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Veröffentlicht am 13.04.2017

Ein selbstkritischer Erziehungsratgeber mit vielen Tipps

Erziehen ohne auszurasten
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Zum Inhalt:

„Kinder werden zu dem, was man von ihnen glaubt.“ Lady Bird Johnson (S. 167)

Die Autorin Sheila McCraith hatte ein Problem: In ihrem Familienalltag, in dem sie sich oftmals allein um ihre ...

Zum Inhalt:

„Kinder werden zu dem, was man von ihnen glaubt.“ Lady Bird Johnson (S. 167)

Die Autorin Sheila McCraith hatte ein Problem: In ihrem Familienalltag, in dem sie sich oftmals allein um ihre vier Söhne (die gerade mal vier Jahre auseinander sind) kümmern musste, ist sie regelmäßig an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gestoßen, was regelmäßig dazu geführt hat, dass sie ihre Kinder angeschrienen hat. Extrem laut und mehrmals täglich. Als sie dies eines Tages vollkommen desillusioniert realisiert hat, hat sie beschlossen, ihre Kinder nie wieder anzuschreien. Ihre Idee des „Orange Rhino“ war geboren, denn sie wollte sich vom normalen „Grey Rhino“ (von Natur aus sanftmütig – können aber auch aggressiv werden, wenn man sie reizt) zum „Orange Rhino“ entwickeln wollte (selbst dann ruhig und liebevoll bleiben, wenn sie gereizt oder geärgert werden).

Als Hilfsmittel hat die Autorin eine Challenge für ihre Leser entworfen, zunächst erstmal 30 Tage ohne Anschreien durchzuhalten. Selbstverständlich hat sie sie auch Gedanken gemacht, was denn überhaupt noch als „lauteres Sprechen“ und was schon als „Schreien“ gilt. Ich denke mal, dass dies den meisten Lesern selbst bewusst sein sollte. Dennoch kann man ruhig mal einen Blick auf ihr „Brüllometer“ mit den sieben Stufen werfen.

Die Kapitelüberschriften geben schon einen guten ersten Eindruck, was den Leser erwartet:
1. Die Geschichte vom Orange Rhino
2. Die Umgewöhnungszeit
3. Achtsam werden
4. Mit den Triggern umgehen
5. Die letzten Vorbereitungen
6. Ab jetzt: weniger schreien, mehr lieben
7. Ruhe bewahren, wenn alle durchdrehen
8. Suchen Sie Wärme, wenn Sie wütend sind
9. Halten Sie durch!
10. Nach Tag 30

Sehr gut gefallen hat mir dabei, dass die „Theorie“ für die einzelnen Tage recht übersichtlich gestaltet und mit einem Umfang von jeweils ca. 2 – 9 Seiten pro Tag schnell gelesen ist, selbst im stressigen Familienalltag. Der Aufbau der einzelnen Tageslektionen ist nach einem immer wiederkehrenden Schema aufgebaut: Meistens startet der Text mit einer Anekdote aus dem Leben der Autorin (Manches erkennt man durchaus wider), aus der dann die „Orange Rhino-Erkenntnis“ gezogen und Maßnahmen des Tages entwickelt werden. Dazu gibt es jeweils noch ein passendes Zitat und drei Tipps des Tages mit in den Kategorien cool, warm und heiß, z.B. gezielt Baby-Fotos an „Konfliktstellen“ aufzustellen, um sich die Zerbrechlichkeit von Kindern vor Augen zu rufen – oder auch einfach ein Lied zu singen statt zu schreien, um so den Frust loszuwerden.

Meine Meinung

Glücklicherweise sind wir weit entfernt davon, unsere Kinder ständig anzuschreien, auch wenn es selbstverständlich in Einzelfällen auch mal lauter werden kann. Für mich geht es hier aber nicht „nur“ um das Thema „Anschreien“, sondern viel mehr darum, mehr Gelassenheit und Geduld im Erziehungsalltag zu erreichen. Genau hierfür gibt einem die Autorin sehr viele Denkanstöße und gleich ein ganzes Arsenal an Tipps und Tricks mit auf den Weg. Im Folgenden exemplarisch einige Aussagen und Zitate aus dem Buch, die ich für sehr merkenswert halte:

• Hilfe annehmen und aktiv danach Fragen ist keine Schande / um Hilfe zu bitten ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke! (S. 28)
• „In neun von zehn Fällen liegt es an mir, nicht am Verhalten meiner Söhne.“ (S. 58)
• Identifizieren und „kontrollieren sie die kontrollierbaren Trigger“ (S. 79) / Eine sehr schöne Kopiervorlage zur systematischen Identifikation der eigenen Trigger findet sich auf S. 213
• das LOVE Prinzip (listen / zuhören – observe / beobachten – verify / nachfragen – empathize / sich in die Lage des Anderen versetzen) (S. 124)
• Eine andere Perspektive einnehmen / Alles relativieren (S. 130), z.B.: Mein Kind hat sein Glas umgekippt, WENIGSTENS nicht die ganze Kanne

Selbstverständlich sind bei der Fülle der Tipps auch welche dabei, die auf mich eher befremdlich wirken, wie beispielsweise „Schreien Sie in eine Kloschüssel und spülen Sie dann den Schrei und den Ärger einfach weg.“ (S. 63) oder auch „bellen Sie wie ein Hund“ (S. 161). Aber es gibt wirklich genügend brauchbare und praktikable Tipps in diesem Buch, wobei oft auch mit dem Hilfsmittel der Visualisierung gearbeitet wird.
Mir hat es sehr gut gefallen, wie offen und ehrlich die Autorin mit dem Thema umgegangen ist. Bereitwillig schildert sie viele Situationen aus ihrem Leben, über die die meisten Menschen wohl peinlich berührtes Stillschweigen bewahren würden. Letztendlich ist es wichtig, dass man sich der Probleme bewusst wird und überhaupt etwas ändern möchte. Ich glaube, dass das zentrale Geheimnis darin liegt, sich dem Thema zu stellen und an 30 aufeinanderfolgenden Tagen damit zu beschäftigen. Das schärft die Aufmerksamkeit für das Thema und bringt viele eigenen Erfahrungen mit sich.

Wer sich im Buchhandel selbst einen schnellen Überblick verschaffen möchte, sollte ab S. 198 ff hineinschnuppern, denn hier gibt es „Das Wichtigste in Kürze“ : „Die 10 besten Wahrheiten“, „die 10 größten Vorteile“, „die 10 besten Alternativen zum Schreien“ sowie „die häufigsten Trigger und ihre Lösungsvorschläge“. Schneller kann man sich keinen Überblick über den Inhalt dieses Buches machen!

FAZIT:
Auf dem Weg zu mehr Gelassenheit in der Erziehung – ein empfehlenswerter Ratgeber mit vielen praktischen Tipps und Denkanstößen.

Veröffentlicht am 12.04.2017

Zwei unterhaltsame und sehr atmosphärische Kurzkrimis

Cherringham - Folge 1 & 2
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Meine Meinung:

„Cherringham – Landluft kann tödlich sein“ ist eine inzwischen 24 Folgen umfassende Kurz-Krimi-Reihe rund um ein ungleiches Ermittlerpaar, die 38-jährige Webdesignerin Sarah Edwards und ...

Meine Meinung:

„Cherringham – Landluft kann tödlich sein“ ist eine inzwischen 24 Folgen umfassende Kurz-Krimi-Reihe rund um ein ungleiches Ermittlerpaar, die 38-jährige Webdesignerin Sarah Edwards und den frisch pensionierten, verwitweten und aus New Yorker zugezogenen Ex-Cop Jack Brannen.

Dieses Hörbuch enthält mit „Mord an der Themse“ und „Das Geheimnis von Mogdon Manor“ die beiden ersten Fälle von Sarah & Jack und eignet sich damit hervorragend als Einstieg in die Krimi-Welt des beschaulichen Städtchens Cherringham in den britischen Cotswolds. Ähnlich wie bei anderen Serien (z.B. „Agatha Raisin“) bietet auch „Cherringham“ klassische „whodunit“-Krimis zum Mitraten in schön-schräger britischer Atmosphäre. Da es sich allerdings um Kurzkrimis handelt, ist der Kreis der Verdächtigen bei den ersten beiden Fällen recht überschaubar. Die Stories an sich sind dementsprechend auch nicht so komplex wie man es von „langen“ Romanen gewohnt ist. Dafür sind die Cherringham-Krimis eine sehr kurzweilige und atmosphärisch gelungene Unterhaltung für „zwischendurch“, die man perfekt an einem Abend lesen oder auch auf einer Auto- / Zugfahrt von rd. 3 Stunden hören kann.

Das es den Stories an Komplexität, ausschweifenden Rahmenhandlungen und mehr als ein / zwei überraschenden Wendungen mangelt, ist für mich somit auch keine Schwäche, da es sich nun mal um Kurzkrimis handelt. Dafür haben die beiden Autoren ein sehr sympathisches Ermittlerpaar geschaffen und transportieren in ihren Geschichten eine sehr passige und stimmungsvolle Atmosphäre, wie man es von britischen Krimis gewohnt ist. Auch über einen Mangel an skurrilen Charakteren kann man sich hier nicht beschweren. Selbstverständlich kommt dabei auch der britische Humor nicht zu kurz („Ist das nicht illegal?“ - „Ich ziehe das Wort fragwürdig vor!“). Insbesondere die zweite Folge („Das Geheimnis von Mogdon Manor“) besticht in meinen Augen durch das sehr gelungene Setting eines alten, heruntergekommenen Herrenhaus sowie durch eine schon fast klischeehafte, englische Familie, in denen sich alle irgendwie spinnefeind sind.

Die Audioproduktion ist gewohnt solide und von guter Qualität. Die Sprecherin Sabina Godec liest in einem sehr angenehmen Tempo und mit passender Betonung. Durch wohldosierte Pausen und stellenweise musikalische Untermalung ist das Zuhören insgesamt sehr angenehm.

FAZIT:
Ideal für (jeweils) rd. drei gemütliche Hörstunden: Atmosphärische Kurzkrimis zum Mitraten mit einem sehr ungleichen, aber absolut sympathischen Ermittlerduo.

  • Einzelne Kategorien
  • Atmosphäre
  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung
  • Stimme
Veröffentlicht am 11.04.2017

Ein außergewöhnlicher Jugend-Krimi mit Mystery-Elementen

Das mordsmäßig merkwürdige Verschwinden der Lily Cooper
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Zum Inhalt:

Als Selina von ihrer Mutter aus Indien ins britische Oxford geschickt wird, um dort zur Schule zu gehen, ist sie wenig begeistert. Nur dass sie dort bei ihrer Cousine Lily Cooper wohnen und ...

Zum Inhalt:

Als Selina von ihrer Mutter aus Indien ins britische Oxford geschickt wird, um dort zur Schule zu gehen, ist sie wenig begeistert. Nur dass sie dort bei ihrer Cousine Lily Cooper wohnen und zusammen mit ihr zur Schule gehen soll, gefällt ihr. Doch als sie nach der langen Reise am Flughafen ankommt, ist niemand da, um sie abzuholen. Als sie es endlich auf eigene Faust zum Haus der Coopers geschafft hat, herrscht dort der Ausnahmezustand: Lily ist spurlos verschwunden! Während die Polizei noch daran glaubt, dass Lily mal wieder ausgerissen ist, sind sich Selina und Lilys bester Freund Eric sicher, dass Lily entführt worden ist...



Meine Meinung:

Mit „Das mordsmäßig merkwürdige Verschwinden der Lily Cooper“ hat die deutsche Kinderbuchautorin Renée Holler (sicherlich Vielen von ihren historischen Ratekrimis für Kinder bekannt) nun einen etwas anderen Krimi für Kinder und Jugendliche ab ca. 10 Jahren vorgelegt.


Abgesehen von Lilys merkwürdigem Verschwinden ist der Start in die Geschichte eher unaufgeregt und die Autorin nutzt das rund erste Viertel der Geschichte dazu, ihre Leser mit den einzelnen Charakteren vertraut zu machen. Insbesondere Selina sowie Eric und seine unkomplizierte Familie mochte ich hierbei vom Start weg. Spannend ist bereits zu Beginn, dass nahezu alle anderen Charaktere irgendwie „komisch“ und wenig vertrauenswürdig wirken, allen voran Lilys Eltern, die irgendwie mehr mit sich selbst als mit dem spurlosen Verschwinden ihrer Tochter beschäftigt zu sein scheinen.

Nach dem relativ ruhigen Start in die Geschichte nehmen sowohl die Spannung als auch die geheimnisvolle Atmosphäre sukzessive zu, denn langsam beginnen sich mysteriös erscheinende Dinge zu ereignen und im sechsten Kapitel kommt ein zweiter, schmaler Handlungsstrang hinzu, der die Spannung nochmal extra anfacht. Im weiteren Fortgang entspinnt sich eine Geschichte, die immer rätselhafter und auch mysteriöser wird und mich damit voll und ganz in ihren Bann gezogen hat. Am Ende läuft die Story auf ein super spannendes, extrem atmosphärisches und auch wirklich gruseliges Finale zu, das alle wesentlichen Fragen aufklärt und auch die Motive und Handlungsweisen des Antagonisten erklärt. So ergibt sich insgesamt eine in sich runde Story mit einem ordentlichen Spannungs-Crescendo und einem deutlichen Schuss Mystery, der stellenweise schon an Steampunk erinnert. Das sollte man schon mögen, wenn man sich auf diese sehr fantasievolle Geschichte einlassen will.

Dass ich dabei die wesentlichen Zusammenhänge der Auflösung schon vorausgeahnt habe, hat mich weniger gestört. Auch dass Renée Holler immer mal wieder zu sehr einfachen, aber natürlich legitimen Mitteln (z.B. Handyakku alle) gegriffen hat, um die Spannung zu erhöhen, ist zwar nicht besonders innovativ, war für mich im Ganzen aber absolut ok.



FAZIT:

Ein Jugend-Krimi mit einer faszinierenden Grundidee, einem stetigen Spannungs-Crescendo und einer gehörigen Portion Mystery mit toller Atmosphäre.

Veröffentlicht am 04.04.2017

Spannende Leseunterhaltung garantiert: ein sehr atmosphärischer und temporeicher Regionalkrimi

Küstenfluch
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Zum Inhalt:
Nordfrieslang leidet unter ungewöhnlichen Wetterkapriolen, es ist unerträglich heiß und Gewitter wühlen die Nordsee auf. Auf dem abseits gelegenen Hof der Familie Jessen stürzt Hinnerk Jessen ...

Zum Inhalt:
Nordfrieslang leidet unter ungewöhnlichen Wetterkapriolen, es ist unerträglich heiß und Gewitter wühlen die Nordsee auf. Auf dem abseits gelegenen Hof der Familie Jessen stürzt Hinnerk Jessen in den Tod und alle sind sich einig, dass es sich um einen schrecklichen Unfall handeln muss. Nur Kommissar Theo Krumme möchte ein mögliches Fremdverschulden sicher ausschließen und begibt sich im Alleingang auf eine Ermittlung, die ihn immer wieder an die Grenzen des Schweigens und der eigenen Fähigkeiten führt… und dabei nimmt die Bedrohung nahezu unbemerkt immer weiter zu!

Meine Meinung:

„Das Böse ist da. Und nur wenn wir seinen Preis bezahlen, wird es wieder im Dunkeln verschwinden.“ (S. 136)

„Küstenfluch“ ist der mittlerweile dritte Band des deutschen Autors Hendrik Berg um den eigenwilligen, aber liebenswerten Kommissar Theo Krumme, der als Exil-Berliner unter den Nordfriesen erstmal seinen Platz finden muss. Eine Vorkenntnis der ersten beiden Bände ist m.E. nicht notwendig.

Bereits der Start in die Geschichte gibt einen sehr guten Ausblick auf das, was den Leser erwartet: Bauer Hinnerk Jessen stürzt in den Tod und sein Neffe, der sechsjährige Jan will den Tod seines Onkels gespürt und "gesehen" haben. Von hier aus entspinnt sich eine Geschichte, die extrem spannend, temporeich, düster und geheimnisvoll ist – und immer wieder überraschend! Stellenweise erinnert Hendrik Bergs Plot schon an einen waschechten Mystery-Thriller, was mir persönlich extrem gut gefallen hat. Immer mehr, mal mehr, mal weniger geheimnisvolle Ereignisse stürzen dabei auf den Leser ein und man fragt sich unweigerlich, was an den aufkommenden Ideen eines Fluchs oder eines „schwarzen Mannes“ dran sein könnte. Sehr gekonnt fängt der Autor dabei die schon fast unwirklich wirkende Atmosphäre ein, die in dem unter der Hitzeperiode ächzenden Nordfriesland herrscht, und die auf das Gemüt der Charaktere drückt.

Überhaupt haben mir die Protagonisten in „Küstenfluch“ sehr gut gefallen, allen voran natürlich Kommissar Theo Krumme, den ich vom Start weg mochte. Seine Kollegin „Pat“ ist schön schräg und zunächst erst das stille, zurückhaltende Mäuschen, im Verlauf der Geschichte durchaus aber für die eine oder andere Überraschung gut. Die Mitglieder der Familie Jessen sind hingegen ein bunter Strauß verschlossener Eigenbrötler, mit Ausnahme des herzerwärmenden kleinen Jan. Die Antagonisten (auf dessen Offenbarung der Leser lange gespannt sein darf!) sind mir hingegen ein bisschen zu blass und klischeehaft geblieben.

Einen Stern Abzug gibt es von mir, da am Ende zwar alle wesentlichen Fragen beantwortet und alle relevanten Vorkommnisse aufgelöst worden sind, ich mir hier allerdings in Teilen eine etwas stärkere Verknüpfung gewünscht hätte. Dafür ist der Epilog ein sehr gelungenes „Sahnehäubchen“, das einen perfekten Abschluss für diese spannende und düstere Geschichte bildet.


FAZIT:
Sehr spannend, geheimnisvoll, temporeich und immer wieder überraschend. Ein überzeugender Regionalkrimi!

Veröffentlicht am 29.03.2017

Ein sehr atmosphärischer, gesellschaftskritischer und vor allem überraschender Regionalkrimi

Schwarze Brandung
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Zum Inhalt:
Am Sylter Strand vor Westerland wird die grausam zugerichtete Leiche einer jungen Frau gefunden. Mit den Ermittlungen werden die Kommissare des Flensburger K1 betraut. Mit im Team ist Liv Lammers, ...

Zum Inhalt:
Am Sylter Strand vor Westerland wird die grausam zugerichtete Leiche einer jungen Frau gefunden. Mit den Ermittlungen werden die Kommissare des Flensburger K1 betraut. Mit im Team ist Liv Lammers, die erst vor kurzem einen Anruf ihres Neffen Jan bekommen hat, der ihr vom Verschwinden seiner Freundin berichtet hat. Vor Ort muss sich Liv nicht nur einem undurchschaubaren Fall, sondern auch den Dämonen ihrer eigenen Vergangenheit stellen.

Meine Meinung:

„Kriminalistisches Denken kennt keine Skrupel.“ (S. 132)

Mit „schwarze Brandung“ legt die deutsche Erfolgsautorin Sabine Weiß ihren ersten Krimi vor. Mit ihren historischen Romanen (u.a. „Hansetochter“, „Die Buchdruckerin“) hat sie bereits bewiesen, dass sie ein gutes Händchen für regionale Geschichten hat.

Der Start in die Geschichte ist ein klassischer Krimi-Start: Ein knapper, bedrohlicher Prolog, eine kurze, sehr plastische Einführung der neuen Protagonistin Liv Lammers und schon geht es mit dem Auffinden der Leiche direkt hinein ins Krimi-Geschehen und ab nach Sylt. Sehr eindrucksvoll skizziert Sabine Weiß dabei ein sehr ambivalentes Bild dieser Insel: Auf der einen Seite die raue und fast unvergleichliche Schönheit der Natur, auf der anderen Seite die glitzernde Welt der Schönen und Reichen, die ihre ganz eigene und sehr unschöne Schattenseite hat. Diese Zerrissenheit spiegelt auch die nicht einfache Vergangenheit der Protagonistin sehr gekonnt wider, wodurch Liv Lammers zwar manchmal ebenso rau und unnahbar wirkt, dafür aber umso plastischer und realer erscheint und mir vom Start weg sympathisch war.

Die Spannung ist für meinen Geschmack nach dem Auffinden der Leiche erstmal etwas seichter geblieben und die Story hat sich auf den ersten ca. 100 Seiten etwas zu linear entwickelt. Im Folgenden verästelte sie sich aber immer mehr und bot gleich einen ganzen Strauß an Antagonisten auf, bei dem von überkandidelt-snobbistisch bis ekelhaft-abstoßend wirklich alles dabei war. Je weiter die Story voran schritt, desto mehr Spaß hatte ich daran, eigene Theorien aufzustellen und Hauptverdächtige ins Visier zu nehmen. Und doch ist es Sabine Weiß am Ende gelungen, ein absolut dramatisches und (für mich) unvorhersehbares Finale aufzufahren und eine Auflösung zu präsentieren, die in sich rund, nachvollziehbar und dennoch vollkommen überraschend war. Genau das macht einen guten „whodunit“-Krimi aus!

Eine weitere Stärke dieses Krimis ist die außergewöhnlich starke Charakterentwicklung. Neben der Story-immanenten Entwicklung bei Liv hat es Sabine Weiß beispielsweise geschafft, mit Hennes Liv einen Ermittlungspartner an die Seite zu stellen, den ich zu Beginn so gar nicht mochte, der sich im Verlauf der Geschichte aber mehr als nur meine Hochachtung verdient hat.

FAZIT:
Atmosphärisch, spannend und absolut überraschend – ein toller Regionalkrimi mit einem Schuss Gesellschaftskritik. Bitte mehr von Liv Lammers!