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Veröffentlicht am 04.07.2018

Cozy Crime mit Cosa Nostra und italienischer Lebensart

Tante Poldi und die sizilianischen Löwen
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Mit 60 Jahren zieht Poldi nach dem Tod ihres Mannes von München in seine sizilianische Heimat, um Meerblick, Sonne und Ruhe zu geniessen. Ihre Familie lässt diese Ruhe nicht zu, das Dolce Vita tobt sozusagen ...

Mit 60 Jahren zieht Poldi nach dem Tod ihres Mannes von München in seine sizilianische Heimat, um Meerblick, Sonne und Ruhe zu geniessen. Ihre Familie lässt diese Ruhe nicht zu, das Dolce Vita tobt sozusagen und Poldi macht temperamentvoll mit.
Als ihr Gärtner Valentino spurlos verschwindet, vermutet Poldi die Mafia dahinter und macht sich auf die Suche. Dabei kreuzt schon bald der attraktive Commissario Montana ihren Weg.

Dieser Kriminalroman führt den Leser tief in die sizilianische Seele und lässt italienische Lebensart munter sprudeln. Aber dank Poldi mischen sich auch bayrische Worte in Form von wahren Fluchtiraden in die Geschichte hinein.
Dadurch gewinnt man den Eindruck, einer deutschen Miss Marple bei den Ermittlungen in Sizilien zu folgen.

Der Erzähler ist der unproduktive Neffe Poldis, der eigentlich einen Roman schreiben will, aber nicht so recht voran kommt. Als Vorlage könnte ihm eigentlich dieser Fall dienen, aber über seine Berichterstattung kommt er scheinbar nicht hinaus. Er ist der stille Beobachter der Szenerie und dabei kommt man ihm nicht richtig nahe, seine erfrischende Ansicht des Geschehens aber ist sehr gelungen.

Poldi ist eine echte Pfundsfrau, trinkfest, liebenswert und sympathisch und mit ihrem bayrischen Mundwerk manchmal auch recht deftig. Sie besitzt trotz ihres Alters noch genügend Anziehungskraft auf die Männer und das nutzt sie auch mal aus. In erster Linie hilft ihr das auch beim Ermitteln, denn ihrem unwiderstehlichen Charme erliegen so einige Sizilianer und Stück für Stück tastet sie sich im vorliegenden Fall vorwärts. Dabei kann der Leser munter miträtseln und durch gekonnte Situationskomik kommt keine Langeweile auf.

Die heitere Erzählweise Giordanos wird mit derben Sprüchen und Flüchen aus Poldis Mund aufgemischt und so entsteht ein durchgängig humorvoller Wohlfühlkrimi mit sizilianischem Lebensgefühl. Der Autor zeigt uns sizilianisches Lebensgefühl und verschweigt auch negative Seiten nicht. Dabei lernt man so einiges über Sizilien, seine Entstehung, Blütezeit und über die Produktion in den Schwefelminen, aber auch die kulinarischen Einblicke sind vielfältig und appetitanregend.


Dieser Krimi ist vielleicht nicht der spannendste, aber mit seinem rätselhaften Mord und den vielschichtigen Personen hat man so seinen Spaß. Besonders die schillernde Poldi ist ein Garant für lustige Unterhaltung und das Leben auf Sizilien wird so temperamentvoll beschrieben, wie man es Tür an Tür mit dem Aetna auch erwartet. Feurig und heiß!

Veröffentlicht am 04.07.2018

Literarisches Meisterwerk über den Platz des einzelnen Menschen in der Gesellschaft

Der Steppenwolf
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Harry Haller hat sich der bürgerlichen Welt entfremdet. Er leidet an seiner Zerissenheit und empfindet halb als Mensch, halb als Wolf. Er sehnt sich nach Zugehörigkeit, nach Harmonie und Liebe, will aber ...

Harry Haller hat sich der bürgerlichen Welt entfremdet. Er leidet an seiner Zerissenheit und empfindet halb als Mensch, halb als Wolf. Er sehnt sich nach Zugehörigkeit, nach Harmonie und Liebe, will aber auch unabhängig und frei sein und verabscheut alles Normale. Dieser Zwiespalt führt ihn immer tiefer in eine existenzielle Krise, in der er Selbstmord als einzigen Ausweg sieht. Doch Hermine, eine Prostituierte, und das Magische Theater helfen ihm, sich selbst zu erkennen und das Leben leichter zu nehmen.

Dieses Werk Hesses ist durch seine intensive Sprache ein ganz besonderes Leseerlebnis. Man muss hier die Sätze auf sich wirken lassen und das braucht Zeit. Aber die Zeit sollte man sich nehmen, um auch die eigene Position im Leben und in unserer Welt zu überdenken.

Harry Haller versucht seine Ideale zu leben. Genau das wünscht sich jeder junge Mensch bis er erlebt, dass die Lebensgrundlage auch auf Routine und Alltagsgeschäft und damit einem angepasstem Leben besteht.

Harry will einerseits unabhängig sein, andererseits sucht er aber auch den Schutz durch die Gesellschaft. Auf jeden Fall hinterfragt er das Leben und so findet sich der Leser in der Situation, für sich selbst die Parallelen zwischen dem Buch und seinem eigenen Leben zu suchen.

Steppenwolf ist sicherlich keine Mainstream-Lektüre, man muss sich auf dieses Werk einlassen und auch die magische Theaterwelt ein wenig als selbst erschaffene Lebensphilosophie oder als eigenes Leben anerkennen, dann findet man hier interessante Denkanstösse.


Was ich aus diesem Buch für mich selbst mitgenommen habe, ist die Erkenntnis: nie aufgeben und das Leben so annehmen wie es kommt. Man kann immer noch das Beste daraus machen.

Der Steppenwolf ist zeitlos und lesenswert. Er spricht all die Menschen an, die das Leben hinterfragen und die noch Ideale haben. Die ihren Platz im Leben sinnvoll nutzen wollen und nicht der Allgemeinheit hinterher rennen und jedem modischen Hype nacheifern.

Veröffentlicht am 04.07.2018

Mit Zwergen backen...für Zwerge backen!

Zwergenstübchen Backbuch
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Aus der Zwergenstübchen-Küche weht ein wunderbarer Duft von frisch gebackenem Kuchen und es erklingt ein fröhlicher Gesang: „Happy birthday to you, happy birthday to you …“ – Wer sich nun wundert, dem ...

Aus der Zwergenstübchen-Küche weht ein wunderbarer Duft von frisch gebackenem Kuchen und es erklingt ein fröhlicher Gesang: „Happy birthday to you, happy birthday to you …“ – Wer sich nun wundert, dem sei gesagt: Vor 20 Jahren erschien das Backbuch erstmalig und begründete den enormen Erfolg der beliebten Back- und Kochbuchserie. Mittlerweile haben die kleinen Kerle unzählige Freunde landauf, landab; sie warten nur darauf, den Klassiker wieder in Händen zu halten.

Was mich an diesen Büchern so fasziniert sind die appetitanregenden Fotos der Kuchen und deren schöne Präsentation auf den Bildern. Hier verlocken nicht nur die Kuchen, sondern die kindgerechten Szenen aus der Zwergenbäckerei und Lieder und Gedichte peppen das Backbuch wie ein Bilderbuch auf und zeigen den Kleinen wie sie die Arbeitsschritte abarbeiten müssen.

Vier verschiedene Teigvarianten und deren Zubereitung werden als Grundrezepte beschrieben und dann gibt es diverse klassische Kuchen wie Mamorkuchen, Zitronenkuchen und Käsekuchen.

Allgemein werden nur gängige Zutaten benötigt und es wird auf recht einfachem Niveau gebacken. Für manche Teige wird sicherlich ein Erwachsener mithelfen müssen, aber ansonsten kann man hier wirklich mit Kindern backen.

Die Zwergenküsschentorte ist zwar recht süß, war aber bei Kindergeburtstagen immer sehr beliebt. Die Donauwellen und der Spiegeleierkuchen sind meine Lieblingsrezepte aus diesem Buch. Es gibt auch aufwändigere Torten wie die fruchtige Sahnetorte, die Erdbeer-Joghurt-Torte und die Schneeflöckchen-Torte, die etwas mehr Arbeitsgänge benötigen, aber dennoch nicht allzu schwierig ausfallen.

Ein wunderschönes Backbuch mit tollen Namen (Faule-Weiber-Kuchen), gelingenden Kuchen und Torten und einer kindgerechten Gestaltung.

Veröffentlicht am 04.07.2018

Fesselnder Krimi vor landschaftlich schöner Kulisse Vietnams

Hanoi Hospital
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Dieser Krimi entführt ins exotische Südostasien mit seinem extremen Mix aus modernem Großstadttrubel und ländlicher Idylle im ruhigen Hinterland mit Reisplantagen und landschaftlicher Ursprünglichkeit. ...

Dieser Krimi entführt ins exotische Südostasien mit seinem extremen Mix aus modernem Großstadttrubel und ländlicher Idylle im ruhigen Hinterland mit Reisplantagen und landschaftlicher Ursprünglichkeit. Hier prallen Welten von moderner Marktwirtschaft und einfacher tradtioneller Landwirtschaft aufeinander.
Am Beispiel von Annes Familie wird ein deutliches Bild von dem Zusammenhalt und der konservativen Art der Großfamilien gezeichnet und man erfährt von medizinischer Korruption durch die Unterschiede von arm und reich. Anne hat durch ihre Prägung im westlichen Deutschland einen ganz klaren Blick auf die Unterschiede der Nationen und durch sie kann der Autor die Mentalität der Vietnamesen und die Unterschiede ihrer Lebensart gut aufzeigen. Aber sie ist auch in einem Konflikt aufgrund ihrer Identitätssuche. Daneben erfahren wir die Gedanken Einheimischer zu Auslandsdeutschen, sogenannten Expats wir Anne.


Die kriminelle Handlung ist spannend gestaltet und wird sehr logisch aufgebaut. Medizinische Versuche bringen Geld und Einfluss und durch Intrigen, Korruption und Medienzensur entsteht eine brisante Hintergrundszenerie, die fesselt. Gerade die finanziellen Unterschiede der Bevölkerung machen die armen Menschen zu einem Spielball krimineller Machenschaften, der erschüttert. Die medizinische Versorgung steht nur den Reichen ausreichend zur Verfügung. Arme Menschenleben gelten scheinbar nicht viel.

Es gibt drei Personen, die durch die Geschichte führen und somit ergibt sich für den Leser ein ausführliches Bild Vietnams. Anne hat den westlichen Blick, Linh sieht mit journalistischem Geschick auf Intrigen und Bestechungen und der Gelegenheitsarbeiter Tuan wird durch die Krankheit seiner Frau zum Spielball krimineller Energien.
Diese verschiedenen Perspektiven sind durch die jeweiligen Kapitel deutlich gemacht und führen spannend und abwechslungsreich durch den Krimi.

Der Schreibstil ist flüssig, klar und durch die vielen vietnamesischen Namen und Weisheiten sehr aussergewöhnlich und interessant. Gerade die detailreichen Beschreibungen der Umgebung und verschiedenen Schauplätze geben dem Ganzen ein fremdländisches Flair und beschreiben ein klares Bild des Alltagslebens, das mich in seinen Bann gezogen hat.

Die Krimihandlung hat mich sehr interessiert, aber es kam in der Mitte des Romans zu einem leichten Absacken der Spannungskurve und es gab einige konsturierte Zufälle, die mich gestört haben.

Eine Namensliste der verwendeten Personen und ein interessantes Glossar beschliessen das Buch. Gerade dieses Glossar hat mir gut gefallen und die Infos über Horoskop, Geistergeld, Ho Chi Minh und anderen Politikern, sowie über vietnamesische Gerichte bringen mir allgemeines Hintergrundwissen näher.

Ein interessanter Krimi mit einem brisanten Thema vor exotischer Kulisse in Vietnam, der aufräumt mit Vorurteilen über demütige asiatische Frauen und die finanziellen Unterschiede zwischen arm und reich deutlich macht.

Veröffentlicht am 04.07.2018

Witzige paradoxe Verwechslungs-Komödie, etwas klischeebehaftet, typisch englisch!

The Importance of Being Earnest
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Die Gentlemen John "Jack" Worthing und Algernon Moncrieff sind Freunde und Lebemänner und um ihr Freizeitleben gesellschaftsfähig zu machen, erfinden sie beide Personen, um die sie sich kümmern müssen. ...

Die Gentlemen John "Jack" Worthing und Algernon Moncrieff sind Freunde und Lebemänner und um ihr Freizeitleben gesellschaftsfähig zu machen, erfinden sie beide Personen, um die sie sich kümmern müssen. Algernon denkt sich den ewig kranken Bunbury auf dem Land aus und Jack sorgt sich um seinen imaginären missratenen Bruder Earnest in der Stadt. Diese erfundenen Personen ermöglichen ihnen ganz nach Belieben dem öden Landleben zu entfliehen oder aber dort in Ruhe abzutauchen.

Jack hat das Anliegen, Zeit mit Algernons Cousine Gwendolen verbringen zu können, während Algernon sich in Jacks Mündel Cecily verliebt.
Es wird problematisch, denn beide stellen sich ihrer jeweiligen Angebeteten unter einem falschem Namen - Earnest - vor. Während die jungen Damen den Namen Earnest für eine sehr wichtige Voraussetzung halten, um einen Mann lieben zu können.


Diese humorvolle, manchmal regelrecht alberne Verwechslungskomödie hat inhaltlich keinen großen Tiefgang. Die Idee dahinter ist recht verrückt und mit Klischees und Konflikten nur so gespickt. Dennoch ist es ein unterhaltsames und humorvolles Stück, das gerade durch die sprachliche Umsetzung äußerst gelungen ist. Das liegt hauptsächlich an Wildes sprachlicher Fähigkeit und den kurzweiligen und geistreichen Dialogen und vielen Pointen. Es ist amüsant zu sehen, wie sich die Gentlemen aus ihrem Lügengebilde herauswinden.

Wenn man die bissigen Dialoge genauer betrachtet, zeigen sie unterschwellig eine Sozialkritik gegen die viktorianische Gesellschaft auf.
Ein unterhaltsames Theaterstück, dass am besten auf Englisch gelesen werden sollte. So kommen die herrlichen Dialoge und witzigen Pointen am schönsten zur Geltung.