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Veröffentlicht am 15.08.2018

Ein ganz besonders berührender Südstaatenroman

Alligatoren
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Der Debütroman "Alligatoren" von Deb Spera erscheint Anfang September 2018 im Verlag Harper Collins.


Brancheville, im Nordosten Alabamas in den 20er Jahren: Drei Frauen unterschiedlicher Herkunft und ...

Der Debütroman "Alligatoren" von Deb Spera erscheint Anfang September 2018 im Verlag Harper Collins.


Brancheville, im Nordosten Alabamas in den 20er Jahren: Drei Frauen unterschiedlicher Herkunft und Lebensbedingungen sind durch ein gemeinsames Schicksal miteinander verbunden. Gertrude, Annie und Retta eint die unstillbare Sehnsucht nach Freiheit und Selbstbestimmung. Die Emanzipation der Frau steht noch in den Anfängen.


"Einen Menschen töten ist leichter als einen Alligator töten, aber Geduld brauchst du für beides!" Zitat Seite 7


Es ist dieser erste Satz des Romans, der mich schon auf die weiteren Vorgänge vorbereitet hat, der mich erschreckte und dabei sofort Spannung für die weitere Handlung aufgebaut hat.


Gertrude Pardee lebt in einer Hütte am Sumpf, sie wurde von ihrem Vater an einen gewaltätigen Mann, Alvin, verheiratet und hat vier Töchter. Sie leben von der Hand in den Mund, Alvin arbeitet zwar bei seinem Vater auf einer Baumwollplantage, doch eine Käferplage hat dort die Ernte vernichtet. Um ihr Überleben zu sichern, will Gertrude einen Alligator schießen. Danach flüchtet sie mit ihren Töchtern aus dem Sumpf und sucht in Annies Näherei Arbeit.


Annie Coles ist die Frau des Baumwollplantagenbesitzers Edwin, ihr ältester Sohn verstarb als Kind, ihre erwachsenen Söhne wohnen in ihrem Haus, die Töchter haben keinen Kontakt mehr zu ihr. Sie unterhält eine Näherei mit einigen Angestellten, die ursprünglich als Baumwollsacknäherei begann und nun unter Mithilfe ihres Sohnes Lonnie Mode herstellt. Auch wenn sie nach außen hin ein komfortables Leben lebt, so hat sie doch einiges im privaten auszustehen und muss erst lernen, sich gegen das Böse zu wehren.


Oretta (Retta) Booties arbeitet als Haushälterin bei Annie, sie ist eine befreite Sklavin und mit Odell verheiratet. Sie ist sehr gläubig, hellsichtig und hilfsbereit und nimmt das jüngste, kranke Mädchen von Gertrude zu sich und päppelt es auf. Dafür muss sie sich einiges von den Schwarzen in ihrer Wohnsiedlung anhören.


Zum zeitlichen Hintergrund muss man sich klar machen, in den Südstaaten war Rassismus, die überlegene Machtstellung von Männern und sexueller Missbrauch an der Tagesordnung.

Es sind diese drei Frauen, die sich mutig für die Gleichberechtigung einsetzen und erfolgreich dagegen ankämpfen. Der Kampf ist nicht leicht, es gilt Opfer zu bringen, sich über Regeln hinwegzusetzen und es gehört eine Menge Mut dazu.

Der Roman zeigt die schwierigen Umstände, die Sorgen und die Ängste der drei Frauen auf. Es gibt Familiendramen, Epidemien und Sturmkatastrophen zu überstehen und die Frauen überwinden ihre Angst und finden einen Weg aus dieser Düsternis. Sie kämpfen swie Alligatorenweibchen für ihre Kinder.


Die drei Protagonistinnen wechseln sich in der Rolle der Ich-Erzählerin ab, der Erzählstil und die Sprache lassen eindeutige Zuordnung zur Sprecherin zu. So erfährt man hautnah von ihren Ängsten, Sorgen und Alpträumen und erlebt die Erkenntnisse und Veränderungen mit, die in ihren toben.


Was bei diesem Roman auffällt, ist die herausragende Rolle, die hier Frauen gegenüber Männern einnehmen. Es sind starke Frauen, sie haben Mut, unternehmerisches Geschick oder einem unerschütterlichen Glauben. Sie kämpfen trotz ihrer verschiedenen Gesellschaftsschichten für die Gerechtigkeit, befreien sich aus ihrer unterwürfigen Rolle in dieser Männergesellschaft.


Der Erzählton schwankt zwischen melancholischer Darstellung und hoffnungsvollen Veränderungen. Dadurch ist man stets auf der Seite der Protagonisten und hofft mit ihnen auf eine Verbesserung ihrer Lage. Gemeinsam erlebt man Hunger, Naturkatastrophen und Krankheiten und setzt doch alles auf die Hoffnung und Liebe. So gesehen sorgt dieser Roman für die ganz großen Gefühle, es ist der solidarische Kampf der Frauen gegen Unterdrückung und Unrecht.


Ein ganz besonderer Südstaatenroman, ein ganz großes, bewegendes Buch mit einen langen Nachhall. Unbedingt lesen!

Veröffentlicht am 13.08.2018

Das Schweigen der Frauen

Vox
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m 21. Jahrhundert in Amerika: Eine neue Regierung in den USA ordnet an, dass Frauen ab sofort nicht mehr als hundert Wörter am Tag sprechen dürfen. Die Protagonistin Jean McClellan ist Wissenschaftlerin ...

m 21. Jahrhundert in Amerika: Eine neue Regierung in den USA ordnet an, dass Frauen ab sofort nicht mehr als hundert Wörter am Tag sprechen dürfen. Die Protagonistin Jean McClellan ist Wissenschaftlerin und vierfache Mutter und sie bemerkt bald, diese Vorgabe wird unter Strafen durchgezogen.

Dieser dystopische Roman zeigt, wie Sprache reglementiert wird. Allen Frauen werden Armbänder angelegt, die die Worte zählen. Sind es mehr als 100 Worte täglich, sorgen Stromschläge für sofortige Strafe. Eine unglaubliche Vorstellung, aber in diesem Buch wird dieses Szenario wahr. Jean McClellan ist eine Wissenschaftlerin, die diese Reglementierung nicht mitmachen will, doch sie hat eine Tochter, die die Folgen ihres Aufstandes sofort am eigenen Leib, bzw. Arm spüren würde. Also fügt sie sich offensichtlich und bekommt durch die Forderung nach ihrer Mitarbeit in einer wissenschaftlichen Untersuchung zum Thema Aphasie die Chance, der Sache auf den Grund zu gehen und ihren eigenen Widerstand weiter voranzutreiben. Ihr Leben bekommt damit eine Gefährdung, die für Nervenkitzel sorgt.


Es ist ein erschreckendes und auch sehr provokantes Thema, dass man sich durchaus in einem totalitären Staat vorstellen könnte.


Dieser Roman macht deutlich, wie wichtig Sprache ist. Ohne Sprache gibt es keine Kommunikation und wenn, dann nur über Gebärdensprache (auch eine Form von Sprache) und Mimik und Gestik.

Was damit beabsichtigt wird, den Frauen ihr Recht auf Sprache zu nehmen, liegt auf der Hand. Es ist eine Degradierung der Frau, denn den Männern wird unter dieser Auflage der sogenannten "Reinen" weiterhin das Recht auf Sprache zugestanden. Die Frau soll sich dem Mann unterordnen, keinen Beruf ausüben, sondern stumm und ohne zu murren ihre Pflichten für die Familie und den Haushalt ausüben.


Insgesamt hat mich dieses Buch sehr überrascht, es hat mich abgeschreckt, empört und doch mit seiner fesselnden Handlung gepackt. Die Ausführung kommt praktisch aktionsgeladen wie ein Thriller daher, die Protagonistin ist in Gefahr, versucht allerdings dennoch die Unterdrückung zu beeenden und die Laborreihe als rettende Maßnahme einzusetzen.



Mit diesem aufrüttelnden Buch gibt es spannende Lesestunden, die den Leser noch lange beschäftigen werden. Daher vergebe ich die Höchstzahl an Sternen.

Veröffentlicht am 13.08.2018

Witzige Gutenachtgeschichte

Vom Walross, das nicht einschlafen konnte
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Ciara Flood schrieb und illustrierte das Bilderbuch "Vom Walross, das nicht einschlafen konnte". Das Buch erscheint am 16.8.2018 im Knesebeck Verlag und ist für Kinder von 3- 6 Jahren geeignet.


Flynn ...

Ciara Flood schrieb und illustrierte das Bilderbuch "Vom Walross, das nicht einschlafen konnte". Das Buch erscheint am 16.8.2018 im Knesebeck Verlag und ist für Kinder von 3- 6 Jahren geeignet.


Flynn hat ein tolles neues Bett bekommen und ist schon mächtig aufgeregt auf die erste Nacht darin. Doch da gibt es ein Problem, ein ziemlich dickes sogar und Flynn hat alle Hände voll zu tun, das Problem zu lösen. Seine Eltern wollen die verrückte Geschichte gar nicht glauben. Doch seht selber, wie Flynn endlich zum Schlafen kommt.

Dieses Einschlafbuch zum Vorlesen der englischen Grafikdesignerin Ciara Flood handelt von einem müden Kind und seinen Eltern und einem gar nicht müden Walross.

Flynns neues Bett wird von der Firma "Wali & Ross Betten" angeliefert. Was für ein Name! Kein Wunder, wenn daraufhin seine Fantasie mit ihm durchgeht. Und sogar seine tägliche Bettgeh-Routine kann auch nicht mehr helfen. Dabei gibt sich Flynn alle nur erdenkliche Mühe, er ist fürsorglich und macht alles genauso, wie es sonst seine Eltern mit ihm machen.



Alles Neue bringt für Kinder erst einmal Unsicherheit und ein wenig Angst mit sich und vor Aufregung auf sein neues Bett kann Flynn gar nicht einschlafen. Die Einbildung und die Fantasie spielen auch eine große Rolle. Oder was ist das für ein dickes Ding in seinem Bett? Kein Wunder, dass Flynn nicht einschlafen kann.



Dieses Bilderbuch eignet sich sehr gut zum Vorlesen. Es thematisiert die Angst vorm Einschlafen bei Kleinkindern. Die Story ist lustig, leicht zu verfolgen und die lebendigen Bilder sind herrlich bunt und naturgetreu anzusehen. Ein echter Augenschmaus für Klein und Groß.


Ich mag besonders die wunderbaren Illustrationen, die bis ins kleinste Detail sogar die Mimik der Eltern lebensecht darstellen. Die Bilder zeigen echte Gefühle und schlaflose Nächte und das Anschauen ist für Eltern und Kinder ein ganz besonderer Genuss.



Ein echter Augenschmaus für Klein und Groß und eine Geschichte, die Kinder mal in Elternrollen schlüpfen lässt.

Veröffentlicht am 13.08.2018

Hier wird Wissensvermittlung alltagstauglich erklärt

Ein Keim kommt selten allein
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Professor Dr. Markus Egert und sein Co-Autor Frank Thadeusz haben gemeinsam ein Buch über die mikrobiologische Welt geschrieben. Das Sachbuch trägt den einprägsamen Titel "Ein Keim kommt selten allein" ...

Professor Dr. Markus Egert und sein Co-Autor Frank Thadeusz haben gemeinsam ein Buch über die mikrobiologische Welt geschrieben. Das Sachbuch trägt den einprägsamen Titel "Ein Keim kommt selten allein" und erscheint bei Ullstein extra.


In der heutigen Zeit sind Desinfektionssprays schon in so mancher Handtasche zu finden. Überall hört man von mulitiresistenten Keimen und man bekommt richtig Angst vor Bakterien und Keimen. Der Mikrobiologe Professor Dr. Markus Egert von der Hochschule Furtwangen (HFU) ist Deutschlands führender Forscher auf dem Gebiet der Haushaltshygiene. Er zeigt sehr anschaulich und mit reichlich Humor, welche Mikroben gefährlich sind und welche wir zum gesunden Leben brauchen.


Wir lernen: Keimfrei gibt es nicht. Wie man Bakterien und Co. womöglich den Garaus macht!

Markus Egert forscht als Mikrobiologe im Bereich der Hygiene und kennt sich mit der Materie hervorragend aus. Mit dem SPIEGEL-Redakteur Frank Thadeusz hat er nun zu diesem Thema dieses Buch verfasst und konnte mich damit mit vielen Szenarien aufklären, aufrütteln und abschrecken.
Denn was er über die mit dem bloßen Auge unsichtbare Welt der Keime erklärt, könnte sich zur Bedrohung der gesamten Menschheit entwickeln.
Schon lange vor den ersten Menschen haben Mikroben unseren Planeten bevölkert und auch wenn wir sie nicht sehen, so befinden sie sich überall, in der Luft, auf unserer Haut und in jedem Winkel unseres Körpers. Mit jedem Händeschütteln geben wir unsichtbare Keime und Krankheitserreger weiter und können nur mit einem intakten Immunssystem dagegen ankämpfen. Die Mikroben werden nicht selten gerade in Krankenhäusern zu einer lebensbedrohlichen Gefahr, weil sich multiresistente Keime entwickeln, die mit herkömmlichen Antibiotika nicht mehr zu bekämpen sind. Eine tödliche Gefahr für Kleinkinder, alte Menschen und geschwächte Kranke.


Dass Händewaschen sinnvoll ist, weiß jedes Kind, doch wie wichtig ist diese Hygiene im Alltag? Wovor müssen wir uns schützen, welche Bakterien und Keime sind gesund und welche können für unsere Gesundheit zur Bedrohung werden? Denn für einen gesunden Organismus brauchen wir bestimmte Bakterien, unsere gesamte Darmflora besteht aus unzähligen sinnvollen Bakterien.



Mit einleuchtenden Beispielen und mit humorvollen Vergleichen und Beiträgen bringt Markus Egert hier praktisches Wissen unters Volk. Er macht deutlich, dass die Spüle mit mehr Bakterien und Keimen belastet ist als die Toilette. Dank Flugzeug und Globalisierung reisen Keime um die ganze Welt und verteilen sich unbesehen. Die Bekämpfung von lebensbedrohlichen Keimen könnte sich zu einer der wichtigsten Gesundheitsfragen der Zukunft entwickeln.



Wie wichtig ist die Hygiene im Haushalt? Wo können wir im privaten Umfeld sinnvoll ansetzen und was können wir bei unserem Putzfimmel ruhig vergessen? Diese und viele andere Anregungen bringt Markus Egert hier zum Ausdruck und unterhält auch noch gleichzeitig. Wer biologisch/medizinisch vorgebildet ist, wird einiges schon kennen, alle anderen haben hier ein tolles Lehrbuch in den Händen.


Dieses Sachbuch ist genau nach meinem Geschmack, denn es erklärt auf verständliche und humorvolle Weise wissenschaftliche Zusammenhänge und weckt mit praktischen Anwendungsbeispielen das Interesse für die Hygienethematik.

Veröffentlicht am 11.08.2018

Ein einfühlsames Bilderbuch über Demenz

Opa Rainer weiß nicht mehr
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Mia hat mit ihrem Opa eine ganz enge Beziehung, sie verbringen viel Zeit miteinander, er holt sie vom Kindergarten ab oder sie machen Wettrennen. Es macht immer viel Spaß mit ihm. In letzter Zeit ist ...

Mia hat mit ihrem Opa eine ganz enge Beziehung, sie verbringen viel Zeit miteinander, er holt sie vom Kindergarten ab oder sie machen Wettrennen. Es macht immer viel Spaß mit ihm. In letzter Zeit ist er sehr vergesslich, was ja nicht so schlimm ist, findet Mia. Doch Opa vergisst auf einmal die grundlegendsten Dinge, wie seine eigenen Schuhe aussehen oder er zieht ein Unterhemd über den Pullover. Sieht ja eigentlich lustig aus, denkt Mia und macht daraus mit ihrem kleinen Bruder Paul ein Verkleidungs-Spiel. Manchmal weiß Opa allerdings nicht mal wie Mia heisst, das ist ja doch merkwürdig. Egal, denn Mia liebt ihren Opa und ist immer für ihn da, wenn er sie braucht.


Mit diesem Bilderbuch lernen und erkennen Kinder spielerisch und sehr eindrücklich was Demenz bedeutet.

Das Thema wird mit farbenfrohen und detaillierten Illustrationen kindgerecht aufbereitet und die Geschichte ist gut zu verstehen und inhaltlich erklärend gemacht. Mias Opa kennt auf einmal ihren Namen nicht mehr, doch Mia ist geduldig und sagt ihm den Namen, wenn es sein muss, immer wieder.


Wenn man mit Kindern dieses Buch liest, sollte man die Anregungen zum Gespräch nutzen und damit Kindern in dieser Thematik Rede und Antwort stehen. Außerdem können Erwachsene von Kindern noch einiges im Umgang mit Demenzkranken lernen, denn Kinder gehen offen und wie selbstverständlich mit dem Erkrankten und dem Vergessen um.



Ein empfehlenswertes Bilderbuch, um Kindern zu erklären, was Demenz bedeutet.