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Veröffentlicht am 27.04.2024

Geheimbündler am Gardasee

Was der See birgt
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Das Cover ist schön, aber für mich mit dräuendem Gewitter etwas zu düster für diesen Krimi. Erinnert stark an die Covergestaltung von Koppelstätters Südtirol-Reihe, wobei diese neue Reihe doch etwas heiterer ...

Das Cover ist schön, aber für mich mit dräuendem Gewitter etwas zu düster für diesen Krimi. Erinnert stark an die Covergestaltung von Koppelstätters Südtirol-Reihe, wobei diese neue Reihe doch etwas heiterer und leichter wirkt.
Gianna Pitti ist Polizei-Reporterin des Messaggero di Riva und jüngster Spross einer verarmten, aber alteingesessenen Adelsfamilie. Ihr Onkel ist Francesco Marchese Pitti-Sanbaldi, ein weitgereister Privatier und Lebenskünstler. Dessen Bruder Arnaldo, Giannas Vater und ein angesehener Journalist, ist vor ca. einem Jahr spurlos verschwunden. Dann gibt es noch Elvira Sondrini, Chefredakteurin des Messaggero, Giannas Chefin und eine Freundin der Familie Pitti-Sanbaldi.
Die Handlung wird aus dem jeweiligen Blickwinkel dieser drei Hauptfiguren geschildert.
Gianna hatte Filippo, einen jungen Journalisten aus Mailand, vor einem Jahr bei einem Seminar kennen gelernt. Nun hatte er am Gardasee zu tun und hatte sich bei ihr gemeldet. Bei einem Date am Vorabend waren sie sich etwas näher gekommen, Gianna ist ein wenig verliebt! Doch dann muss sie entdecken, dass es sich bei der am Ufer angespülten Leiche um eben diesen Filippo handelt ...
Zusammen mit Chefin und Onkel beginnt sie zu ermitteln. Es zeigt sich, dass es um die Machenschaften einer Freimaurerloge geht, deren innerer Zirkel nochmal einen Geheimbund bildet, der immensen Einfluss auf Politik und Wirtschaft der Region ausübt und skrupellos seine Interessen durchsetzt. Mitglieder dieses Geheimbundes finden sich in allen Bereichen und Gremien der lokalen Gesellschaft, und man weiß nicht, wem man noch trauen kann. Außerdem zeichnet sich ab, dass ein Zusammenhang mit dem Verschwinden von Giannas Vater besteht.
Ein fulminanter Start in eine neue Krimireihe, die nicht aus der Sicht der Polizei beschrieben wird. Drei sympathische Protagonisten, von denen besonders Onkel Francesco eine sehr schillernde Persönlichkeit ist. Der Fall liest sich hochspannend, je mehr es dem Ende zuging, konnte ich das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen. Es gibt viel Lokalkolorit, augenzwinkernde Beschreibungen der Touristenmassen, die den Gardasee heimsuchen und schurkische Lokalpolitiker, die eher iher ihren eigenen Profit als das Allgemeinwohl im Auge haben.
Beim Finale bleiben noch einige Fragen offen, aber auf deren Beantwortung im nächsten Band kann man sich dann schon mal freuen. Ein vergleichsweise schmaler Band, was ich auch ganz angenehm finde, denn so ein schnelles Lesetempo länger durchzuhalten ist schwierig. Also ein spannender, origineller Regionalkrimi, der sich flüssig liest, gut unterhält, einem die Region näher bringt und vor allem sehr spannend ist!

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Veröffentlicht am 25.04.2024

Eine Designer-Handtasche als Mordmotiv

Der blaue Salamander
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Auf Capri - und wirklich nur dort, auf einem kleinen vorgelagerten Felsen - gibt es eine blaue Eidechse, deren Hautfarbe sich an den blauen Farbton ihrer Umgebung angepaßt hat und die fälschlicherweise ...

Auf Capri - und wirklich nur dort, auf einem kleinen vorgelagerten Felsen - gibt es eine blaue Eidechse, deren Hautfarbe sich an den blauen Farbton ihrer Umgebung angepaßt hat und die fälschlicherweise als "blauer Salamander" bezeichnet wird. Und aus deren Leder wurde einst eine blaue Designer-Handtasche gefertigt, von der es nur ein oder zwei Exemplare gibt - eins gehört einer reichen alten Dame auf Capri, einer ehemaligen Schauspielerin, und eins möglicherweise einer anderen, weltberühmten Schauspielerin ... Die einheimische Modemacherin Rosalinda interessierte sich sehr für diese Tasche. Musste sie deshalb sterben?
Ich habe schon einige Bände dieser Krimireihe gelesen, nicht alle, aber das macht nichts, man kommt in die abgeschlossenen Geschichten hervorragend hinein, auch ohne Vorkenntnisse. Das sympathische Ermittlerteam - der einheimische Enrico Rizzi und die zugezogene, aus Norditalien strafversetzte Antonia Cirillo - bringen ihre unterschiedlichen Qualitäten ein, um den Fall aufzuklären. Natürlich wird den "Dorfpolizisten" die Ermittlung wieder entzogen, zuständig sind in einem Mordfall die Kollegen der Kripo Neapel. Denen fehlt es aber leider an genaueren Kenntnissen der lokalen Gegebenheiten und Menschen, denn in Capri kennt jeder jeden, und Agente Rizzi geht mit viel Empathie an den Fall heran. Er ist entsetzt, dass der Straßenkehrer Salvatore, der die Tote gefunden hat, des Mordes verdächtigt wird. Rizzi findet, dass die neapolitanischen Kollegen es sicht etwas zu leicht machen. Cirillo ist etwas offener für Ermittlungen in alle Richtungen. Im Endeffekt ergänzen sich die beiden sehr gut und klären den Mord schließlich auf.
Ein relativ ruhig verlaufender Krimi, der aber trotzdem spannend ist und mit einer unerwarteten Wendung aufwartet. Es gibt viel Lokalkolorit, nicht nur auf Capri, sondern auch bei Ausflügen der Ermittler nach Neapel, wo sie auf die Lösung des Rätsels stoßen. Man erfährt einiges über die Mode-, bzw. Handtaschenindustrie, und ein paar wohldosierte Neuigkeiten aus dem Privatleben von Cirillo und Rizzi, wobei aber immer der Fall im Vordergrund bleibt. Gewürzt wird das Ganze durch ausdrucksvolle Natur- und Ortsbeschreibungen, wie es sich für einen Regionalkrimi gehört. Eine runde Sache, ein Krimi, den ich gern gelesen habe und der mich gut unterhalten hat. Auch optisch - wie immer bei Diogenes - sehr schön gestaltet. Eine ideale Urlaubslektüre!

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Veröffentlicht am 22.04.2024

Die wunderbare Wiederauferstehung der Freya Lockwood

Der falsche Vogel
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So ein richtig gemütlicher britischer Krimi, der in einem idyllischen englischen Dorf und auf einem etwas heruntergekommenen Landgut spielt! Die Protagonistin ist Freya, geschiedene Mutter einer inzwischen ...

So ein richtig gemütlicher britischer Krimi, der in einem idyllischen englischen Dorf und auf einem etwas heruntergekommenen Landgut spielt! Die Protagonistin ist Freya, geschiedene Mutter einer inzwischen erwachsenen Tochter. Nach dem Tod ihrer Eltern ist sie bei ihrer etwas exzentrischen Tante Carole aufgewachsen und hat bei deren Lebensgefährten Arthur in seinem Antiquitätenladen gelernt und mit ihm zusammen als Kunst- und Antiquitätendetektivin gearbeitet, bis eines Tages in Kairo etwas Furchtbares passiert ist. Was das war, wird im Laufe der Handlung peu à peu erklärt. Seitdem hatte Freya den Kontakt zu Arthur und auch zu ihrer Tante komplett abgebrochen, war nach London gezogen und hatte geheiratet. Nun ist Arthur tot, und wir als Leser wissen, dass er ermordet wurde - auch Tante Carole hat einen diesbezüglichen Verdacht. Und Arthur hatte in weiser Voraussicht auch schon alles vorausgeplant, denn Freya soll seinen Tod aufklären. Und außerdem zu ihrer wahren Berufung als Antiquitätenfahnderin zurückfinden, denn darin ist sie richtig gut - ihre Phase als Hausfrau und Mutter hat sie nicht wirklich befriedigt. Zunächst läßt Freya sich nur widerwillig darauf ein, blüht aber förmlich auf während der Ermittlungen auf dem Gut des verstorbenen Kunstsammlers Lord Metcalf, der möglicherweise in dubiose Geschäfte verstrickt war, und in Anwesenheit einer suspekten Gruppe von dessen Verwandtschaft, Personal und Anwalt. Zu ihrer Freude entdeckt sie, dass sie immer noch über ihre früher erlernten Fähigkeiten verfügt.
Humorvoll, unterhaltsam und spannend, genau das, was das Herz des Cosy-Fans begehrt. In gut lesbarem, flüssigen Schreibstil wird die Handlung aus je unterschiedlicher Perspektive einzelner Protagonisten geschildert und kommt dann zu einem überraschenden und befriedigenden Ende. Und läßt den Leser in der Hoffnung auf baldige Fortsetzung zurück. Für Fans des Genres eine klare Empfehlung!

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Veröffentlicht am 16.04.2024

Literarische Erinnerungen an die Pandemie

Die Verletzlichen
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Sigrid Nunez' flüssiger Schreibstil hat mich von Anfang an wieder in seinen Bann gezogen, aber ich war zuerst doch etwas irritiert: ein richtiger Roman ist das eigentlich nicht, denn es gibt auch keine ...

Sigrid Nunez' flüssiger Schreibstil hat mich von Anfang an wieder in seinen Bann gezogen, aber ich war zuerst doch etwas irritiert: ein richtiger Roman ist das eigentlich nicht, denn es gibt auch keine richtige Geschichte, es ist eher eine Reflexion über die Zeit der Pandemie, eine Erinnerung daran. Ich habe öfter mal den Begriff "Stream of Consciousness" aus der Literaturwissenschaft gehört, und dieser Begriff kam mir beim Lesen in den Sinn. Vielleicht habe ich da etwas falsch verstanden, aber hier schien mir diese Bezeichnung sehr zutreffend, Sigrid Nunez' Text wirkt wie die Niederschrift von Gedankengängen, bei denen man vom Hundertsten ins Tausendste kommt, sozusagen vom Hölzchen aufs Stöckchen. Nachdem ich mich darauf eingestellt hatte, bin ich ihr bei ihren Gedankengängen sehr gern gefolgt. Die Autorin ist eine brillante Schriftstellerin, die mit Worten umzugehen weiß, und natürlich ist das nicht einfach so vor sich hin gedacht, sondern genau geplant und gespickt mit kurzen literarischen Zitaten von unterschiedlichsten Schriftstellern zum Thema "Schreiben", denn auch mit diesem Thema beschäftigt sich die Autorin.
Wie auch "Eine Feder auf dem Atem Gottes" ist dieses Buch eindeutig biographisch, die Ich-Erzählerin ist Sigrid Nunez. Ob die zentrale kleine Geschichte über das Hüten des Papageis in der Wohnung einer Freundin und das Zusammentreffen mit dem auch dort wohnenden Studenten sich tatsächlich genauso zugetragen hat oder nicht, jedenfalls ist es auch eine typische Geschichte aus der Zeit der Pandemie. Da wir alle die Pandemie erlebt haben, wird jeder ein paar Begebenheiten finden,die ihn an sein eigenes Erleben erinnern.
Ich fand das Buch sehr gut lesbar, klug und amüsant und bedaure nur, dass ich mir so wenig davon merken kann, denn es quillt über vor interessanten Denkanstößen. Wenn man sich auf diese Art Buch einlassen kann, ist es eine sehr lohnende und unterhaltsame Lektüre.

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Veröffentlicht am 26.03.2024

Aufstieg und Falleiner plagiierenden Bestsellerautorin

Yellowface
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In dieser Satire zum Thema kulturelle Aneignung geht es um die beiden Studienfreundinnen June (Juniper) Hayward und Athena Liu. Beide sind Schriftstellerinnen, allerdings unterschiedlich erfolgreich. Athena, ...

In dieser Satire zum Thema kulturelle Aneignung geht es um die beiden Studienfreundinnen June (Juniper) Hayward und Athena Liu. Beide sind Schriftstellerinnen, allerdings unterschiedlich erfolgreich. Athena, chinesisch-stämmige Amerikanerin ist ein junger Shooting Star der Literarurszene, während Junes Debutroman ein Rohrkrepierer war. Die beiden feiern Athenas Netflix-Vertrag, trinken viel, backen sich irgendwann Pancakes - und Athena verschluckt sich daran und erstickt. In dieser schrecklichen und emotionalen Situation lässt sich June dazu hinreißen, Athenas gerade fertiggestelltes, neuestes Manuskript an sich zu nehmen!
Und dann bearbeitet sie es und gibt es schließlich als ihr eigenes Werk aus. Das Problem ist nur, dass es sich um ein sehr chinesisches Thema handelt, und jeder sich wundert, warum eine junge, weiße Amerikanerin einen Roman über die Ausbeutung chinesischer Zwangsarbeiter während des
ersten Weltkriegs schreibt!
Nichtsdestotrotz wird das Buch ein großer Erfolg und June, die sich auf Betreiben ihres Verlags hin nun Juniper Song nennt, ist plötzlich reich und berühmt, eine einflussreiche Persönlichkeit. Sie kann ihr Glück kaum fassen und verfolgt eifrig, wie sie in den sozialen Medien ein Star wird. Was sie getan hat, redet sie sich vor sich selber schön (sehr viel im Roman stammt doch von ihr und außerdem wäre der doch sonst gar nicht veröffentlicht worden, sie hat Athena einen Gefallen getan, etc.) Sie liest jede einzelne User-Rezension und reagiert sehr empfindlich darauf, wenn sie weniger als 5 Sterne bekommt. Und dann schlägt plötzlich die Stimmung um, es kommen Gerüchte auf, dass sie das Buch gar nicht verfasst habe, man wirft ihr kulturelle Aneignung vor, kritisiert ihren Stil als kolonialistisch und rassistisch.
Diese Geschichte zeigt sehr gut diesen Stimmungswandel ihr gegenüber, nicht nur in den sozialen Medien, sondern auch bei den Verlagsmitarbeitern, die anfangs noch zu ihr halten, dann aber doch auch von der allgemeinen Stimmungsmache beeinflusst werden, und man selbst als Leser ändert beim Lesen auch ständig seinen Standpunkt.
Man erfährt sehr viel über das moderne Verlagswesen, von der Meinungsmache und dem Einfluss der sozialen Medien und die Autorin schafft es, relevante gesellschaftliche Themen anzusprechen und dabei trotzdem gut zu unterhalten.
Im Mittelteil hätten für meinen Geschmack ein paar Kürzungen gut getan, aber insgesamt eine informative, interessante und amüsante Lektüre.

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