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Veröffentlicht am 20.12.2019

Guter Beginn, doch dann wird es ziemlich unglaubwürdig

Suche mich nicht
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Wie meistens bei Harlan Coben gestaltet sich der Plot sehr spannend, jedoch verarbeitet er sehr oft dasselbe Grundthema: Das Verschwinden oder der Tod einer nahestehenden Person.
Auch in "Suche mich nicht" ...

Wie meistens bei Harlan Coben gestaltet sich der Plot sehr spannend, jedoch verarbeitet er sehr oft dasselbe Grundthema: Das Verschwinden oder der Tod einer nahestehenden Person.
Auch in "Suche mich nicht" sucht Simon nach seiner Tochter Paige, die abgestürzt und drogenabhängig geworden ist, obwohl sie aus gutem Haus kommt. Denn Simon ist ein erfolgreicher Finanzbeamter, seine Frau Ingrid Kinderärztin. Neben Paige haben sie noch einen Sohn, Sam, und eine Tochter, Anya.
Durch einen Tipp eines Bekannten sucht Simon im Central Park nach ihr und wird schließlich fündig. Doch als er Paige anspricht, steht plötzlich ihr drogensüchtiger Freund Aaron neben ihm und die beiden Männer geraten in Streit. Paige flüchtet und ist wiederum verschwunden. Am nächsten Tag gibt es ein YouTube Video im Internet auf dem man Simon sieht, wie er anscheinend grundlos auf einen Obdachlosen losgeht. Ein Shitstorm wird losgetreten - doch es kommt noch schlimmer! Ein paar Tage später wird Aaron tot aufgefunden und Simon des Mordes verdächtigt. Gemeinsam mit seiner Frau Ingrid macht er sich neuerlich auf die Suche nach Paige und gerät dabei in Lebensgefahr....
Zeitgleich zieht ein Killerpärchen durchs Land und arbeitet ohne Kompromisse eine Liste ab. Und Privatdetektivin Elena Ramirez ist ebenfalls auf der Suche nach einem vermissten männlichen Jugendlichen. Was haben alle diese Personen miteinander zu tun? Das erfährt ihr nur, wenn ihr diesen Thriller selbst liest..

Ich muss sagen, dass mich die erste Hälfte wirklich gepackt hat. Die verzweifelte Suche von Simon nach seiner Tochter Paige wird spannend erzählt. Man spürt die Verzweiflung und den Willen seine Tochter aus dem Droghensumpf zu holen, während seine Frau Paige bereits abgeschrieben hat. Trotzdem blieb er als Figur trotz seines Engagement als Charakter etwas farblos.
Drogen, Gewalt und überraschende Wendungen halten den Spannungslevel hoch, doch ab der zweiten Hälfte gleitet die Handlung etwas ins abstruse ab. Viele Aktionen wirken auf einnmal überzeichnet und völlig unrealistisch. Ähnlich wie bei Sebastian Fitzek kommt die Auflösung ziemlich etwas fragwürdig daher, auch wenn sie auf jeden Fall glaubwürdiger ist, als bei den Büchern des deutschen Thrillerautors.

Falls man selbst miträtseln möchte, hat man kaum eine Chance die Auflösung zu erahnen und diese Art von Thriller muss ich nicht haben. Ich bevorzuge Geschichten, die ohne völlig aus der Luft gegriffenen Aktionen auskommen und der Actionanteil nicht wie ein billiger Film wirkt. Auch die Auflösung sollte logisch und nachvollziehbar sein. Das ist hier leider nur teilweise geglückt.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist flüssig und leicht zu lesen. Die Seiten sind nur so dahingeflogen. Zahlreichen Wendungen erhöhen den Spannungseffekt. Mit der Anzahl an gelesenen Seiten wird die Geschichte allerdings immer abwegiger.
Die Kapitel sind kurz gehalten und man wechselt oftmals die Perspektive von Simon zum Killerpärchen oder der Privatdetektivin.

Fazit:
Eine grandiose erste Hälfte - doch ab der Mitte war mir der Thriller oftmals zu unlogisch oder wirkte unglaubwürdig. Trotzdem spannend und leicht zu lesen, aber für mich nicht wirklich herausragend. Ein solider Thriller, der sich gut lesen lässt, aber mich nicht gänzlich überzeugen konnte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.10.2019

Flucht aus Aleppo

Das Versprechen des Bienenhüters
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Der Debütroman von Christy Lefteri beschäftigt sich mit einem Thema, welches in der heutigen Zeit alltäglich geworden ist: Flüchtlinge, Krieg und Traumata. Die Autorin ist selbst Tochter zypriotischer ...

Der Debütroman von Christy Lefteri beschäftigt sich mit einem Thema, welches in der heutigen Zeit alltäglich geworden ist: Flüchtlinge, Krieg und Traumata. Die Autorin ist selbst Tochter zypriotischer Geflüchteter und hat einige Monate in einem Flüchtlingslager in Griechenland verbracht und mitgearbeitet. Dort hat sie viele Geschichten gehört, die sie zu diesem Roman anregten.

Nuri ist Bienenhüter und lebt mit seiner Frau Afra und dem gemeinsamen Sohn Sami in Aleppo. Bei einem Bombenanschlag wird Sami getötet und Afra erblindet. Die kleine Familie verliert ihre Lebensgrundlage, zusätzlich wird Nuri bedroht. Sie müssen fliehen und hoffen in Großbritannien eine neue Heimat zu finden, wo sich bereits Nuris Cousin und Freund Mustafa befindet.

Der Leser begleitet Nuri, der in der Ich-Perspektive erzählt, auf zwei bzw. drei Zeitebenen. In der Vergangenheit erfahren wir mehr über sein Leben in Syrien und seinem Freund und Cousin Mustafa, der ihm die Imkerei und die Liebe zu den Bienen näher brachte. Zwischen den beiden Männern und ihrer Familie besteht eine tiefe Freundschaft. Seine Liebe zu Syrien ist deutlich spürbar.
In einem anderen Strang begleiten wir Nuri und Afra auf ihrer Flucht durch die Türkei und Griechenland, als auch in der Gegenwart, wo sie sich bereits in Großbritannien befinden und auf ihren Asylbescheid warten. Somit ist dem Leser schon zu Beginn klar, dass die Beiden ihre Flucht schaffen, was ich etwas schade finde.

Die übergangslosen Zeitsprünge verwirrten mich zeitweise etwas und ich wusste nicht genau, ob sich Nuri und Afra nun in einem Übergangslager in Griechenland oder in Istanbul befinden oder bereits in England sind. Das Lagerleben sah oftmals ziemlich ähnlich aus und im Laufe ihrer Flucht treffen Nuri und Afra auf viele unterschiedliche Charaktere.
Hoffnungslosigkeit, Gewalt und Zerstörung folgen den Beiden auf ihren Weg und trotzdem konnten mich die Figuren nicht gänzlich berühren. Mir fehlte es teilweise an Emotionen und Tiefe, obwohl sich Nuri in Alpträumen und Illusionen verliert. Die Autorin schreibt hingegen oftmals in Metapher und Umschreibungen, die auf die schweren Traumata von Nuri hinweisen sollen. Trotzdem habe ich bereits andere Romane gelesen, in denen es um die Flüchtlingsproblematik geht und die mich allesamt mehr mitgenommen haben als diese Geschichte.
Die Schauplätze und Landschaftsbeschreibungen aus ihrer Heimat in Syrien wurden hingegen sehr bildhaft und eindrucksvoll geschildert. Hier hatte ich richtiges Kopfkino.
Zusätzlich hat die Autorin zu einem besonderen Stilmittel gegriffen, das ich noch in keinem Roman zuvor gesehen hatte: bei manchen Kapitel fehlte das letzte Wort, das wiederum das erste Wort im neuen Kapitel bildet.

Leider ist der Funke bei mir nicht ganz übergesprungen, jedoch vermittelt der Roman eine wichtige Botschaft und deshalb sollten viele Menschen diese Geschichte lesen.


Ich finde das deutschsprachige Cover einfach wunderschön, vorallem auch die hübsche Innenseite des Buches und Kapitelüberschriften, die teilweise mit einer Biene geschmückt sind. Ein wahrer Augenschmaus!

Fazit:
Ein erschütternder Roman und ein Buch, das eine wichtige Botschaft vermittelt. Trotzdem konnte es mich nicht hundertprozentig überzeugen und mitreißen. Ich empfehle es aber gerne weiter, da es das Leben vieler Menschen auf dieser Welt widerspiegelt, die heimatlos werden und oft unmenschlichem Leid ausgesetzt sind.
Jeder sollte sich selbst ein Bild zu diesem Roman machen. Mich haben andere Bücher zu diesem Thema allerdings mehr berührt.

Veröffentlicht am 17.10.2019

Leichter Wohlfühlroman, von dem ich mir mehr erwartet hatte

Bratapfel am Meer (Neuauflage)
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Der neue winterliche Roman von Anne Barns, der auf der Insel Juist spielt, ist die Fortsetzung zu "Apfelkuchen am Meer". Die Geschichte kann aber auch gut alleinstehend gelesen werden.

Caro Fischer ist ...

Der neue winterliche Roman von Anne Barns, der auf der Insel Juist spielt, ist die Fortsetzung zu "Apfelkuchen am Meer". Die Geschichte kann aber auch gut alleinstehend gelesen werden.

Caro Fischer ist Intensivkrankenschwester und betreut ihre Patienten liebevoll. Eines Tages bittet sie eine ihrer Patientinnen um einen letzten Gefallen. Caro soll nach ihrem Tod eine ganz bestimmte Kette zurück nach Juist zu ihrer großen Liebe bringen. Kurze Zeit später ist die alte Dame tot. Nachdem Caro die Weihnachtsfeiertage gearbeitet und sie sich anschließend sowieso zwei Wochen Urlaub eingetragen hat, entschließt sie sich diese Tage gleich für eine Reise nach Juist zu nutzen und ihr Versprechen einzulösen. Zusätzlich nervt ihr Ex-Mann Jörn wegen ihrer gemeinsamen Wohnung. Caro braucht dringend eine Auszeit und will in aller Ruhe versuchen ihr Leben neu zu sortieren. Sie mietet eine Ferienwohnung und macht sich mit ihrem Bobtail Einstein auf den Weg. Unterwegs gabelt sie einen Autostopper auf, der ihr vage bekannt vorkommt. Mit seinem Gitarrenkoffer und dem Schild "Irgendwohin" trifft er Caros Nerv. Kurze Zeit später erinnert sie sich zurück, dass genau dieser junge Mann vor Jahren am Bett seiner sterbenskranken Frau in der Klinik saß, in der sie arbeitet....

Anne Barns schreibt wieder gewohnt gefühlvoll und lebendig. Die bildhafte Beschreibung der Insel und ihrer Einwohner ist absolut gelungen. Auch als Leser fühlt man sich sofort auf der Nordseeinsel angekommen, wie auch Caro, unsere Hauptprotagonistin. Zusätzlich gibt es ein Wiedersehen mit Merle, Conny, Agata und Großmutter Enna aus dem ersten Band. Besonders gefallen hat mir aber Jana, Caros beste Freundin, die wirklich alles mit ihr teilt und die ein ganz besonderer Mensch ist. Eine Freundin, wie man sie sich nur wünschen kann!
Man begleitet Caro die Zeit über auf Juist und erlebt ihre verschiedenen Gefühlslagen hautnah mit. Dabei werden auch Probleme im Krankenhaus, wie lebensverlängernde Maßnahmen, sowie die Arbeitsüberlastung als Intensivkrankenschwester angesprochen. Größtenteils erleben wir aber einen Wohlfühlroman, der uns auf die idyllische Insel Juist und ihre liebenwerten Menschen entführt. Es ist vorallem Caros Versuch ihrem Leben eine neue Richtung zu geben und ihre Gefühle für Max, den Autostopper, zu erkunden. Dieser lebt jedoch noch viel zu sehr in seiner Vergangenheit und im Selbstmitleid, als dass er die Chance erkennt eine Zukunft mit Caro in Erwägung zu ziehen. Die Liebegeschichte fand ich etwas zu überstürzt und der Funken sprang nicht auf mich über.

Leider driftete der Roman zusätzlich in der zweiten Hälfte etwas ab. Es gab nur mehr wenige überraschende Wendungen und das Geheimnis rund um die Kette verschwand für einige Zeit komplett aus der Geschichte. Zum Ende hin überschlagen sich dann die Ereignisse, wie ich es auch schon bei zwei anderen Romanen bemängelt habe. Hier wurden eindeutig zu viele Themen auf zu wenige Seiten gepackt.

Wer bereits die Romane von Anne Barns kennt weiß, dass wir mit allerlei Leckereien verwöhnt werden. Rezepte einiger angeführten Kuchen und Torten findet man im Anhang des Buches.

Fazit:
Ein netter winterlicher Wohlfühlroman mit einigen Schwächen, der mich nicht ganz zufrieden zuück lässt. Ein Buch für einen gemütlichen Leseabend, der einem die Schönheit der Insel Juist, sowie liebevolle Charaktere erleben lässt....und für Zuckergoscherl (=Süßmäuler) wie mich, viele leckerer Rezepte bereit hält.

Veröffentlicht am 04.10.2019

Paris zur Zeit Ludwig XV

Der Geschmack von Schmerz
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Habt ihr schon vom Marquis de Sade gehört? Nein? Dann stellt euch einfach Christian Grey aus "Fifty Shades of Grey" im 18. Jahrhundert vor, nur um einiges geheimnisvoller und gefährlicher. Nicht möglich? ...

Habt ihr schon vom Marquis de Sade gehört? Nein? Dann stellt euch einfach Christian Grey aus "Fifty Shades of Grey" im 18. Jahrhundert vor, nur um einiges geheimnisvoller und gefährlicher. Nicht möglich? Doch! Cornelia Haller hat in ihrem neuem Buch den sehr umstrittenen Marquis de Sade in ihrer Geschichte miteinbezogen und daraus einen etwas anderen historischen Roman geschrieben.

Unsere Hauptprotagonistin Isabeau ist ein aufgewecktes junges Mädchen, ein Wildfang, das nicht viel von Konventionen hält. Sie lebt mit ihren Eltern, die eine Werft besitzen, am Bodensee und sie liebt ihr ungezwungenes Leben. Ihr beste Freundin Anna hingegen träumt von der Ehe und Kinder und ist etwas naiv und leichtgläubig. So glaubt sie auch den Liebeschwüren von Emmerat, dem Sohn des großen Schifffahrtsunternehmen Lorenz. Und genau diesen Mann soll Isabeau nach den Wünschen ihrer Eltern heiraten, um die beiden Firmen zu vereinen. Isabeau weigert sich so vehement, dass sie ihre Eltern für ein Jahr nach Paris schicken. In der französischen Metropole und unter der strengen Aufsicht ihrer Tante soll sie endlich lernen sich damenhaft zu benehmen. Doch kaum in Paris angekommen lernt sie den berühmt berüchtigten und geheimnisvollen Marquis de Sade kennen. Kurze Zeit später trifft sie ihn sogar im Hause ihres Onkels wieder. Dieser gibt gerne für eine etwas illustre Gesellschaft Tarotabende und trifft sich mit Wissenschaftlern eines bestimmten Kreises. Zur selben Zeit passieren grausame Frauenmorde. Den Opfern wurde das Herz entfernt. Polizeiinspektor Luis Marais findet den Marquis mehr als verdächtig, der bekannt für seine sadomasochistische Neigung ist. Für ihn wird de Sade zum persönlichen Todfeind. Schon bald gerät auch Isabeau in seinen Sog und muss um ihren guten Ruf fürchten...

Dies ist mein zweiter historischer Roman der Autorin und doch ist er ganz anders als "Seelenfeuer", der den Hexenwahn zum Thema hatte. Die Autorin hat jedoch auch in ihrem neuen Roman wahre historische Begebenheiten mit ihrer fiktiven Geschichte verknüpft. Mit dem Marquis de Sade hat sie einen sehr interressanten Charakter ausgewählt, der im 18. Jahrhundert "umtriebig" war und als sehr kontroverse Figur in die Geschichte eingegangen ist. Cornelia Haller hat sich dabei ziemlich genau an seine Lebensgeschichte gehalten und auch Inspektor Marais gut charakterisiert, der es sich zur Lebensaufgabe machte den Marquis de Sade ins Gefängnis zu bringen und ihn zu verurteilen. Mit Isabeau haben wir einen eigensinnigen Frauentyp, der sich gegen Konventionen wehrt. Beide lernen wir als Persönlichkeiten ganz gut kennen, wobei bei de Sade der geheimnisvolle Teil noch mehr überwiegt. Der Rest der Figuren bleibt eher an der Oberfläche und einige sind doch etwas stereotyp gezeichnet.

Cornelia Haller hat die Atmosphäre dieser Epoche um Louis den XV. gut eingefangen. Die Dekandenz der Adeligen wird gut rübergebracht und die historische Begebenheiten wurden perfekt recherchiert. Und natürlich gibt es auch einen kleinen Hauch Erotik, wenn Donatien de Sade schon so einen großen Raum im Roman einnimmt. Die Themen Versuchung und Lust sind allgegenwärtig, trotzdem wirkt es nicht billig und vieles wird einfach nur angedeutet....also keine Angst, es ist absolut kein Erotikroman!
Einige Wiederholungen und zu detaillierte Ausfühungen im Mittelteil führten zu einigen kleinen Längen. Mein Verdacht betreffend der Frauenmorde waren ebenfalls richtig und einige Wendungen sind etwas vorhersehbar. Das Ende fand ich gelungen.

Schreibstil:
Der Schreibstil von Cornelia Haller ist flüssig, bildgewaltig und teilweise sehr detailliert. Die Sprache ist der damaligen Zeit angepasst. Die Charaktere sind leider etwas schwarz-weiß gemalt und stereotyp.
Über den jeweiligen Kapitel steht ein Spruch des Marquis de Sade.

Fazit:
Historisch etwas leichtere Lektüre mit einem kleinen Hauch Erotik, Liebe und auch Spannung. Der Roman spiegelt die Atmosphäre der damaligen Zeit wieder und wurde ausgezeichnet recherchiert. Im Vordergrund steht allerdings eher die Liebesgeschichte und die Figuren waren mir manchmal doch etwas zu sterotyp. Trotzdem bereitete mir der neue Roman der Autorin nette Lesestunden.

Veröffentlicht am 16.08.2019

Überleben im Outback

Zu Staub
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Vor noch gar nicht allzu langer Zeit habe ich den zweiten Thriller der australischen Autorin "Ins Dunkel" gelesen. Zur selben Zeit kam auch ihr Debüt "The Dry" oder "Die Hitze" als Taschenbuch (mit neuem ...

Vor noch gar nicht allzu langer Zeit habe ich den zweiten Thriller der australischen Autorin "Ins Dunkel" gelesen. Zur selben Zeit kam auch ihr Debüt "The Dry" oder "Die Hitze" als Taschenbuch (mit neuem Titel) heraus. Beide haben mir gut gefallen (war gerade erstaunt, dass ich 3 1/2 und 4 Sterne vergeben habe...hatte ich beide Thriller doch noch in ziemlich guter und positiver Erinnerung).

"Zu Staub" ist ein Stand Alone und gehört nicht zur Reihe von Ermittler Aaron Falk. Ich würde es auch nicht als Thriller, sondern eher als Familiendrama bezeichnen.
Wir befinden uns im Westen von Australien, im Outback. Einsame Farmen, der nächste Nachbar ist Stunden entfernt, die Wüste und der Sand das alltägliche Bild. Man spürt beim Lesen direkt den Staub zwischen den Zähnen. Der Titel ist im wahrsten Sinne des Worters perfekt gewählt, auch wenn der englische Originaltitel "The Lost Man" ebenso passt. Wer sich in dieser Gegend verirrt oder nicht ausreichend ausgerüstet ist, hat kaum eine Überlebenschance. So ergeht es auch Cameron Bright. Er ist jedoch kein Fremder, lebt seit seiner Geburt auf der Familienranch und war perfekt ausgerüstet. Und trotzdem wird seine Leiche unweit des legendären "Stockman Grabes" gefunden. Sein Wagen steht vollbepackt mit der kompletten Ausrüstung etwa 10 km entfernt. Weder der herbeigerufene Polizeibeamte, noch der Sanitäter können eine Gewalteinwirkung erkennen. Doch warum sollte sich der allseits beliebte zweifache Familienvater, dessen Farm gut läuft, Selbstmord begehen? Die Umstände sind rätselhaft...

Der Fokus der eher ruhigen Geschichte liegt bei den Figuren, bei denen es sich großteils um Familienangehörige oder Backpacker, die auf der Farm arbeiten, handelt. Polizeiliche Ermittlungen gibt es kaum. Das Drama spielt sich unter den Farmbewohnern ab. Nathan und Bub sind jeweils der ältere und der jüngere Bruder von Cam. Ilse ist Cams Frau und Sophie und Lo seine Töchter. Carl, der bereits verstorbene Vater und Liz, die Mutter der Jungen, haben die Ranch bereits an Cam und Ilse übergeben. Harry ist ein alteingessener Farmmitarbeiter, der schon zur Famlie gehört. Xander ist der Sohn von Nathan, der über die Weihnachtsferien aus Brisbane angereist ist, wo er zu Schulzeiten bei seiner Mutter Jacqui wohnt. Und dann sind noch die Backpacker Simon und Kathy aus Großbritannien.

Das Leben unter Extrembedingungen steht in diesem Famliendrama im Vordergrund. Die außergewöhnliche Atmosphäre hat Jane Harper großartig eingefangen. Man spürt die Weite des Landes, den Sand und die Hitze durch jede Seite.
Gemeinsam mit unserem Hauptprotagonistent Nathan, dem ältesten Sohn der Brights, erleben wir die Ereignisse der Tage nach dem Tod von Cameron. Seine eigene Farm liegt in der Nachbarschaft, wo er wegen eines Vorfalles vor zehn Jahren als Einsiedler lebt. Diese Ereignis ist der Grund, dass Nathan von den Einheimischen gemieden wird. Bis zum Begräbnis am Weihnachtstag sind alle Familienmitglieder auf der
Ranch der Brights versammelt, wo die Emotionen nach und nach zu kochen beginnen. Misstrauen und Argwohn liegen in der Luft. Die Frage, ob die Einsamkeit in den Weiten des Outbacks das Böse hervorruft, wird immer wieder aufgeworfen.

Es beginnt ein Katz- und-Maus-Spiel, das den Leser mitnimmt und immer wieder aufs Neue rätseln lässt, was passiert ist. Trotzdem entwickelt sich die Geschichte im Mittelteil ein bisschen schleppend, jedoch ist immer eine unterschwellige Spannung vorhanden. Durch Rückblenden in die Vergangenheit erfahren wir mehr über die Kindheit der Brüder und diese offenbart einige düstere Familiengeheimnisse. Dadurch erhält man neue Gedankenanreize, die die Autorin gekonnt einsetzt und den Leser öfters auf falsche Fährten führt.

Die Auflösung war eine Überraschung, hat mir aber gut gefallen.

Schreibstil:
Wie schon bereits in ihren anderen Büchern schildert die Autorin wahnsinnig atmosphärisch und verleiht auch ihren Figuren Tiefe. Sie beherrscht es einfach großartig ihre Heimat stimmig und eindrücklich zu beschreiben, egal ob Dschungel oder Wüste.


Fazit:
Kein Thriller, sondern ein Familiendrama, welches vorallem wegen der großartigen Atmosphäre und ihren vielschichtigen Charakten punktet. Trotz einigere Längen im Mittelteil bleibt eine unterschwellige Spannung bestehen. Trotzdem finde ich "Zu Staub" bisher als das schwächste Buch der Autorin.