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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.06.2017

Ein geglücktes Debüt mit Lust auf Mehr!

Ragdoll - Dein letzter Tag (Ein New-Scotland-Yard-Thriller 1)
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Simon Beckett, Cody McFadyen, Tess Gerritsen, Karin Slaughter – die Fußstapfen sind groß sobald ein neuer Krimi auf meinem Tisch liegt und der Blick auf die schon geliebten und gelesenen Reihen fällt. ...

Simon Beckett, Cody McFadyen, Tess Gerritsen, Karin Slaughter – die Fußstapfen sind groß sobald ein neuer Krimi auf meinem Tisch liegt und der Blick auf die schon geliebten und gelesenen Reihen fällt. Dabei ist der Wunsch nach einem neuen, guten Autor wirklich groß, die Vergleichsmöglichkeiten leider auch. Deswegen fallen gerade Autoren aus diesem Genre bei mir oft durch. Vieles war schon da und nirgends ist der Schreibstil wichtiger als im Krimibereich. Denn seien wir ehrlich: nirgends muss man soviel unterhalten werden. Bei einem Krimi geht es um Spannung, um Rätsel, um Nervenkitzel – hier sollte alles stimmen. Denn was gibt es Schlimmeres als schon vorher den Täter, die Intention oder alle Geheimnisse zu kennen? Dann fliegt das Buch sofort weg.

Als Daniel Coles „Ragdoll“ bei mir landete, hatte ich statt der niedrigen Erwartungen doch schon hohe, denn die begeisterten Stimmen schrien schon wieder laut und jauchzend, dass ein richtiger Hit vor mir lag. Und was soll ich sagen? Definitiv.
Seit langer Zeit kann ich sagen, dass ich ein Erstlingswerk wirklich verschlungen habe und hoffe, dass ich noch mehr von Detective Fawkes lesen kann. Bei Ragdoll stimmte einfach das große Ganze. Der Plot ist ausgefeilt und durchdacht ohne dabei gewollt zu wirken. Die Idee der Ragdoll ist zwar nicht neu, aber dafür gut umgesetzt. Denn bei der Szene eines Tatorts mit einer zusammgeflickten Puppe aus sechs einzelnen, von verschiedenen Opfern stammenden Körperteilen lief es einem eiskalt den Rücken runter.
Fawkes ist ein guter Protagonist, der eine verdammt gute Mischung aus gescheitertem, unsympathischen, aber doch nach Gerechtigkeit strebenden Cop abgibt. Die Story macht Irrungen und Wirrungen durch, die man nicht direkt erwartet und die Nebendarsteller Baxter und Edmunds wachsen einem je Seite ans Herz. Cole steigert je Kapitel und je voranschreitender Zeit das Erzähltempo, was durch eine gewisse „Todesliste“ gut machbar ist. Das fördert die Spannung und auch das Verlangen „nur noch ein paar Seiten“ weiterzulesen.

Einzig und allein das Ende hatte gewisse Elemente, die mich störten. Einige Entscheidungen Wolfs konnte und wollte ich nicht nachvollziehen, trotzdem seien diese Momente vollkommen verziehen. Denn bei dem was Daniel Cole als erstes Werk abgeliefert hat, steht die Hoffnung auf die nächsten Teile definitiv!

Veröffentlicht am 09.06.2017

Zwischen Intrigen und Psychosen

Nur ein kleiner Gefallen - A Simple Favor
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Wer würde seiner besten Freundin einen Gefallen abschlagen? Stephanie kann das auch nicht als Emily sie fragte, ob sie auf ihren Sohn aufpassen könnte. Da konnte sie ja noch nicht ahnen, dass ihre Freundin ...

Wer würde seiner besten Freundin einen Gefallen abschlagen? Stephanie kann das auch nicht als Emily sie fragte, ob sie auf ihren Sohn aufpassen könnte. Da konnte sie ja noch nicht ahnen, dass ihre Freundin daraufhin verschwindet. Sie ist fast panisch vor Sorge, doch als sie sich nach einiger Zeit nicht nur um Emilys Sohn kümmert, sondern auch um deren Mann, merkt Stephanie, dass das Verschwinden ihrer Freundin vielleicht gar nicht so schlimm ist. Plötzlich nimmt sie immer und immer mehr Emilys Position ein…

Die Geschichte einer leicht psychotischen Mom in einer Midlifecrysis, nachdem sie viel zu früh Witwe wurde und ihren Sohn alleine groß zog, so klang es für mich. Was dann kam? Inzucht, Eifersucht, Psychosen, Mord und vieles mehr. Der Beginn von „Nur ein kleiner Gefallen“ ist recht gewöhnungsbedürftig. Darcey Bell switcht elegant zwischen Stephanies Erzählweise und deren Blogeinträgen und zeigt damit auf eine erstaunlich subtile Art und Weise, dass online die Grenze zwischen Schein und Sein sehr klein ist. Denn die Differenz zwischen dem was Stephanie ihren Followern erzählt und was sie still und heimlich zuhause tut ist riesig. Natürlich ist sie diese Supermom, die sie präsentiert und natürlich kommt sie fast um vor Sorge, doch der Mann ihrer Freundin ist eben auch interessant. Plötzlich überwiegen dann doch die eigene Gier, die eigene Lust und das eigene Wohlbefinden als der Gedanke „Was würden die anderen wohl sagen“. Doch leider neigt Stephanies Geschichte nach den ersten hundert Seiten die Schwelle zu irrsinnig und viel zu viel zu übertreten. Es gab zwischenzeitlich Passagen wo ich das Buch bei Seite schob und mich fragte, was ich da gerade gelesen hatte. Kopfschüttelnd und teilweise zutiefst schockiert las ich Zeilen über eine verbotene Liebe, verquere Erotik und einer gestörten Verhaltensweise. Bitte wer onaniert im Brautkleid seiner besten Freundin auf dem Bett des Witwers?
Der zweite Teil des Buches war die Rettung, denn es brachte Emilys Sichtweise hinzu und es änderte alles. Plötzlich wurde es spannend und „Nur ein kleiner Gefallen“ verwandelte sich von „ganz okay“ zu einem richtigen Pageturner. Während ich Stephanies Erzählparts eher der Irritation und Absurdität gelesen habe, wurde es nun wirklich spannend. Denn auch hier bewies Darcey Bell wieder: Glaube nie den ersten Eindruck. Emily brachte neue Aspekte der Geschichte auf und plötzlich war es nicht mehr einseitig, sondern man verstand kleine Hinweise der ersten Seiten ganz neu zu verstehen. Der dritte Teil fügte noch die Sicht von Sean, dem Ehemann hinzu, so dass man über die Kapitel verteilt alle drei Perspektiven dargestellt bakm. Das sorgt für genug Spannung und reichlich Abwechslung, was für diese abstruse, aber auch sehr gute Geschichte von Nöten war.

Der Schreibstil Bells ist sicherlich gewöhnungsbedürftig. Die Passagen, die keine Blogeinträge waren, wirken weitaus runder und ausgereifter, während die Posts immer leicht konstruiert wirkten. Die Charaktere und deren Beweggründe sind verworren, schwierig, aber durchaus interessant. Daher war der Wechsel der Sichtweisen ein Geschenk des Himmels, da sich so viele menschliche Abgründe auftaten, dass es gut war alle Meinungen und Gedanken vorgestellt zu bekommen.

In seiner Intention erinnert mich „Nur ein kleiner Gefallen“ an ein verdrehtes, abgefucktes „Gone Girl“, was ich wirklich vollkommen positiv meine. Es ist sicher kein leichtes Buch, aber ein wirklich spannendes, welches die anfänglichen Stolpersteine rechtzeitig überwindet um zu wachsen und zu überzeugen. Spannung, Liebe, Mord und eine Portion Wahnsinn – Darcey Bell bietet alles in einem.

Veröffentlicht am 09.06.2017

Über das Leben und das Erwachsenwerden

Als wir unbesiegbar waren
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Wer kennt es nicht: Man ist jung, frei und unbesiegbar. Man musste sich noch nicht mit großen, ernsthaften Problemen befassen und hat noch das Gefühl, dass einem die Welt offen steht. Genauso geht es den ...

Wer kennt es nicht: Man ist jung, frei und unbesiegbar. Man musste sich noch nicht mit großen, ernsthaften Problemen befassen und hat noch das Gefühl, dass einem die Welt offen steht. Genauso geht es den vier Freunden in „Als wir unbesiegbar waren“ von Alice Adams.

Eva, Benedict, Sylvie und Lucien sind gerade mit der Uni fertig und noch steht ihnen die ganze Welt offen. Zumindest denken sie das. Doch schon bald werden sich die Wege der Vier trennen, obwohl sie sich zu keinem Zeitpunkt wirklich verlieren werden. Die Geschichte begleitet eine Freundschaft durch 15 Jahre, in den sie erwachsen werden und sich immer wieder der Realität stellen müssen. Da sind unerwiderte Liebe, gescheiterte Träume und enttäuschte Freunde – alles, was zum Erwachsenwerden gehört.
Alice Adams überzeugt mit ihrem Erstlingswerk „Als wir unbesiegbar waren“ auf voller Linie. Ein gefühlvolles, gutes Buch, das so wunderbar zwischen den vier unterschiedlichen Charakteren wechselt, dass man gar nicht merkt, wie die Seiten fliegen. Wahnsinnig talentiert mit einem guten Gefühl für Sprache und Erzählstruktur. Die Erzählweise ist zwar nichts Neues, macht aber aus einer einfachen Geschichte etwas Besonderes und fördert sowohl Spannung als auch die Liebe zu Charakteren. Diese sind wunderbar ausgefeilt und durch die verschiedenen Perspektiven kann man sehr gut sehen wie unterschiedlich verschiedene Situationen aufgenommen werden. Allein ein Streit zwischen Sylvie und Eva berührte mich sehr, weil mir durch die zwei verschiedenen Sichtweisen vor Augen geführt wurde, wie unterschiedlich zwei Personen ein gemeinsames Erlebnis wahrnehmen können.

Die Geschichte an sich ist in ihrer Fülle kurz zusammengefasst: Vier Jugendliche werden erwachsen, Leben ihre eigenen Leben und nehmen einige Rückschläge in Kauf, während sie ihr eigenes Leben aufbauen. Zwischen den Zeilen versteckt sich jedoch viel mehr. Man lernt über Verständnis, Treue, Hingabe und Hilfsbereitschaft alles, was man wissen muss. „Als wir unbesiegbar waren“ muss man also nicht wegen einer innovativen, reißerischen Story lesen, sondern wegen dem Gefühl dahinter.

Veröffentlicht am 18.08.2021

Ohne Wow-Effekt

Wie hat Ihnen das Anthropozän bis jetzt gefallen?
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John Green ist ein Name, der uns allen bekannt sein sollte. Wenn wir nicht „Looking for Alaska“ kennen, dann sollte spätestens allen das Buch als auch die Verfilmung zu „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ ...

John Green ist ein Name, der uns allen bekannt sein sollte. Wenn wir nicht „Looking for Alaska“ kennen, dann sollte spätestens allen das Buch als auch die Verfilmung zu „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ bekannt sein. John Green schreibt, was ihm auf der Seele liegt und das geht tief ins Herz.

… und nun liegt da dieses neue Buch „Wie hat Ihnen das Anthropozän bis jetzt gefallen? - Notizen zum Leben auf der Erde“ von John Green und ist so ganz und gar nicht john-greenish und doch so viel. Sehr persönlich erzählt John Green über seine Beweggründe dieses Buch zu schreiben, die Ideen und seine eigene persönliche Geschichte. So hat Green ganz am Anfang seiner schriftstellerischen Karriere einige Buchkritiken verfasst. Hierbei hat er jedoch nie in der Ich-Form erzählt, sondern immer eine neutrale Position eingenommen. Daher gibt es nun das neue Buch, in dem er vollkommen subjektiv in 43 Texten persönliche Anekdoten unterbringt, aber auch seine Erfahrungen und Meinungen teilt

Alles in allem ist das Anthropozän anders als das, was man vielleicht erwarten mag. Trotzdem alle macht es Spaß dies zu lesen. John Green weiß einfach mit Worten umzugehen und seine persönliche Note zu hinterlegen. Es ist wie ein großer, wilder Mix aus unnützen Fakten, Fun Facts und zufällig gewürfelten Themen, die John Green in ein Buch drückt. Mal gibt es dazu mehr mal weniger persönliches, mal ist schnell mal weniger schnell zu lesen.

Besonders lesenswert macht das Buch der autobiografische Teil, der vor allem den Autor auszeichnet. Wäre dies ein Buch von einem namenlosen oder unbekannteren Autor, dann würde dieses Buch wohl schnell irgendwo Staub fangen.
Wer also Lust auf ein bisschen leichte Kost und das von John Green, hat, der ist mit dem Buch gut bedient und wird sicherlich ganz angenehm unterhalten. Der richtige Wow-Effekt fehlt jedoch.

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Veröffentlicht am 11.04.2021

Zwischen Kopfschütteln und Mitgefühl

Career Suicide
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Tokio Hotel ist so womöglich jedem ein Begriff und hat schon immer polarisiert. An mir ist die Band ehrlich gesagt ziemlich vorbei gegangen. Wirklich geprägt haben mich nur zwei kleine Momente, in denen ...

Tokio Hotel ist so womöglich jedem ein Begriff und hat schon immer polarisiert. An mir ist die Band ehrlich gesagt ziemlich vorbei gegangen. Wirklich geprägt haben mich nur zwei kleine Momente, in denen ich nicht ganz verstanden habe, woher der ganze Hype kam und wer eigentlich genau „Tokio Hotel“ waren.
Erstmalig nahm ich die Band war als ich selbst Abitur machte und die Aufsicht für eine Unterstufenparty übernahm. Als „Durch den Monsun“ gespielt wurde, brachen kleine Teenie-Mädels weinend zusammen, während die Jungs lautstark buhten. So ganz hatte ich da noch nicht verstanden, was da auf einmal passierte. Gleichzeitig war ich ein paar Wochenende später auf einem kleinen Dorf-Festival, vor allem für einen alternativen Act und der Chance mit meinen Freunden eine Flasche Weinbrand-Cola auf das Gelände zu schmuggeln.
Auf der Hauptbühne, die ich nur aus der Ferne wahrnahm, spielte Tokio Hotel das Konzert, wo sie nach drei Liedern abbrechen mussten, weil die Massen gegen die Banden drückten. Wir haben davon kaum etwas mitbekommen.
Jahre später sitze ich also hier, lese die Biografie von Bill Kaulitz und verstehe erst jetzt, was da damals überhaupt so richtig passiert ist. Warum sein Buch nun auf meinem Nachttisch liegt, hat mehr mit den positiven Stimmen zu tun als mit meinem generellen Interesse an Bill oder der Band. Ehrlich gesagt war ich eher irritiert wieso man mit jungen 30 Jahren überhaupt schon Biografien schreiben muss. Das Warum war mir nach den ersten hundert Seiten doch sehr schnell klar. Wer so viel in so kurzer Zeit erlebt, der braucht mehr Seiten, mehr Bücher, mehr Platz. Jedoch ist genau das, was die Biografie am Ende so lesenswert macht. Auch für Nicht-Fans oder neutrale Leser. Bill ist eine interessante Persönlichkeit, der für fünf Leben gelebt hat und viel zu erzählen hat. Wie er erzählt, ist absolut mitreißend und gutgeschrieben. Viel Witz, viel Leichtigkeit, obwohl er auch nicht ganz so gerne zurückschaut.
Vielleicht ist auch genau das, was mich an manchen Stellen hadern lässt. Tokio Hotel hatten es nicht leicht. Sie haben polarisiert und mussten mit viel Kritik umgehen. Dass die Band damals selbst noch in den Kinderschuhen stand, hat man womöglich oft vergessen. Denn den ganzen Hass und die Ablehnung haben die damals noch so jungen Bandmitglieder schonungslos abbekommen. Dadurch wirkt Bill rückblickend oft verbittert, verhärmt und arg scharf. Auch seinen Fans gegenüber, die natürlich tausend Grenzen überschritten haben und ihr Verhalten mit nichts rechtfertigen ist. Jedoch ist seine Stimme gegen die Hater laut, aber gegen die „Hardcore“-Fans genauso. Ist man also ein solcher Fan gewesen, muss man eventuell ganz stark durchatmen, wenn man sich selbst als picklig, klein und kreischend auf den Seiten wiederfindet. Denn wenn Bill eins tut, dann alle über einen Kamm scheren. Vieles ist schlecht gewesen und das in voller Breitseite. Die Kindheit im Osten, die manchmal so klingt als hätte er in den Fünfzigern und nicht in den Neunzigern gelebt. Die Fans, die alle zu drüber waren. Die Hater, die alle böse waren. Die Plattenbosse, die alle nur das Schlimmste wollten. Natürlich war das alles so, trotz allem ist die Ansicht doch sehr drüber und sehr generalisierend. Gleichzeitig merkt man wie groß das Ego der Kaulitz-Brüder einfach ist. Sie waren damals schon zu schlau, zu cool und allen überlegen. Das merkt man in der Schule, in der Band, im Umgang mit allen anderen Menschen. Bill fordert pausenlos mehr Verständnis, mehr Gefühl und mehr Zeit für sich. Gleichzeitig räumt er dies seinem Gegenüber, wenn es nicht sein Bruder ist, kaum ein.
Das macht das Lesen des Buches teilweise recht schwierig, auch wenn es wahnsinnig spannend ist und man sich wie ein kleiner Voyeur fühlt. Mitgefühl und Kopfschütteln verschwimmen da relativ häufig miteinander, trotz allem eine gute Unterhaltung.

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