Profilbild von takabayashi

takabayashi

aktives Lesejury-Mitglied
offline

takabayashi ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit takabayashi über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.05.2023

Hawthorne und Horowitz ermitteln höchst unterhaltsam weiter

Wenn Worte töten
0

Wieder nimmt Anthony Horowitz uns in selbstironischer Weise in seine Welt mit, die Welt des Verlagswesens. Der Roman beginnt mit einer Sitzung im Penguin-Verlag, an der außer dem für Horowitz zuständigen ...

Wieder nimmt Anthony Horowitz uns in selbstironischer Weise in seine Welt mit, die Welt des Verlagswesens. Der Roman beginnt mit einer Sitzung im Penguin-Verlag, an der außer dem für Horowitz zuständigen Mitarbeiterstab auch seine Agentin teilnimmt. Man wartet auf Hawthorne, den ehemaligen Police Detective und jetzigen Privatdetektiv und Polizeiberater, der Anthony Horowitz dazu auserkoren hat, ihn quasi Doctor-Watson-mäßig zu begleiten und seine Heldentaten niederzuschreiben. Der erste Band „Ein perfider Plan“ steht kurz vor der Veröffentlichung und die Redaktion will Hawthorne kennenlernen. Dieser, der mit seinem Ghostwriter Horowitz nicht gerade freundlich umspringt, kann aber bei Bedarf seinen Charme sehr wohl anknipsen und kommt bei der Verlagscrew hervorragend an. Dadurch entsteht der Plan, die beiden zu einem Literaturfestival zu schicken.
So landen die beiden kurze Zeit später auf der kleinen Kanalinsel Alderney bei einem gerade erst neu ins Leben gerufenen Literaturfestival – und natürlich passieren dort, wo es vorher noch nie einen Mord gab, sogar gleich zwei Morde!
Zuerst lernen wir die bunt zusammengewürfelte und nicht sonderlich erlesene Teilnehmerschar kennen. Damit lässt sich der Autor viel Zeit, und erst dann passiert der erste Mord: das Opfer ist der Sponsor des Festival, ein überaus gehässiger und unsympathischer Mensch, für dessen Ermordung fast jeder der Anwesenden einen Grund hätte.
Unser Ermittlerduo folgt vielen falschen Fährten und muss viele seiner Verdächtigen von der Liste streichen. Schließlich wird der Fall glorios gelöst, doch das Ergebnis freut Hawthorne und Horowitz nicht sonderlich, denn ihre Sympathien liegen eher auf Seiten des Täters.
Das Ganze liest sich spannend und vor allem äußerst amüsant. Ich bevorzuge humorvolle Krimis, besonders wenn der Humor so schön britisch daherkommt. Der Reiz dieser Reihe liegt in der ungleichen Beziehung zwischen den beiden Protagonisten. Hawthornes Persönlichkeit bleibt ein Rätsel auch für die Buchfigur Horowitz und wir bekommen in jedem weiteren Band nur in homöopathischen Dosen einige wenige neue Informationen über ihn. Und Horowitz stellt seine eigene Person sehr selbstironisch und in sich selbst herabwürdigender Art dar. Vieles aus seinem Leben und aus der Verlagswelt ist ja durchaus real, und diese Vermischung von Realität und Fiktion ist sehr reizvoll.
Diese gelungene Fortsetzung der Reihe unterhält bestens und bekommt von mir fünf Sterne und eine Empfehlung für alle Liebhaber des gepflegten britischen Krimis mit Humor.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.04.2023

Grandioser Genremix

Fünf Winter
0

Im Dezember 1941 wird der in Honolulu ansässige Polizist Joe McGrady mit der Aufklärung eines Doppelmords betraut, die Opfer sind ein junger Mann - der Neffe des Oberbefehlshabers der Pazifikflotte - und ...

Im Dezember 1941 wird der in Honolulu ansässige Polizist Joe McGrady mit der Aufklärung eines Doppelmords betraut, die Opfer sind ein junger Mann - der Neffe des Oberbefehlshabers der Pazifikflotte - und dessen Freundin, eine junge Japanerin.
Ein gewisser John Smith gerät ins Visier der Ermittler, jedoch ist er gerade nach Hongkong abgereist und McGrady folgt ihm dorthin. Durch eine Intrige landet er dort im Gefängnis und wird dann nach dem Angriff Japans auf Pearl Harbour von den Japanern, die auch Hongkong besetzt haben, nach Japan deportiert, dort aber von einem japanischen Diplomaten gerettet, der ihn bei sich versteckt. Dort verlässt er jahrelang nicht das Haus und freundet sich mit der Tochter seines Retters an, die ihm Japanischunterricht gibt.
Der Roman ist nicht nur ein Krimi, er ist auch historischer Roman, Abenteuerroman, Anti-Kriegs-Roman und berührende Liebesgeschichte, er ist nicht einfach ein Thriller, sondern überraschend anders! Interessant auch die exotischen Schauplätze, und die kulturellen Einblicke die dem Leser gewährt werden. Der Autor schlägt ganz unterschiedliche Tonarten an und sein Joe McGrady ist ein sympathischer Protagonist, mit dem man mitfiebert. Ein tolles Buch, das ich uneingeschränkt empfehlen kann.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.02.2023

Ein Mordsvergnügen!

Der Donnerstagsmordclub und die verirrte Kugel (Die Mordclub-Serie 3)
0

Der dritte Fall für den Donnerstagsmordclub und noch keine Abnutzungserscheinungen, im Gegenteil, die amüsanten und warmherzigen Geschichten werden immer besser! Elizabeth, Joyce, Ron und Ibrahim sind ...

Der dritte Fall für den Donnerstagsmordclub und noch keine Abnutzungserscheinungen, im Gegenteil, die amüsanten und warmherzigen Geschichten werden immer besser! Elizabeth, Joyce, Ron und Ibrahim sind allesamt Bewohner der edlen Seniorenresidenz Coopers Chase und haben sich zusammengefunden, um Cold Cases zu lösen: Ibrahim ist/war Psychoanalytiker, Ron Gewerkschafter, Elizabeth ehemalige MI5-Mitarbeiterin und Joyce ist eine nette alte Dame, die es aber faustdick hinter den Ohren hat. Um die vier herum gibt es einen Kreis von Freunden und Helfern, der bei jedem Band noch erweitert wird, und alle diese Figuren sind einem als Leser ans Herz gewachsen und bekommen auch genug Raum, um sich weiter zu entwickeln. In diesem Band kommen ein Ex-KGB-Chef (aus Elizabeths Bekanntenkreis), ein Fernsehmoderator, eine Maskenbildnerin und ein hünenhafter Wikinger hinzu, der sich perfekt auf Geldwäsche per Kryptowährungen versteht.
Der Mordclub hat sich auf den Fall einer Fernsehjournalistin verlegt, die vor etwa zehn Jahren im Zuge der Recherche zu einem ungeheuren Mehrwertsteuerbetrug ums Leben kam. Man ermittelt also im Fernsehmilieu, und dann wird Elizabeth entführt und mit der Drohung, dass ihre beste Freundin Joyce sonst umgebracht wird, dazu erpresst, ihren alten Freund Victor zu töten ...
Es geht also hoch her, Autor Osman hat sich wieder trickreiche Wendungen einfallen lassen, die vielleicht nicht ganz realistisch sind, dafür aber höchst unterhaltsam, und bietet dann eine völlig unerwartete Lösung. Dazu kommen noch ein paar neue Paarbildungen, auch diese äußerst vergnüglich. Spannung, Einfallsreichtum und Humor - was will der geneigte Cosy-Leser mehr? Ein rundum gelungenes Lesevergnügen! Jetzt heißt es wieder ein Jahr auf den nächsten Band warten ...

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.10.2022

Auftragsmord statt Dolce Vita

Monsieur le Comte und die Kunst des Tötens
0

Als langjähriger Fan von Madame le Commissaire (die in diesem Buch zur Freude ihrer Fans einen augenzwinkernden klitzekleinen Gastauftritt hat) war ich sehr gespannt auf Monsieur le Comte. Dieser junge ...

Als langjähriger Fan von Madame le Commissaire (die in diesem Buch zur Freude ihrer Fans einen augenzwinkernden klitzekleinen Gastauftritt hat) war ich sehr gespannt auf Monsieur le Comte. Dieser junge Mann hat bisher sein entspanntes Leben als Wirt eines kleinen aber feinen Bistros genossen, doch all das ändert sich durch den plötzlichen Tod seines Vaters. Die Familie derer von Chacarasse betreibt nämlich seit vielen Generationen die Kunst des Tötens, d.h. sie sind Auftragsmörder für die höchsten Kreise von den Medici bis zu den Bourbonen. Auch Lucien de Chacarasse ist während seiner ganzen Kindheit und Jugend für diese Tätigkeit ausgebildet und trainiert worden. Das Problem ist: er ist grundsätzlich nicht gewillt, jemanden zu töten. Das ging auch eine Weile gut, denn sein älterer Bruder sollte und wollte in die Fußstapfen des Vaters treten. Doch dann hatte er enen tödlichen Motorradunfall und als dann auch sein Vater in Ausführung eines Auftrags tödlich verletzt wird, weiß Lucien, dass nun seine Stunde gekommen ist, zumal ihm der Vater auf dem Sterbebett das Versprechen abgerungen hat, die Tradition der Familie weiterzuführen ... Wie Lucien seine friedliebende Einstellung mit der neuen Situation zu vereinbaren schafft, darum geht es in diesem Buch.
Das wird sehr witzig und auch spannend geschildert, unterhaltsam wie immer bei dem Autor: mit viel Lokalkolorit und südfranzösischem Flair, gutem Essen (na klar, Lucien hat schließlich ein Restaurant mit einer sehr guten Küchenmannschaft), anschaulichen Ortsbeschreibungen und vielen sympathischen Figuren in Luciens Umfeld. Lucien vermeidet das aktive Töten immer wieder auf andere Weise und klärt in der spannenden Klimax des Romans die genaueren Umstände auf, unter denen sein Vater zu Tode kam. Ich habe das Buch mit großem Vergnügen ziemlich schnell durchgelesen, das ist immer ein gutes Zeichen dafür, dass ein Buch mich ganz in seinen Bann zieht. Es ist wohl der erste Band einer neuen Reihe. Ich kann mir allerdings noch nicht so recht vorstellen, ob diese Prämisse "Auftragsmörder weigert sich zu töten" eine ganze Reihe von Büchern tragen kann, denn wie viele Varianten dieser Situation kann es geben? Aber ich bin sicher, dass der Autor dafür ein Konzept hat, bin gespannt, wie es weitergeht und werde die Reihe weiter verfolgen. Der erste Band liefert jedenfalls eine sehr amüsante und originelle Lektüre!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.08.2022

Tolle Wiederentdeckung!

Eine Feder auf dem Atem Gottes
0

Endlich mal wieder ein Buch, das ich quasi in einem Rutsch durchgelesen habe! Der autobiographische Roman von Sigrid Nunez hat mich von der ersten Seite an fasziniert. In vier unterschiedlichen Abschnitten ...

Endlich mal wieder ein Buch, das ich quasi in einem Rutsch durchgelesen habe! Der autobiographische Roman von Sigrid Nunez hat mich von der ersten Seite an fasziniert. In vier unterschiedlichen Abschnitten berichtet sie über ihren Vater, ihre Mutter, ihre Ballettambitionen als Teenager und schließlich eine Affäre mit einem russischen Einwanderer. Speziell die beiden ersten Abschnitte haben mir besonders gut gefallen. im ersten Abschnitt trägt sie alles zusammen, was sie über ihren chinesisch-panamischen Vater weiß. Das ist nicht viel - ein zurückhaltender, verschlossener, rätselhafter Mann, der kaum Englisch sprach. Genau wie die Autorin selbst möchte man als Leser gern mehr über ihn erfahren! Dann seziert sie die deutsche Mutter - eine sehr widersprüchliche, mit ihrem Schicksal unzufriedene, sehr dominante und im Gegensatz zum Vater ununterbrochen redende Frau, die die Autorin sehr geprägt hat: in fast jeder Situation hat sie noch den Spruch im Ohr, den die Mutter an dieser Stelle gemacht hätte.
Dann geht es um die masochistische Quälerei einer angehenden Ballerina, bis sie merkt, dass sie zu spät mit dem Tanzen angefangen und nicht das Zeug für eine meistehafte Tänzerin in sich hat. Und im letzten Abschnitt ist die Protagonistin bereits berufstätig als Englischlehrerin und beginnt eine Affäre mit einem ihrer Schüler, einem verheirateten russischen Einwanderer, den sie nach und nach als den Macho, Drogensüchtigen, ehemaligen Zuhälter erkennt, der er ist.
Besonders die beiden ersten Abschnitte über ihre Eltern, die keine gemeinsame Sprache hatten und sich beide in den USA nie wirklich heimisch fühlten, fand ich sehr spannend und sehr beeindruckend und bewundere die Fähigkeit der Autorin, das alles so genau zu analysieren und die Anteilnahme des Lesers zu erwecken. Obwohl es um tendenziell traurige Sachverhalte geht, ist der Ton der Erzählung doch leicht und bringt einen hin und wieder zum Schmunzeln. Sigrid Nunez Art zu schreiben hat mich berührt und ich will noch mehr von ihr lesen.

P.S. Aber was hat sich der Verlag nur bei dem Titelbild gedacht? Das ist das häßlichste Cover, das ich seit langem gesehen habe - zum Glück habe ich mich dadurch nicht von der Lektüre abhalten lassen ...

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere