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Veröffentlicht am 25.12.2018

Ein wichtiges Buch!

Jahre aus Seide
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Jahre aus Seide erzählt die Geschichte der Familie Meyer in Krefeld von Mitte der zwanziger Jahre bis zur Reichskristallnacht. Karl Meyer verdient gutes Geld, die Familie ist wohlhabend und muss sich keine ...

Jahre aus Seide erzählt die Geschichte der Familie Meyer in Krefeld von Mitte der zwanziger Jahre bis zur Reichskristallnacht. Karl Meyer verdient gutes Geld, die Familie ist wohlhabend und muss sich keine Sorgen um die Zukunft machen. Doch langsam aber sicher ziehen die Wolken des Nationalsozialismus auf und nach und nach schleicht sich die Angst in das Leben der Familie ein. Immer wieder kommt es zu Repressalien und schließlich beschließt die Familie das Land zu verlassen.

Ulrike Renk hat es geschafft, was bei Romanen dieser Zeit wirklich schwierig ist. Sie beschreibt den Alltag der Familie mit all ihren Freuden und Sorgen so, dass man das Gefühl hat, hier einfach die Geschichte einer Familie erzählt zu bekommen, die so lebt wie wir heute auch. Der Alltag mit Schule Beruf und den Feiertagen ist so toll beschrieben, dass man Ruth fast darum beneiden möchte. Sie hat gute Freundinnen, liebende Eltern und viel Spaß an der Handarbeit. Und doch merkt man, wie die Angst und die Sorge um die Zukunft langsam Einzug hält. Niemand weiß was kommen wird und jeder hofft, dass es doch nicht so schlimm werden wird und die Leute doch zur Vernunft kommen werden. Und so wird trotz allem weiter gemeinsam gefeiert und in den Urlaub gefahren.

Mich hat dieses Buch sehr berührt. Die Familie Meyer muss wirklich etwas Besonderes gewesen sein. Sie hatten es nicht immer leicht und trotzdem haben sie immer versucht anderen zu helfen. Und sie haben als Familie fest zusammengehalten.

Es hat mir auch gezeigt, dass es zu allen Zeiten auch Menschen gibt, denen Dinge wie Religion in Bezug auf andere Menschen nicht wichtig sind. Ist doch egal ob Jude oder Christ, Menschen sind wir doch alle. So handeln die Meyers und so wird glücklicher weise auch mit ihnen umgegangen. Und trotzdem reicht es nicht um das Unheil aufzuhalten.

Mir sind die Meyers sehr ans Herz gewachsen und ich freue mich, dass es noch zwei weitere Bücher geben wird, in denen wir ihren weiteren Lebensweg begleiten können.

Für mich ist dieses Buch eines meiner Jahreshighlights, es hat mich sehr angefasst und nachdenklich zurückgelassen.

Von mir eine hundertprozentige Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 22.12.2018

Wunderschön!

Der Himmel zu unseren Füßen
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Amrum 1944: Auf der Insel ist der Krieg nicht ganz so sehr zu spüren, allerdings mangelt es auch hier an vielem. Und doch ist das Zuhause von Birke und ihrer Tante ein Hort des Friedens und der Zuflucht ...

Amrum 1944: Auf der Insel ist der Krieg nicht ganz so sehr zu spüren, allerdings mangelt es auch hier an vielem. Und doch ist das Zuhause von Birke und ihrer Tante ein Hort des Friedens und der Zuflucht für viele Menschen.

Wir begleiten Birke durch zwei richtungsweisende Jahre ihres Lebens. Nach einer Ausbildung zur Sekretärin tritt sie eine Arbeit auf der Insel Föhr an und hilft dort einer Reiseschriftstellerin einen Bildband über ihre Reisen mit ihrem verstorbenen Mann zu Ende zu bringen. Dort lernt sie, dass Liebe etwas ist, das das Leben bereichert, auch wenn sie nur von beschränkter Dauer ist.

Zurück auf Amrum, im Haus ihrer Tante lernt Birke dann Flüchtlinge aus Ostpreußen kennen und findet so auch sich selbst wieder.


Patricia Koelle ist es wieder gelungen einen unglaublich berührenden Roman zu schreiben. Er ist einerseits heimelig aber manchmal auch unglaublich traurig. Ich konnte unheimlich gut mit Birke mitfühlen.

Die Beschreibungen der Inseln sind wie immer so plastisch, daß man fast glaubt dort zu sein und das Meer riechen zu können.


Dieses Buch ist als Zusatzbuch der Nordseetrilogie zu sehen, Birke hat einen kleinen Auftritt in „Wo die Dünen schimmern“, sie ist die Großtante von Jessieanna.


Ich kann dieses heimelige Buch nur empfehlen, es bietet einige wunderschöne Lesestunden!

Veröffentlicht am 15.12.2018

Toller Auftakt

Die Schwestern vom Ku'damm: Jahre des Aufbaus
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Brigitte Riebe nimmt uns mit in das Berlin von 1945. Der Krieg ist gerade zu Ende, die Schwestern Thalheim harren im Keller der Familienvilla der Dinge, die da kommen. Der Vater beim Volkssturm, der Bruder ...

Brigitte Riebe nimmt uns mit in das Berlin von 1945. Der Krieg ist gerade zu Ende, die Schwestern Thalheim harren im Keller der Familienvilla der Dinge, die da kommen. Der Vater beim Volkssturm, der Bruder an der Front im Osten vermisst.
Als sie auch noch aus der Villa vertrieben werden, haben sie scheinbar alles verloren, wurde doch das Kaufhaus der Familie bereits im Krieg zerstört.
Doch Rike hat einen Traum: Das Kaufhaus wiederaufbauen und dort wieder Kleider verkaufen, die Freude in das triste Nachkriegsleben bringen.
Aus Rikes Sicht erleben wir das Kriegsende, die Währungsreform und die Berlin Blockade.

Mir hat das Buch ausgesprochen gut gefallen, gerade über die Zeit so kurz nach dem Krieg, als sich in Berlin alles noch sortiert, gibt es ja noch nicht so viele Bücher.
Was ich sehr interessant fand war, dass wir alles aus Rikes Blickwinkel sehen und damit auch nur ihre Einschätzung der anderen Personen mitbekommen. In den Folgebänden kommen dann ja ihre Schwestern Silvie und Florentine zu Wort, ich denke das wird dann spannend, wie die beiden ihre Familienmitglieder so sehen. Ich denke da wird sich das Bild des einen oder anderen sicher noch mal gewaltig ändern.

Das Buch ließ sich super lesen, von der ersten Seite an lief das Kopfkino und man konnte sich gut vorstellen, welche Strapazen die Menschen damals auf sich nehmen mussten, um auch nur das Nötigste zum Leben heran zu schaffen.
Auch das Rike ein Geheimnis für sich behalten musste und die Vergangenheit der Familie auf die eine oder andere Art die Gegenwart bestimmt, hat die Spannung nur erhöht.

Ich bin auf jeden Fall schon gespannt auf die Folgebände, das wird bestimmt noch eine spannende Reise.
Von mir auf jeden Fall eine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 06.12.2018

erschreckende Paralellen

NSA - Nationales Sicherheits-Amt
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Weimar im Jahre 1942. Der Krieg ist auf seinem Höhepunkt und vieles wird auf seine Kriegswichtigkeit überprüft. So auch das Tun im NSA, dem nationalen Sicherheitsamt. Schon seit der Kaiserzeit werden hier ...

Weimar im Jahre 1942. Der Krieg ist auf seinem Höhepunkt und vieles wird auf seine Kriegswichtigkeit überprüft. So auch das Tun im NSA, dem nationalen Sicherheitsamt. Schon seit der Kaiserzeit werden hier Programme gestrickt und Daten ausgewertet. Und nun ist es an der Zeit zu beweisen, dass diese Dienste auch weiterhin außergewöhnlich sind und dem Regime von Nutzen sein können. Eugen Lettke und Helene Bodenkamp arbeiten beide für das NSA, er als Analytiker, sie als Programstrickerin. Lettke nutzt die Daten des Amts vor allem, um seine privaten Ziele zu erreichen, wohingegen Helene eigentlich nur ihrer Leidenschaft fürs Programm stricken nachgeht, ohne groß darüber nachzudenken, wofür genau diese Programme genutzt werden. Als eines Tages Himmler das Amt besucht und ihm vorgeführt wird, wie mit Hilfe ihrer Programme versteckte Juden entdeckt werden können, wird Helene klar, zu was sie da Mithilfe leistet. Und stellt fest, dass sie damit nicht ihr Gewissen belastet, sondern auch ihre Freunde und ihre große Liebe in Gefahr bringt.

Andreas Eschbach spinnt in NSA den Gedanken fort, was gewesen wäre, hätte das Regime unter Hitler bereits die Möglichkeit gehabt auf Computer zuzugreifen und sich soziale Medien zu Nutzen zu machen. Er betreibt sozusagen "spekulative Geschichte" So wie seine Figur Arthur in seiner Abschlussarbeit, nur unter anderen Vorzeichen.
Es ist schon erschreckend was man so alles aus den Daten, die tagtäglich über uns gesammelt werden, lesen kann. Wir haben heute das Glück, dass diese Daten im Normalfall dazu genutzt werden, um uns mit gezielter Werbung zum Kaufen zu animieren.
Im dritten Reich hätte das ganze wohl deutlich andere Schwerpunkte gehabt. Und die Vernichtungs- und Verfolgungsmaschinerie wäre wohl noch deutlich effizienter gewesen.
Eschbach gelingt es dieses Szenario glaubwürdig darzustellen. Nicht nur in dem er die Bezeichnungen eindeutscht, sondern auch in dem er uns Helene über die Schulter kucken lässt, wenn sie die Programme "strickt". Da ist im ersten Moment nichts Dramatisches dabei, das wird erst klar, als die Programme dazu eingesetzt werden, um Regimekritiker aufzuspüren und zu überwachen.
Auch Dinge, die für uns heute noch in der vermutlich nahen Zukunft liegen, wie Gesichtserkennung und neuronale, selbstlernende Netze, werden thematisiert.

Ich war sehr angetan von diesem Buch, auch wenn es mir manchmal schwergefallen ist weiterzulesen. Mit Lettke und Helene schafft Eschbach zwei Charaktere, die gegensätzlicher nicht sein könnten. Während Lettke nur mit sich selbst und seinem Vorteil beschäftigt ist, entwickelt Helene nach und nach ein Gewissen und den Blick über die Grenzen des eigenen Ichs.
Und auch wenn Lettke eindeutig die Hassfigur des Buches ist, fand ich auch seine Entwicklung höchst interessant.
Die Entwicklung der Programme und das ganze technische Drum Rum sind gut erklärt und machen deutlich, dass Eschbach sich mit der Materie auskennt. Für nicht-IT-affine Menschen mögen die Teile in denen Helene und Lettke über die Programme diskutieren nicht so interessant sein, aber für mich als ITler war es sehr interessant und gut nachvollziehbar. Und auch erschreckend wie einfach doch manche Dinge sind.
Mich hat dieses Buch sehr nachdenklich zurückgelassen. Wieviel Freiheit und Selbstbestimmung sind wir bereit für ein bisschen Bequemlichkeit aufzugeben? Den meisten Bürgern im deutschen Reich ist ja nicht einmal klar, welche Daten über sie gesammelt werden, sie freuen sich nur über das schnelle bargeldlose Zahlen und die einfache Erreichbarkeit über die tragbaren Telephone. Dass sie sich damit zum gläsernen Bürger machen ist ihnen nicht einmal bewusst.

Viele Dinge, die im Buch angesprochen werden, sind heute schon Realität. Alleine die Beeinflussung in den sozialen Netzwerken ist ja auch heute immer wieder Thema.
Ich kann dieses Buch nur empfehlen, es bietet spannende Lesestunden und viele Denkanstöße.

Veröffentlicht am 02.12.2018

Schöner Familienroman

Die vergessene Burg
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Paula Cooper lebt als Gesellschafterin bei der Cousine ihrer Mutter. Dort ist sie nicht wirklich glücklich, irgendwie ist auf Dauer alles nur wie eine Leihgabe und sie muss ihr Leben komplett zurückstellen. ...

Paula Cooper lebt als Gesellschafterin bei der Cousine ihrer Mutter. Dort ist sie nicht wirklich glücklich, irgendwie ist auf Dauer alles nur wie eine Leihgabe und sie muss ihr Leben komplett zurückstellen. Da erfährt sie eines Tages, dass eben jene Cousine einen Brief, der an Paula gerichtet war, unterschlagen hat, angeblich um sie zu schützen. Es stellt sich heraus, dass Paula einen Onkel in Bonn hat, der ihr geschrieben hat, da er sehr krank ist und sie gerne noch einmal sehen würde.


Nachdem sich sowohl ihre Mutter als auch ihre Cousine weigern, Paula zu erklären, warum sie den Kontakt zu Onkel Rudy nicht wünschen, macht sich Paula auf den Weg nach Bonn, um ihren Onkel kennenzulernen und von ihm etwas über ihren verstorbenen Vater zu erfahren.


In Bonn angekommen, stellt sich heraus, dass Onkel Rudy ein liebenswerter Mensch ist und Paula genießt die neu erworbene Freiheit. Als sie jedoch herausfindet, dass ihr Vater unter seltsamen Umständen verschwunden ist, macht sie sich auf die Suche nach dem, was damals passiert ist.

Dabei lernt sie den Fotografen Benjamin Trevor kennen und schätzen. Gemeinsam mit ihm gelingt es tatsächlich das lang gehütete Familiengeheimnis zu lüften.


Mir hat dieses Buch sehr gut gefallen. Die Beschreibungen der Rhein-Landschaften sind einfach toll, man sieht den Fluss und seine Umgebung förmlich vor sich. Und auch die kleine englische Gemeinde, die in Bonn lebt, ist wirklich liebevoll beschrieben.


Paula ist zwar schon 32 Jahre alt, aber bisher ist in ihrem Leben immer alles von anderen entschieden worden. Als sie sich entscheidet ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, macht sie eine wirklich erstaunliche Verwandlung durch und entdeckt ihre eigene Stärke. Diese Entwicklung hat mir wirklich sehr gut gefallen, gibt es doch auch immer wieder Rückschläge und Selbstzweifel. Paula mutiert nicht einfach so zur Superwoman.

Auch die Mischung aus Spannung und beschaulichen Szenen im Buch haben mir gut gefallen, so wurde es nie langweilig.


Von mir daher eine Leseempfehlung für dieses schöne Buch!