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Veröffentlicht am 29.02.2024

Überfrachteter Polit-Krimi

Die Spiele
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Ich habe Sinologie studiert und lange in Taiwan gelebt, weshalb ich mich begeistert auf Bücher stürze, die etwas mit China zu tun haben. Von diesem Autor hatte ich schon den Roman Pflaumenregen gelesen, ...

Ich habe Sinologie studiert und lange in Taiwan gelebt, weshalb ich mich begeistert auf Bücher stürze, die etwas mit China zu tun haben. Von diesem Autor hatte ich schon den Roman Pflaumenregen gelesen, der mich nicht sonderlich überzeugt hatte. Aber ich dachte mir: anderes Genre, anderer Name, ich versuche es noch einmal! Zumal mich die Thematik sehr interessierte, die Machenschaften der chinesischen Regierung auf dem internationalen Parkett, eine allmähliche Eroberung der ganzen Welt, ohne Kriege, durch wirtschaftliche Hilfsangebote und durch eine große wirtschaftliche Kraft – es wird einfach alles aufgekauft!

Der Krimi-Plot: ein IOC-Funktionär aus Mosambik wird in seinem Hotelzimmer in Shanghai ermordet. Sein Tod ist den Chinesen vollkommen gleichgültig, aber es trifft sich gut, dass der Verdacht, ihn ermordet zu haben, auf einen investigativen Journalisten vom Spiegel fällt und so die Möglichkeit bietet, diesen unliebsamen Störenfried aus dem Verkehr zu ziehen.

Charles Murandi aus Mosambik und der Journalist Thomas Gärtner haben sich vor langer Zeit in Afrika kennengelernt, nach dem Fall der Berliner Mauer, als Murandi gerade aus der DDR zurückgekehrt war und feststellen musste, dass seine Regierung ihn und seine Kollegen in Zusammenarbeit mit dem DDR-Regime um den größten Teil seines Lohnes für die Arbeitsjahre in der DDR betrogen hat. So wird er zum politischen Aktivisten, von dem Gärtner fasziniert ist. Die beiden freunden sich an und halten Kontakt. Gärtner kann sich nicht eingestehen, dass sein Freund nicht der Ehrenmann ist, für den er ihn ursprünglich hielt.

Die beiden sind in Shanghai, anläßlich einer IOC-Konferenz zwecks Vergabe der Olympiade für das Jahr 2032 – einige afrikanische Länder (unterstützt von China) und die Europäer sind im Rennen. Kanzlerin Merkel samt Entourage ist auch angereist. Eine große Rolle spielt auch eine junge deutsche Diplomatin, Lena Hochfellner, die ihre Kindheit zufälligerweise auch in Mosambik verbracht hat, bis ihre Eltern nach dem Zusammenbruch der DDR das Land verlassen mussten.

Das alles ist in diesem Roman miteinander verflochten, lauter interessante Themen, aber weniger wäre womöglich mehr gewesen. Es gibt ständige Zeit- und Ortssprünge, oftmals weiß man bei den in der Ich-Form geschriebenen Kapiteln nicht, welches „Ich“ denn da gerade spricht.
Ich fand die Ideen zu diesem Roman sehr interessant, hatte mich darauf gefreut, wollte ihn mögen, fand die Lektüre dann aber letztlich sehr sperrig und zäh. Eigentlich lese ich meistens recht schnell, besonders wenn es mich gepackt hat, aber hier habe ich mich regelrecht durchgekämpft und ewig gebraucht. Erst ganz am Schluss kam etwas mehr Spannung auf. Also, tolle Themen, tolle Ideen, sehr informativ und eigentlich auch sehr interessant, aber die Umsetzung war leider etwas unbefriedigend. Etwas Beschränkung, Kürzung und Straffung hätte gut getan, und auch, wenn wenigstens einer der Protagonisten ein Sympathieträger gewesen wäre. Den Versuch, nach dem Motto „Sex Sells“, den Unterhaltungswert seines Romans zu steigern, sollte der Autor lieber unterlassen, das wirkte unbeholfen und vor allem unpassend hier.

Wie gesagt, thematisch fand ich das alles hochinteressant, aber ich habe mich nicht durchgängig gut unterhalten gefühlt.

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Veröffentlicht am 02.02.2024

Ambivalent

Paris Requiem
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Dieser historische Krimi aus dem Paris der 1940er Jahre unter Nazi-Besetzung, hat ziemlich zwiespältige Reaktionen bei mr ausgelöst. Einerseits fand ich die Geschichte durchaus interessant, andererseits ...

Dieser historische Krimi aus dem Paris der 1940er Jahre unter Nazi-Besetzung, hat ziemlich zwiespältige Reaktionen bei mr ausgelöst. Einerseits fand ich die Geschichte durchaus interessant, andererseits hat das Buch nicht den Sog entwickelt, der einen dazu bringt, ein Buch quasi in einem Zug durchzulesen, im Gegenteil, ich habe wahnsinnig lange für die Lektüre gebraucht, musste mich regelrecht hindurchkämpfen. Woran das genau lag, kann ich mir eigentlich gar nicht erklären, es war ja nicht langweilig, aber las sich doch irgendwie etwas zäh für mich.
Vielleicht lag es daran, dass sehr viele Personen in das Verbrechen verwickelt sind, was die Sache etwas verwirrend macht. Mir sind die Zusammenhänge bis zum Schluss nicht ganz klar geworden, wer die Hintermänner, die Auftraggeber sind, und wer nur Befehlsempfänger ist. Interessant ist die Atmosphäre im besetzten Paris, die moralischen Dilemmata mit denen Ermittler Eddie Giral sich permanent auseinandersetzen muss, die Konkurrenz unter den verschiedenen deutschen Gruppierungen (GESTAPO, SD, Abwehr). Es ist ein sehr düsteres Paris, das sich uns präsentiert, die Pariser sind verängstigt und immer hungrig. Die Sprache (zumindest der deutschen Übersetzung) erschien mir zeitweise zu modern. Eddie Giral ist eine sympathische Ermittlerfigur, die neben der offiziellen Ermittlung immer noch eine private Agenda hat, eigentlich sogar 2, die Suche nach seinem Sohn und nach dem Sohn einer ehemaligen Freundin, der schwarzen Jazz-Sängerin Dominique. Doch so richtig bin ich mit Eddie und überhaupt mit dem Roman nicht warm geworden.

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Veröffentlicht am 05.12.2023

Spannender Psychothriller

Ausgelöscht
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Als Fan von Theresa Prammer finde ich leider, dass dies nicht einer ihrer besten Romane ist: Die Handlung hat mich nach anfänglichen Einstiegsschwierigkeiten zwar sehr gefesselt, es handelt sich also um ...

Als Fan von Theresa Prammer finde ich leider, dass dies nicht einer ihrer besten Romane ist: Die Handlung hat mich nach anfänglichen Einstiegsschwierigkeiten zwar sehr gefesselt, es handelt sich also um eine durchaus spannende Lektüre, aber die Richtung, die die Geschichte nahm, gefiel mir immer weniger. Mir war bis zum Schluss nicht klar, wer der/die Täter:in war, aber die Motivation dieser Person, war mir einfach zu krank, zu abartig, zu konstruiert.

Theresa Prammer versteht ihr Handwerk, sie weiß die Spannung bis zum Schluss zu halten, die Handlung ist nicht vorhersehbar, der Schreibstil gut lesbar und flüssig. Das alles spricht für dieses Buch, weshalb ich auch drei Sterne vergebe. Aber die kranke Persönlichkeit, die hinter den Morden an mehreren Frauen steckt, hat mich einfach zu sehr abgestoßen, ich will so etwas Krankes nicht lesen; außerdem erscheint die Konstellation mir eher unrealistisch zu sein. Also, wer wie ich lieber etwas humorvolle Cosy-Krimis liest, sollte eher die Finger davon lassen.

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Veröffentlicht am 25.09.2023

Der Raub der Mona Lisa

Die Erfindung des Lächelns
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Gut recherchierter historischer Roman über die "Entführung" der Mona Lisa aus dem damals (1911) nur unzureichend gesicherten Louvre bis zu ihrem Wiederauftauchen im Jahre 1913. Eine gelungene Melange aus ...

Gut recherchierter historischer Roman über die "Entführung" der Mona Lisa aus dem damals (1911) nur unzureichend gesicherten Louvre bis zu ihrem Wiederauftauchen im Jahre 1913. Eine gelungene Melange aus realen Ereignissen und Fiktion, ein anschauliches Stimmungsbild der Gesellschaft und Lebensweise im Paris der ausgehenden Belle Époque. Im Umfeld des Raubes treffen wir auf bekannte Figuren wie z.B. Pablo Picasso, Guillaume Apollinaire, die Tänzerin Isadora Duncan, den Okultisten Aleister Crowley und den Anarchisten Jules Bonnot, genannt Le Bourgois. Die zu seiner "Bonnot-Bande" gehörende Russin Jelena scheint eine Erfindung Hillebrands zu sein, über sie konnte ich im Netz nichts finden. Diese schillernde Erscheinung arbeitet außerdem bei dem Designer, der Isadoras Kostüme schneidert, schreibt unter dem Pseudonym Voltairine Artikel für die Zeitschrift L'Anarchie und betätigt sich erfolgreich als Hoteldiebin. Dadurch wird sie zu einer Art Bindeglied zwischen den verschiedenen Gruppen. Außerdem treten diverse weitere real existierende zwielichtige Gestalten aus der kriminellen Kunstszene auf.
Sehr viele handelnde Personen, viele unterschiedliche, teils leider etwas ausufernde Handlungstränge machen die Lektüre hin und wieder etwas unübersichtlich und manchmal sogar recht zäh. Ich war irgendwie etwas hin- und hergerissen: die Handlung ist zumeist sehr interessant, aber manchmal doch anstrengend zu lesen, ich bin sehr langsam vorangekommen - es ist keins dieser Bücher, die man nicht aus der Hand legen kann, erst auf den letzten 100 Seiten hat der Roman richtig Fahrt aufgenommen. Es ist auch nicht wirklich eine Krimi, die Stärken dieses Buches liegen vielmehr in der atmosphärischen Beschreibung des Lebensgefühls im Paris dieser Zeit. Also schon eine lohnende Lektüre, der es allerdings hin und wieder an Spannung mangelt!

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Veröffentlicht am 23.05.2023

Interessant, aber weniger wäre mehr gewesen

Komplizin
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Von takabayashi
Zuerst hat mir das Buch sehr gefallen. Als Cinephiler hat mich das Insiderwissen der Autorin sehr interessiert, außerdem freue ich mich immer über chinesische Autoren / Protagonisten, ...

Von takabayashi
Zuerst hat mir das Buch sehr gefallen. Als Cinephiler hat mich das Insiderwissen der Autorin sehr interessiert, außerdem freue ich mich immer über chinesische Autoren / Protagonisten, denn ich habe zehn Jahre in Taiwan gelebt und bin nicht nur cinephil, sondern auch sinophil.
Die Autorin kann sehr gut schreiben und die Beschreibungen von Sarahs (der Protagonistin) familiärem Hintergrund, von ihrer Affinität zu Filmen und ihrem Werdegang als - zunächst - unbezahlte Praktikantin in einer Produktionsfirma waren sehr gelungen und unterhaltsam. Sarah entdeckt, dass sie ein Händchen für Drehbücher hat und trägt mit ihrer Überarbeitung des Drehbuchs von Xander, einem Indie-Nachwuchsregisseur , maßgeblich dazu bei, dass dessen Drehbuch tatsächlich verfilmt werden kann. Der Film läuft dann sogar beim Festival in Cannes und dort lernen Sarah und ihre Chefin Sylvia Hugo North kennen, einen britischen Immobilien-Milliardär, der ins Filmgeschäft einsteigen will und Ihnen die Finanzierung ihres nächsten Films anbietet. Damit nimmt das Unglück seinen Lauf, denn die Figur des Hugo ist Harvey Weinstein nachempfunden.
Das Buch beginnt zehn Jahre später, Sarah ist inzwischen Dozentin für Drehbuchschreiben an einem unbedeutenden College, als ein Reporter der New York Times an sie herantritt und sie zum Thema Hugo North interviewen will. Da werden dann ihre mühsam verdrängten Erinnerungen wieder wach ...
Ungefähr die erste Hälfte des Buches habe ich mit ungetrübtem Vergnügen gelesen, aber dann fand ich, dass die Geschichte etwas zäh wurde und nicht so recht vorankam. Vor allem hat mich Sarahs Selbstmitleid gestört, denn so unterprivilegiert und diskriminiert, wie sie sich immer vorkommt, ist sie nun auch wieder nicht. Sie ist auch zu streng mit sich, denn wenn überhaupt, dann ist eher ihre Chefin Sylvia die "Komplizin" gewesen, die immer weggeschaut hat.
Alles in allem ein durchaus interessanter Roman zum Thema #metoo, der über weite Strecken auch gut unterhält, denn der Schreibstil ist angenehm und gut lesbar, aber etwas Straffung und Kürzung hätte ihm gut getan!

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