Profilbild von stefan182

stefan182

Lesejury Star
offline

stefan182 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit stefan182 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.11.2023

Ein spannender, feinfühliger Familienroman

Am Tisch sitzt ein Soldat
0

Inhalt: Die 1960er. Jón hat für sein Medizinstudium den elterlichen Bauernhof in Island verlassen und ist in die Millionenstadt Hamburg gezogen. Doch als ihn ein Brief aus der Heimat erreicht, kehrt er ...

Inhalt: Die 1960er. Jón hat für sein Medizinstudium den elterlichen Bauernhof in Island verlassen und ist in die Millionenstadt Hamburg gezogen. Doch als ihn ein Brief aus der Heimat erreicht, kehrt er umgehend auf den Hof zurück. Dort erwarten ihn nicht nur eine im Sterben liegende Mutter, eine sturköpfige Tante und ein Bruder, den er seit Jahren versucht, zu vergessen – zugleich beherbergt der Hof ein Geheimnis, für dessen Lösung Jón seine Kindheit aus einem neuen Blickwinkel betrachten muss…

Persönliche Meinung: „Am Tisch sitzt ein Soldat“ ist ein Roman von Joachim B. Schmidt. Vorweg: Auch wenn der Titel des Romans vielleicht Erwartungen an eine martialische Handlung weckt: Krieg, Gewalt oder das Soldatentum spielen in „Am Tisch sitzt ein Soldat“ keine Rolle (natürlich ist der Titel des Romans nicht von ungefähr gewählt: Die Figur „Soldat“ ist wichtig für die Handlung; wie genau sie eingeflochten ist, soll hier aber nicht verraten werden). Die Handlung des Romans ähnelt eher einem Familienroman – Mitglieder von drei unterschiedlichen Generationen treten auf –, der – durch das Familiengeheimnis, dem Jón auf die Spur kommen möchte – Elemente einer Krimihandlung in sich birgt. Auch spielt die Gefühlswelt von Jón in „Am Tisch sitzt ein Soldat“ eine vergleichsweise große Rolle: Jón fühlt sich auf dem elterlichen Hof mit seiner Kindheit konfrontiert, trifft Personen, mit denen er ewig keinen Kontakt mehr hatte, und verfällt durch die Rückkehr in die Heimat in eine Identitätskrise. Weiterhin versucht Jón, irgendwie mit dem Tod seiner Mutter klarzukommen; er macht sich Vorwürfe, längere Zeit nicht am Hof gewesen zu sein, was ihn zusätzlich belastet. Zum konkreten Handlungsverlauf möchte ich nur einzelne Stichworte geben, da die Spoiler-Gefahr recht groß ist: Die Handlung entfaltet sich – auf eine feine Art und Weise – behutsam und ist – trotz ihrer ernsten Themen – immer mit einer Prise leichtem Humor gewürzt. Strukturell sorgt innerhalb des Romans für Spannung, dass Jón teilweise mehr zu wissen scheint, als er (den Lesenden) preisgeben möchte. Daneben hält der Roman einige Wendungen bereit, mit denen man nicht unbedingt rechnet, und endet stimmig. Sehr gut hat mir auch die atmosphärische Darstellung Islands gefallen: Es wirkt hier eher karg und rau, besitzt aber zugleich auch idyllische Fleckchen. Der Schreibstil von Joachim B. Schmidt ist angenehm und flüssig zu lesen. Insgesamt ist „Am Tisch sitzt ein Soldat“ ein einfühlsamer Familienroman mit Krimielementen, der mit schönen Wendungen auftrumpft.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.10.2023

Ein anschaulich geschriebenes Sachbüchlein mit interessanten Einblicken in die Lebenspartnerschaft zwischen Goethe und Vulpius

Goethes Ehe
0

„Goethes Ehe“ ist ein Sachbuch von Wolfgang Frühwald, das sich mit der Lebensgemeinschaft zwischen Christiane Vulpius und Johann Wolfgang von Goethe beschäftigt. Dabei setzt Frühwald verschiedene Schwerpunkte. ...

„Goethes Ehe“ ist ein Sachbuch von Wolfgang Frühwald, das sich mit der Lebensgemeinschaft zwischen Christiane Vulpius und Johann Wolfgang von Goethe beschäftigt. Dabei setzt Frühwald verschiedene Schwerpunkte. Zunächst zeichnet er differenziert den Charakter der Christiane Vulpius nach, wobei er verschiedene Zeitgenossen zu Wort kommen lässt und deren Äußerungen bilanziert (neben Vulpius selbst u. a. Goethe, dessen Mutter sowie die Weimarer Damen der höheren Stände). Darauf aufbauend beleuchtet Frühwald ausführlich die Meilensteine der Beziehung zwischen Vulpius und Goethe: das erste Treffen, das Leben im Gartenhaus sowie am Frauenplan, die Hochzeit 1806 nach 18-jähriger Beziehung, die Geburten der gemeinsamen Kinder sowie letztlich der Tod Christiane Vulpius‘ 1816. Dabei fokussiert Frühwald drei übergreifende Aspekte. Einerseits versucht er zu eruieren, warum Goethe sich in Christiane Vulpius verliebte bzw. was er an ihr liebte. Andererseits diskutiert er, welche Gründe dazu geführt haben könnten, dass Goethe und Vulpius 1806 ihre „Gewissensehe“ in einen kirchlich/bürgerlich legitimierten Bund aktualisierten. Der dritte übergreifende Aspekt, mit dem sich Frühwald beschäftigt, ist die Art und Weise, wie die Partnerschaft zwischen Goethe und Vulpius im zeitgenössischen Weimar gesehen wurde: So zeichnet Frühwald eindrücklich die Mauscheleien, Beleidigungen und Verleumdungsaktionen nach, die die Weimarer Damen der höheren Stände gegen Vulpius richteten. Diese bezogen sich u. a. auf die Herkunft, das Aussehen sowie das Verhalten Christiane Vulpius‘. Während seiner Ausführungen blickt Frühwald zudem mehrfach über den Tellerrand des Themenbereiches „Goethes Ehe“ hinaus und lässt kulturgeschichtliche Hintergrundinformationen in seine Darstellung einfließen (z. B. zur Kindersterblichkeit, zu der zeitgenössischen Eltern-Kind-Beziehung sowie zu dem aufkommenden Konzept der „Gewissensehe“). Abgerundet wird „Goethes Ehe“ durch zahlreiche Abbildungen (u. a. Porträts von Christiane Vulpius und anderen Zeitgenossen sowie Faksimile-Drucke von Dokumenten). Insgesamt ist „Goethes Ehe“ ein anschaulich geschriebenes Sachbüchlein, das interessante Einblicke in die Lebenspartnerschaft zwischen Goethe und Vulpius gibt. Ein großes Verdienst dieser kleinen Studie ist es, mit dem Bild der „tumben“ Vulpius aufzuräumen, dem Generationen von Literaturhistorikern – den Damen der Weimarer Oberschicht unhinterfragt folgend – aufgesessen sind.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.10.2023

Ein interessantes sowie anschauliches Sachbuch

Hans Christian Andersen in Weimar
0

„Hans Christian Andersen in Weimar“ ist ein Sachbuch von Christiane Weber. Inhaltlich beschäftigt es sich mit dem dänischen Schriftsteller Hans Christian Andersen, wobei besonders dessen Reisen nach Weimar ...

„Hans Christian Andersen in Weimar“ ist ein Sachbuch von Christiane Weber. Inhaltlich beschäftigt es sich mit dem dänischen Schriftsteller Hans Christian Andersen, wobei besonders dessen Reisen nach Weimar behandelt werden. Andersen, der generell in seinem Leben viel reiste, besuchte Weimar insgesamt neun Mal – meistens allerdings nur einige, wenige Tage lang. Hintergrund der Aufenthalte Andersens war, wie Weber nachweist, die Vision des Großherzogs Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach, Weimar durch die „Verpflichtung“ von Kulturschaffenden erneut (nach den Klassikern) zu einer kulturellen Blüte zu führen. Beispielsweise bei dem Komponisten Franz Liszt, der seine letzten beiden Lebensjahrzehnte in Weimar verbrachte, ist im die „Verpflichtung“ gelungen; bei Andersen, der stark seiner dänischen Heimat verhaftet war, allerdings nicht. Neben Andersens Aufenthalten in Weimar wird von Weber auch die lebenslange Freundschaft, die sich zwischen Andersen und Großherzog Carl Alexander entwickelte, nachgezeichnet. Hierfür zitiert Weber repräsentativ aus dem ausführlichen Briefwechsel, der sich zwischen Andersen und Carl Alexander entfaltete. Abgerundet wird das Bändchen über Andersen in Weimar durch eine Vielzahl von Abbildungen, die u. a. Andersen in unterschiedlichen Stadien seines Lebens sowie Orte, die Andersen in Weimar besuchte, zeigen. Insgesamt beschäftigt sich „Hans Christian Andersen in Weimar“ mit einem Thema, das – beschränkt man sich auf dessen historische Auswirkungen – vielleicht als Fußnote der Literatur- und Kulturgeschichte bezeichnet werden könnte. Nichtsdestotrotz ist „Hans Christian Andersen in Weimar“ ein spannendes sowie interessantes Büchlein – nicht zuletzt durch die anschauliche Nachzeichnung der Freundschaft zwischen Schriftsteller und Großherzog.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.10.2023

Ein historischer Kriminalroman mit Kopfkino-Garantie

Der Totengräber und der Mord in der Krypta (Die Totengräber-Serie 3)
0

Inhalt: Wien, 1895. Inspektor Leopold von Herzfeldt wird an einen ungewöhnlichen Tatort gerufen: Die Gruft unter dem Stephansdom – wo der Mesner die Leiche des bekannten Arztes Theodor Lichtensteiner aufgefunden ...

Inhalt: Wien, 1895. Inspektor Leopold von Herzfeldt wird an einen ungewöhnlichen Tatort gerufen: Die Gruft unter dem Stephansdom – wo der Mesner die Leiche des bekannten Arztes Theodor Lichtensteiner aufgefunden hat. Lichtensteiner hatte sich jüngst einige Feinde gemacht: Als Gegner des Spiritismus schlich er sich in verschiedene Séancen ein, um diese als Scharlatanerie zu entlarven. Auch Leopold von Herzfeldt ist der Glaube an Geister fern – doch als die Tatortfotos entwickelt sind, schwebt auf diesen der Geist eines jüngst Beschworenen über der Leiche Lichtensteiners…

Persönliche Meinung: „Der Totengräber und der Mord in der Krypta“ ist ein historischer Kriminalroman von Oliver Pötzsch. Es handelt sich um den dritten Band der „Die Totengräber“-Reihe; da die Handlung und der Fall aber in sich abgeschlossen sind, kann man den Roman auch ohne Kenntnis der Vorgänger lesen. Erzählt wird die Handlung aus mehreren personalen Perspektiven, wobei Schwerpunkte auf den Perspektiven von Leopold von Herzfeldt und von Julia Wolf (Tatortfotografin und Partnerin von Leopold) liegen. Beide Figuren sind mit ihrer Gefühls- und Gedankenwelt lebendig und (historisch) authentisch gezeichnet. Die Handlung des Romans besitzt die Struktur eines Ermittlerkrimis: Leopold versucht, gemeinsam mit Julia und dem kauzigen Totengräber Augustin Rothmayer, den Mörder von Lichtensteiner zu stellen. Dabei führen die Ermittlungen die drei Protagonisten auf Friedhöfe sowie in Séancen, dunkle Gemäuer und Krypten, wodurch die Handlung (wohlig) gruselige Komponenten erhält. Die Spannungskurve des Romans ist hoch: Nicht nur gibt es eine Vielzahl potenzieller Täterfiguren und einige falsche Fährten – schnell wird klar: Der Mord an Lichtensteiner ist nicht der einzige Fall, den es zu klären gilt. Was genau es dabei mit den Fällen auf sich hat und wer dahintersteckt, ist kaum zu erahnen und überraschend. Nicht zuletzt ist auch die Recherchearbeit, die hinter dem Roman steht, hervorzuheben: Man hat während der Lektüre permanent das Gefühl, in ein authentischen Wien Ende des 19. Jahrhunderts zu treten. Der Schreibstil von Oliver Pötzsch ist ausgesprochen dreidimensional und tiefenscharf, sodass während der Lektüre ein schönes Kopfkino entsteht. Insgesamt ist „Der Totengräber und der Mord in der Krypta“ ein spannender sowie authentisch wirkender historischer Roman mit tollen Protagonisten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.10.2023

Ein schöner Abschluss der Dilogie

Talus - Die Magie des Würfels
0

Vorab: „Talus – Die Magie des Würfels“ ist der zweite Teil der „Talus“-Reihe. Die Handlung des zweiten Bandes schließt unmittelbar an die Handlung des ersten Bandes an, sodass es sinnvoll ist, die Bände ...

Vorab: „Talus – Die Magie des Würfels“ ist der zweite Teil der „Talus“-Reihe. Die Handlung des zweiten Bandes schließt unmittelbar an die Handlung des ersten Bandes an, sodass es sinnvoll ist, die Bände chronologisch zu lesen. In der Rezension finden sich leichte Spoiler zur Handlung des ersten Bandes. Weiterlesen erfolgt daher auf eigene Gefahr 🙃

Inhalt: Der Würfel Talus ist gefallen – und langsam, aber sicher zeigen sich die Konsequenzen des Falls. Wo sich Talus allerdings momentan befindet, ist unklar, sodass die Zukunft der magischen Welt unterhalb Edinburghs unsicherer denn je ist. Gemeinsam mit Kaito und Noah begibt Erin sich auf die Suche nach dem magischen Artefakt.

Persönliche Meinung: „Talus – Die Magie des Würfels“ ist ein Urban Fantasy-Roman von Liza Grimm. Erzählt wird die Handlung – wie schon der erste Band – wechselweise aus drei personalen Perspektiven. Im Unterschied zum ersten Band gesellt sich zu den Perspektiven der Studentin Erin und des Wasserhexers Noah diejenige von Jessica, die ein Mitglied des Runenzirkels ist und bereits eine Nebenrolle in Band 1 besaß. Die Gefühls- und Gedankenwelt der drei Protagonist*innen – alle drei wollen (weiterhin) ihren „Herzenswunsch“ erfüllen – wird lebendig und anschaulich dargestellt. Zur Handlung möchte ich zwecks Spoilergefahr nicht zu viel vorwegnehmen. Nur: Wie schon im ersten Band ist sie sehr wendungsreich; mehrere Figuren scheinen nicht das zu sein, was sie vorgeben. Zudem werden alle offenen Handlungsfäden, die sich am Ende des ersten Bandes ergaben, zu einem stimmigen Schluss geführt. Am Ende trumpft „Talus – Die Magie des Würfels“ außerdem mit einem kaum zu erahnenden Twist auf, der zu einem schönen „Aha“-Moment führt. Der Schreibstil von Liza Grimm ist anschaulich, eingängig und lässt sich sehr flüssig lesen. Insgesamt ist „Talus – Die Magie des Würfels“ ein spannender sowie wendungsreicher Urban Fantasy-Roman, der die Handlung der Dilogie zu einem schön stimmigen Ende führt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere