wer kennt es nicht? Die leichte Verlorenheit und zeitgleich das Gefühl, dass man alles schaffen kann am ersten Tag in der Universität. Man ist überwältigt, begeistert, verunsichert und fühlt sich unfassbar ...

Wer kennt es nicht? Die leichte Verlorenheit und zeitgleich das Gefühl, dass man alles schaffen kann am ersten Tag in der Universität. Man ist überwältigt, begeistert, verunsichert und fühlt sich unfassbar klein, aber auch erwachsen. Nie waren die Gefühle so wiedersprülich und lodernd wie in der Zeit an der Uni – zumindest bei mir.
…und auch bei Phoebe und Luke, deren Geschichte in „Dance. Love. Learn. Repeat.“ von Lucy Ivison und Tom Ellen abwechselt erzählt wird. Zwei durchaus sympathische Protagonisten, die ihre ersten Tage auf dem College erleben. So erzählt der Coming-Of-Age Roman von wilden Partys, tiefsinnigen Gesprächen, Liebe, Verwirrtheit und dem Gefühl sich erstmal selbst finden zu müssen.
Klingt zunächst wie der typische Jugendbuchroman der letzten Jahre und ist es im Prinzip auch, doch am Ende ist “Dance. Love. Learn. Repeat.“ ein kleines feines Werk, das die richtigen Messages verpackt. Denn seien wir mal ehrlich: Von großen Love-Triangles, die irgendwie zueinander finden, davon gibt es Bücher genug. Aber authentische Erzählungen, die fehlen oft. Aber Luke und Phoebe sind wie sie sind. Phoebe ist vor allem verunsichert, obwohl ihr Start nicht besser hätte sein können - ihre Mitbewohnerinnen sind absolut nett und einen Job hat sie auch schon. Luke, der heißeste Typ aus ihrer alten Schule, hingegen war während der Schulzeit der typische Gewinner, hat jetzt aber Probleme seinen Platz zu finden. Frisch getrennt, im Gefühlschaos, neue Freunde finden, alles nicht so einfach, wenn man schon mal auf einem Höhepunkt war.
Und woher kommt die Authentizität? Mehr Netflix - weniger Alkohol. Sexpannen statt flotten One-Night-Stands. Gemeinsames Kekse backen statt Orgien.
Es tat SO GUT! Denn so war auch mein Studium. Wie in “Dance. Love. Learn. Repeat.“ gab es genug Partys, genug Kopfschmerzen, aber auch Unsicherheiten und das Sehen nach Hause. Vor allem zeigen Lucy Ivison und Tom Ellen, dass du über diese Zeit SEHR WOHL schreiben kannst, ohne, dass es eine dieser verklärten Jugendbuchromane wird. Dazu: Applaus für das Ende – ich hab es nicht kommen gesehen und es unterstreicht noch einmal so sehr, wofür dieses Buch steht: Nicht für eine Liebesgeschichte, sondern für eine Zeit und dem damit verbundene Gefühl.

Veröffentlicht am 19.12.2018

Perfekt für die Vorweihnachtszeit

Sieben Tage Wir
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Wenn man nichts erwartet und einfach mal total unbefangen an ein Buch geht, kann auch mal etwas Tolles passieren. So ging es mir mit ‚Sieben Tage Wir‘, das mich vor allem durch das schöne Cover ansprach. ...

Wenn man nichts erwartet und einfach mal total unbefangen an ein Buch geht, kann auch mal etwas Tolles passieren. So ging es mir mit ‚Sieben Tage Wir‘, das mich vor allem durch das schöne Cover ansprach.
Doch schon nach den ersten paar Seiten war klar: Nicht nur das Cover kann glänzen, auch Francesca Hornaks Debütroman. Worum es geht? Um Familie Birch, die gerade zu Weihnachten unter Quarantäne steht. Die älteste Tochter Olivia ist Ärztin, die wochenlang im Ausland gelebt hat und nun zur Sicherheit das Haus nicht verlassen darf, ebenso ihre Familie. Sieben Tage, gerade über Weihnachten, müssen die Eltern und die beiden Schwestern gemeinsam ausharren. Aber was kann schon passieren?
Familienstreitigkeiten, ein uneheliches Kind, Unverständnis und unterschiedliche Charakterentwicklungen – damit hat keiner, schon gar nicht der Leser, gerechnet. Und auch wenn es Hornaks erstes Buch ist, so weiss sie direkt zu überzeugen. Die Charaktere könnten nicht unterschiedlicher sein: Sei es der Vater, der mit seinem Job unzufrieden ist oder die Mutter, die ihren gesundheitlichen Befund verheimlicht, damit Weihnachten auch schön wird. Oder aber die Schwestern: Eine, die nichts mehr will als heiraten und eine, die gerade aus einem Dritte-Welt-Land kommt und durch den weihnachtlichen Konsum schwer überfordert ist. Trotzdem ist jeder Charakter auf seine Weise sympathisch und nachvollziehbar. Zusammen geben Sie ein wunderbares Konstrukt und eine wunderbare Basis für eine etwas andere Weihnachtsgeschichte. Ja, Olivia ist anstrengend und auch nicht jede Wendung des Buches ist zwingend sinnig. Viele Zufälle sind am Ende eben doch etwas zu viel – über den einen oder anderen Überraschungsbesuch kann man noch hinwegsehen. Doch, auch wenn Hornak über ein gutes Gespür für einen flüssigen Lesefluss verfügt und an ihrem Schreibstil nichts auszusetzen ist, fehlt dem Buch ein bisschen an dem gewissen Etwas. Die Geschichte könnte etwas runder und etwas weniger voller Knaller sein.
Jedoch überrascht das Ende mit einem eher untypischen finalen Cut, den ich – ganz in meiner Weihnachtsblase – so nicht vorgesehen hätte. Daher gleichen sich die Schwierigkeiten mit den Feinheiten und Kniffen doch wieder rundum heraus. So dass trotz kleiner Schwächen, dafür aber mit großem Potential, immer noch ein wunderbares Buch für die Vorweihnachtszeit heraus kommt.

Veröffentlicht am 08.02.2018

Die Witwe einer Generation

Olga
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Bernhard Schlinks Name klingelt noch aus Schulzeiten in meinen Ohren. Damals noch ohne filmische Stütze las ich „Der Vorleser“ fast an einem Tag weg und schätzte Schlinks schnörkellose Art und Weise zu ...

Bernhard Schlinks Name klingelt noch aus Schulzeiten in meinen Ohren. Damals noch ohne filmische Stütze las ich „Der Vorleser“ fast an einem Tag weg und schätzte Schlinks schnörkellose Art und Weise zu Schreiben und dem Leser eine Epoche durch eine Geschichte viel näher zu bringen.
Als knapp fünfzehn Jahre später Olga auf dem Nachttisch lag, ging es ähnlich schnell. Schlink erzählt seine Geschichte über eine Waise aus Pommern, die sich durch alle Irrungen und Wirrungen des Lebens zu einer starken, wenn auch undurchsichtigen Person entwickelt. Vielleicht kein Publikumsliebling, aber jede Sturheit, jeder Starrsinn erklärt sich durch ihre Geschichte, die Schlink – in gewohnt guter Art – beschreibt.
Olgas Eltern verstarben früh, so dass sie bei der Großmutter aufwuchs. In der Schule und ihrem näheren Umfeld, wächst sie als Außenseiterin auf, die nicht nur bei der Arbeitswahl sondern auch bei den sozialen Kontakten an ihre Grenzen stößt. Nur bei der Familie des Gutsherrn und deren Kindern kann sie sich frei entfalten. Trotz aller Widrigkeiten schafft Olga ihre Ausbildung zur Lehrerin. Die Liebe zu Herbert, dem Sohn des Gutsherrn scheint vor Hindernissen kaum standhalten zu können. Sie die angehende Lehrerin, er der Abenteurer mit der Sehnsucht nach der Ferne.
Durch Schlinks Art und Weise die Geschichte in drei Teilen zu erzählen, kriegt der Leser einen unverbesserlichen Eindruck. Nicht, dass er so durch Olga Selbst, durch ihr Ziehkind und durch ihre Briefe an Herbert Olgas Charakter und Leben erklärt, so baut er selbst die Spannungen auf, erklärt und revidiert Entscheidungen. Jeder Teil ist ein kleines Puzzlestück mehr, das Olga, die zunächst harsch, bieder und hart wirkt, liebenswert und nachvollziehbarer macht. Es ist Olga, die ihren Werdegang erzählt, aber es ist Frederik, der ihr Tiefe und Gefühle verleiht und es sind die Briefe, die Olga erklären und als Liebende zeigen.
Bernhard Schlink macht also das, was er so kann: Kurze, prägnante Sätze mit Wissen, Geschichte und Stärke zu füllen. Olga ist wahrlich ein dünnes Buch, schnell gelesen – doch trotzdem gefüllt mit viel Potential zum Nachdenken, mit vielen Szenarien, die nachwirken, kleinen Anekdoten, die erst Stunden später nachwirken. Er spannt eine Figur ein, die sich selbst als „Witwe einer Generation“ tituliert und einer heutigen Zeit vor Augen führt wie es war zwei Weltkriege zu überleben, sich selbst hintenanzustellen und den Ansichten ihrer engsten Vertrauten kritisch gegenüber zustehen. Sei es die politische Haltung Herberts, der als Freiwilliger der Schutztruppe nach Deutsch-Südwestafrika geht oder auch Eik, der mit der NSDAP sympathisiert.
Es sind viele Themen für eine kleine Frau, viele Themen für ein so kleines Buch, doch Schlink gelingt es den Bogen zu spannen und aus Olga mehr zu machen als nur einen kleinen Roman für zwischendurch.

Veröffentlicht am 18.01.2018

Da hast du mein Leben..

Highway to heaven
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Frühzeitig Mutter geworden, alleinerziehend, immer für das Kind da – Anette hat sich nie beschwert. Sie hat ihre Rolle als Mutter geliebt, hat Emma eine wohlige und schöne Kindheit geschenkt, aber dabei ...

Frühzeitig Mutter geworden, alleinerziehend, immer für das Kind da – Anette hat sich nie beschwert. Sie hat ihre Rolle als Mutter geliebt, hat Emma eine wohlige und schöne Kindheit geschenkt, aber dabei eins getan: sich selbst vernachlässigt. Das merkt sie jetzt, denn Emma ist auf dem Weg nach Karlskrona, um dort zu studieren. Erst da wird Anette schlagartig klar, dass sie nun auf sich selbst gestellt ist und wieder ihr Leben übernehmen muss.
Aber was macht man auf einmal mit der vielen Zeit? Womit fängt man an? Welche Liste arbeitet man zuerst ab und vor allem: will man das? Denn eigentlich ist man doch an den gemeinsamen Trott gewöhnt und ehe man sich versieht zählt man die Tage bis das Kind heim kommt oder man es besuchen fährt. Diese Frage ist der zentrale Ausgangspunkt „Highway to heaven“s. Drum herum webt Katarina Bivalds eine kleine, feine Geschichte um eine Mutter, die gegen die Einsam- und Lustlosigkeit mit dem Motorradfahren anfängt, wieder eine Kneipe betritt und einen Mann in ihr Leben lässt. Gemixt wird das Ganze mit einem schönen schwedischen Flair, der das ganze muckelig und angenehm werden lässt.
Die Charaktere sind stimmig, liebevoll gestaltet und vor allem sympathisch. Man muss keine Mutter sein, um Anettes Gedanken zu verstehen und so freut man sich über jeden kleinen Schritt, den sie in Richtung Leben, Liebe und Wohlfühlen tut.
Und genau das ist das Schöne an „Highway to Heaven“. Es ist keine Liebesgeschichte, in der die Protagonistin nach dem Auszug ihrer Tochter ihr Leben einem Mann in die Hände wirft. Nein, es ist eine kleine zauberhafte Geschichte, die sich vor allem um eine Frau dreht, die ihr Leben richtet, zu sich selbst findet und dabei tolle Menschen findet, ganz vorne aber vor allem sich selbst. Ein kleines Buch, schnell gelesen, für kuschelige Abende auf der Couch, liebevoll erzählt, gespickt mit der großen Liebe zu Schweden, Menschen und Gemütlichkeit.