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Veröffentlicht am 15.06.2020

Dunkel, tiefgründig und ein echtes Drama!

Zurück im Zorn
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Gollwitz in Brandenburg 1995: Eine Familie verliert beim Brand des Wohnhauses ihr Leben, bis auf die 12-jährige Anna, die wie durch ein Wunder gerettet wird. Ein Feuerteufel zündelt schon länger, doch ...

Gollwitz in Brandenburg 1995: Eine Familie verliert beim Brand des Wohnhauses ihr Leben, bis auf die 12-jährige Anna, die wie durch ein Wunder gerettet wird. Ein Feuerteufel zündelt schon länger, doch nun sind die ersten menschlichen Opfer zu beklagen. Man findet den Brandstifter, er wird in die Psychiatrie eingewiesen. 20 Jahre später erhält Anna Drohbriefe, sie reist nach Gollwitz, um ihre Ersatzfamilie zu warnen und dem Verfasser der Briefe auf die Spur zu kommen.

Dieser Thriller liest sich gut weg, die Atmosphäre wirkt überwiegend kühl und finster, man wird in ein Dorf geschickt, in dem man nicht gerne leben möchte. Denn die Figuren sind von der Mentalität her eher pessimistisch und nicht gerade herzliche Mitbewohner.

Die Handlung baut auf eine 20 Jahre zurückliegende Brandstiftung auf, was damals passierte erfährt man anhand der Erinnerungen der Ortsbewohner. Willy Urban ist ehemaliger Polizist und setzt sich erneut verbissen mit diesem Fall auseinander. Die Freilassung des gefassten Brandstifters aus der Klinik, kann er nicht gutheißen. Auch die anderen Dorfbewohner wollen die Sache selbst regeln. Anna ist inzwischen Sozialarbeiterin und lebt in Berlin, ihre Traumata hat sie noch immer nicht überwunden und reagiert mit unerwarteten Wutausbrüchen. Wie sie gerade diesen Beruf wählen konnte, ist mir ein Rätsel. Die Drohbriefe führen sie in das Dorf zurück, denn die Wahrheit soll endlich ans Licht kommen.

Autor Christoph Heiden sorgt mit seinem lebendigen Sprachstil und den realen Beschreibungen der Szenerie und der Landschaft für eine authentisch wirkende Geschichte, die Gewalt und Schönheit beinhaltet. Dieser Krimi zeigt Menschen im Osten und macht den Lesenden die Stimmung nach der Wende in diesem zurückgebliebenen Dorf deutlich.

Nach der Wende haben einige Menschen im Osten den Anschluss an den Arbeitsmarkt verloren, statt sich zu engagieren, beklagen sie jede Art von Veränderung und ergeben sich ohne Eigeninitiative in die Selbstaufgabe.

Passend zu dieser Grundsituation zeichnen sich Heidens Charaktere als wenig liebenswerte Menschen aus, fast alle haben mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen, es gibt gewalttätige Figuren und manche starrköpfige und unverbesserliche Typen sorgen mit ihren Ansichten für Kopfschütteln meinerseits. Je weiter man im Buch vorankommt, desto mehr trifft man auf Menschen, die sich und anderen durch ihre Haltung das Leben schwer machen. Die düstere Grundstimmung des Thrillers spiegelt sich besonders durch diese Figuren wider. Sie sorgen für Einblicke in die dunkle menschliche Seele. Dennoch lässt sich dieser Thriller dank der intensiven Situationsbeschreibungen und der allmählich ansteigenden Spannung gut lesen. Bis zum Ende war ich gespannt, welcher Bewohner seinen Frieden finden kann.


"Zurück im Zorn" ist ein tiefgründiges Sozialdrama, bei dem unerwartete Wendungen und der Blick auf die Charaktere für Spannung sorgen.

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Veröffentlicht am 14.06.2020

Solider Krimi mit lebendigem Erzählstil und interessantem Fall

Ein dunkler Sommer
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Der Kriminalroman "Ein dunkler Sommer" von Thomas Nommensen erschien bereits 2014 im Rowohlt Verlag.

10 Jahre liegt die Entführung der kleinen Ulrike zurück, grausam versteckt in einem Kanalschacht, in ...

Der Kriminalroman "Ein dunkler Sommer" von Thomas Nommensen erschien bereits 2014 im Rowohlt Verlag.

10 Jahre liegt die Entführung der kleinen Ulrike zurück, grausam versteckt in einem Kanalschacht, in dem sie auch verstarb. Nach der Aussage des Belastungszeugen, dem damaligen Polizeiermittler Georg Harms, wurde der Familienvater Jens Brückner zu 10 Jahren Haft verurteilt und saß die Zeit im Gefängnis ab. Nach seiner Entlassung steht er vor einem Scherbenhaufen, die gewonnene Freiheit wird ihm schwer gemacht. Als wieder ein Kind vermisst wird, ermittelt Kommissar Arne Larsen.

Dieser Krimi hat es thematisch gesehen in sich, Kindesentführung mit Todesfolge ist immer ein abgründiges und schweres Verbrechen. Und die Menschen gehen solche Täter oder Verurteilte auch scharf an, auch wenn sie ihre Haftstrafe abgesessen haben, das muss auch der Tatverdächtige und Verurteilte Jens Brückner erfahren. Jahrelang beteuerte er seine Unschuld. Als er nach seiner Freilassung mit Oskar Sartorius reden will, findet er ihn ermordet auf und taucht unter. Ihm würde niemand mehr glauben.

Die Handlung fängt ruhig an, führt in die Hintergründe des alten Falls ein und zeigt, wie Jens Brückner nach dem Absitzen seiner langen Haftstrafe vor dem Nichts steht.

Es geschieht wieder ein Mord, Brückner entdeckt den Toten, würde sicher wieder verdächtigt, also flieht er. Die Ermittlungen beschäftigen Arne Larsen und Frank Kuhlmann. In Sartorius Werkstatt finden sie ein Verließ, das auf den Aufenthalt von Kindern hindeutet. Und wieder wird ein Kind vermisst. Hängt der alte Fall mit dem neuen in Verbindung?

Beim Lesen erkennt man schnell, dass in dem neuen Fall auch Ermittler Harms und Brückner irgendwie involviert sein müssen. Doch die Puzzleteile werden mit einigen Wendungen geschickt so verteilt, dass man als Leser nicht auf die Lösung kommt.

Die Ausgangslage hat mich bei diesem Buch interessiert. Wie entgeht es entlassenen Straftätern, die ihre Schuld leugnen und denen man nicht mehr glauben mag. Mit der Schilderung von Albträumen, Schuldgefühlen und dementen Ansätzen gewinnt man Einblicke in die verletzte Seele von Menschen, allerdings konnte ich einige Handlungen und Motivationen nicht nachvollziehen. Die hochsommerliche Wetterlage mit Gewitter und Starkregen sorgt zusätzlich für eine düstere Atmosphäre und auch die bildhaften Szenenbeschreibungen haben mich gepackt. Ein Kritikpunkt sind für mich die Figuren, zu denen ich trotz all ihrer detailreichen Charakterisierung keine Nähe aufbauen konnte.


Ein interessanter Krimiauftakt mit psychologischen Betrachtungen und einigen Wendungen.

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Veröffentlicht am 13.06.2020

Schöne Sommerlektüre für Rügen-Liebhaberinnen

Sanddorninsel
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Ihren 80. Geburtstag möchte Ursula mit ihrer Familie feiern und lädt dazu ihre Tochter Heike, Enkelin Rahel und Urenkelin Emmi zu einer Reise nach Rügen ein. Sie wohnen in der Villa Sanddorn. Ursula möchte ...

Ihren 80. Geburtstag möchte Ursula mit ihrer Familie feiern und lädt dazu ihre Tochter Heike, Enkelin Rahel und Urenkelin Emmi zu einer Reise nach Rügen ein. Sie wohnen in der Villa Sanddorn. Ursula möchte auf Rügen nähere Informationen über ihren ehemaligen Brieffreund Jens einholen, er ging noch zu DDR-Zeiten nach Kuba. Ihre Familie erfährt anhand seiner Briefe Details aus seinem Leben und über die Situation auf Kuba und hilft emsig bei der Spurensuche. Sie verleben eine turbulente und schöne Sommerwoche auf der zauberhaften Ostsee-Insel, die die Frauen einander näher bringt und auch einige Überraschung mit sich bringt.


Wer etwas Sommerfeeling, Rügen-Flair und eine Prise Tiefgang sucht, liegt mit diesem Roman genau richtig. Es ist ein Wohlfühlroman, bei dem die Figuren und deren Erkungung der Insel einfach gut unterhalten. Dabei hat die Familie untereinander noch einige unausgesprochene Probleme und auch einige Wünsche und Lebenspläne werden hier neu durchdacht.



Von Anfang an war ich gern mit dieser Familie nach Rügen gereist, da gibt es die üblichen Unstimmigkeiten und verschiedenen Befindlichkeiten, die man aus jeder Familie kennt. Doch die Frauen raufen sich zusammen und beginnen, diesen Urlaub auch zu genießen. Einzig Rahel nutzt die Zeit auch für einen beruflichen Auftrag, der ihr Weltbild aber auch ins Wanken bringt.


Gemeinsam erlebt man die Inselsehenswürdigkeiten, kann die Sanddornfelder und die Ausflüge mit genießen und hört durch die Briefe von Jens interessante Details vom Leben auf Kuba, von der politischen Situation und den Zuständen vor der Revolution dieses sozialistischen Staates.


Bei der Suche nach Jens Familie finden sich zunächst keine Spuren, doch am Ende sorgt eine besondere Entdeckung für die große Überraschung.


Die stimmungsvolle Inselerkundung habe ich gern begleitet. Bei den Gespräche der Frauen konnte ich mich in ihre Gedanken und Ansichten einfühlen und merkte, wie sich lang aufgestaute Probleme allmählich lösen und die Charaktere wieder als Familie zusammenwachsen.

Jede Frau macht auf dieser Reise ihre persönliche Entwicklung, Emmi lernt einen Jungen kennen und möchte Kiten lernen, Rahel geht ihrer Arbeit nach und entdeckt, wie intensiv manche Menschen an ihrem Betrieb und ihrer Existenz hängen. Heike war bisher die stimmlose, graue Maus, sie entdeckt ihre künstlerische Ader neu und Ursula freut sich, wenn sie ihre Lieben bei sich hat und ihnen diese Reise auch als Familie gut tut.


Sprachlich fand ich manche Jugendbegriffe etwas zu massiv eingesetzt und der Ausruf "Gottchen" nervte mich, je öfter ich ihn las.



Bei dieser sommerlichen Urlaubslektüre hat mir das Rügen-Flair gefallen und ich habe die Reise mit der Familie genossen.


Veröffentlicht am 05.06.2020

Spannender Ausflug in die Carmargue

Provenzalischer Stolz
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Pierre Durand ist Dorfpolizist von Sainte Valérie und wurde gerade vom Dienst suspendiert. Seine Freundin Charlotte möchte ihre Beziehung mit einem Kind fortsetzen. Diese Lebensänderungen sind für Pierre ...

Pierre Durand ist Dorfpolizist von Sainte Valérie und wurde gerade vom Dienst suspendiert. Seine Freundin Charlotte möchte ihre Beziehung mit einem Kind fortsetzen. Diese Lebensänderungen sind für Pierre etwas zuviel, er verfällt in eine lethargische Phase. Um allem zu entkommen, überführt er ein Hausboot und trifft zufällig den Zeugen eines Mordes. Schon ist Pierre wieder in seinem Metier und steckt seine Kraft in die Ermittlung.

Bei dieser Reihe sind alle Fälle für sich abgeschlossen, allerdings lernt man die Figuren besser kennen, wenn man die Reihenfolge einhält. Denn Pierre Durands Leben zeigt eine persönliche Entwicklung, die als roter Faden die gesamte Reihe verbindet. In diesem Buch bekommt Pierre eine Arbeitschance, die ihn nach seiner Suspendierung vom Dienst aus einer lethargischen Phase heraus reißt. Außerdem muss er sich darüber klar werden, ob er, wie es sich Charlotte wünscht, eine Familie gründen will.

Pierre überführt ein Hausboot von Saint Giles nach Bézièrs, das klingt nach entspannender Tätigkeit, doch es wird zu einem neuen Fall, denn in der Kajüte versteckt sich ein junger Mann mit Gedächtnisverlust, der als Zeuge in einen Mordfall verwickelt ist. Vergessen sind die persönlichen Sorgen und Pierre beginnt zu ermitteln.

Seine Nachforschungen führen ihn zu merkwürdigen und bedrohlichen Kettenbriefen, außerdem trifft er eine alte Freundin wieder, die zu den "Gitanes" gehört. Sie versorgt ihn mit Informationen über die verschiedenen Gitanos und ihre religiösen Ausprägungen, erklärt die Kettenbriefe und man erfährt einiges über die religiöse Pfingstgemeinde, die mit dem Mord in Verbindung zu stehen scheint. Die Auslegung von Bibelstellen und die Verbindung zu diesem Konflikt zwischen den Kulturen war für mich nicht immer eindeutig einzuschätzen.

Neben diesen Glaubensfragen, Sündenfall und mystisch anmutenden Themen wird aber auch der regionale Charakter der Carmargue bildhaft gezeigt und deutlich spürbar, nicht nur landschaftlich, sondern auch kulinarisch versorgt uns die Autorin mit Köstlichkeiten, für die sie im Anhang die passenden Rezepte beisteuert.

Der Glaube spielt in diesem Buch eine entscheidende Rolle. Man fragt sich beim Lesen, wo der Grat zwischen Glaubensgemeinschaft und Sekte verläuft. Dieser Gedanke bewegt auch Pierre Durand, denn Glauben bietet Halt, kann aber auch gefährlich ausufern.

Insgesamt fand ich den Fall interessant, doch die Verstrickungen der Pfingstgemeinden und die Verbindung zu den mysteriösen Kettenbriefen empfand ich etwas verwirrend. Ich konnte keinen Zugang zu den Sagen und Mythen finden und habe die Verknüpfungen mir etwas schwer gemacht.


Dieser Südfrankreich-Krimi macht Fernweh, konnte für mich aber nicht mit den Vorgängerbänden mithalten.

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Veröffentlicht am 03.06.2020

Mit Gottvertrauen um die Welt

Mit 50 Euro um die Welt
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Der biografische Reisebericht "Mit 50 Euro um die Welt" von Christopher Schacht erscheint im adeo Verlag.

"Menschen sind der Schlüssel zu allem: Arbeit, Spaß, Informationen usw. Sei stets freundlich und ...

Der biografische Reisebericht "Mit 50 Euro um die Welt" von Christopher Schacht erscheint im adeo Verlag.

"Menschen sind der Schlüssel zu allem: Arbeit, Spaß, Informationen usw. Sei stets freundlich und nett und versuche möglichst rasch, die Sitten und Gebräuche des Landes zu durchschauen, um nihct negativ aufzufallen." Zitat Seite 296

Viele junge Menschen möchten die Welt entdecken und träumen von einer großen Reise, weil sie ihren Horizont erweitern wollen und Abenteuer suchen. Doch vier ganze Jahre durch die Welt zu reisen und sich seinen Lebensunterhalt auf dem Weg zu verdienen ist schon eine besondere Hausnummer, die Christopher Schacht nach seinem Abitur startete und es auch nicht bereut hat.

Diese abenteuerliche Weltreise ist nicht nur eine Lebenserfahrung, sie brachte den Autor dazu, über sich und sein Leben und seinen Glauben nachzudenken. Sein Ziel war es, generell auf Flugreisen zu verzichten. Er lernte viele Menschen kennen, erweiterte seine Sprachkenntnisse und gewann Einblicke in verschiedene Berufe, denn seine Tätigkeiten in Form von vielfältigen Praktika haben seinen beruflichen Horizont um ein vielfaches bereichert. In den vier Jahren seiner Reise arbeitete er als Gärtner, Schiffsjunge, Tourguide, Tankwart, Koch, Model, Goldsucher, Versuchskaninchen, Stallausmister, Nachhilfelehrer, Partyguide und die Reihe ließe sich noch endlos weiterführen. Aber noch viel entscheidender ist seine Erkenntnis, das Leben mal mit anderen Augen zu sehen. Sich auf fremde Menschen einzulassen, seine eigenen Stärken und Schwächen zu entdecken und Gott auf eine ganz persönliche Weise kennengelernt zu haben.

Dieses Buch liest sich wie ein bunter Abenteuerroman, es ist gespickt mit persönlichen Anekdoten, die dem Leser die Umstände und die guten und schlechten Erfahrungen von Christopher Schacht nahe bringen. So eine Reise ist kein Urlaub, man muss seine Ansprüche zurückstellen und froh sein, über alles was einem zur Verfügung steht. Dieser junge Mann hat mir imponiert, er ist mutig, kann anpacken und hat eine positive Ausstrahlung, die ihm sicherlich erst viele Kontakte ermöglicht hat. Sein Gottvertrauen hat sich auch auf dieser Reise bewährt, im Dankeswort erfährt man, dass er nach seiner Reise ein Studium der Theologie aufgenommen hat. Diese Entscheidung ist mit Sicherheit auch eine Folge seiner Reise.

Neben den interessanten und unterhaltsamen Schilderungen vielfältiger Begegnungen und Erlebnisse und einigen eindrucksvollen Fotos ist auch die Zusammenfassung von 55 Tipp für Backpacker im Anhang sehr empfehlenswert. Von den einzelnen Ländern und Orten erfährt man immer nur Bruchstücke, die ich gerne noch ausführlicher vorgestellt bekommen hätte. Doch das hätte wohl den Rahmen gesprengt.

Dieser interessante Reisebericht wurde mit vielen persönlichen Gedanken und Erlebnissen unterhaltsam aufbereitet. Es ist ein Lebenstraum, der von einen starken Glauben begleitet wurde und daher besonders eindrucksvoll wirkt.

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