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Veröffentlicht am 28.05.2019

Ein berührender Debütroman, der deutlich macht: Das Weiterleben zählt

Alles still auf einmal
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"Alles still auf einmal" ist Rhiannon Navins Romandebüt, er erscheint im DTV.

In einem Wandschrank versteckt sich Zach mit seinen Klassenkameraden als ein Amokläufer in seiner Schule wütet. Es fallen ...

"Alles still auf einmal" ist Rhiannon Navins Romandebüt, er erscheint im DTV.

In einem Wandschrank versteckt sich Zach mit seinen Klassenkameraden als ein Amokläufer in seiner Schule wütet. Es fallen Schüsse, die sich für immer ins Gedächtnis des 6-jährigen Jungen einbrennen werden. Zach wird gerettet, doch sein älterer Bruder Andy stirbt und damit wird das Leben nie wieder wie früher sein. An dem Verlust zerbricht die Familie beinahe, es ist ausgerechnet der kleine Zach, der die Menschen, die er liebt, aus der Verzweiflung führt.

"Gestern haben wir all die Sachen gemacht, die wir jeden Dienstag machen, weil wir ja nicht wussten, dass heute ein Amokläufer kommt." Zitat Seite 59

Dieser Roman wird aus der Perspektive des sechsjährigen Zach erzählt und hat mich in ein Wechselbad der Gefühle versetzt. Denn Zach berichtet aus seiner kindlichen Sicht vom traumatischen Erlebnis des Amoklaufes in seiner Schule, bei der sein älterer Bruder zum Opfer fiel und starb. Diesen Verlust zu bewältigen ist sehr schwer, in seiner Familie wird lange Zeit nicht darüber geredet, jeder versucht mit seinem Schmerz allein fertig zu werden.


Zach ist ein tapferer kleiner Kerl, der durch den Amoklauf nicht nur seinen Bruder verloren hat, das schreckliche Plopp-Plopp der Schüsse hört er noch lange Zeit bedrohlich im Kopf, es begleitet ihn immer wieder. Außerdem ist er ziemlich auf sich allein gestellt, denn seine Mutter bekommt einen Nervenzusammenbruch und ist nicht in der Lage, Zach bei seiner Bewältigung der Ereignisse zur Seite zu stehen. Sein Vater ist ebenfalls nicht fähig, Zach zu helfen. So erlebt man als Leser hilflos die Vorgänge und möchte am liebsten Zach beistehen. Er läuft scheinbar unbemerkt von seinem Umfeld durchs Leben. Doch Zach findet allein seinen Weg, die Erlebnisse zu verarbeiten.


Rhiannon Navin konnte mich mit ihrem Buch berühren und es hat mich einige Tränen gekostet. Sie erzählt scheinbar emotionslos, was so eine willkürliche Gewalttat mit den Menschen anstellt. Sie zeigt die Sensationsgier der Presse, die keine Rücksicht auf Gefühle nimmt. Sie zeigt die Trauer der Hinterbliebenen, die keine Zeit für einen Abschied haben. Sie zeigt die Eltern, die mit ihrer eigenen Trauer kämpfen müssen und nicht die Kraft haben, sich gleichzeitig angemessen um die ihnen verbleibenden Kinder zu kümmern. Und sie zeigt die Familie des Täters, die ebenfalls unter großen Schuldgefühlen leiden und damit zu kämpfen haben.
Aber am meisten zeigt sie Zach, der Versöhnung möchte und einen Neuanfang einfordert.


Die geschilderte Situation ist entsetzlich und kein Elternteil sollte sie je erleben müssen. Ich verachte alle Täter, die anderen Menschen so ein Leid zufügen.
Der Verlust eines Kindes wird hier nicht aus Elternsicht gezeigt, und dennoch kann man durch Zachs Schilderungen deutlich mitfühlen, was in den Eltern vor sich geht.

Zach zeigt seine Gedanken offen und aus seiner kindlichen Sicht. Er vermisst seinen Bruder Andy schrecklich und ist dennoch froh, seine Eltern nun häufiger für sich zu haben. So denken Kinder nun einmal, sie fühlen intensiv, gehen auf Veränderungen aber auch anders heran als Erwachsene. Manchmal sehen sie das Positive ganz egoistisch. Das ist auch gut so.


Der Amoklauf wird sehr realistisch gezeigt, aber nicht überdramatisch ausgebaut. Es ist ja kein Thriller, sondern ein Roman, der zeigen möchte, was in Kindern passiert, wenn sie solche Erlebnissen ausgesetzt werden.

Besonders gut gefallen hat mir, dass die Autorin es geschafft hat, Zach nie altklug darzustellen. Es wirkt alles sehr authentisch und genauso stellt man sich die Gefühle und Empfindungen eines Kindes in dieser Situation vor.


Dieses Debüt hat mich berührt und betroffen gemacht. Es ist ein Buch, welches zu Emotionen weckt und klar macht, das Leben geht trotz aller Schicksalsschläge weiter.

Veröffentlicht am 24.05.2019

Andersartigkeit sollte man akzeptieren

Ganz einfach Löwe
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Das Bilderbuch "Ganz einfach Löwe" von Ed Vere erscheint als deutsche Ausgabe 2019 im cbj Verlag.

Ed Vere ist ein preisgekrönter New-York-Times-Bestseller-Bilderbuchautor und -Illustrator.

Löwe Leonard ...

Das Bilderbuch "Ganz einfach Löwe" von Ed Vere erscheint als deutsche Ausgabe 2019 im cbj Verlag.

Ed Vere ist ein preisgekrönter New-York-Times-Bestseller-Bilderbuchautor und -Illustrator.

Löwe Leonard ist kein typischer laut brüllender Löwe, er ist nachdenklich, mag Gedichte und Worte und ist einfach kein wilder Löwe. Als er die Ente Marianne kennenlernt, findet er eine Freundin, denn sie können sich toll unterhalten und fühlen sich gemeinsam einfach wunderbar. Das verstehen die anderen Löwen nicht, sie erwarten von Leonard, dass er die Ente nach Löwenart auffrisst. Mit Mariannes Hilfe kann sich Leonard gegen die Löwen behaupten, mit ihr fühlt er sich Leonard stark und zuversichtlich. Es darf doch jeder so sein, wie er will - oder etwas nicht?


Das Buch ist für Kinder ab 3 Jahre gedacht, ich finde es allerdings fraglich, ob Kinder in der Altersklasse die Aussage des Buches schon richtig verstehen. Andererseits können sie Toleranz damit lernen. Man muss sie vielleicht nur etwas darauf hinweisen.

Dieses Bilderbuch enthält nur wenig Text, doch der ist aussagekräftig und enthält eine Botschaft.

Wer will nicht einfach so sein, wie er eben ist und damit auch akzeptiert werden? Einfach freundlich sein, statt gefährlich oder gewalttätig.

Man muss nicht brüllen, um gehört zu werden, das geht auch mit leisen Tönen und vor allem auch ohne Gewalt. Löwe Leonard und Ente Marianne sind Freunde, ungewöhnlich, na und? Auch wenn Löwen andere Tiere fressen, auch solche Freundschaften gibt es durchaus in der Tierwelt und auch unter Menschen sind Freunde nicht immer ähnliche Typen.

Leonard und seine Freundin Marianne machen aus ihrer Meinung zu ihrer Freundschaft ein Gedicht und fordern damit zu Toleranz auf. Gemeinsam sind sie stark und dürfen auch anders sein.


Die Bilder der Löwen sind gut getroffen, auch in ihrem Gebahren, doch sie sind nicht so bunt und abwechslungsreich wie ich es erhofft habe. Doch dadurch liegt der Schwerpunkt auch mehr auf der Botschaft zur Toleranz und das ist eine Fähigkeit, die Kinder von klein auf lernen sollten.


Eine tolle Botschaft und ausdrucksstarke Bilder machen dieses Kinderbuch zu einer lehrreichen Anleitung zu Freundlichkeit und Akzeptanz untereinander.

Veröffentlicht am 22.05.2019

Interessanter Ausflug in die Welt der Düfte

Provenzalischer Rosenkrieg
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"Provenzalischer Rosenkrieg" ist der sechste Band der Provence-Krimireihe von Sophie Bonnet um ihren eigenwilligen Pierre Durand. Auch dieser Krimi erscheint im Blanvalet Verlag.

Sainte Valérie: Pierre ...

"Provenzalischer Rosenkrieg" ist der sechste Band der Provence-Krimireihe von Sophie Bonnet um ihren eigenwilligen Pierre Durand. Auch dieser Krimi erscheint im Blanvalet Verlag.

Sainte Valérie: Pierre Durand schlägt sich mit langweiligem Schreibkram herum, da kommt ein neuer Fall genau zum richtigen Zeitpunkt. Die Rosenzüchterin Anouk, eine Freundin seiner Lebensgefährtin Charlotte, steht unter Mordverdacht. Ein ihr bekannter Duftarchivar in Grasse wurde tot aufgefunden und Anouk hatte ihn als letzte Person besucht und ihm Pralinen geschenkt, die zu seinem Tode führten. Bei den Ermittlungen stößt die Polizei auf einen weiteren mysteriösen Todesfall eines anderen Parfümeurs, der als Unfall angenommen wird, auch dort ist Anouk involviert.

Pierre reist nach Grasse, um entlastende Beweise für Anouk zu finden, wohl wissend, dass er damit seinen Zuständigkeitsbereich verlässt. Er muss sich durch viele Befragungen ein Bild von dem wahren Hintergrund machen, Anouk bleibt weiterhin eine mögliche Täterin.
Im vorliegenden Fall geht es um ein Archiv von Düften, die unter bestimmten Bedingungen dauerhaft erhalten werden sollen. Unter Kennern sind diese edlen Kostbarkeiten begehrt und wertvoll zugleich. Der Archivar wurde ermordet, die Gründe dafür können in alle möglichen Richtungen führen.


Pierre Durand steckt in einer Zwickmühle, denn die Recherchen um Anouk in Grasse sind außerhalb seines Zuständigkeitsbereichs. Doch seiner Freundin Charlotte zuliebe und weil sein Ermittlerinstinkt geweckt ist, macht er sich auf die Suche, um die Unschuld Anouks zu beweisen, woran er selbst so seine Zweifel hat. Sein neuer Chef macht ihm das Leben schwer, doch Luc und seine neue Kollegin Penelope halten ihm den Rücken frei und er befördert einige Hintergrundfakten ans Licht.


In diesen Krimi kann man wieder richtig eintauchen, die gute Französische Küche genießen und erfährt noch einiges rund um die Parfümindustrie und die Rosenblütenernte der Rosenbauern in der Gegend um Grasse. Diese Gegend ist nicht mehr führend in Sachen Parfümölgewinnung, längst kommen die Öle überwiegend aus Marokko und Bulgarien. Auch in diesem Markt herrscht ein ständiger Kampf ums Überleben, die Suche nach synthetischen Düften macht den Blumenbauern das Leben schwer.

Bisher hat die Beziehung zwischen Charlotte und Pierre in den vorangegangenen Krimis entscheidend für eine private und unterhaltsame Note gesorgt, dieses Mal ist ihr Zusammenleben schon Gewohnheit und spielt keine große Rolle. Dasselbe gilt auch für den bisher intensiv gepflegten Lokalkolorit, dieser ist in diesem Band nicht mehr so ausgeprägt dargestellt wie gewohnt. Das finde ich schade, dennoch ist dieser Krimi nicht knochentrocken und voller Recherche-Arbeit. Es ist Pierres Lebensart zu verdanken, dass sich zwischen den Ermittlungen immer immer genügend Zeit für eine leckere Mahlzeit findet.

Durch die afrikanische Haushaltshilfe Aminata, die ohne Arbeitserlaubnis in Frankreich arbeitet, reißt Sophie Bonnet ein weiteres aktuelles Problem an, doch sie führt es im Krimi nicht weiter aus.
Gerade wegen dieser aktuellen Themenbezüge mag ich die Krimireihe immer wieder gern lesen und freue mich auch auf den nächsten Band.


Interessanter Ausflug in die Welt der Düfte und ein flüssig zu lesender Provence-Krimi mit sympathischen Charakteren macht weiterhin Lesevergnügen.

Veröffentlicht am 20.05.2019

In diesem ruhig erzählten Krimi werden kriminelle Energien erfolgreich bekämpft.

Ostsee-Intrige
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"Ostsee-Intrige" ist Peter Scheers Krimi-Debüt und erscheint im April 2019 im Gmeiner Verlag.


Der österreichische Kinderarzt Prof. Blumenfeld soll auf der Ostseeinsel Rügen eine Rehaklinik aufbauen. ...

"Ostsee-Intrige" ist Peter Scheers Krimi-Debüt und erscheint im April 2019 im Gmeiner Verlag.


Der österreichische Kinderarzt Prof. Blumenfeld soll auf der Ostseeinsel Rügen eine Rehaklinik aufbauen. Mit der Mentalität der Norddeutschen hat er so seine Probleme. Als ein Kind in der Klinik verstirbt, wird Blumenfeld beschuldigt, für den Tod eines Kindes verantwortlich zu sein. Der Stralsunder Kommissar Lüdewitz übernimmt die Ermittlungen. Als Blumenfeld unfreiwillig Zeuge einer Autodiebesbande wird, bringt das die Auflösung eines ganz anderen Falles ins Rollen. Die Ermittlungen führen von Rügen bis nach Österreich.

Peter Scheer, ein österreichischer Arzt und Autor, der einen Ostsee-Krimi schreibt und darin Bezug nimmt auf die zu DDR-Zeiten herrschenden Gängelungen. Kann das gut gehen? Es kann, denn die Handlung spielt auch in Graz und Pöllauber, aber überwiegend in Wien. Und es ist ein unterhaltsamer Genuss, die Figuren agieren zu sehen und dabei die Besonderheiten der Landschaft und der Menschen miterleben zu dürfen.

Protagonist ist Kommissar Horst Lüdewitz aus Stralsund, er ist bodenständig, ehrlich und kennt seine Kollegen und ist nicht unbedingt ihr größter Fan, stattdessen verbrüdert er sich mit dem österreichischen Arzt Ignaz Blumenfeld. Durch Blumenfelds Beobachtungen kommen sie einem international agierenden Autoschleuserhandel auf die Schliche. Endlich führen die Ermittlungen Lüdewitz auch mal ins Ausland. Er ist ein Genussmensch und daher ist es auch ein kulinarisches Vergnügen, wenn man ihn auf seiner Ermittlungsreise nach Österreich begleiten darf. Dort erlebt er die Kaffeehauskultur und die gehaltvolle österreichische Küche und wenn man ihn auf seinen Gedankengängen begleitet, erfährt man seine Ansichten zu Politik, Migration, Judentum und dem Leben im Allgemeinen.

Blumenfeld gilt als Informant der Polizei, was ihm das Leben gefährlich macht. Ausgerechnet bei einer Ehrung im Kreise der oberen Ärzteschaft wird es für ihn lebensgefährlich.

Doch so skrupellos die Kriminellen in diesem Krimi auch sein mögen, es geht in diesem Krimi ziemlich gemütlich zu. Dafür sorgt auch der ruhige und unaufgeregte Erzählstil und die interessanten örtlichen Beschreibungen der Schauplätze. Auch das Wiener Flair bekommt man immer wieder stimmungsvoll aufgezeigt und die kriminellen Aktionen verlaufen wie gesagt, ziemlich unblutig.

Es geht um Autoschieberbanden, die sich mit den Luxuskarossen ein regelmäßiges, aber ungesetzliches Einkommen sichern. Im freien Warenverkehr der EU gehen gestohlene Autos überwiegend schnell über die Grenzen.

Was die Spannung angeht, muss man sich hier etwas gedulden, es sind reichlich Figuren im Spiel, die Aufklärung geht durch die verzahnten Fälle in einige Richtungen und deshalb recht langsam voran.

Mit seiner Andersartigkeit punktet für mich der besondere Schreibstil. Oft werden die Gedankengänge Lüderitz abgespult, manchmal Kettensätze, manchmal abgehackt und daran muss man sich erst einmal gewöhnen, dann kann man das Buch locker weglesen.

Auch die atmosphärische Beschreibung der Vorgänge erlebt man situationsgegeben einfach mit, man erkennt keine lang geplante Strategie für die Ermittlung. Doch das ist kein Nachteil, man denkt einfach mit Lüderitz über viele Dinge nach, die zur Zeit das politische Geschehen ebenfalls umtreiben.


In "Ostsee-Intrige" begleitet man auf unterhaltsame Weise einen unaufgeregten und bodenständigen Kommissar bei der Ermittlung seines größten Falles. Wie er Licht in die kriminellen Machenschaften bringt, ist vergnüglich zu beobachten.

Veröffentlicht am 13.05.2019

Ein spannendes Abenteuer inmitten von Hongkong

Tödliches Spiel in Hongkong
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"Tödliches Spiel in Hongkong" von Robin Stevens ist der sechste Fall der Detektiv-Reihe rund um Daisy Wells und Hazel Wong. Die Reihe erscheint im Knesebeck Verlag.

Hongkong der 1930er Jahre:
Hazels geliebter ...

"Tödliches Spiel in Hongkong" von Robin Stevens ist der sechste Fall der Detektiv-Reihe rund um Daisy Wells und Hazel Wong. Die Reihe erscheint im Knesebeck Verlag.

Hongkong der 1930er Jahre:
Hazels geliebter Großvater ist gestorben und sie reist nach Hongkong, um traditionell die Trauerzeit mit ihrer Familie zu verbringen, ihre Freundin Daisy darf sie begleiten. Völlig überraschend stellt Hazel fest, dass sie einen Bruder bekommen hat, Baby Teddy ist der Sohn der zweiten Frau ihres Vaters und bekommt nun die ganze Aufmerksamkeit der Familie. Es beginnt ein neues Abenteuer als Teddy entführt wird und seine Magd ermordet, nun gerät Hazel sogar unter Mordverdacht. Gemeinsam bringen die Mädchen Licht in die rätselhaften Dinge und überprüfen geheimnisvolle Verdächtige und fadenscheinige Detektive.


Dieses ist mein erstes Buch aus dieser Reihe, doch ich konnte es problemlos ohne Verständnisfragen lesen.

Hazel ist die Haupterzählerin, sie steht in diesem Fall im Mittelpunkt, was bisher als Schriftführerin der Detektei eher nicht der Fall war. Sie kennt sich in der Stadt aus, spricht die Sprache und durch sie erfährt man einiges über das Leben in Hongkong, ihre reiche Familie und wie sie nun nach der Geburt eines Sohnes nicht mehr der Liebling ihres Vater ist. Es ist ein wenig Eifersucht im Spiel, das wirkt authentisch, ist aber eher unterschwellig interessant. Und Daisy Wells, die auf ihre Herkunft immer sehr stolz ist, muss entdecken, dass die Verhältnisse ihrer Familie gegen die der Wongs schon fast ärmlich wirken. Hier hat jedes Familiemitglied seinen persönlichen Diener und eigenen Fahrer.
Hazel erbt von ihrem Großvater eine Haarnadel, diese spielt im Fall eine entscheidende Rolle.

Über die gut und genau dargestellten Charaktere erfährt man recht viel, man lernt Hazels Familie kennen und sieht, wie eine Familie mit zwei Frauen funktionieren kann.

Vom Spannungsaufbau her konnte das Buch in der zweiten Hälfte erst richtig aufdrehen. Die Ermittlungen von Wells & Wong gestalten sich als schwierig, denn sie werden oft von der Familie oder dem Personal begleitet. Es sind jedoch bald mehrere Tatverdächtige gefunden, somit ist es auch für den Leser zum Miträtseln interessant. Die beiden Detektivinnen gehen mit viel Mut und Verstand und reichlich Beobachtungseifer an die Ermittlungen, ihnen hilft eine detaillierte Liste an Verdächtigen und der von ihnen entwickelte Schlachtplan.

Daneben bleibt viel Raum für die Traditionen der 1930er Jahre in Hongkong und man lernt eine Menge über diese fremde Kultur. Es zeigt sich ein besonderes Flair dieser damals schon gewaltigen Metropole.

Auch haben mich die interessanten Beschreibungen und Erklärungen Hazels schnell in die Bräuche und Traditionen der Hongkong-Chinesen eingeführt und mir wurde der Zeitgeist lebendig vor Augen geführt. Es geht um die chinesische Legende des Affenkönigs, um Mondkuchen und gebundene Füße, aber auch um die Bedeutung besonderer Zahlen. Am Ende des Romans bringt ein Glossar Aufklärung hinter manche ortstypische Begriffe. Dieses Buch ist lehrreich und öffnet den Horizont in Sachen China.


Diese Detektivgeschichte erscheint sehr klassisch im Stil der Miss-Marple-Romane, allerdings mit ganz jungen Miss Marples. Für Jugendliche ist dieses Buch sicherlich ein spannendes Abenteuer und gerade die Einblicke in chinesische Gewohnheiten, Traditionen und Lebensart sind interessante Pluspunkte.